Impressionistische Improvisation nach Mompou

Lieber Zoel,

vielen Dank für Deine Antwort!

Jede Partitur ist tot, solange sie nicht von Musikern oder Lesern
zum Leben erweckt wird. Sie kann zu einem "Resultatverlies"
(Benn im Gedicht "Staatsbibliothek") verkommen.

Da gilt aber auch für jedes Benn-Gedicht.

Die Neue Musik hat Mischformen von Improvisation
und notierter Musik gefunden. Dem gehört die Zukunft,
und nicht dem Entweder-Oder.

Ich weiß nicht; entweder ist der den Interpreten vorgegebene
Rahmen so eng, daß man das Zeug auch gleich richtig notieren könnte,
oder er ist so weit (z.B. in Gestalt rein verbaler Spielanweisungen),
daß es für die Interpreten eigentlich eine Zumutung ist, das Stück
unter dem Namen des Komponisten aufzuführen.

Vielleicht haben viele Missverständnisse auch ihren Grund darin,
dass ich mein Verständnis von Neuer Musik, und der m. E.
unumkehrbaren Verwandlung, die durch sie stattgefunden hat,
nicht richtig ausführen konnte. Das würde auch viel Raum beanspruchen,
und vermutlich ist hier nicht der richtige Ort dafür.

Bitte jetzt nicht nachlassen! Hier ist genau der richtige Ort,
und ich würde gerne etwas von Dir darüber lesen.

Herzliche Grüße

Gomez
 

Ich freue mich auf Deinen Beitrag - und würde hierüber
gern noch mehr wissen:

Echte Ursprünglichkeit ist ein immer wieder zu erreichendes,
auch über Vermittlungen zu erzielendes, zu erarbeitendes Geschenk
("vermittelte Unmittelbarkeit").

Und was das betrifft:

Jede Partitur ist tot, solange sie nicht von Musikern oder Lesern
zum Leben erweckt wird. Sie kann zu einem "Resultatverlies"
(Benn im Gedicht "Staatsbibliothek") verkommen.

so lautet mein Einwand: Künstlerische Arbeit verliert ihren Wert nicht dadurch,
daß sie nicht zur Kenntnis genommen wird.

Und noch'n Nachtrag; ich will's Dir nicht künstlich schwermachen, aber Du selbst
hast die Meßlatte so hoch gehängt:

Wir stehen meistens vor der Tradition wie vor einem riesigen Granitblock,
und trauen uns kaum noch "Ah" oder "Oh" angesichts von soviel
"Vollkommenheit" zu sagen, geschweige denn, etwas Neues zu wagen.

Du meinst, wir stehen vor der Tradition wie das Kaninchen vor der Schlange?
Aber was folgt daraus? Die Tradition zerstören - wovon Boulez schwärmte,
der die Roten Garden im kulturrevolutionären China dafür bewunderte, daß sie Tempel
in Brand steckten und alte Handschriften vernichteten? Wir brauchen keine Rote Garde;
es ist bei uns wie von selbst gegangen, und wir sehen den Identitätsverlust,
den eine Kultur ereilt, die ihr Erbe einfach über Bord schmeißt. Da lobe ich mir
die "verschwindende Minderheit" (wie HKM sie in dem Interview nennt) mit Traditionsbezug,
die in den alten Zeugnissen das Querständige (in HKMs Terminologie das Negative)
entdeckt und mit je eigenen Mitteln weiterdenkt.

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:shock:
(@Gomez, bezogen auf deinen Zusatz:) Oh nein, was unterstellst du mir denn da!
Jetzt warte doch erst mal ab, dass ich meine Ansichten klar beschreibe, bevor du mich in die Kulturzerstörungs-Regressions-Ecke schiebst...
Meine Antwort ist in Arbeit, ich will nur einen Text schreiben, der nicht so anfällig für Missverständnisse ist, und mir daher etwas mehr Zeit lassen.
Viele Grüße
Zoel
 
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