Klavier und Hochwasser

  • Ersteller des Themas Beginner Blues
  • Erstellungsdatum

B

Beginner Blues

Dabei seit
19. Nov. 2009
Beiträge
12
Reaktionen
0
Hallo liebe Klaviergemeinde,
ich habe ein Problem: wir hatten durch Unwetter in Bretten einen Wassereinbruch im Eingangsbereich. Dummerweise steht da mein Klavier. Und das hat nun kurzzeitig nasse Füße bekommen. Das Wasser war zwar recht schnell wieder draußen, aber auf dem Bild sieht man, dass das Wasser bis über die Pedale gestanden hat. Die Hausratversicherung hat schon gemeldet, dass sie damit nichts zu tun hat, da sie nur bei Leitungswasserschäden zuständig ist (ist ja typisch). Ich habe das Klavier zwischenzeitlich von der Wand gerückt, von hinten sieht man nichts. Es sieht aus, als sei wieder alles trocken. Ich habe mich aber noch nicht getraut, irgendwelche Tasten zu drücken (außer einzelne). Wie sind eure Erfahrungswerte? Steckt ein relativ neues Klavier (5 Jahre) so etwas weg? Was kann ich selbst tun? Kann ich Reinigungsarbeiten innen selbst vornehmen oder nur einen Fachmann machen lassen? Für Hilfe wäre ich dankbar. Sende auch gerne noch weitere Bilder.Klavier.jpg
 
Auf jeden Fall unten die Klappe mal abmachen und schauen, ob es wirklich ausgetrocknet ist, am besten alle Klappen abmachen (bei der Gelegenheit kannst Du auch weitere Bilder machen).
Und den Klavierstimmer mal schauen lassen, ob es Schäden gegeben hat.
 
Danke für die schnelle Antwort. Die vordere Klappe habe ich inzwischen geöffnet, aber nicht ganz abgemacht. Das probiere ich nachher gleich mal und ich mache dann noch mehr Bilder. Das Holz scheint nicht aufgequollen zu sein. Unsere Tochter ist Schreinerin und sie sagte, dass aus ihrer Sicht das Holz es gut verkraftet hat. Keine sichtbaren Schäden. Meinen Klavierstimmer werde ich auch informieren, dass er sich das mal anschaut. Aber ich möchte ihm nach Möglichkeit eine zweimalige Anfahrt ersparen (und mir die Kosten). Wenn es noch nicht durchgetrocknet ist, kann er vermutlich auch nicht reparieren oder stimmen und muss noch einmal kommen.
 
und vor allem: WEG mit dem Ding von der Wand! Sofort!
 
Hallo Beginner Blues,

So wie der Wasserstand am Foto zeigt, sind im Klavier die Basssaiten, aber auch die blanken Saiten unter den Basssaiten nass geworden. Das ist doof, denn das ist blankes Metall. Ich schätze das gibt mehr Arbeit als nur trocknen lassen. Mach die untere Klappe mal auf und dann Fotos!

LG
Michael
 
ja, die Saiten unten haben bereits Flugrost angesetzt. Die Stangen, die die Verbindung zu den Pedalen darstellen, sind nass, da vollkommen unbehandelt, ebenso natürlich die Filzringe. Inzwischen sind die aber auch schon wieder abgetrocknet. Ich habe sie mit weichem Tuch trockengetupft. Ansonsten sieht es meiner Meinung nach erstaunlich gut aus. Die Rückwand (von oben fotografiert) ist ganz trocken, auch der Innenboden weist keine fühlbare Feuchtigkeit mehr auf. Da der Raum, in dem das Klavier steht, noch ziemlich viel Feuchtigkeit hat (Wand, Fliesenboden, Vollholztreppe), bekommen wir dort ein Trockengebläse aufgestellt. Ist das jetzt für das Klavier gut oder schlecht? Andererseits - ich habe sowieso keine Alternative, das Klavier muss da stehen bleiben. Allenfalls kann ich was drüberhängen. Von der Wand habe ich es gleich weg gezogen. Derzeitige Luftfeuchtigkeit laut Hygrometer 65%. Ist schon recht hoch, aber nicht im kritischen Bereich, oder?
WP_20150609_006 (2).jpg WP_20150609_005.jpg WP_20150609_005.jpg WP_20150609_008.jpg
 

Anhänge

  • WP_20150609_005.jpg
    WP_20150609_005.jpg
    332 KB · Aufrufe: 13
  • WP_20150609_007.jpg
    WP_20150609_007.jpg
    349,2 KB · Aufrufe: 13
Zunächst sieht es nicht so aus, als ob viel passiert wäre. Den Rost an den Saiten mit Drahtbürste weg putzen und hernach vorsichtig mit WD40 oder ähnlichem vor weiterem Rost schützen (am besten pinseln). Ich würde das Klavier nicht zusammen mit Trocknungsmaschinen im Raum belassen. Der Schaden könnte dann weit größer werden.

