Konzentrationsschwaeche beim Ueben/Vorspielen

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Normalo

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5. Aug. 2021
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Hallo,

ich nehme seit laengerer Zeit Unterricht und hatte von Anfang an das Problem, dass ich kein Stueck ohne Unterbrechung oder Fehler ueben und vorspielen kann. Beim Vorspielen kommt Nervositaet dazu, aber auch beim Ueben allein zuhause hakt es fast bei jedem Durchgang, selbst nach wochenlangem einstudieren. Es hakt an unterschiedlichen Stellen, nicht immer an derselben. Woran liegt das?

Haben die erfahrenen KL unter euch Schueler mit demselben Problem? Wie geht ihr damit um? Gibt's Erfolgsstorys?

Wenn ich uebe, dann erstmal langsam und phrasenweise. Wenn eine Phrase sitzt, dann uebe ich die naechste, dann zusammenhaengend. Wenn ich dann irgendwann das ganze Stueck (auswendig) kann, steigere ich das Tempo. Aber soweit komme ich kaum, da ich immer irgendwo kurz nachdenken (mich erinnern) muss. Es scheint, als kann ich keine zwei Minuten dem roten Faden folgen, sondern verliere ihn immer irgendwann. Dann haenge ich da ne Sekunde lang und erinnere mich ploetzlich wieder.
 
Zwei Minuten wirklich konzentriert zu spielen, ist aber sowieso nicht einfach. Das wird langjährig trainiert und hat mit musikalischen Fähigkeiten wenig zu tun.

Wenn nun ein Leidensdruck besteht, schlage ich vor, lieber kürzere Stücke einzustudieren.

Wenn's sein muss, dann sollte man auch mit Achttaktern zufrieden sein und damit erstmal eine Weile glücklich leben.

Oder, falls es am Auswendiglernen liegt, eben nicht alles auswendig können wollen. Das setzt aber voraus, dass man aufs Notenblatt schauen und sofort erkennen kann, wo man gerade ist. Es gibt ja auch Klavierspieler, die nicht wirklich gut Noten lesen können und deshalb nach Gehör und auswendig spielen.
 
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Moin,
drei wichtige Fragen vorweg: Wie lange hast du schon Unterricht, was genau übst du? und: Wie alt bist du eigentlich? In der Regel dauert es bei Erwachsenen deutlich länger als bei Kindern, die überaus komplexen Bewegungsabläufe beim Klavierspiel in den Kopf zu kriegen. Nicht umsonst haben die Großmeister der Virtuosität schon in der Kindheit mir dem Spiel begonnen, weil ihr Gehirn weitaus mehr freien Speicher bietet als das eines Erwachsenen. Dann kommt natürlich noch eine gehörige Portion angeborener Begabung dazu, die Verständnis für die Musik beinhaltet, was normalerweise erst beim Erwachsenen so richtig zur Entfaltung gelangen kann, sodass man aus eigenem Antrieb sich den Herausforderungen der Tasten widmet.
Mit deinem Alias drückst du möglicherweise aus, dass du dich selbst nicht zu den hochbegabten Musikern rechnest, Daher lautet mein erster Rat: Bringe ganz viel Geduld beim Spiel auf - nur keinen Stress und keine überzogenen Erwartungen. Mit dem, was du aktuell übst, bewegst du dich im Allgemeinen an den Grenzen, die du im Laufe deines Trainings ganz allmählich erweitern wirst. Das Ziel eines nahezu(!) fehlerfreien, hörenswerten Spiels erreichst du nach meinen Erfahrungen nur unterhalb deiner Leistungsgrenzen: Das, was du heute übst, wirst du erst morgen oder übermorgen wirklich vortragsreif aufführen können, wenn du auf der Leiter deiner Fähigkeiten bereits eine bis zwei Stufen hinaus bist und dort übst.
Mein zweiter Rat lautet: Mache dir den Weg zum Ziel! Übe nicht vorrangig auf ein perfektes Vorspiel hin, sondern mach dir bewusst, dass du deinen eigenen musikalischen Horizont gerade am Klavier ungemein erweiterst und ganz anderen Zugang zur Musik hast als alle anderen, die nur Musik hören. Gerade wir Tastenspieler lernen besonders viel über Harmonien, entwickeln Verständnis für Polyphonie, weil wir Melodien, Begleitung, Rhythmik, also alles, was komplexe Musik ausmacht, allein durch die Vielstimmigkeit unseres Instruments praktizieren. Nicht umsonst müssen Musiklehrer zumindest Grundkenntnisse und -fähigkeiten am Klavier mitbringen, wenn sie in die Ausbildung gehen. Sofern es am Ende zum Konzertieren nicht reicht - es gibt andere Möglichkeiten: Eigene Stücke produzieren am PC, ohne auf vorgefertigte Patterns zurückgreifen zu müssen - oder mal ein anderes Instrument lernen, das nur einstimmig zu spielen ist (Bläser); Noten hat man gelernt und bringt viel mehr Verständnis für Ensemblespiel mit als jemand, der mit den Tasten nicht vertraut ist.
 
