Lernalter

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31. Jan. 2008
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Hallo alle miteinander,

weil ich als Lehrer ein unverbesserlicher Beobachter der Menschenkinder bin, mache ich mal diesen Faden auf – vielleicht bringen meine Beiträge irgend jemandem aus dem Forum was.
(Eltern, Klavierlehrer, unsere Jungen im Forum). Hoffentlich wirkt mein Geschreibe nicht zu oberlehrerhaft. :rolleyes:

Ich will hier mal mit eigenen Erfahrungen darstellen, welche Stücke ich heute besonders leicht auswendig lernen kann und warum.

Vor einigen Monaten hatte ich einen Anlass, mich mit den Lernaltern zu beschäftigen. Googelt man danach, landet man sehr schnell auf Seiten der Sportarten Hockey, Fussball, Karate usw. Dort kann man lesen, wie die Kinder und Jugendlichen in welchem Alter ihren Sport trainieren sollten.
Es werden die Lernalter aufgeführt (ganz grob, individuell ein bisschen verschieden):

Bis ca. 7 Jahre Spielkinder, frühes Schulkindalter (1./2. Kl.) – entdeckendes Spielen, spätes Schulkindalter (3.-5.Kl.) – "erstes goldenes Lernalter", Bildung von überdauernden Interessen. Sie wollen was einüben und vorführen. Bis zum Beginn der Pubertät sind die Kinder als Kinder gewissermaßen ausgewachsen. Sie haben das Gefühl, mit sich und der Welt im Reinen zu sein.

Mit der Pubertät sprießt alles: sie wachsen im Jahr bis 10 cm und nehmen bis 9,5 kg zu. Die Kraft-Hebel-Verhältnisse ihres Körpers werden schlechter, was sie früher mal konnten, können sie auf einmal nicht mehr. („Ich kann nichts, ich bin nichts, niemand versteht mich, ich bin alleine auf der Welt, die Welt ist sowieso schlecht, wären alle so wie ich, wäre die Welt in Ordnung…“) Dazu kommt die seelische Neuorientierung durch die erwachende Sexualität, Neuorientierung und Loslösung auf allen Gebieten, aber auch wachsendes Verantwortungsgefühl.

Hat sich das alles einigermaßen stabilisiert, sehen die jungen Leute fast aus wie Erwachsene (besonders die Mädchen), im Innern sind diese liebenswerten Geschöpfe aber immer noch Kinder. :p

In dieser Phase der neuen Stabilisierung startet das „Zweite goldene Lernalter“ (ca. 15 – 20, individuell sehr verschieden). Es sind Feinformen trainierbar, jetzt erst macht es Sinn, musikalische Werke wirklich als solche auszuarbeiten, jetzt erst sind sie in der Lage, auch größere Stücke, größere Strukturen zu überblicken (im Hockey geht man erst jetzt vom Kleinfeld auf das Großfeld über).

Sehe ich auf meine eigene musikalische Entwicklung zurück, kann ich das bestätigen: in der 4. Klasse hatte ich als zweites Instrument mit der Geige angefangen und habe sofort sehr gute Fortschritte gemacht. Ich weiß noch wie heute, wie z.B. meine Bogenführung gelobt wurde. Dieser Anfang fiel zufällig in „mein erstes goldenes Lernalter“. Mit der Pubertät kamen der Lehrerwechsel beim Klavier und auch noch bei der Geige. Das war damals eine Katastrophe. Aus dieser Zeit weiß ich eigentlich nur, dass ich mit Klavier aufhören wollte, mit der Geige winkte die Möglichkeit, im Schulorchester mit zu spielen. Das war für mich attraktiv. Mit ca. 14 habe ich mich beim Klavier dann aufgerappelt, es war die Etüde Nr. 19 aus der Schule der Geläufigkeit, da habe ich „mein Herz für die Technik“ entdeckt.

Mein Vater hatte schon aus seiner eigenen Klavierzeit viele Noten angesammelt: die Beethoven Sonaten, die Mozart Sonaten, einige Bände „Sang und Klang aus dem XIX und XX Jahrhundert“, Walzer, Märsche, Schubert Sachen, Mendelssohn, aus welchen Gründen auch immer die 2 Bände Opernphantasien von Liszt von Peters. So hatte ich die Möglichkeit, außer den Sachen für den Klavierunterricht „alles mögliche“ zu spielen. Außerdem waren weitere Etüden von Czerny (Ausgabe Germer) da, darunter kurze Oktavenstudien, mit denen ich die Oktaven- und Akkordtechnik durch fast alle Tonarten in Eigenregie mit Begeisterung lernte.

