Luftfeuchtigkeit

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Rubato

Guest
Das Thema kommt ja immer mal wieder in Variationen, heute hätte ich mal folgende Fragen:

1. Unterscheiden sich Klaviere und Flügel in Ihrer Toleranz gegenüber Luftfeuchtigkeitsschwankungen (kann man sagen, wo ein Klavier gut steht und überlebt, gilt das auch für einen Flügel) ? Ich habe noch nie gehört, daß jemand für ein Klavier ein Befeuchtungssystem installiert hat ?

2. Eine interessante Aussage eines Klavierhändlers: Flügel von Yamaha und Kawai haben einen relativ dicken Resonanzboden, der ist auch unempfindlicher gegenüber Luftfeuchteschwankungen. Bechstein und andere Premiumhersteller verwenden (um den besseren Klang zu erhalten) dünnere Resonanzböden, daher sind die Instrumente empfindlicher und verstimmen sich auch eher. Kann da was dran sein ???

3. Benötigt man in einem "normalen" Wohnzimmer ohne Fußbodenheizung, aber mit ganz normalen Heizbedingungen im Winter und offenen Fenstern im Sommer, zwingend ein Befeuchtungssystem ?

Viele Dank für im Voraus !

Gruß
Rubato
 
Ich habe noch nie gehört, daß jemand für ein Klavier ein Befeuchtungssystem installiert hat ?
Doch - ich! Ich würde vermuten, dass Klaviere bei FBH empfindlicher sind, da sich dort die Wärme "staut".
Situation bei mir:

1) Klavier S&S125 auf "weicher" FBH (Holzboden) - Luftfeuchte 35-70%.
2) Feurich 190cm bei normaler raumheizung - Luftfeuchte 20-80%.

Beide haben einen Dampp-Chaser. Das Klavier verstimmt sich deutlich stärker., obwohl die Raum-rF geringer schwankt.
 
Danke für die Info, fisherman !

Bei mir wäre wohl eher der zweite Fall anzunehmen (20-80%), da ich normale Raumheizung habe, aber ich habe halt noch nie gemessen. Muß man da zwingend was tun, oder ist das nur gründliche Vorbeugung für alle Fälle:


Stimmt es, daß man da täglich literweise destilliertes Wasser reinkippen muß ?

Gruß
Rubato
 
1. ich würde auch vermuten, dass sich die Wärme im Klavier eher staut als im Flügel. Ist aber nur eine Vermutung. Klimakontrollgeräte sieht man generell in Europa, speziell in Deutschland, eher selten.

2. Konstruktive Merkmale sorgen definitiv für eine bessere Stimmhaltung. Der Resonanzboden ist nur ein Merkmal. Es gibt ja auch Instrumente mit gesperrten Böden. Theoretisch sollten diese Böden für bessere Stimmhaltung sorgen. Wie gesagt: ist nur ein Merkmal von vielen. Manche Klaviere haben eine super Stimmhaltung, z.B. Pfeiffer. Andere haben eine echt beschissene Stimmhaltung. Gerade diese Woche war ich wieder bei einem alten Heyl-Klavier von 1902, dass ich jetzt seit 2009 stimme. Immer nach der Heizperiode muss ich es in zwei Durchgängen um ca. 7 Hz hochstimmen und immer im Herbst bzw. zu Beginn der Heizperiode in 2 Durchgängen um 7 bis 8 Hz runter! Im Bass bleibt es meist "relativ" stabil, da schwankt es nur um 1 Hz.

3. Nein, man braucht bei normalen Gegebenheiten kein Be- oder Entfeuchtungssystem. Obwohl das bei meinen Kunden mit dem Heyl-Klavier durchaus helfen würde. Die haben auch keine FBH.
 
Mein Klavier steht in einem Wohnzimmer mit Fussbodenheizung und zusätzlichem Kachelofen. Wenn der Kachelofen geheizt wird (im Winter fast täglich) beträgt die Feuchte der Luft die da rauskommt weniger als 5 %!!!! Die Luftfeuchtigkeit im Zimmer an kalten Wintertagen schwankt zwischen 20 und 30 %. Das ist viel zu wenig und kann zu Rissen im Resonanzboden führen.

Ich habe mir vor einem Jahr den Dampp Chaser gekauft. Der hält die Luftfeuchtigkeit im Klavier konstant auf 50 % (was an der Untergrenze zu Nomal ist ... besser wären wohl 55-60 %). Ich muss etwa alle 2 Wochen 3 Liter Wasser nachfüllen (ich nehme destilliertes Wasser, dem ich wegen der Leitfähigkeit ein paar Esslöffel mit Leitungswasser zufüge).