Ich sehe bei Kindern, dass die absolut konzentriert sind und Stuecke wesentlich schneller lernen als ich. Gleichaltrige Anfaenger scheint es in China nicht zu geben. Und ich glaube, dass ich beim Ueben auch sehr konzentriert bin, also voll bei der Sache und auch nach drei Stunden Ueben immer noch total fasziniert vom Instrument und lernbegierig, wenn auch mental schlapp. Muesste ich nicht arbeiten, wuerde ich noch mehr Ueben. Deshalb versteh ich nicht, dass meine Performance so schlecht ist.

Zu den Fragen: Bin 39, habe Unterricht seit einem Jahr (1 bis 2 Std pro Woche). Wir orientieren uns am ABSRM-Material (aktuell Stufe 5). Das Ueben variiert, im Schnitt wende ich ueber die Haelfte der Zeit auf fuer das Einstudieren eines (oder zwei) Stuecks, den Rest der Zeit verteile ich nach Lust und Laune auf Techniken (Arpeggios, Tonleitern usw) und Vom-Blatt-Spielen.

Ich hab schon immer Bezug zu Musik gehabt, hoere sie gerne und konsumiere sie nicht nur, sondern hoere genau hin, analysiere sie, mit meinen bescheidenen Kenntnissen. Musik ist fuer mich so eine Art Refugium, selbst beim Arbeiten hoere ich Youtube-Listen rauf und runter.

Ich moechte mal in den Zustand kommen, wo ich ein Stueck spielen und es gleichzeitig geniessen kann von Anfang bis Ende. Das funktioniert bisher aber nur abschnittsweise.
 
Das alles liest sich doch eigentlich sehr gut. :super:

Bis Du aber mal in den Flow kommst, Dir selbst genießerisch zuzuhören, während Du spielst, dauert es aber noch Jahre. (Und so eigentlich geht es gar nicht so.)

Wenn Du aber bereits abschnittsweise diesen Genuß hast, ist es schon ziemlich top.

Machst Du bei Vorspielen mit oder gar ein bisschen bei Ensemblemusik? Neue Reize, neue Flows. :blöd:
 
Unterricht seit einem Jahr (1 bis 2 Std pro Woche).
Wir orientieren uns am ABSRM-Material (aktuell Stufe 5)
Da sieht man ja schon, dass es einen (zu?) schnellen Fortschritt gibt. Das Lernen und Auswendiglernen von (für das Level zu langen) Stücken, gepaart mit dem Bemühen um schnellen Technikerwerb kann sehr überfordern. Da ist es kein Wunder, wenn sich der Geist sperrt. Lass mal los, geh 'ne Stufe oder zwei zurück. Das wirkt manchmal Wunder.
 
dieses ADHS äh ABRSM-Material Stufe 5... sorry, aber mich da durchzuklicken, nehme ich mir nicht die Zeit... was für Stücke für Klavier sind das denn überhaupt so?
 
Bin 39, habe Unterricht seit einem Jahr (1 bis 2 Std pro Woche). Wir orientieren uns am ABSRM-Material (aktuell Stufe 5).
Wenn es ein Problem mit Deiner Progression gibt, dann, dass sie zu schnell ist.
Ich moechte mal in den Zustand kommen, wo ich ein Stueck spielen und es gleichzeitig geniessen kann von Anfang bis Ende.
Das geht nur, wenn Du Dir selbst nicht davonrennst. Man kann nicht immer nur kochen, man muss auch mal essen.

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Hallo,

ich nehme seit laengerer Zeit Unterricht und hatte von Anfang an das Problem, dass ich kein Stueck ohne Unterbrechung oder Fehler ueben und vorspielen kann. Beim Vorspielen kommt Nervositaet dazu, aber auch beim Ueben allein zuhause hakt es fast bei jedem Durchgang, selbst nach wochenlangem einstudieren. Es hakt an unterschiedlichen Stellen, nicht immer an derselben. Woran liegt das?