Später wurden auch weitere Chopin- und Liszt-Noten gekauft. Wie das alles klingen sollte, kannte ich zu einem guten Teil von Platten. Mit 15 kam die erste Horowitzplatte ins Haus. – Mein Kl.-Lehrer wusste von meinen sonstigen Aktivitäten nichts, er hätte auch nicht alles gebilligt, war er doch drauf aus, technisch und musikalisch sauber spielen zu lassen.

So kam in „mein zweites goldenes Lernalter“ viel Klavierliteratur, die ich von innen kennen lernte – aber bei weitem nicht sauber ausgearbeitet hatte. Das ging nach dem Abitur so weiter.

Mit 25, während meines Studiums, konnte ich La Campanella innerhalb von 3 Tagen auswendig spielen, die Eindrücke meines Herumklimperns mit 16 oder 17 waren da sehr hilfreich. Heute sind diese früheren Sachen für mich immer noch eine Fundgrube, wenn es darum geht, neue Stücke auswendig zu lernen.

Ich bin heute der Auffassung, dass die Eindrücke aus dem ersten und zweiten goldenen Lernalter überdauernd sind und dass es durchaus Sinn machen kann, überall herum zu klimpern – diese Eindrücke überdauern!

Ich bin froh, dass ich mich nicht von meinem Klavierlehrer „deckeln“ ließ, sondern von mir selbst gewählte, z.T. viel zu schwere Stücke munter darauf los spielte. Deshalb will ich den Jüngeren im Forum Mut machen, durchaus auch auf Biegen und Brechen mal was vielleicht viel zu schweres zu probieren.

Ich bin mir heute nicht sicher, ob ein Klavierlehrer die Sicht für mich hätte, das zu spielen, was ich zur Zeit spiele und im Konzert aufführe.

Ich schreibe jetzt für Jungs am Klavier: im ersten goldenen Lernalter könnten Stücke in einer gewissen Grob- bis Feinform gelernt werden. Wenn die Pubertät und die körperliche Streckphase kommt, sollten sie durchaus mit ihrem Instrument Krach machen dürfen: Doppeloktaven rauf und runter usw. Man kann Stücke auswählen die diesem Ziel Rechnung tragen, die sonst relativ einfach sind, aber mit denen er unter seinen Kameraden angeben kann.

Ich habe in einem Vorspiel einer Klavierklasse erlebt, dass ein hochgeschossener Kerl mit Riesenpranken an den Flügel geht – und eine Bach-Invention durchstottert. Da ist der Tod im Topf! Ich hätte dessen Klavierlehrerin auf den Mond schießen können.

Mädchen sind da anders gestrickt: sie sind als Kleinkinder früher sauber, sie sitzen eher am Tisch und malen was aus, sie arbeiten genauer als die Jungs, sie schreiben schöner, sie sind auch in der Schule die Fleißigeren.
Unser Schulbetrieb ist eigentlich für Mädchen gemacht, unsere Musikschulen auch, aber das steht wohl auf einem anderen Blatt. (Überall Lehrerinnen, zumindest in den Unterklassen.) Die Älteren unter der Musikschülern sind überwiegend Mädchen, die Bläser mal ausgenommen. Mädchen schlucken es eher, als Halbwüchsige ein kleines Präludium spielen zu müssen.

Jungs waren früher auf dem Fussballplatz, heute sitzen sie vor dem PC.

Weitere Erfahrungen stehen in meinem Blog. (Schon wieder so viel geschrieben ... :confused:)

Uns allen wünsche ich viel Erfolg am Kla4!

Walter
 
Hallo Walter,

das ist sehr interessant, was du schreibst. Ich hab noch nie über die verschiedenen Lernalter nachgedacht, konnte mich aber wie Basti an einigen Stellen deines Textes wiederfinden. Eine nette Gemeinsamkeit zwischen uns habe ich gleich am Anfang deines Beitrags festgestellt. Ich hab nämlich auch mal Geige gespielt. Nur war's bei mir umgekehrt: erst Geige, dann Klavier. Mit 7 Geige, mit 11 zusätzlich Klavier und einige Zeit darauf nur noch Klavier.