LG
Michael
 
Nicht "würde" - Das Klavier muss UNBEDINGT raus. Bei meiner KL war ein ähnlicher Fall - da musste der Flügel sogar mit Kran aus dem Haus entnommen und extern gelagert werden...
Das wäre der Aufhänger für eigene Erfahrungswerte: Als Student und Berufsanfänger habe ich mehrere Jahre in einem möblierten Souterrain-Appartement gewohnt und mir für elementare pianistische Arbeitsschritte für damals fünfzig D-Mark im Monat ein einfaches Klavier gemietet, um beispielsweise mal einen Klavierauszug vom Blatt abfingern zu können. Der in einem anderen Faden geschilderte Wasserschaden an einem alten E-Piano bei einem Open-Air-Auftritt neulich war nicht meine erste pianistische Begegnung mit dem nassen Element.

Es war die zweite - nach urlaubsbedingter Abwesenheit betrat ich das Souterrain-Appartement. Aus der Hausnachbarschaft erfuhr ich, dass der ungewohnt feucht-muffige Geruch in der Wohnung auf einen Wasserschaden in einem Garagenraum eine Etage oberhalb zurückging: Eine Wasserleitung war undicht geworden und das ausgetretene Wasser sickerte durch die Decke und tropfte fast ausschließlich auf das darunter stehende Klavier. Das Pianohaus ermittelte durch einen Sachverständigen einen Schaden in Höhe von fast viertausend D-Mark (knapp der damalige Zeitwert des Klaviers) und das Instrument wurde am Folgetag zur Trocknung und Reparatur abtransportiert. Ich erfuhr später, dass das Klavier komplett in Ordnung gebracht und weiterverkauft werden konnte und legte mir dann erstmals ein Digitalpiano zu, das mir in der Folgezeit auch bei Auftritten auswärts gute Dienste leistete. Die Hausratversicherung meiner Vermieterin übernahm die Schadensregulierung laut deren Aussage anstandslos.

Ich unterstelle mal, dass starke Schwankungen bei den klimatischen Bedingungen dem Instrument mehr zusetzen als gleichbleibende Extreme. Insofern spricht einiges dafür, das Klavier in eine günstigere Umgebung zu schaffen. Alles Gute!

LG von Rheinkultur
 

Mir stellt sich anlässlich dieses Fotos die Frage, ob es überhaupt möglich ist, einen solchen Flügel (Ahrtal) zu reinigen und wieder spielbar zu machen.
Zwei Jahre nach meinem Abitur gab es in dem einst von mir besuchten Gymnasium schwere Hochwasserschäden, dort standen die unterkellerte Sporthalle und das Erdgeschoss in der Schmutzbrühe. Im Erdgeschoss befand sich die Pausenhalle, die die Etage teilte in einen größeren Teil mit zwei Treppenhäusern und Fachräumen für die naturwissenschaftlichen Fächer und den Kunstunterricht und in einen kleineren mit zwei Aufenthaltsräumen und einem tieferliegenden Musiksaal, den man zur Pausenhalle öffnen und für größere Veranstaltungen nutzen konnte. Im Musiksaal stieg bei dem Steinway-A-Flügel das eingedrungene Wasser bis knapp unter den Resonanzboden. Da ich bis heute Kontakt mit meinem früheren Musiklehrer habe, erfuhr ich, dass es tatsächlich gelang, das Instrument zu reparieren. Erst Monate später (mit Beginn des neuen Schuljahrs) war der Raum wieder nutzbar.

Anhand des Fotos ist wohl zumindest ein wirtschaftlicher Totalschaden zu erwarten, da das Instrument über einen längeren Zeitraum komplett im Wasser stand, wie es die Verschmutzungen erkennen lassen. Entsprechend wird das "Innenleben" sicherlich aussehen.

LG von Rheinkultur
 
Anhand des Fotos ist wohl zumindest ein wirtschaftlicher Totalschaden zu erwarten, da das Instrument über einen längeren Zeitraum komplett im Wasser stand, wie es die Verschmutzungen erkennen lassen. Entsprechend wird das "Innenleben" sicherlich aussehen.

Nach etwa einer Woche soll der Wasserstand wieder deutlich gesunken sein, aber jeder Tag ist einer zu viel.

Das Problem dürfte wohl sein, dass es sich hier nicht nur um einen Schaden durch Wasser handelt, sondern ein Gemisch aus Wasser, organischen Bestandteilen, Heizöl, Benzin und Fäkalien dem Flügel zusetzen. Die Klavierbauer können das besser beurteilen, müsste ein solches Instrument - falls es überhaupt zu retten ist - nicht komplett demontiert werden? Der (auch finanzielle) Aufwand wäre vermutlich - besonders bei einem älteren Instrument - zu groß, wie ich vermute.
 
