"Wiederbelebung" eines Young-Chang-Flügels

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Karlheinz Klopweisser

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26. Mai 2020
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Hallo zusammen,

ggf. gibt es eine vergleichbare Diskussion schon auf Clavio, aber ich habe nicht direkt etwas dazu gefunden. Es geht um die "Wiederinbetriebnahme" eines Flügels:
- Hersteller Young Chang (Südkorea)
- 1,85 m lang
- Sonderedition Pramberger
- gekauft etwa 1995
- viel gespielt bis Ende 2003 (Musikschülerin mit Ziel Musikstudium, von 1999 bis 2003 dann Bachelorstudium Klavier in Südkorea)

Seit 2004 wurde der Flügel nicht mehr bzw. nur noch sehr temporär gespielt, weil dessen Nutzerin nach Deutschland übersiedelte. Der Flügel stand weiterhin in ihrem Elternhaus in einem Zimmer, das im Winter allenfalls temporär beheizt und in den schwülen koreanischen Sommern ebenfalls nur temporär klimatisiert und nur wenig gelüftet wurde.

Zustand des Flügels aktuell (Sommer 2021):

- Stockflecken im Innern und auch an Mechanikteilen
- Mechanik zwar präzise, aber schwergängig, man muß mit viel Kraft anschlagen (aufgequollen?); Repetition funktioniert dagegen seltsamerweise sehr gut
- Stimmung etwa 435 Hz, wahrscheinlich seit 17 Jahren nicht mehr gestimmt (?)
- Stahlsaiten verrostet, umsponnene Baßsaiten dagegen ohne erkennbaren Rost > Klang im Baß somit recht voluminös, im Diskant dagegen relativ stumpf wegen der angegriffenen Besaitung
- der Resonanzboden hat keine erkennbaren Risse, ebenso ist die Stimmung gleichmäßig ohne Ausreißer (was auf einen intakten Stimmstock hindeutet)
- eine Komplettintonation ist wohl nicht nötig, allenfalls von einzelnen Tönen

Da der Flügel immer noch einen guten, ansprechenden und abgerundeten Klang zu erkennen gibt, aber auch aus persönlichen Gründen, ist die Überlegung der Eigentümerin, den Flügel nach Deutschland zu verbringen (Kosten Schiffsfracht bzw. Transport von Tür bis Tür etwa 4.000 Euro - wobei dies angesichts dessen, daß der Flügel auch ein Objekt persönlicher Bedeutung ist, nicht primär wirtschaftlich betrachtet werden soll, zumal der Istwert des Flügels im jetzigen Zustand sicher nur wenig höher liegt).

Frage nun an die Experten und Klaviertechniker:

- Die Besaitung muß raus, um das Flügelinnere zu reinigen. Kann man die Originalsaiten wieder verwenden und entrosten, oder bringt das nichts bzw. macht man das auch nicht?
- Stimmnägel sind belaufen, glänzen nicht mehr. Ist es ratsam, sie auszudrehen und dieselben wieder einzuschlagen oder werden da gleich neue genommen?
- Mechanik: überholen? Oder verschwindet die Schwergängigkeit von selbst, wenn wieder eine "normale" Luftfeuchte vorherrscht?

Der Flügel ist jedenfalls mal ein sehr gutes Instrument gewesen, die Frage ist, ob man für einige tausend Euro dasselbe wieder aus ihm herausholen kann wie früher oder ob
er durch die Witterungsverhältnisse über die Jahre zu einem Fall für den Schrott wurde.

Danke für Antworten und Einschätzungen! 🙂
 
Ich würde in jedem Fall eine Abschätzung davon vornehmen, wie hoch der sentimentale Wert des Instrumentes ist. Der unzulänglichen Beschreibung (und eigenen Einschätzung eventueller Reparaturen) nach, wird es einiges an Geld kosten, den Flügel wieder in einen schönen Zustand zu überführen. Young Changs sind keine schlechten Instrumente, aber es sind auch keine herausragend tollen Flügel.

Den Ist-Wert würde ich angesichts der Beschreibung nicht bei 4000 EUR ansiedeln, sondern drastisch darunter - sofern man überhaupt jemanden findet, der dieses instrument haben wollte. Bei Stockflecken, auch in der Mechanik, ist die Aussage, dass nur einzelne Töne intoniert werden müßten, eine ziemlich steile These.