Das alles habe ich mit einem digitalen Hygrometer gemessen, die Dinger gibts für 20-30 Euro im Fachhandel für Zigarren (wegen der Feuchtemessung im Humidor) oder als Versandprodukt in diversen Internet-Shops. Damit tut man sich was Gutes ... die Raterei hört auf und wird durch Messung ersetzt. Seither fühle ich mich deutlich beruhigt ... ob das Klavier jetzt seltener gestimmt werden muss weiss ich nicht - auf jeden Fall ists besser fürs Holz. Der Klavierbauer Michael hier im Forum sagt jedenfalls, dass die Stimmung mit Dampp Chaser stabiler bleibt.

Kleiner Tip: Wenn Du handwerklich einigermasen begabt bist, bau das Teil selber ein. Ist wirklich sehr, sehr simpel.

Gruss

Hyp
 
Darf Hyp bestätigen: im Schnitt brauchst Du in der Heizperiode so 3-4 l destilliertes Wasser auf 2 Wochen. Wenn Du aber weiches Wasser vor Ort hast, könnte auch Leitungswasser funzen. Da wir zu verschiedenen Zwecken dest.Wasser beötigen, habe ich mir einen Destilator (ca 100-150,-) gekauft. Dadurch kostet der Liter angeblich nur ein paar Cents...

Im Sommer brauchst Du natürlich nichts.
 
Darf Hyp bestätigen: im Schnitt brauchst Du in der Heizperiode so 3-4 l destilliertes Wasser auf 2 Wochen.

Das beruhigt mich. War letztens bei einem Steinway-Händler, der behauptet hat, man müsse 5 Liter pro Tag (!) reinschütten, da würden sich dann schon logistische Probleme ergeben, wenn es destilliertes Wasser sein soll.

Ganz klar ist mir das aber immer noch nicht. Ich fasse mal zusammen: In normalen Wohnungen (ohne Kachelofen und Fußbodenheizung) sinkt die Feuchtigkeit in der Heizperiode auf ca. 20 ... 30%. Klaviere / Flügel sollten aber bei mindestens 40 .. 60% stehen. Das hieße dann: Jeder hier im Forum müßte eigentlich einen Dampp Chaser haben ? Geht es nur um die Stimmhaltung, oder sind auch bei den "normalen" 20% im Winter schon echte Schäden (Risse) zu befürchten ?

Gruß
Rubato
 
Ganz klar ist mir das aber immer noch nicht. Ich fasse mal zusammen: In normalen Wohnungen (ohne Kachelofen und Fußbodenheizung) sinkt die Feuchtigkeit in der Heizperiode auf ca. 20 ... 30%. Klaviere / Flügel sollten aber bei mindestens 40 .. 60% stehen. Das hieße dann: Jeder hier im Forum müßte eigentlich einen Dampp Chaser haben ? Geht es nur um die Stimmhaltung, oder sind auch bei den "normalen" 20% im Winter schon echte Schäden (Risse) zu befürchten ?

Nein, in "normalen" Wohnungen ohne Kachelofen und FBH sollte die Luftfeuchtigkeit im Winter um die 40 % liegen (wenn man nicht nicht allzusehr heizt). Bei mir kommt aus dem Kachelofen Luft mit weniger als 5 % und die allgemeine Luftfeuchte im kalten Winter ist bei mir (Kachelofen UND FBH) 20 -30 % ... Ob man bei 40 % schon einen Dampp Chaser baucht - darüber streiten sich die Gelehrten ... wissen tut mans erst, wenn der Resonanzboden Risse hat ...

Übrigens, Auskunft der Klavierwerke Wilh. Steinberg: "Moderne Klaviere sind weniger anfällig" ... was das auch immer heissen mag.

Rubato: Erster Schritt wäre wirklich, die Luftfeuchtigkeit über die Wintermonate zu messen.

Gruss

Hyp
 
Mein Klavier steht in einem Wohnzimmer mit Fussbodenheizung und zusätzlichem Kachelofen. Wenn der Kachelofen geheizt wird (im Winter fast täglich) beträgt die Feuchte der Luft die da rauskommt weniger als 5 %!!!! Die Luftfeuchtigkeit im Zimmer an kalten Wintertagen schwankt zwischen 20 und 30 %. Das ist viel zu wenig und kann zu Rissen im Resonanzboden führen.

