Interpretationsfreie Werkdarstellung

Liebe Freunde;

der Zahnschmerz ist groß und der Vino rosso ein willkommener Schmerzstiller...
Seht es mir also bitte nach, wenn ich hier etwas herumtrample:

"Interpretationsfreie Werkdarstellung" - häääähhh? Ich will die Interpretation des Künstlers - sonst ist er keiner mehr. Problemlos wäre er durch Midi & Co. zu ersetzen.

Es gibt nur eine Werkdarstellung - nämlich stets die interpretierende! Selbst wenn zwei Pianisten sich dazu vergattern, "interpretationsfrei" zu spielen, so würden Sie dennoch im Mikrobereich differieren und ebenso automatisch im "Mikrobereich" interpretoieren. Das ist ja das Tolle an notierter Musik im Gegensatz zur Konserve!

Interpretationsfrei wäre lediglich die erste (!!!) Einspielung des Komponisten.

So weit meine bescheidene Meinung,
 
Problemlos wäre er durch Midi & Co. zu ersetzen.
Eben nicht, sonst hätte die Ausgangsfrage eben doch wörtlich genommen werden können und wäre längst objektiv beantwortet.

Interpretationsfrei wäre lediglich die erste (!!!) Einspielung des Komponisten.
Das halte ich für eine unnötige und sogar falsche Konstruktion. Meiner Meinung nach ist schon das Umsetzen der Idee durch den Komponisten eine Interpretation. Es wird oft so heldenhaft hingestellt, daß Rachmaninoff seine eigenen Stücke jedesmal anders spielte - also anders interpretierte. Das ist vermutlich nichts Besonderes und man kann es bestimmt bei vielen Komponisten beobachten. Er hat eben seine Kunst nicht starr in Bronze gegossen, auch wenn er sie notgedrungen in Notenschrift fixieren mußte. Dafür, daß Interpreten teilweise nach der absoluten Wahrheit suchen und die Werke verstorbener Komponisten heilig sprechen, können die Komponisten nichts. Ich vermute allerdings, daß solche Interpretationsansätze sogar die Ausnahme sind (und habe hoffentlich damit recht).

Ich halte jede Interpretationsweise für legitim, die begründbar ist. Wenn man einen Pianisten auf eine Stelle hinweist, die unklar wirkt und er einräumt, sich damit nicht beschäftigt zu haben, dann war es das noch nicht. Wenn sie aber bewußt so spielt, muß man es akzeptieren. Warum jetzt diese Einschränkung, daß eine Interpretation begründbar sein soll? Weil sie sonst ein Zufallsprodukt und keine Kunst ist. Kunst kommt ja angeblich von "Können" und nicht von "Würfeln" und obwohl das Blödsinn ist, wäre eine rein zufällige Interpretation eben ziemlich luschige Arbeit und dabei kann nicht viel herauskommen (ein Grund, warum meine Musikformel die musikalische Konstante brauchte).
 
(1)
Ähm, das Thema hat sich im Verlauf der Diskussion etwas pulverisiert.
(2)
Wenn man es ein kleines bißchen modifiziert, ist es aber vielleicht noch nicht ganz tot:
(3)
soll man beim Interpretieren des Notentexts die Abweichung zu ihm so klein wie möglich halten - oder soll man die Möglichkeiten so weit wie möglich auskosten? Oder den "goldenen Mittelweg" suchen?

hallo,
zu (1)
es hat sich in der Weise, wie es eingangs formuliert war, als unsinnig erwiesen :D
zu (2)
wie Du es nachfolgend formulierst, ist es nicht modifiziert, sondern ein neues (und wie so oft auch nicht gerade unproblematisches) Thema :)
zu (3)
das setzt Einigkeit darüber voraus, was der Notentext überhaupt ist, denn sonst redet man aneinander vorbei oder gerät in abschweifende "musikphilosophische" Überlegungen.

mein Vorschlag:
der Notentext ist eine Art Kurzschrift, Stenografie.
diese muss natürlich gemäß den ihr innewohnenden Regeln (kölnklavier hat das sehr schön als "common sense" bezeichnet) gelesen und verstanden werden. Unter diesen Bedingungen kann es keine sinnentstellenden Abweichungen vom Notentext geben - aber die Aussprache kann differieren.