Die andere Gemeinsamkeit bezieht sich auf die Verfügbarkeit von Notenmaterial und das freie Herumspielen neben dem Unterricht. Da meine Oma Klavierlehrerin gewesen war, hatten wir einiges Notenmaterial ererbterweise im Haus. Und das hab ich irgendwann "entdeckt" und hab z.B. die Beethoven-Sonaten rauf- und runtergespielt. Einfach so zum Spaß, ohne langes Üben, wie du es beschreibst. Und das Ganze fiel genau in die zweite goldene Lernphase zwischen 15 und 20. Was noch dazu kam, war, dass ich in diesem Alter anfing zu improvisieren und kleine Klavierstücke zu komponieren. Daraus ergaben sich automatisch ganze Nachmittage am Klavier. :) Und zuguterletzt haben mir meine Eltern auch viel Freiheit gelassen, was den Lärmpegel betrifft.

Dies alles habe ich bisher noch nie mit meinem heutigen Klavierkönnen in Beziehung gesetzt. Ich könnte nicht sagen, inwieweit es dafür mitverantwortlich ist. Aber diese Gemeinsamkeiten sind schon mal interessante Anhaltspunkte.

Grüße von
Fips
 
Hallo Walter,

Leider enden Deine interessanten Betrachtungen über das Lernalter mit dem Erwachsensein.
Hast Du auch ein paar aufmunternde Worte zu jenen, die sich wie ich bereits im "3. goldenen Lernalter" befinden? Wie man an den Fäden "Wiedereinsteiger mit 64" und "Spätanfänger...." sehen kann, ist deren Zahl gar nicht so klein...!

MfG

Wolfgang
 
3. goldenes Lernalter

Hallo daedalus,

heute nachmittag hatte ich schon mal geschrieben, aber ich habe den Beitrag vielleicht nicht "gespeichert" oder er ist einfach so flöten gegangen. :rolleyes:

Als "Lehrer" bin ich mit jungen Kindern und mit "Kindern" bis ca. 20 befasst. Mit erwachsenen Anfängern oder Wiedereinsteigern habe ich keine Erfahrung.

Meine eigenen Erfahrungen samt den Erfahrungen meines Bruders sind mir viel zu dünn, irgend etwas allgemein Gültiges zu sagen. Ich habe den Verdacht, dass ein ausgedehntes auswendiges Repertoire nur zu erreichen ist, wenn man damit vor 25 angefangen hat. Diese Einschätzung beruht auf, wie schon gesagt, Erfahrungen im engsten Personenkreis und kann keinesfalls verallgemeinert werden.

Bessere Einschätzungen in alle Richtungen müssten unsere Klavierlehrer abgeben können.

Vielleicht könnten in diesem Faden mutmachende Erfahrungen weitergegeben werden - auch für unsere vielen großen "Klavierkindern" und "Klaviereltern".

Meine Hochachtung haben sie, unsere erwachsenen Anfänger und Wiederanfänger! :p

Viele Grüße

Walter

Dimos Fußnote: "Die Meisten legen ihre Kindheit ab wie einen alten Hut. Nur wer erwachsen wird und ein Kind bleibt, ist ein Mensch. (Erich Kästner)" spricht für mich Bände: Blockflöte spielen, Einrad fahren, jonglieren, Klavier spielen, Inliner fahren, ... alles nur für Kinder?! - Glauben bei uns zumindest viele Erwachsene und berauben sich vieler schöner Dinge ...
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hallo Walter!

Toll was Du hier alles so treffend geschrieben und bemerkt hast. Ich finde es überhaupt nicht oberlehrerhaft, und kann Deiner Beobachtung nur zustimmen aus meiner eigenen Vergangenheit und Erinnerung, wenn ich mir das so durchlese.

So gesehen war es gut und goldrichtig, dass ich viel gemacht habe in meiner Jugend. Pfadfinder, Kunstturnen, Billard, Tischtennis, Singen, Volkstanzen, Klavierspielen und mit viel Musikstilen vertraut wurde. Zuerst mit ernster Musik und Volksmusik (neben österreichischer auch ungarischer und rumänischer) durch meinen Vater - später Rock, Funk, Jazz und alles Popige - natürlich gegen meinen Vater.;) Was mir jetzt fehlt ist die Zeit und Muße die einmal gelernten Sachen wieder aufzuarbeiten - aber die kommt bestimmt wieder...