Nach etwa einer Woche soll der Wasserstand wieder deutlich gesunken sein, aber jeder Tag ist einer zu viel.

Das Problem dürfte wohl sein, dass es sich hier nicht nur um einen Schaden durch Wasser handelt, sondern ein Gemisch aus Wasser, organischen Bestandteilen, Heizöl, Benzin und Fäkalien dem Flügel zusetzen. Die Klavierbauer können das besser beurteilen, müsste ein solches Instrument - falls es überhaupt zu retten ist - nicht komplett demontiert werden? Der (auch finanzielle) Aufwand wäre vermutlich - besonders bei einem älteren Instrument - zu groß, wie ich vermute.
Deshalb wagte ich die Prognose eines wirtschaftlichen Totalschadens. Im vergangenen Jahr kam es zu einem Wasserschaden in einer Krankenhauskapelle, wo ich übermorgen wieder Orgeldienst habe. Durch fälschlicherweise offengebliebene Dachfenster eingedrungener heftiger Starkregen setzte den Raum kurzzeitig knöcheltief unter Wasser, ohne dass ein mit Schadstoffen und Schmutz belastetes Gemisch entstand. Anschließend war der Parkettboden komplett zerstört, das massive Mobiliar überstand hingegen die Attacke gut. Das Orgelpositiv bekam eine Menge Wasser ab, das allerdings praktisch komplett auf der verschlossenen Klaviatur landete. Da sich die Pfeifen hinter abgeschlossenen Türen befanden und die übrige Mechanik und Elektrik ebenfalls kaum Wasser abbekamen, bewahrheitete sich nicht die Befürchtung, dass auch die Orgel irreparabel beschädigt sein müsste. Dazu musste allerdings tatsächlich das Instrument komplett demontiert und in einem anderen Raum monatelang behutsam getrocknet werden. Fast ein halbes Jahr später konnten in dem gewohnten Umfeld wieder Gottesdienste stattfinden. Bis dahin waren kirchenmusikalische Dienste an einem Digitalpiano zu spielen, das bei Nichtbenutzung in der Sakristei steht und somit vor den Wassermassen sicher war. Im Vergleich zu den Ereignissen in der Eifel und an der Ahr war dieses Ereignis ein Bagatellfall - der aber so schon Kosten in fünfstelliger Größenordnung verursachte.

LG von Rheinkultur
 
Nachtrag: die Dachfenster blieben in Verbindung mit einer kurz zuvor abgehaltenen Katastrophenschutzübung in der Klinik fälschlicherweise geöffnet. Die Öffnungs- und Schließautomatik ist an die Raumelektrik angekoppelt und irgendwie versäumte man es, sich um dieses Detail zu kümmern. Die entstandenen Schäden waren jedenfalls schlimm genug.
 
Das Problem dürfte wohl sein, dass es sich hier nicht nur um einen Schaden durch Wasser handelt,
Wasser allein tät schon völlig langen um so ein Instrument völlig zu ruinieren.

Nehm doch mal eine Flügel oder Klaviermechanik, und tauche sie nur eine halberte Stund in die vollgefüllte Badewanne - selbst nach dem trocknen ist sie nimmer zu gebrauchen.

Und ja, Du gehst Recht in Deiner Vermutung - der finanzielle Aufwand lohnt nicht.
 
Nehm doch mal eine Flügel oder Klaviermechanik, und tauche sie nur eine halberte Stund in die vollgefüllte Badewanne - selbst nach dem trocknen ist sie nimmer zu gebrauchen.
Naturmaterialien, die sich trotz Oberflächenbearbeitung mit Wasser stunden-, wenn nicht tagelang vollsaugen und sich beim Trocknen verziehen, schlimmstenfalls faulen, schimmeln, korrodieren. Vermutlich muss man außer dem Gussrahmen den größten Teil des Innenlebens austauschen, ob Stimmstock und Resonanzboden das überleben, ist sehr die Frage. Das Gehäuse zu reinigen - das dürfte noch das kleinste Problem sein. Auf dem von @Marlene verlinkten Bild war viel mehr nicht zu erkennen, aber es ist davon auszugehen, dass das Instrument komplett mindestens etliche Stunden lang im Schmutzwasser drin war. Nach dem Durchtrocken müsste man ermitteln, was sonst noch so an Verschmutzungen und schädigenden Substanzen anhaftet und inwieweit das alles überhaupt wieder entfernt werden kann. Aufwand ohne Ende...!
 

Zurück
Top Bottom