So wie ich das jetzt mal zusammenfassen darf, habe ich also keine Chance. Das deprimiert mich ehrlich gesagt ein wenig, aber ich denke schon das ihr recht habt. Noten lesen etc. ist bei mir garkein Problem, da ich ja auch in der Notenlehre war und Saxophon Unterricht habt. Ich habe wirklich nur NULL Ahnung von Technick. Ich spiele wirklich viel Klavier und habe auch schon relativ schwere Stücke gespielt, aber wie nun schon viele sagten mache ich dabei wohl tausende von technischen Fehler und merke es nicht. Und ich habe in den letzten Tagen auch versucht besonders auf meine Finger zu achten und sauberer zu spielen, dabei ist mir aufgefallen, das ich nie nach den teils angegeben Fingersätzen spiele und das dies eine sehr große Umgewöhnung ist.
Können auch ander Klavierschüler, also beispielsweise jemand der schon über 10 Jahre Klavierunterricht hat mir ein wenig weiterhelfen, oder können das wirklich nur Lehrer?
Halt! Ein solches Fazit liest sich geradezu, als sei unwiderruflich über Sein oder Nicht-Sein entschieden worden. Erst mit der Aufnahme von Unterricht erwerbe man sich die moralische Legitimation, überhaupt Klaviertasten berühren zu dürfen... .
Sehr wohl ist man auf nahezu allen Begabungsniveaus in der Lage, sich durch autodidaktische Maßnahmen Kenntnisse und Fertigkeiten anzueignen. Gemeint ist aber, dass das Verhältnis zwischen Aufwand und Ergebnis meist drastisch günstiger für den unter Anleitung Lernenden ausfällt - gerade, weil dann die Beobachtung von außerhalb möglich wird. Man könnte nun sagen, wenn man an der Position des Lehrers eine Videokamera installiert und die Aufzeichnungen nachher selbst auswertet, hätte man auch ein Medium zur Selbstkontrolle. Leider nicht: Die Lehrkraft kann in Bewegungsabläufe jederzeit eingreifen und ist durch fachdidaktische Kenntnisse auch in der Lage, Hindernisse zu erkennen und beim Überwinden derselben fachlich versiert zu helfen. Handelt es sich bei den erfahreneren Klavierschülern um Studenten mit weit fortgeschrittener Spielpraxis und pädagogischem Hintergrundwissen aus entsprechenden Hochschulseminaren, können diese sicherlich Gutes und Richtiges zum Gelingen beitragen.
Natürlich kann man als ambitionierter Autodidakt beachtliche Erfolge erzielen. Meine ersten Kompositionen wurden von Rundfunkanstalten produziert und gesendet und überregional erfolgreich aufgeführt, bevor ich mit meinem Kompositionsstudium beginnen konnte. Freilich hatte ich mir parallel zu dem pianistischen Studium einschlägige handwerkliche Kenntnisse angeeignet, aber eben erst später das Fach Komposition studiert, abgeschlossen und zeitweilig auch unterrichtet. Es gibt
natürlich nicht die einzig richtige Referenzkarriere als das Maß aller Dinge - und viele Wege führen nach Rom (frei nach Jean de La Fontaine).
Übrigens ist die Frage nach dem richtigen Fingersatz gerade bei hochkomplizierten Abläufen gar nicht so schulmäßig eindeutig zu beantworten: Was bei Prokofiew & Co. mitunter als Fingersatz zur Anwendung gelangt, wird dem Anfänger zunächst konsequent untersagt (Tonrepetitionen über alle fünf Finger, Daumenuntersatz auf schwarzen Tasten, unübliche Triller und Tremoli...)! Entscheidungskriterium ist die Zweckmäßigkeit und die möglichst organische Ausführbarkeit. Ohne Lehrer wirst Du meist viel Aufwand, viel Herumprobieren und viele Fehlversuche benötigen; ein Lehrer wird Dir dagegen vieles erleichtern können. @Peter hat das ja aus eigener Erfahrung heraus sehr schön beschrieben, mit welcher Freude man zügigere Fortschritte am eigenen Spiel wahrnimmt als je zuvor - so gern man doch viele Jahre lang zwanglos experimentiert hat, was da so alles möglich ist.
Mitunter muss man sich fragen, wann der "Leidensdruck" auf einen selbst der größte ist: Extrem fehlerbehaftetes Spiel unter angestrengtem Suchen der richtigen Tasten peinigt manchen Hobbyspieler so sehr, dass er irgendwann freiwillig lieber den Fachmann aufsucht. Andere beglückt die eigene Betätigung am Instrument so nachhaltig, dass ein paar falsche Noten und holpriger Melodienfluß der Freude keinen Abbruch zu tun vermögen. Im Zweifelsfall muss das die/der einzelne für sich entscheiden - vor allem, wenn in der Regel nur für den Eigengebrauch und nicht vor anderen musiziert wird.
LG von Rheinkultur