LG
Michael
 
Lern, Alter!!!

Hallo Michael,

schön, dass Du mein Geschreibse gelesen hast. Ich hoffe mit meinen Beiträgen immer, dass sie irgend jemandem was bringen .... :confused:

Wir werden mal im Pensions- oder Rentenalter - so Gott will - alle Musikstile unsicher machen, auch mit altem oder neuem nach dem Motto:
"Lern (nochmal was), Alter!!"

Grüßle

Walter
 
Vielen Dank für die Ausführungen. Man macht sich viel zu wenig Gedanken darüber, was wann für Kinder gut ist. Wann Kinder was mögen etc.

Beisteuern möchte ich den Förderwahn, der mittlerweile um sich greift. Mein Sohn ist ein gutes Jahr alt. Ja, er interessiert sich für die Tasten und fordert mich auf, mit ihm mich hinzusetzen und ihn klimpern zu lassen. Daraus folgere ich nicht, dass er ein zukünftiger Mozart ist. Als ich das erzählte, hörte ich das von allen Seiten und hinter vorgehaltener Hand tuscheln, ich würde mein Kind ja richtig fördern, schön, dass ich das könnte und ob ich denn Lust hätte, den Kleinen beim Englischunterricht, bei musikalischem Förderunterricht usw anzumelden. Das geht hier ab einem Alter von drei Monaten.

Wir neigen dazu, unseren Kindern den Tagesablauf vollzupacken und meinen es doch nur gut dabei. Statt mit unseren Kindern Bi-Ba-Butzemann zu singen, schicken wir sie zur frühen musikalischen Erziehung. Ich meine nicht die musikalische Früherziehung, in der die Kinder ausprobieren können. Es geht hier um einjährige Kinder, für die es solche Angebote gibt. Statt mit ihnen viel zu sprechen, gehen sie zum Extrasprach- und Sprechunterricht. Andere machen das, die können das besser, ich habe keine Verantwortung mehr und muss mich dahingehend nicht anstrengen. Das befürchte ich dabei.

Es ist schwierig, die Lernalter zu klassifizieren. Ich finde gut, Walter, dass Du bei groben Einteilungen geblieben bist. Jedes Kind ist anders. Ich hoffe, dass ich bei meinem Sohn Interesse für Musik wecken kann. Und werde, wenn er in den entsprechenden Altersstufen ist, an Deine Aufstellung denken und das Ausprobieren anregen. Das hat mir beim Entdecken der Musik auch geholfen. Sauber wie ein dressiertes Tier im Zirkus etwas darzubringen, erfreut die Omas, aber bringt für die Entwicklung der Musikalität nicht soviel, wie man denken möchte. Das Erproben, das Entdecken ist es doch. Nicht perfekt und vorführreif, aber erkenntnisbringend.
 
Hallo zusammen,
ich habe nur den ersten Beitrag gelesen. Gestern wurde mir von einem Freund ein interessanter Artikel gezeigt, den ich euch nicht vorenthalten will. Es geht ums Lernalter, allerdings liegt der Fokus auf den verschiedenen Eigenschaften, die offensichtlich durch das Geschlecht zustande kommen. Der Bezug liegt also auf dem letzten Viertel von Walters Text.

http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,601269,00.html
 
hallo,

über die kognitive Entwicklung von Kindern ist ja aus allen möglichen Perspektiven und mit allen möglichen Ansätzen viel gearbeitet und geforscht worden.
mindestens eines scheint fest zu stehen: die "Lernleistung" im so genannten Spracherwerb (sprechen lernen) toppt jede spätere Lernleistung bzgl. der Quantität - und was da erworben wird, verliert man ja nicht.
natürlich hat man hier Durchschnittsgrößen ermitteln wollen und ungefähr an Lebenjahren festgemacht, in welchem Alter dann das "ökonomische Sprechen" (sinnvolle Teilsätze) einsetzt - - - ungefähr deckt sich das mit Walters Beobachtungen bzgl der verschiedenen "Lern-Alter".

