Autodidaktisch das Klavierspielen lernen....

Es gibt wohl noch ein anderes "Pro Unterricht" Argument
... im Grunde gibt's auch noch mehr. Ein Lehrer holt einen dort ab, wo man gerade steht (keine Kenntnis vom Notenlesen oder von Tonarten? Der Lehrer bringt's einem dann bei).

Er erkennt typische Anfängerfehler, und weiss wie man sie bereinigt.

Ein (guter) Lehrer erkennt auch das richtige Maß an Förderung (er wird einen Schüler weder krass überfordern noch unterfordern - beides wirkt sich negativ aus). Er kann auch bei Defiziten in der musikalischen Gestaltung helfen.

Hinzu kommt allgemein der ganze spezifische Erfahrungsschatz, den ein Lehrer normalerweise mitbringt.

Summa Summarum also nicht das Schlechteste, so ein Instrumental-Einzelunterricht...
 
Was mich auch immer wieder überrascht: trotz langjährigen Unterrichts, intensiver Beschäftigung mit Musik usw kommt der KL manchmal mit Sachen an, auf die man NIE, aber wirklich NIE gekommen wäre :030::027:
 
"...
Ebenen der Beobachtung

Beobachtung kann auf verschiedenen Ebenen erfolgen, denn ein Beobachter erster Ordnung kann nur das sehen, was er beobachtet, aber nicht wie er beobachtet. Das kann nur ein Beobachter zweiter Ordnung leisten, der außerhalb der ersten Beobachtung steht. Der wiederum sieht nicht, welche Unterscheidung er innerhalb seiner Beobachtung des ersten Beobachters trifft. Ein Beobachter kann also nie direkt sich selbst beobachten, deshalb gibt es bei jeder Beobachtung einen blinden Fleck. Blinder Fleck heißt folglich, „dass eine Unterscheidung, die zum Zweck des Beobachtens getroffen wird, sich nicht wieder selbst beobachten kann.“ (Reese-Schäfer 2001, 38). Das Beobachten ist somit zusätzlich paradoxund tautologisch. Ein beobachtendes System kann nur sehen, „was es mit dieser Unterscheidung sehen kann. Es kann nicht sehen, was es nicht sehen kann.“ (Reese-Schäfer 2001, 63). Das ist die Tautologie der Beobachtung. Das Beobachten ist für Systeme eine grundlegende Operation, denn #Systeme beobachten ihre Umwelt und machen ihre Beobachtung der Differenz intern zur Grundkategorie für ihre systemeigenen Operationen. Dieser Wiedereintritt der Unterscheidung in das Systeminnere wird als re-entry bezeichnet. Beobachtung ist somit selbstreferentiell, sie bezieht sich auf sich selbst. Sie ist auch paradox, denn die Unterscheidung zwischen System und Umwelt ist im System selbst enthalten, obwohl die Umwelt erst durch diese Unterscheidung des Systems existiert. Zu diesen Widersprüchlichkeiten innerhalb seiner eigenen Theorie äußert Luhmann, dass „eine Theorie, die Widersprüche einfach nur als logische Fehler betrachtet, […] Gefahr [laufe], auch die Theoriegegenstände, die Widersprüche enthalten, aus dem Bereich möglicher Erkenntnis auszuschließen.“ (Reese-Schäfer 2001, 67). Die Systemtheorie bietet mit ihren Ausführungen zur Beobachtung sozusagen ein Programm zur Selbstbeobachtung und Selbstbeschreibung der Gesellschaft.

(Christa Weber)
..."
http://luhmann.uni-trier.de/index.php?title=Gesellschaftstheorien_1:_Systemtheorie

Mithin ist also der Lernende der Beobachter erster Ordnung (mit seiner strukturellen Betreibsblindheit) und der Lehrer (Beobachter zweiter Ordnung) kann ihm zeigen, was er nicht sieht.

So ganz grob würde ein kumpel von mir argumentieren, der sich seit zig Jahren mit Systemtheorie beschäftigt.

Grüße
Häretiker
 
Was mich auch immer wieder überrascht: trotz langjährigen Unterrichts, intensiver Beschäftigung mit Musik usw kommt der KL manchmal mit Sachen an, auf die man NIE, aber wirklich NIE gekommen wäre :030::027:
Ganz genau, und es gibt ja manchmal auf den ersten Blick widersinnige Methoden, deren Ziel einem zunächst nicht einleuchtet und auf due man von selbst erst recht nicht kommen würde.
 