Haben die erfahrenen KL unter euch Schueler mit demselben Problem? Wie geht ihr damit um? Gibt's Erfolgsstorys?

Wenn ich uebe, dann erstmal langsam und phrasenweise. Wenn eine Phrase sitzt, dann uebe ich die naechste, dann zusammenhaengend. Wenn ich dann irgendwann das ganze Stueck (auswendig) kann, steigere ich das Tempo. Aber soweit komme ich kaum, da ich immer irgendwo kurz nachdenken (mich erinnern) muss. Es scheint, als kann ich keine zwei Minuten dem roten Faden folgen, sondern verliere ihn immer irgendwann. Dann haenge ich da ne Sekunde lang und erinnere mich ploetzlich wieder.
Hab mir ein großes Schild auf die Notenablage gelegt und da steht drauf ‚SLOW‘. Im Prinzip habe ich ähnliche Probleme wie Du, und das nach 4 1/2 Jahren Klavier als Späteinsteiger. Aber wirklich, langsam üben und dabei mit erhöhter Aufmerksamkeit auf die Bewegungs-Choreografie, gepaart mit dem musikalischen Ausdruck bringt Wunder 😀
 
Hatte gestern nach dem Beitrag und gerade eben nochmal geuebt. Es ist unglaublich, es haut mich bei Stellen raus, bei denen ich in zwei Wochen noch nie einen Fehler gemacht hab. Dabei hab ich schon die Geschwindigkeit verringert.

Kennt ihr das? Bei Akkordwechsel hat die Hand nach laengerem Einstudieren ein Gefuehl fuer die Stellung und Position, da muss man nicht mehr nachdenken. Und ploetzlich ist das einfach weg und man greift nach nem ganz anderen Akkord. Obwohl die Klangvorstellung im Kopf das richtige will. Frustrierend. Man muss das Muskelgedaechtnis wohl immer wieder aktiv erfrischen. Oder ist das Alzheimer? Wenn einer mit 40 Radfahren lernt, der wird doch auch nicht nach zwei Wochen ploetzlich rueckwaerts statt vorwaerts treten.

Sollte man bei solchen Problemen dann bei dem aktuellen Stueck bleiben, bis man mal (zufaellig) keine Fehler einbaut, oder kann ich trotzdem zu anderen Stuecken uebergehen und das Konzentrationsproblem loest sich mit der Zeit "von selbst"?

Mein aktuelles Stueck:
 
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Ja.
Man muss das Muskelgedaechtnis wohl immer wieder aktiv erfrischen.
Ein Lehrer wird Dir sicher noch genauer Auskunft geben können, aber ich kann mir gut vorstellen, dass hier eines Deiner Probleme ist:
Fehlendes Musikverständnis wird mit Muskelgedächtnis kompensiert. Letzteres ist immer nur kurzfristig und hält nicht allzu lang.
Bekommst Du auch Musiktherorie unterrichtet? Verstehst Du, was Du da spielst?

Zum Verständnis ein Bildnis:
Eine Geschichte in einer Sprache fehlerfrei vorzutragen, die man nicht versteht, ist ungleich schwerer und sehr viel schneller vergessen als in einer Sprache, die man versteht.
 
Fehlendes Musikverständnis, ja, auch - und vor allem KEIN AUDIOMOTORISCHES SPIEL. Das Ohr, also die Klangvorstellung zusammen mit dem Hören der tatsächlichen aktuellen Schallwelle, ist nicht die bewegungsauslösende und bewegungsführende Kraft.

Haben wir Normalo alles schon versucht zu erklären, hat er aber abgetan bzw. nicht gecheckt. Und nun wundert er sich mal wieder, warum das alles immer wieder so merkwürdig und schwierig ist mit dem Spielen.
 
Oha, jetzt, wo Du es schreibst:
dabei hat meine Lehrerin zugegeben, dass sie keine tiefergehenden Kenntnisse von Musiktheorie hat. .... aber meine KL meinte, es reicht erstmal, die Bewegung auswendig zu lernen
Die Rahmenbedingungen scheinen sch... zu sein und der chinesische Unterricht unmusikalische Dressur.
Hmm, da ist guter Rat teuer.
Da ist man fast gewillt, zum autodidaktischen Lernen zu raten (was nie ein guter Rat sein kann).
 
Zuletzt bearbeitet:
Normalo hat sich in der Vergangenheit als un-offen und uneinsichtig gezeigt. Da ist meines Erachtens eh' Hopfen und Malz verloren.
 

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