Na dann geh ich mal wieder On-Topic ;) und beantworte die Fragen, die im Eingangsbeitrag gestellt wurden. Ich bin nämlich irgendwie überrascht, dass Klavierspielen gleich irgendwie mit Klassikinteresse gleichgesetzt wird. Klar, das ist nicht so weit hergeholt, wenn man an Übungsbücher usw. denkt, andererseits gibt es sicher einige Leute auf der Welt, die mit Klavier angefangen haben, weil sie die Beatles lieben und nicht Bach. Andererseits gibt es wohl auch ganz viele Wagnerianer, die überhaupt keinen Bezug zum Klavier haben.
Ich gehöre grundsätzlich zu keiner "Gruppe", ich würde mich nie als Klassikfan bezeichnen, dazu kenne ich zu wenig und bei viel Klassik ist mir ehrlich gesagt auch ziemlich langweilig (Ja, auch viel klassische Klaviermusik entlockt mir nur ein Gähnen). Andererseits höre ich viel andere Musik, zB Tango, Folk, Rock, Post-Rock, Pop, Synthie-Pop, Elektro, (Heavy) Metal, Blues und diverse Sachen, die sich nicht mal einordnen lassen. Es gibt aber ebensogut viel Metal, den ich total langweilig finde, das ist bei mir also auf das konkrete Werk und nicht auf das Genre bezogen.
Zur Umfrage:
Wurde im Elternhaus Klassik gehört oder geschätzt?
Ja, sehr. Mein Vater hört praktisch nur Klassik, gerne zB Vivaldi, Purcell und andere Sachen mit vielen Streichern. Es läuft auch nur Klassik-Radio im Auto bei ihm. Meine Mutter war immer mehr die Opernfreundin (hört aber auch Oldies & Pop). Als Kind bin ich deshalb auch manchmal mitgenommen worden, zB bei Freiluft-Opernaufführungen oder sowas.
In welchem Alter und auf welche Weise kam es zum ersten Kontakt mit Klassik und wie war der Eindruck?
War, wie gesagt, immer schon irgendwie da. Mit 7 Jahren habe ich mit Ballett angefangen, da war das also der ständige Begleiter, außerdem hab ich öfters als Statistin bei diversen Opern mitgemacht (zB war ich mal der Löwe in der Zauberflöte oder eine Novizin in Tosca :D). Sehr früh gefallen haben mir Carl Orffs Carmina Burana und ein paar Sachen von Richard Wagner. Chopins Nocturne op.9 no.1 find ich auch schon sehr lang gut.
Wodurch wurde die Klassik zur geschätzten Musik?
Ich schätze eigentlich nur einzelne Werke, seien es jetzt einzelne Stücke oder Opern oder Teile dieser Opern. Klassik als Genre ist für mich nicht besser und schlechter als andere Genres (und schon gar nicht, weil es sich gebildeter und besser anhört *g*). Ich schätze vor allem Musik die zum jeweiligen Zeitpunkt und Gefühl passt! Und das tut Klassik nun mal mitunter.
Gab es ein Schlüsselerlebnis?
Nein.
Welche Personen, Erlebnisse oder Vorgänge nehmen starken Einfluss auf den Musikgeschmack?
Ganz unterschiedlich. Ich schnapp viel Musik auch einfach auf, manche tollen Sachen wie Barockoper hab ich erst richtig auf der Uni mitbekommen (studiere Theater-, Film- und Medienwissenschaft). Die Goldberg-Variationen hat mir allerdings erst Hannibal Lecter näher gebracht! :D
Was gab den Ausschlag, Klavierspielen zu erlernen?
Schwer zu sagen... Ich glaub das erste Mal Klavier spielen können wollte ich, als ich Chopins Nocturne op.9 no.1 gehört habe *g*. Damals hab ich mir das im Internet angesehen, festgestellt, dass Chopin total schwer ist und den Gedanken wieder verworfen. Erst viel später durch ganz andere, moderne Musik (eben NICHT Klassik) bin ich wieder aufs Klavierspielen gekommen, zB durch Korouva
http://www.myspace.com/korouva (und ja mir ist klar, dass das sicherlich keine große klavierspielerische Leistung ist, sondern bestenfalls eine Gesangsbegleitung *g*).
Bei Späteinsteigern - habt ihr als Kind schon Klavier gespielt / Klavierspielen wollen, oder zumindest Klassik gehört, gekannt, gemocht? Was war dann ausschlaggebend für den Wiedereinstieg?
Nein, als Kind hab ich Blockflöte gespielt *grml*. Bezügl. meinem kindl. Verhältnis zur Klassik siehe Frage 1 & 2. Und richtigen Wiedereinstieg gab es ja gar nicht.
Warum habt ihr Klassische Musik früher gemieden bzw. euch nicht dafür interessiert?
Auch heute noch (bin übrigens fast 24, für die Statistik *g*): Es gibt einfach so viele andere Musikrichtungen, die ich liebe, dass die Klassik da keinen besonderen Stellenwert einnimmt und einnehmen kann. So gesehen wird Klassik schon verdrängt und viellleicht ist das auch mit ein Grund für die "Überalterung" bei Klassik. In den 60ern waren die großen Genres Klassik, Pop, Rock, Jazz und Blues. Aber im Laufe der Zeit haben sich so viele andere Musikstile entwickelt, die auch sehr populär wurden, zB elektronische Musik(danke Kraftwerk!), Rap, das was man heute unter RnB versteht, Metal inkl. Untergenres, Indie, Punk, New Wave, Industrial, Noise, und all die Hybridformen wie zB auch Electroclash. Ganz schön Konkurrenz!
Bei Klassik im Sinne von Klassikveranstaltungen scheue ich aber auch den für mich falschen hm... Eventcharakter? Ich werde mir in den nächsten 10 Jahren sicherlich nicht absichtlich irgendein Streicherquartett live ansehen oder so, das interessiert mich nicht, allenfalls die Oper kann mich reizen, weil es insgesamt ein Spektakel ist - da wiederrum versteh ich manche Regisseure und ihre Inszenierungen nicht. Weil in so einem hochartifiziellen Genre wie der Oper möchte ich eben genau das sehen: Spektakel. Definitiv kein Stahlgerüst als Bühnenbild und die Sänger in Alltagskleidung. Wobei ich nichts gegen moderne Inszenierungen habe, die Helnwein-Ausstattung der Rosenkavalier-Inszenierung war einfach nur toll!!
Was noch abschreckt: Die Form, die man bei solchen Veranstaltungen immer wahren muss. In einer Zeit bevor man die solide Bürgerlichkeit entdeckt hat, nämlich zB im 17. Jh., da ist man noch ganz anders in die Oper gegangen, da gab es Essen, Trinken, soziales Mit- oder Gegeneinander, Glücksspiel und diverse Dinge, die man nicht in der Öffentlichkeit macht. :cool: Alles in allem ein bunter Haufen und dazu Tanz und Musik.
Heute sitzen alle brav und steif auf ihren Plätzen und trauen sich nicht einmal hüsteln. Ich finde das schreckt ab.
Sooo... ich hoffe mit diesem langen Beitrag mal ein etwas anderes Licht auf die Frage geworfen zu haben!