Gruß, Rolf
 
mein Vorschlag:
der Notentext ist eine Art Kurzschrift, Stenografie.

soweit bin ich mit dir einig.

diese muss natürlich gemäß den ihr innewohnenden Regeln (kölnklavier hat das sehr schön als "common sense" bezeichnet) gelesen und verstanden werden. Unter diesen Bedingungen kann es keine sinnentstellenden Abweichungen vom Notentext geben - aber die Aussprache kann differieren.

Das versteh ich jetzt nicht. Wieso kann es da keine sinnentstellenden Abweichungen geben? Das, was notiert ist, garantiert noch lange nicht, daß der Sinn des Stücks erfaßt wird. Und ob ausgerechnet der common sense die angemessene Richtschnur zur INterpretation eines Stücks ist, würde ich zumindest sehr relativieren. Die Komponisten haben ja häufig gegen den common sense ankomponiert, und sind deshalb auch vom Publikum oft nicht verstanden worden.

Also: "spielen wir so, wir wir es in der Klavierstunde gelernt haben" und "Hauptsache, dem Publikum gefällts" sind keine gute Grundlage für eine seriöse Interpretation. 8)
 
soweit bin ich mit dir einig.



Das versteh ich jetzt nicht. Wieso kann es da keine sinnentstellenden Abweichungen geben? Das, was notiert ist, garantiert noch lange nicht, daß der Sinn des Stücks erfaßt wird. Und ob ausgerechnet der common sense die angemessene Richtschnur zur INterpretation eines Stücks ist, würde ich zumindest sehr relativieren. Die Komponisten haben ja häufig gegen den common sense ankomponiert, und sind deshalb auch vom Publikum oft nicht verstanden worden.

da bist Du wohl etwas zu streng, um es vorsichtig zu formulieren.

einerseits sind die Realisierungen von Musik bei weitem nicht so oft und gar krass sinnentstellend, wie es nach Deinen Zweifeln wahrscheinlicher sein müsste, andererseits komponierten die Komponisten nicht generell gegen die Aufführungspraxis, sondern änderten oder erweiterten musikalische Stile (das ist freilich ein anderes Gebiet, aber eine Melodie von Mozart wie auch eine von Wagner oder von Richard Strauß will und soll zuvorderst melodisch gespielt werden)

Gruß, Rolf
 
@ Guendola:
mit Sicherheit will ich Dir mit diesen Überlegungen nicht auf die Füße treten - mich hat lediglich die "Formel" sozusagen inspiriert. ich glaube, Du bist da ein wenig auf den Titel dieser wunderlichen Diskussion gutgläubig hereingefallen. Meine Ablehnung dieser Fragestellung betrifft in disem Sinn nicht Deinen Beitrag, sondern die abstruse Fragestellung selber.

Ich habe lange gezögert, auf diesen Absatz einzugehen. Aber da du dich hier aktiv hervortust, das Thema ins lächerliche zu ziehen bitte ich, die folgenden beiden Fragen zu beantworten:

Mit welcher Begründung unterstellst du mir Gutgläubigkeit und was bitte schön sollte man bei dem Titel des Themas überhaupt glauben?

Wenn du das Thema so ablehnst, warum beteiligst du dich überhaupt an dieser Diskussion?

Kurze Erläuterung meinerseits: Den zitierten Absatz empfinde ich in Ton und Aussage als persönliche Beleidigung.
 
Aber da du dich hier aktiv hervortust, das Thema ins lächerliche zu ziehen bitte ich, die folgenden beiden Fragen zu beantworten:

Mit welcher Begründung unterstellst du mir Gutgläubigkeit und was bitte schön sollte man bei dem Titel des Themas überhaupt glauben?

Wenn du das Thema so ablehnst, warum beteiligst du dich überhaupt an dieser Diskussion?

Kurze Erläuterung meinerseits: Den zitierten Absatz empfinde ich in Ton und Aussage als persönliche Beleidigung.

hallo Guendola,

dass ich hier teilnehme, bitte ich zu verzeihen - ich wusste nicht, dass speziell mir das verwehrt sein könnte.

zu Deinen beiden Fragen:

der Titel dieses Fadens hier ist schon in sich etwas provokant (und dabei - leider - sprachlich etwas ungelenk), wenn Du Dir die Beiträge #64, #67 und #70 anschaust, findest Du darin eine indirekte Bestätigung. (Deine Frage irritiert mich ein wenig - ganz allgemein gefragt: darf man dort, wo man nicht zustimmt, nicht den Mund aufmachen? das kann sicher nicht Deine Intention sein.)