Bevor hier noch weitere Spekulationen angestellt werden, die alle eher wenig zielführend sein dürften ohne Detailfotos, sollte in Korea ein Klaviertechniker (Dort gibt es sehr gute Techniker) den Flügel begutachten und einen mehrstufigen Kostenvoranschlag machen. Korea ist kein Billiglohnland, insofern dürfte eine Kostenabschätzung vor Ort auch in etwa dem entsprechen, was man hierzulande aufrufen wird.
 
Die rostigen Saiten können nicht wiederverwendet werden, ein neuer Baß ist empfehlenswert.
Bei einem Austausch werden die Stimmnägel durch eine Nummer stärker ersetzt.
Welche Arbeiten an der Mechanik nötig sind, muß der ausführende Klavierbauer entscheiden.
(zu feste Achsen, Auswechseln diverser Filze, Röllchen, Hammerköpfe)
Zu den Transportkosten kommt dann in etwa ein ähnlicher Betrag hinzu.
 
Hier werden 3 Young Chang Instrumente aus den 90er mit 1,85 m für zwischen 5.900 und 7.700 € angeboten, die mutmaßlich nicht in einem desolaten Zustand sind.


Das in Rede stehende Instrument in desolatem Zustand für 4.000 € nach Deutschland zu holen, ohne vorher die genauen Kosten einer Instandsetzung zu klären, erscheint mir deshalb eher unsinnig. Besser vor Ort (Korea) erstmal einen Kostenvoranschlag machen lassen und dann abwägen, ob man nicht lieber in Deutschland einen anderen Flügel anschafft.

P.S.: Wie hoch war eigentlich der Kaufpreis 1995 umgerechnet in DM? Die Annahme eines Restwertes von (über) 4.000 € für einen 25 Jahre alten Young Chang in einem solchen Zustand erscheint gewagt…
 
Zuletzt bearbeitet:
- Die Besaitung muß raus, um das Flügelinnere zu reinigen. Kann man die Originalsaiten wieder verwenden und entrosten, oder bringt das nichts bzw. macht man das auch nicht?
- Stimmnägel sind belaufen, glänzen nicht mehr. Ist es ratsam, sie auszudrehen und dieselben wieder einzuschlagen oder werden da gleich neue genommen?
Würde ich nicht raten.

Die Besaitung der Young Chang Flügel ist von absolut minderer Qualität.

Bei einem Neubezug werden auch automatisch die Wirbel erneuert.

Sinnvoll ist es Hellerbaß daherzunehmen.

Auch die Hammerköpfe bei diesen Instrumenten sind von keiner guten Qualität, hier wäre der Austausch mit Abelköpfen angemessen.

Die Mechanik selbst....ja, ein Klavierbauer kann sie so weit es geht optimieren, aber es wird natürlich keine S&S Mechanik daraus.

Aber mit qualitativ hochwertigen Saiten und Hammerköpfen , kann man schon zumindest klanglich so einiges rausholen.
 
Hallo zusammen,
hier jetzt mal Bilder von dem Young-Chang-Flügel. Rein wirtschaftlich gesehen, dürfte sich eine Renovation sicher nicht lohnen, v. a. weil auch noch der Transport nach Deutschland hinzukäme, andererseits handelt es sich bei der Sonderedition Pramberger nicht um einen normalen "Billigflügel" des Herstellers, sondern um ein teureres Modell.

Jedenfalls steht bei mir zu Hause ein Yamaha C 5, der ist etwa 35 Jahre alt (über den hatte ich bei Clavio auch schon mal was geschrieben), wenn ich darauf spiele und dann auf dem Young Chang, dann ist der Unterschied sowohl klanglich wie anschlagsmäßig enorm. Der Yamaha klingt wie ein Blecheimer und man hat das Gefühl, die Tasten haben im Gegensatz zum YC überhaupt keinen Druckpunkt, sondern fallen einfach runter. Dosiertes, abschattiertes Spiel ist da wirklich sehr schwierig. In den Yamaha müßte man wohl noch mehr investieren als in den YC, trotz dessen Transportkosten, weil beim YC die Mechanik noch in gutem Zustand scheint bzw. sich beim Spielen gut anfühlt.
 

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Vielen Dank für weitere Rückmeldungen, falls jemand noch was dazu sagen möchte. 😊
 

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Man sieht daß der Young Chang komplett verdreckt und verwahrlost ist, in diesem Zustand wertlos und nicht verkäulich.
Selbst wenn man da enige tausend Euro rein steckt ist er am Ende weniger wert als alleine der Transport hierher kostet.
Da würde ich lieber Geld in den Yamaha inverstieren, da weiß man daß diese Substanz vorhanden ist um etwas Ordentliches daraus zu machen..
 

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