Interpretation

Geht wohl kaum gehässiger, oder? Und es steckt ein psychopathischer Kern drin: dass nämlich ein Mensch lieber sterben soll, bevor er Werke hervorbringt, die vor dem Geschmackurteil eines Glenn Gould nicht bestehen können.
Könnte aber auch bedeuten, dass Gould Mozarts Spätwerk weniger schätzte und seine früheren Werke spannender fand.

Ich glaube zwar auch,dass Mozart ihm nicht besonders lag und bestimmt liebte er ihn nicht. Aber die Beschäftigung mit seinem Werk zeigt doch, dass er ihn geschätzt hat. Wenn es ihm um Verkaufszahlen gegangen wäre hätte er die Goldbergvariationen halt noch ein drittes Mal einspielen können... (ich weiß, dass das zeitlich schwer gegangen wäre)
 
Könnte aber auch bedeuten, dass Gould Mozarts Spätwerk weniger schätzte und seine früheren Werke spannender fand.
Hat er irgendwo genauer deutlich gemacht, welche "Frühwerke" (wann immer diese anzusetzen sind, er wird nicht die Violinsonaten von ca. 1763 gemeint haben) er gegen welches "Spätwerk" setzt? Ich kenne nur das berüchtigte Fernsehinterview, wo er behauptet, in Mozarts späteren Klavierkonzerten (die meinte er in meiner Erinnerung) hersche die Anmutung eines zwar humorvollen aber ansonsten routinemäßgen Büromemorandums. Habe ich nicht verstanden, und ich habe meinen Schluss gezogen, dass Glenn Gould der Ansicht war, dass wenn er vor einem Mikrofon sitzt, er unbedingt etwas merkwürdiges sagen muss, so, wie er bei Konzerten zwanghaft etwas merkwürdiges tun musste.
 
Hat er irgendwo genauer deutlich gemacht, welche "Frühwerke" (wann immer diese anzusetzen sind, er wird nicht die Violinsonaten von ca. 1763 gemeint haben) er gegen welches "Spätwerk" setzt?
Nicht dass ich wüsste.
Anmutung eines zwar humorvollen aber ansonsten routinemäßgen Büromemorandums.
So ganz von der Hand zu weisen ist das irgendwie nicht. Die stärkeren Klavierkonzerte (466, 488, 491 oder auch das frühe Jeunhomme) stammen aus der mittleren Schaffensperiode. Und zu ich glaube KV 491 hat sich Gould doch auch positiv geäußert. Seine letzte Sonate, die ich als eins der stärksten Mozart-Klavierwerke empfinde, hat Gould soweit ich weiß nicht eingespielt. Zu ihr hätte ich gerne seine Meinung gehört.
 
Nicht dass ich wüsste.

So ganz von der Hand zu weisen ist das irgendwie nicht. Die stärkeren Klavierkonzerte (466, 488, 491 oder auch das frühe Jeunhomme) stammen aus der mittleren Schaffensperiode. Und zu ich glaube KV 491 hat sich Gould doch auch positiv geäußert. Seine letzte Sonate, die ich als eins der stärksten Mozart-Klavierwerke empfinde, hat Gould soweit ich weiß nicht eingespielt. Zu ihr hätte ich gerne seine Meinung gehört.
Wenn Werke aus 1786 noch nicht zu den "späteren" gehören, dann bleibt bei den Klavierkonzerten nicht sehr viel übrig. Lohnt sich wahrscheinlich nicht, Goulds Aussagen weiter zu "interpretieren" (Ha! Habe es zurück zum Fadenthema geschafft. Reprise?).
 
In Goulds Konzertprogrammen sind jedenfalls kaum Werke von Mozart zu finden.
 
Das ganze ist ein gutes Beispiel dafür, dass man diskutieren kann, bis die Köpfe qualmen... über vermeintliche Gedanken, Intentionen, Äusserungen, und Antriebe, eines Künstlers...

Stattdessen kann man auch einfach mal die Mozart-Sonaten-Interpretationen anhören... einige der Sonaten gefallen mir ausgesprochen gut bzw. finde ich musikalisch ausgesprochen faszinierend... die Welt wäre ärmer ohne sie...
 
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Gould hat glaube ich mit seinen Aussagen über Mozart oder auch über Beethovens Op. 57 Marketing betreiben wollen, mehr nicht. Einfach mal provokanten Unsinn raushauen, über den diskutiert wird und der einen ein bisschen wie das verrückte Genie aussehen lässt.

Die Frage bei Julia Fischer ist, was sie mit "eigenen Akzenten" meint.
Es könnte heißen, dass sie:
- irgendetwas Gestalterisches macht, was nicht in den Noten steht, was so oder ähnlich macht oder viele machen (gerade auf der Geige hat man da ja noch mehr Möglichkeiten als am Klavier, Stichwort vibrato, glissando etc. - auch dynamisch hat man ja noch mehr Möglichkeiten)
- Verzierungen, Kadenzen etc. epochen- und komponistengerecht ergänzt, was je nach Stück jeder macht. Auf ihrem Instrument nicht so relevant sind natürlich ausgesetzte b.c.
- irgendetwas Gestalterisches macht, was nicht in den Noten steht und etwas ungewöhnlich ist, aber nicht oder zumindest nicht eindeutig im Widerspruch zum Text steht. Vielleicht ein ungewöhnich hohes oder niedriges Tempo, ungewöhnliche Phrasierung, die nicht notiert ist, ungewöhnliche Dynamik, die nicht notiert ist...
Soetwas kann zu einem gewissen Grad notwendige Anpassung an ein modernes Instrument sein, kann sehr gut sein, kann aber auch völlig bescheuert sein wie beispielsweise einige unterirdisch schlechte Aufnahmen von Glenn Gould
- streitbare Stellen im Notentext - und davon gibt es tendenziell umso mehr, je älter das Stück ist - anders umsetzen, als die meisten es tun.
- bewusst den Text verändert oder ergänzt. Bei dem ein oder anderen Händel, Scarlatti oder so sind einige improvisierte Elemente sicher nicht verkehrt. Das muss auch nicht nur bei Barockmusik so sein. Bei manchen Lisztschen "Showstücken" kann das auch durchaus passen. Wer derartige Dinge aber meint, bei Après une lecture de Dante oder gar der h-Moll-Sonate oder bei Chopin, Schumann und Beethoven einbringen zu müssen, betreibt einfach nur dämliche Selbstinszenierung
 

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