ABER das betrifft die nachvollziehbare, die sachliche Ebene quasi - ich meine, man kann Kinder jeder Altersstufe "testen" darüber, was sie ausdrücken und vollführen und verstehen können - - - wie aber ist es mit den Emotionen, mit der Wahrnehmung? DA wird das feedback schwierig, weil (kognitive und sprachliche Entwicklung) der/die Untersuchte u.U. noch gar nicht auszudrücken in der Lage ist, was er/sie empfindet.

ich war mit 6-7 Jahren NICHT in der Lage, differenziert ein Musikstück und seinen emotionalen Gehalt, seine Harmonien, Rhythmen etc. zu beschreiben, also ganz normal - merkwürdig aber ist, dass ich das, was ich hörte (Schallplatten meiner Eltern, allerlei Opern, Operetten, Sinfonien und ein paar wenige Klaviersachen), sofort detailliert im Gedächtnis behielt. Daheim gabs u.v.a. eine gute Aufnahme der "Fledermaus", und mein erster Opernbesuch war eine Fledermaus, da war ich 7 - und ich hatte alle Abweichungen bzw. Unterschiede zu der Aufnahme wahrgenommen und konnte zumindest artikulieren, DASS da Unterschiede waren und was mir mehr gefallen hat und konnte auch falsche Töne heraushören - dabei hatte ich die Fledermaus gewiss nicht öfter als 2-3 mal zuvor gehört.
und bis heute habe ich detailliert die Aufnahmen, die ich als Kind hörte, mit Tempo, Nuancen und Klangfarben im Ohr - alles gespeichert (z.B. eine Kempff Aufnahme der Wut über den verlorenen Groschen und der Mondscheinsonate, eine Ciccolini Aufnahme vom ersten Tschaikowskikonzert)

ich konnte in diesem Alter nicht erklären, was da an dieser Musik so faszinierend war (faszinierend war sie für mich, sonst hätte ich ja kein ganzes Konzert durchgehört!!), aber ich glaube, ich konnte die Musik OHNE das versprachlichte intellektuelle Vermögen der "Erwachsenen" dennoch genauso intensiv EMPFINDEN

das meinte ich mit den kaum nachprüfbaren Angelegenheiten bzgl der Lernalter - ich wüsste nicht, wie man Kinder da "untersuchen" sollte: der Gegenstand (Musik) und seine Verarbeitung (Emotionen), beide sind noch "zu hoch" für das Sprach- und Kognitionsniveau von 5-6-7jährigen, aber ich bin felsenfest davon überzeugt, dass Kinder dieser Entwicklungsstufe ebenso fein und intensiv Musik empfinden können.

im Unterricht mit Kindern (aaO paar mal beschrieben) habe ich auch die Erfahrung gemacht, dass "rational erklären" Murks ist, aber hören und fühlen lassen alle Türen und Tore öffnet: weil genau das auf der emotionalen Ebene stattfindet, und die ist bei Kindern trotz noch fehlender Versprachlichung vorhanden!

liebe Grüße, Rolf
 
Männer in der Sinnkrise

Hallo Thomas87,

ein hoch interessanter Artikel - vielen Dank für den Tipp!

Ich habe ihn mir herunter geladen und in eine vernünftig druckbare Form gebracht.

Liebe Grüße

Walter
 
Hallo Rolf,

ich finde Deinen persönlichen "Entwicklungsbericht" spannend und kann von ähnlichen Beobachtungen und Erfahrungen berichten. Ich finde es allerdings problematisch, die Ausprägung solcher Begabungen zu generalisieren. Ist es eine besondere "genetische Disposition" oder haben Kinder mit solchen Begabungen in frühen Jahren eine andere Form der "Sozialisation" erfahren? - In der Tat neige ich eher zu letzterer Ansicht. :floet:

In dem Zusammenhang ein traurig stimmendes Erlebnis:
Ich habe eine Schülerin, 7 Jahre, sehr aufgeweckt, die im Augenblick auch gute Fortschritte macht und mit großer Freude bei der Sache ist. Was ihr allerdings etwas schwer fällt: zu Hause in Ruhe zu üben - Geschwister und ein turbulentes Familienleben machen ihr da das Leben schwer. Mein Angebot an die Eltern: daß wir uns in weiteres Mal in der Woche sehen (ohne Mehrkosten). Spontane Reaktion des Mädchens: ein lautes Au ja! Reaktion der Eltern: Man wolle die Tochter doch nicht überfordern ... :mad: - Was soll ich da als Klavierlehrer noch sagen? Mit jedem weiteren Wort laufe ich doch Gefahr, daß die Eltern ihre Tochter abmelden. Ich denke nur: schade - nicht um ein Talent (davon gibts auf der Welt genügende), sondern um die verpaßte Entwicklungsmöglichkeit eines jungen Menschen.
(Soviel nur zum Thema "Watte für Menschen" - aber das gehört glaube ich in einen anderen Thread ...)
 