dass ich mir gestatte, auf meine Weise ein paar Argumente mitzuteilen, ist sicher kein Kapitalverbrechen, auch dann nicht, wenn ich es auf meine nicht immer "ironiefreie" Weise tue (eine sprachliche Weise, die Dir selber ja auch nicht fremd ist - was mich schon öfter zum schmunzeln und zustimmen gebracht hat) - übrigens bin ich relativ sicher, nicht so weit gegangen zu sein, hier irgendetwas direkt "ins lächerliche gezogen" zu haben.

dass Du meine Mitteilung, dass meine Argumente gegen die wunderliche Thematik und nicht gegen Deinen Beitrag gerichtet sind (s.o.) als persönliche Beleidigung auffasst, tut mir sehr leid - ich kann nur wiederholen, was ich eigens an Dich angefügt hatte (und was Dich offenbar ergrimmt): es betrifft ausdrücklich nicht Deine Überlegungen!

da Dir die Formulierung "ich glaube (...) gutgläubig hereingefallen" als Unterstellung unangenehm aufstösst, entschuldige ich mich gerne - weise zugleich aber darauf hin, dass glauben und behaupten zwei sehr verschiedene Angelegenheiten sind. Und der Tonfall meiner eigens an als an Dich gekennzeichneten Mitteilung (damit Du nicht meinst, mein Beitrag seie gegen Deine Überlegungen gerichtet!) ist freundlich, zumindest in meinem sicher subjektiven Sprachgebrauch.

ok?

liebe Grüße, Rolf
 
es betrifft ausdrücklich nicht Deine Überlegungen

Meine Überlegungen kannst du gerne zerpflücken, wie es dir Spaß macht, wenn du dabei nachvollziehbar argumentierst. Ich würde aber gerne wissen, wie du auf die Idee kommst, mich als leichtgläubig hinzustellen. Und nebenbei könntest du vielleicht noch erläutern, auf welche Behauptung ich denn überhaupt reingefallen sein soll.
 
Meine Überlegungen kannst du gerne zerpflücken, wie es dir Spaß macht, wenn du dabei nachvollziehbar argumentierst. Ich würde aber gerne wissen, wie du auf die Idee kommst, mich als leichtgläubig hinzustellen. Und nebenbei könntest du vielleicht noch erläutern, auf welche Behauptung ich denn überhaupt reingefallen sein soll.

liebe Guendola,

ich habe kein Interesse daran, mich auf streit- oder rauflustige Diskussionen einzulassen, die mit dem Thema wenig bis nichts zu tun haben.

bitte bedenke, dass es ein sehr großer Unterschied ist, ob man "leichtgläubig" oder (wie ich es formuliert habe) "gutgläubig" schreibt! Wenn Dich also meine freundliche Reaktion inklusive meiner Entschuldigung (lies es halt nach) zu weiterer Konfrontation animiert, dann weiss ich da keinen sinnvollen Rat.

ebenso bitte ich Dich, zu berücksichtigen, dass ich Deine Beiträge nicht "zerpflückt" habe, weder "aus Spaß" noch sonstwie - das alles kannst Du ja nachlesen. (sollte Dich das nicht überzeugen, so bleibt es Dir überlassen, Deine Vorwürfe nachzuweisen - ich attestiere mir dreist auf sprachlicher & inhaltlicher Ebene ein reines Gewissen)

Ich habe Deine "Formel" als Inspiration, als Aufhänger, musikalisch gesprochen als "Intro" genommen, um zum wunderlichen Thema eine Gegenposition mitzuteilen. Die Argumente dafür sind nachvollziehbar (auch das kann man nachlesen).

erläutern soll ich?
ok.
"interpretationslose Werkdarstellung" ist primär sprachlich ungelenk, in der Diktion allerdings ein wenig hinterhältig bzw. provokant, aber auch eo ipso ein wenig spaßig. Kein Wunder, dass sich daran Diskussionen entzünden - dergleichen will man ja mit solchen Überschriften bewirken.
Es ist der (auch) spaßige, humorige Anteil des nur vermeintlich "ernst-sachlichen" Titels, den Du (vorsichtig formuliert) nicht ganz berücksichtigt hast. Um es deutlich zu sagen: der Neologismus "interpretationslos" ist für sich genommen schon komisch genug (und sicherlich bewußt gewählt), eine Vokabel wie "wetterlos", und "Werkdarstellung" ist so ungelenk, da bedarf es keiner Erläuterungen (oder kennst Du "Werkdarstellungen" von Bildern, Texten, Skulpturen, Musikstücken?) - - - aber sowas liest sich zunächst mal so, als ob es was relevantes, fachliches, kundiges seie: oho, "interpretationslose Werkdarstellung", wow, das muss ja was ganz kompliziertes oder interessantes oder besonderes sein - isses aber nicht (es ist Quatsch, oder wie kölnklavier es strikt formuliert hat: ein Popanz, falls man´s ernst nimmt). :D nur: darum geht es ja nicht, es geht um die Reaktionen ! Deine Reaktion war im besten Sinne gutgläubig, Du hast den Titel ernst genommen und dazu Deine Überlegungen mitgeteilt (was Dich ehrt!!!) - leider ist der Titel aber prekär!