"Ein beobachtendes System kann nur sehen, was (...) Es kann nicht sehen, was es nicht sehen kann."
Wie unglaublich sinnvoll...! :geheim::-D

Fakt ist ganz einfach: sich selbst zu beobachten ist manchmal schwerer, als jemand - oder etwas - anderen. Dafür kann man gewisse Dinge eben auch nicht immer wirklich von aussen beobachten (zum Beispiel, wie sich jemand gerade fühlt, was er gerade denkt, ob er verspannt, verkrampft, abgelenkt ist usw.).

Und es gibt auch bessere, erfahrenere, und eher schlechtere Beobachter.
 
Ein Lehrer holt einen dort ab, wo man gerade steht
Und er kennt auch noch geeignete Wege, wie man irgendetwas lernen kann, ist diese Wege idealerweise schon mit einigen Schülern gegangen (praktische Erfahrung!), er kennt die richtigen Schritte, man kann evtl. auch eigene Wünsche mit einfließen lassen, er kennt realistische Zielvorstellungen, ...

(Jetzt muss ich aber bald aufhören... ich selbst bin halt eher der Autodidakten-Typ).
 
Lernen ist immer individuell. Und vorgegebene Lernmuster und -strategien sind immer nur Krücken. Da viele Lehrer Schubladendenken haben, ist lernen mit einem Lehrer nicht zwingend besser als ohne. Eine gewisses Maß an Reife und Selbstkritik ist allerdings Voraussetzung nicht „an die Hand genommen“ werden zu müssen.....
 
@Häretiker
Hofstadter ("Gödel, Escher, Bach") meint doch Ähnliches, oder?
 

@Häretiker
Hofstadter ("Gödel, Escher, Bach") meint doch Ähnliches, oder?

Boah, die Erinnerung, ich habe es vor über 30 Jahren geselen, fand es aber anstrengend. Die Kernideen hätte man auch auf 10 oder 20 Seiten bringen können. Langatmig wie LotR im letzten Drittel.

Aber was die Selbsreferentialität und Seltsame Schleifen angeht, ja, selbe Idee im Prinzip. Da haben ja Turing und Gödel Grenzen der Erkenntnis aufgezeigt. Aber Luhmann wendet dieses Prinzip letztendlich ja auch auf Menschen und Gesellschaft an und nicht nur auf mathematische Strukturen.

Grüße
Häretiker

PS:
Ich habe immer gedacht: man bekommt völlig unterschiedliche Ergebnisse, wenn man gefragt wird, welche Musik man mag vs. was man denkt, was andere mögen. Und das ganze Spekulieren an der Börse ist ja auch, was andere denken, wie sich diese Aktie entwicklen könnte. Da lauern überall seltsame Schleifen.
 
Ich hatte fast fünf Jahre Klavierunterricht und habe danach nur ein Stück neu erarbeitet und ansonsten meine Repertoirstücke gespielt, meist auswendig. Viel habe ich aber nicht gespielt, teilweise tagelang nicht und wenn doch, dann 20-30 Minuten pro Tag.

Weil ich gemerkt habe, dass ich mit dem Notentext sehr nachlässig umgegangen bin und die Anweisungen des Komponisten immer weniger beachtet habe (hauptsächlich in Bezug auf Rhythmus/Agogik) habe ich wieder einen KL. Das auswendige Spielen hat eine „Notenlegasthenie“ verursacht. Inzwischen verstehe ich, warum mich @Moderato davor gewarnt hat.

Seit einigen Monaten habe ich Unterricht und ich merke immer wieder, wie viel ich in den drei Jahren ohne KL verlernt und vergessen habe. Beispiel: Mein neues Stück (selber ausgesucht) steht im 3/2-Takt und damit bin ich anfangs überhaupt nicht klargekommen (erstes Stück in 3/2). Ohne KL hätte ich das Notenblatt in die Ecke gefeuert weil darin noch andere Dinge vorkommen, die mich anfangs ziemlich gefordert haben. Ich habe es aber nicht weggeworfen weil ich von anfang an wusste, dass das Stück gut für Hirn und Finger ist. Inzwischen läuft es ganz gut.

Fazit: Nie mehr autodidaktisch am Klavier!
 
Ist das der neue Schwanzvergleich... Schubladen?
 
Es gibt Autodidakten, die miserabel Klavier spielen und es gibt Unterricht nehmende Klavierschüler, die miserabel Klavier spielen. So weit, so schlecht.

Ich habe allerdings noch keinen einzigen Autodidakten gehört, der wirklich gut Klavier gespielt hat. Aber verdammt viele tolle Pianisten, die 10 bis 20 Jahre (guten) Unterricht hatten.
 
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