Ein sehr interessanter Faden! Danke Walter für die ausführliche 'Einführung'. Ich kann die Beobachtungen an meinen eigenen Kindern wiedererkennen.
 
Ich finde es allerdings problematisch, die Ausprägung solcher Begabungen zu generalisieren. Ist es eine besondere "genetische Disposition" oder haben Kinder mit solchen Begabungen in frühen Jahren eine andere Form der "Sozialisation" erfahren? - In der Tat neige ich eher zu letzterer Ansicht. :floet:

hallo kölnklavier,

falls ich was generalisiert haben sollte (was ich nicht glaube), bitte ich um Verzeihung! was ich ausdrücken wollte: es ist problematisch, den emotionalen Zugang von Kindern (5/6-12 Jahre) zu "prüfen" aufgrund ihrer kognitiven Entwicklung (Sprache).
ich bin überzeugt: handeln, nicht theoretisierendes Lehren, kann Kindern den Zugang zur Musik und zu sich selbst (emotionales Erfahren, hören und wahrnehmen lernen etc) ermöglichen - wenn diese neugierig sind und wenn ihnen (evtl Sozialisation?!) Musik bzw Klavier "gefällt".

was Deine Schülerin betrifft: könntest Du evtl das Kind stundenplanmäßig anders unterbringen, ich meine mit 30min Pause nach ihrer "offiziellen" Unterrichtsinheit - und diese Pause "schenkst" Du Ihr dann ein paar Monate lang - - - so umgehst Du die sonderbare Sorge ihrer Eltern und sie hat ihr "Au ja" trotzdem. Und später kann man vielleicht vernünftig mit den Leuten reden...

liebe Grüße, Rolf
 
Ich habe eine Schülerin, 7 Jahre, sehr aufgeweckt, die im Augenblick auch gute Fortschritte macht und mit großer Freude bei der Sache ist. Was ihr allerdings etwas schwer fällt: zu Hause in Ruhe zu üben - Geschwister und ein turbulentes Familienleben machen ihr da das Leben schwer. Mein Angebot an die Eltern: daß wir uns in weiteres Mal in der Woche sehen (ohne Mehrkosten). Spontane Reaktion des Mädchens: ein lautes Au ja! Reaktion der Eltern: Man wolle die Tochter doch nicht überfordern ... :mad: - Was soll ich da als Klavierlehrer noch sagen? Mit jedem weiteren Wort laufe ich doch Gefahr, daß die Eltern ihre Tochter abmelden. Ich denke nur: schade - nicht um ein Talent (davon gibts auf der Welt genügende), sondern um die verpaßte Entwicklungsmöglichkeit eines jungen Menschen.
Hallo Wolfgang,

Das ist wirklich sehr traurig, und ich sehe, in welch schwieriger Situation Du Dich damit befindest. Da hab ich es doch wesentlich einfacher, denn ob ich ein Klavier nun stimme und überhole oder nicht, ist im Prinzip egal. Wer nicht will, der hat schon gehabt. Wenn man aber Verantwortung in der Bildung trägt und den Werdegang eines Menschen positiv beeinflussen kann und will wie Du, únd die damit entstehenden Komplikationen nicht locker beiseite schiebt, würde nicht einfach nur einem Menschen was nehmen, was ihm eigentlich zusteht (Bildung als Grundrecht), sondern verbunden damit die Kultur und ihre Zukunft sausen lassen.

Ich würde die Eltern doch noch mal ins Gebet nehmen, und zwar ohne Tochter. Sie sollen sehen, dass Deine Einstellung nichts mit Überforderung zu tun hat und Du sowieso nur das Beste für den Nachwuchs vor hast. Später, wenn die Schule aufwändiger wird, muss man vermutlich sowieso wieder zurückstecken.

LG
Michael
 
Hallo Walter,

schön wenn dir der Artikel gefällt. Für mich bewundernswert, dass du bereits so früh auf den Beinen bist (5:31 uhr).

MfG Thomas
 
Soo früh ...

... auf den Beinen vielleicht schon so manchmal, aber nicht an der Internetkiste. - 7.31 Uhr reicht doch auch, oder? :D

Walter
 

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