mir wäre lieber gewesen, das via PN zu diskutieren - aber so wie es hier auf mich wirkt, scheint Dir an einer allseits sichtbaren Konfrontation gelegen zu sein... oder irre ich mich da?

ich kann nur wiederholen:
- ich habe Dich in keiner Weise angegriffen
- ich habe nachvollziehbare Argumente verwendet
- ich habe Dich nicht als "leichtgläubig" hingestellt

ich hoffe, dass damit diese wenig erbauliche und noch weniger nötige Diskussion ihren einvernehmlichen Abschluß gefunden hat.

liebe Grüße, Rolf
 
aber sowas liest sich zunächst mal so, als ob es was relevantes, fachliches, kundiges seie: oho, "interpretationslose Werkdarstellung", wow, das muss ja was ganz kompliziertes oder interessantes oder besonderes sein

Aha, so schätzt du mich ein?´Das fällt mir schwer zu glauben, aber wenn es der Fall ist, ist deine Bemerkung tatsächlich entschuldigt.
 
Aha, so schätzt du mich ein?´Das fällt mir schwer zu glauben, aber wenn es der Fall ist, ist deine Bemerkung tatsächlich entschuldigt.

ich weiss nicht, wie ich diese (Deine) Einlassung werten kann oder soll.

ich habe aus meiner Sicht jede erdenkliche Brücke gebaut, alles erklärt und obendrein mehrfach versichert, dass ich nicht Dich und auch nicht Deine Beiträge in diesem "Faden" oder "Thread" angegriffen, lächerlich gemacht oder sonstwie beharkt habe - all das kann man nachlesen.

und ich habe keine Lust, mich da zu wiederholen

momentan scheint es mir, als sei Dir an Konfrontation und Diskutiererei gelegen - mir ehrlich gesagt nicht! (wozu auch?)

zudem scheint es mir ein wenig, als habe ich mir nutzlos die Mühe gemacht, Dir ausführlich zu antworten - aber das müssen wir nicht vertiefen.

zu Deiner Beruhigung: ich "schätze Dich nicht ein" - ich setze mich mit Beiträgen auseinander, wo sie mir interessant oder amüsant vorkommen; beides kommt vor. exakt dasselbe gilt für Themen. vermutlich machen das viele so: wen was nicht interessiert, der sagt auch nichts dazu.

ist das jetzt ok?

Gruß, Rolf
 

Aus meiner Sicht ist die Angelegenheit geklärt, wir haben offensichtlich in einigen Dingen total unterschiedliche Blickwinkel und das führt zu Mißverständnissen. Ich halte es für besser, sowas offen anzusprechen als im verborgenen zu grollen.

Und jetzt können wir uns wieder der interpretationslosen Werksbefreiung widmen :D

PS: Ich schreibe meine Beiträge absichtlich zur Auseinandersetzung, das heißt, ich sehe es gerne, wenn jemand daran sachlich, meinetwegen auch ironisch oder gar sarkastisch Kritik übt oder mir widerspricht! Ich gebe mir zwar Mühe, sachlich korrekt zu sein aber manchmal wundert es mich schon, wenn überhaupt kein Kontra kommt. Gegen Zustimmung habe ich natürlich auch nichts...
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Eine durchaus spannende Diskussion.

Zwar bin ich der Meinung dass eine absolut "interpretationsfreie" Darstellung nicht möglich ist, solang es von einem Menschen gespielt wird. Dieser kann schließlich nicht alle Parameter zu 100% beherrschen, bzw. unterdrücken um keine, ich nenne es mal "persönliche Note", hinzuzufügen.
Allerdings wurde hier finde ich schon gut dargestellt, dass es sich auf alle Fälle lohnt sich mit dem Notentext auseinanderzusetzen.