I

Hallo Hyp,

eine kleine Zwischenfrage. Läuft Dein Kachelofen raumluftabhängig ? Das wäre sicher ein Grund für die sehr niedrige Luftfeuchtigkeit. Unserer läuft raumluftunabhängig. Wir können fast immer eine rel. Luftfeuchtigkeit über 40-45% im Winter halten (Hygrometer zeigt die gleichen Werte wie das Präzisionsteil eines Klaviertechnikers). Allerdings ist unsere Hütte einigermaßen luftdicht, d.h. wir haben ganz gute Kontrolle über die entweichende Luft samt Feuchtigkeit.

Grüße,
Kristian
 
Ich wage, das mal etwas zu bezweifeln:

@ Nein, in "normalen" Wohnungen ohne Kachelofen und FBH sollte die Luftfeuchtigkeit im Winter um die 40 % liegen (wenn man nicht nicht allzusehr heizt).

Einfache Rechnung: bei außen -5°, 90% RF enthält die Frischluft ca. 2,7g/m3 Wasser. Bei innen +21° und 100% RF enthält ein m3 Luft 18,6g Wasser. Erwärmt man die Frischluft auf 21° ohne weiteren Wasserdampfzusatz, hat man gerade 14,5% RF. Geht man von einem 0,5-fachen Luftwechsel aus (also alle 2 Stunden ein völliger Ausstausch), fehlen rund 3,3 g Wasser pro m3 und Stunde. Für einen Raum von 40 m2 bzw. 100 m3 wären das 330 g pro Stunde oder fast 8 Liter pro Tag! In der Praxis kommt Wasserdampf aus anderen Quellen hinzu und man wird auch nicht permanent einen 0,5-fachen Luftwechsel einhalten (oder vielleicht auch mehr?), aber das Ergebnis liegt ziemlich auf der Linie Angaben zum Wasserverbrauch des Venta! Also Vorsicht! Wenns draußen kalt wird, wird's drinnen trocken!

LG

Pennacken
 
Der Versuch mit den Heizkörper Verdampfern z.B. Benta-Luftbefeuchter aus dem Baumarkt lohnt sich. Seit dem kann ich im Winter die rel Feuchte in der Regel auf über 40% halten. Wenn es mal etwas darunter ist, stelle ich einen halbgefüllten Verdampfer in das Klavier, da hat man dann nur wenig Wasserverbrauch. Die an der Heizung hängenden Verdampfer müssen täglich aufgefüllt werden. Die Vliese tausche ich jeden Monat aus. Alles zusammen kostet nicht viel.
Bis zu der Information hier im Forum über die Problematik, die ich für sehr wertvoll halte, habe ich darüber nie nachgedacht. Das Klavier hats auch gute 20 Jahre überlebt. Heute würde ich das aber nicht mehr bewußt riskieren.
Ich frage mich allerdings, ob die Klavierbesitzer in Skandinavien alle darüber nachdenken und wie die Klaviere dort die extrem niedrigen Luftfeuchtigkeiten im Winter überleben. Ich bin wohl im Winter wieder in Norwegen, vielleicht frage ich mal konkret bei Bekannten oder in einem Klaviergeschäft danach.

Gruss
Manfred
 

Hallo Pennacken.

Deine Rechnung ist natürlich richtig. Allerdings läßt sich der Trocknung durch Zuführung von Wasser natürlich entgegensteuern (Venta, Wäschetrocknen, beim Nudelkochen nicht immer gleich die Dunstabzugshaube an). Es ist ja nicht nur das Instrument, dass es nicht zu trocken mag, die eigenen Schleimhäute danken es einem ja auch.

Grüße,
Kristian
 
Rubato, der erste Schritt ist: Feuchtemesser kaufen (ca. 20,-). Dann macht reden Sinn. Zu unterschiedlich sind Heizsysteme, Maueraufbau, Einrichtung, Lüftungsverhalten, Begrünung etc. Das ist ein Fass ohne Boden. Miss DEINE rF, bitte!
 
Hallo Hyp,

eine kleine Zwischenfrage. Läuft Dein Kachelofen raumluftabhängig ? Das wäre sicher ein Grund für die sehr niedrige Luftfeuchtigkeit.

Das ist bei mir aus klaviertechnischer Sicht sehr nachteilig. Der Kachelofen wird im Keller beheizt und zieht die Luft, die er im Wohnzimmer abgibt, aus dem Kellerraum. Dadurch wird die kühle Kellerluft (an sich wenig Luftfeuchtigkeit) erwärmt und kommt dann oben mit dieser sehr geringen rel LF wieder raus. So bequem das Heizen auf diese Weise ist (kein Dreck durch Feuerholz im Wohnbereich) - es ergibt halt ein sehr trockenes Raumklima. Das macht mir ansonsten wenig aus ... aber das Klavier nimmt das Übel. Hab es mal mit einem großen Raumluftbefeuchter versucht, aber da brauch ich unmengen an Wasser ....

