Guten Abend!
Ist Dir Fipsens Titelgebung eigentlich recht, Aleko?
Immerhin ist mit Deiner Frage dieser Faden eröffnet worden -
es ist sozusagen Dein Spiel.
Frag Dich, worin der Unterschied zwischen der unscheinbarsten
Gelegenheitskomposition Rachmaninows und dieser Musik besteht.
Die Musik von Rachmaninoff ist komplexer, hat viel mehr Ideen...
Wie schon gesagt, der Vergleich ist ungerecht und lehrreich zugleich.
Ich habe Rachmaninow erwähnt, weil ich weiß, daß Du ihn liebst -
und er ist auf jeden Fall ein gutes Beispiel.
Er hat ein Gefühl für Proportionen, für die Länge einer musikalischen Phrase,
für die Häufigkeit von Harmoniewechseln in Relation zur Melodie,
für die Möglichkeit oder Unmöglichkeit wörtlicher Wiederholungen.
Selbst wenn er nicht unbedingt polyphon komponiert, versteht er es,
Mittelstimmen zu verlebendigen, auf einen interessanten Baßverlauf zu achten.
Der jungen Dame auf You Tube macht hoffentlich niemand zum Vorwurf,
daß sie all das nicht kann. Aber es zeigt, daß man ruhig noch ein wenig dazulernen könnte,
ehe man seine Kompositionen als öffentlichkeitstauglich einstuft.
Das Stück wird durch seine endlosen wörtlichen Wiederholungen vermurkst.
Die Eingangsidee ist nicht umwerfend, aber wäre erträglich, wenn drumherum
etwas passieren würde: mit einem kontrastierenden harmonischen Umfeld,
einer Gegenstimme in der linken Hand, einer Entwicklung... Alles Fehlanzeige.
Ich bin auch absolut der Meinung, dass es sich über Geschmack streiten LÄSST
und dass es schlechten Geschmack gibt.
Na wunderbar, endlich sagt's mal einer!
Ich stimme Dir aus vollstem Herzen zu.
Und doch werden musikalische Vorlieben nicht nur von unserem Geschmack bestimmt.
Ein Lied wie "Christine" von "Siouxie and the Banshees" ist musikalisch eher unterkomplex:
http://www.google.de/url?q=http://w...uAIwAA&usg=AFQjCNFVs-2Eb6TTwLvfGM7iBhhoQq6Keg
Aber in ihm ist für mich eine bestimmte Zeit meines Lebens konserviert,
ein bestimmter Ort, die Erinnerung an bestimmte Menschen - weswegen es mir etwas bedeutet,
auch wenn meine Geschmacksnerven dagegen eigentlich rebellieren müßten.
Herzliche Grüße,
Gomez