Meiner Meinung nach ergibt sich automatisch ein gewisser Reiz das jeweilige Werk zu erforschen, wie die gängige Aufführungspraxis in der früheren Zeit gewesen ist, als der Komponist dieses Werk schrieb und wie er es unter Umständen aufgeführt haben wollte. Man will schließlich auch einen Einblick in das Seelenleben seiner bewunderten Komponisten gewinnen.

Für mich fängt Kunst im übrigen auch da an, wo der Interpret musikalische Parameter bewusst verändert. Das zeigt mir, dass er sich mit dem Werk auseinandergesetzt und sich eine eigene Meinung gebildet hat. Nicht nur dass ich dann eher für ihn Sympathie empfinde, da man augenscheinlich wirklich die gleichen Interessen teilt (das Interesse bei einem Klavierspieler, der vollkommen beliebig ein Stück daherklimpert und selbst wenn dieses beliebige sich manchmal gut anhören mag, zeugt doch von einem gerringen Interesse des Interpreten für die Musik selbst). Interesse auch in dem Sinne, dass ich mich mit diesem Pianisten dann auch am ehesten auseinandersetze würde um sein Spiel zu analysieren.

@Rolf
Du schriebst, der Notentext sei nur eine "Art Kurzschrift, Stenografie".
Ich will das prinzipiell nicht bestreiten, allerdings will ich auch darauf hinweisen, dass es auch viele Komponisten gab, die eben ausschließlich auf dem Blatt komponiert haben. Das heißt der Notentext ist dann wirklich das Hauptwerk, welches vorher nicht an Instrumenten erprobt wurde, um später möglichst eins zu eins in Notenschrift übertragen zu werden.
Klar, man hat zwar auch in solchen Fällen im Kopf eine Idee vom Klang, doch finde ich liegt da ein himmelweiter Unterschied vor.
 
allerdings will ich auch darauf hinweisen, dass es auch viele Komponisten gab, die eben ausschließlich auf dem Blatt komponiert haben. Das heißt der Notentext ist dann wirklich das Hauptwerk, welches vorher nicht an Instrumenten erprobt wurde, um später möglichst eins zu eins in Notenschrift übertragen zu werden.
Klar, man hat zwar auch in solchen Fällen im Kopf eine Idee vom Klang, doch finde ich liegt da ein himmelweiter Unterschied vor.

hallo,

Busoni schrieb, dass prinzipiell jede Notation schon eine Art Transkription ist: der Klang wird hinübergeschrieben in ein Zeichensystem.

Bilder brauchen Licht, sonst sieht man sie nicht (und es spielt für ein Bild keine Rolle, ob der Maler evtl. rot-grün-blind war oder nicht)

Musik will im Klang wahrgenommen, gehört werden (und es spielt für die Transkription des Klangs in die durch Übereinkunft entwickelte Notenstenografie keine Rolle, ob Schubert sein Streichquintett während des Komponierens auf allen fünf Streichinstrumenten zugleich gespielt hat [was zirkusreif wäre :D], es auf dem Klavier probiert hat oder als reine Papierarbeit aufgeschrieben hat)

übrigens sieht man den Noten (auch den Manuskripten) nicht an, ob der Komponist mit oder ohne Instrument komponiert und notiert hat - dass in sehr vielen Fällen ohne die gewünschten Instrumente komponiert wurde, ist eigentlich ganz selbstverständlich: wie sollte denn anders die Riesenpartitur einer Mahlersinfonie oder einer Wagneroper entstanden sein?

Gruß, Rolf
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Die Diskussion mag spannend sein, ist aber letztlich sinnlos, weil niemand sagen kann, was Interpretation heißt.

Meiner Meinung nach muss sie sich auf natürliche Weise von selbst aus dem Notentext entwickeln. Und soweit kommt man nur, wenn man sich gewissenhaft an den Text hält ohne selber etwas künstlich "hineininterpretieren" zu wollen.

Am Ende muss der Eindruck des Authentischen entstehen und dazu kann man keine Spielanweisung geben und folglich auch nicht diskutieren.

hallo,

das ist verwirrend:
wenn man nicht sagen kann, was das Abstraktum Interpretation bedeutet, und wenn man obendrein die Darstellung von etwas Authentischem nicht lehren kann - ja kann man dann überhaupt noch wahrnehmen, ob was authentisch wirkt? und wenn ja, wie kann man das unter diesen recht gnadenlosen Bedingungen überhaupt erkennen?

in diesem Sinne ist dann logisch auch das "künstlich hineininterpretieren" (also von außen) schwer einzuschätzen, denn es stellt sich Frage, ob man das überhaupt bemerken kann ;)

Notentexte können ja durchaus Hinweise zur Stimmung, zum Charakter des notierten Musikstücks bieten: wenn Beethoven mal "largo e mesto" schreibt, oder Chopin in einem seiner Nocturnes "religioso", dann haben wir doch schon im scheinbar objektiven Notentext gewisse "gefühlige" Unschärfen.