Gruss

Hyp
 
@ Es ist ja nicht nur das Instrument, dass es nicht zu trocken mag, die eigenen Schleimhäute danken es einem ja auch.

Genau, und die Möbel und der Holzfußboden und .... Ich habe mir deshalb den zweiten Venta gegönnt, jetzt für's Büro - nach einigen Tagen (Holzboden, Papier, Schränke saugen sich zunächst regelrecht voll) habe ich beständig etwas über 40% RF. Die Schleimhäute sagen schon danke.

LG

Pennacken
 
Also ich hab bei mir die Luftfeuchtigkeit letzten Winter angefangen zu messen und in der Heizperiode klatscht die mir schnell mal auf 35 % runter. Da hab ich mir so einen Blubberverdampfer gekauft. Der bringt die Feuchtigkeit schnell auf 55 -60 % hoch, haut aber auch am Tag 6 Liter Wasser durch. Ich nehme kein destilliertes Wasser, sondern entkalke das Ding 1 x in der Woche. Das Entkalken ist recht aufwändig, dafür war das Blubberteil recht günstig. Hab ich für um die 70 € meine ich gekauft. Sieht aus wie ein futuristischer großer Wasserkocher und man kann in nen Extra-Behälter auch noch Duftöl kippen. Seit wir das Ding haben ist die Raumluft echt toll geworden. Merke ich selbst auch. Aber macht etwas Arbeit.
 
Also ich hab bei mir die Luftfeuchtigkeit letzten Winter angefangen zu messen und in der Heizperiode klatscht die mir schnell mal auf 35 % runter. Da hab ich mir so einen Blubberverdampfer gekauft. Der bringt die Feuchtigkeit schnell auf 55 -60 % hoch, haut aber auch am Tag 6 Liter Wasser durch. Ich nehme kein destilliertes Wasser, sondern entkalke das Ding 1 x in der Woche. Das Entkalken ist recht aufwändig, dafür war das Blubberteil recht günstig. Hab ich für um die 70 € meine ich gekauft. Sieht aus wie ein futuristischer großer Wasserkocher und man kann in nen Extra-Behälter auch noch Duftöl kippen. Seit wir das Ding haben ist die Raumluft echt toll geworden. Merke ich selbst auch. Aber macht etwas Arbeit.
Hallo Pirata,

Das Blubberteil ist nur vordergründig billiger. Wenn man es regelmäßig verwenden will kommt es unverhältnismäßig teuer, das es einen hohen Stromverbrauch mit sich zieht. Ein Venta benötigt in der Stunde etwa 30 Watt. So ein Blubberteil etwa 600 Watt. Man rechne sich aus, was so ein Gerät in einem Winter kostet, wenn es durchgehend in Betrieb ist.

LG
Michael
 
Hallo Rubato,
Bin noch nicht so lang hier im Forum aber habe seit einem Monat einen Flügel. Der Klavierbauermeister hat uns ein Hygrometer mitgegeben. Unser Wohnzimmer hat keine Fussbodenheizung und wir haben auch keine technischen Mittel im Haus, wie Feuchtigkeitsregler oder so. Wir haben aber viele Pflanzen im Wohnzimmer und meine Frau trocknet die Wäsche im Wohnzimmer, mindestens einmal die Woche! Die Luftfeuchtigkeit beträgt so immer zwischen 55% - 75% (!). Unglaublich, aber gerade die Wäsche macht's aus! Überhaupt nicht notwendig sich noch was elektrisches zuzulegen. Gruss, lupin
 
Durch die selbe Methode wie Lupin habe ich auch immer 50-60% im Wohnzimmer, aber nie drüber oder drunter.
 
Luftfeuchtigkeit Messwerte

So, jetzt habe ich mal gemessen !

Die Luftfeuchtigkeit liegt also seit Meßbeginn vor 2 Tagen stets im Bereich 42% ... 46% bei einer Raumtemperatur von ca. 21°C. Nach dem Lüften geht die Feuchtigkeit kurz um ca. 2% runter, um dann wieder anzusteigen. Allerdings ist derzeit ja noch relativ warmes Wetter (um 0°C), und die Luftfeuchtigkeit außen ist nahezu 100%, da es ja regnet.

Frage: Wie lange muß man messen, um eine gute Aussage zu bekommen ? Muß man alle Wetterlagen (z.B. -10°C bei völliger Trockenheit etc.) abwarten, oder ist es dem Instrument relativ egal, wenn durch eine solche Spezialwetterlage dann mal wenige Tage lang der Idealwert unterschritten wird ?

Gruß
Rubato
 

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