Gruß, Rolf
 
hallo,

Busoni schrieb, dass prinzipiell jede Notation schon eine Art Transkription ist: der Klang wird hinübergeschrieben in ein Zeichensystem. (....)
Gruß, Rolf


Hallo zusammen,

ich habe lange überlegt, ob ich überhaupt etwas schreiben soll in diesem thread.

Ich finde den Titel dieses threads als solches schon provokativ. Und sicherlich war damit auch beabsichtigt, eine lebhafte und streitbare Diskussion ins Rollen zu bringen.

Aber dazu, was rolf da von Busoni zitiert hat, kann ich nur heftig zustimmen. Das ist doch der springende Punkt:
mit Sicherheit hat der Komponist nicht den sound eines midi-Players im Hirn gehabt.
Ich meine, die Noten sind ein Versuch, schematisch etwas in Schriftform zu bringen, was man sich, inspririert durch irgendwelche Emotionen, hat einfallen lassen. Ein Notenbild muss doch statischer sein als die Idee, die dahinter steckt, das Schreiben in Notenform hat also bestimmt den Gedanken des Komponisten reduziert.

Selbst wenn da keine Anweisung steht, wie etwas zu spielen ist, so ergibt es sich doch oft aus dem Aufbau der Komposition. Und somit sind wir bei der Interpretation, die zwangsläufig stattfindet, wenn man nicht Musik wie ein Midi-Player machen will.

Dieser Faden ist schon etwas seltsam, finde ich, fragte mich auch gleich, ob es ein schlechter Witz ist oder eine an den Haaren herbeigezogene Diskussion um etwas, was es nicht gibt.

Ich behaupte, es gibt keine interpretationsfreie Musik und somit auch keine interpretationsfreie Werkdarstellung.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
ich, fragte mich auch gleich, ob es ein schlechter Witz ist oder eine an den Haaren herbeigezogene Diskussion um etwas, was es nicht gibt.

Es war allerdings von meiner Seite aus nicht grundlos, daß ich den Thread so betitelt habe.

Die hartnäckige Weigerung von vielen, überhaupt über Interpration zu reden (man tut's zwar, aber man redet nicht drüber) war der eigentliche Grund.
 
Es war allerdings von meiner Seite aus nicht grundlos, daß ich den Thread so betitelt habe.

Die hartnäckige Weigerung von vielen, überhaupt über Interpration zu reden (man tut's zwar, aber man redet nicht drüber) war der eigentliche Grund.

Aus ähnlichem Grund habe ich keine Lust, an Interpretationsworkshops teilzunehmen. Das Andante aus Schuberts Sonate ging zwar gut los, aber leider hatten wir alle nicht genug Zeit für runde Einspielungen - war ja trotzdem einiges da. Leider läuft es aber in der Regel auf "schön", "prima" oder "toll, daß du auf einem Bösi spielen kannst" hinaus, das fordert irgendwie nicht. Mag sein, daß sich das inzwischen geändert hat, ich habe lange nicht nachgesehen.

Das Hauptproblem ist wohl, daß viele glauben, Interpretation sei eine Art Geheimwissenschaft für sehr Fortgeschrittene oder besser noch für Profis und das andere diesen Eindruck auch noch unterstützen, während weitere überhaupt nichts mit diesem Begriff anfangen können.

Man könnte natürlich auch mal einen umfangreicheren Interpretationsworkshop starten, in dem ein einfaches, ein mittleres und vielleicht auch noch ein schwereres Klavierstück besprochen wird, aber nicht mit dem Ziel von möglichst lobenswerten Einspielungen sondern als tatsächliche Auseinandersetzung mit möglichen Gestaltungen etc. Das müßte von jemandem moderiert werden, der gutes Grundlagenwissen mitbringt und nebenbei noch darauf achtet, daß es verbal, esoterisch und intellektuell nicht ausufert. Glücklicherweise paßt diese Beschreibung nicht auf mich :D
 

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