Im Namen des ...

Seid Ihr religiös? Woran glaubt Ihr?


  • Umfrageteilnehmer
    128
Zitat von Austriacus:
Insofern existiert, wenn ich von "Glaube" und "Kirche" spreche in den meisten wesentlichen Fragen doch ein gesamtchristlicher Grundkonsens, der auf einem gemeinsamen altkirchlichen Fundament beruht.

was ein sehr langer und oftmals sehr kämpferischer Weg war, wenn wir daran denken, dass Nestorianer, Arianer, Bogumilen, Katharer u.v.a. von der römischen Kirche ungern als Konkurrenz oder Reformer gesehen wurden; ganz zu schweigen vom Schisma, zu schweigen von Reformation und Gegenreformation etc - - vielleicht gibt es aus heutiger Sicht eine eher harmonische Perspektive, wie Du sie nennst, aber ich bin da skeptisch: die römisch-katholische Kirche vertritt doch nach wie vor einen Suprematieanspruch in Sachen Christenheit, mögen die Töne auch gelegentlich moderat gewählt werden.

Das Problem ist ja aus meiner Sicht auch nicht der Suprematieanspruch, sondern wie dieser verstanden und ausgeübt wird. Per se ist Macht bzw. Autorität weder gut noch böse. Wenn Jesus Christus die Einheit seiner Jünger fordert "damit die Welt glauben kann", dann ist damit meiner Meinung nach nicht ein bloß inneres Verbundensein, sondern auch eine äußere - wenn man so will institutionelle - Einheit gemeint.
Es kann aber keine Gemeinschaft von einer gewissen Verbindlichkeit ohne Hierarchie bzw. Autorität existieren. Diese Autorität an der Spitze der irdischen Gemeinschaft der Kirche ist dann aber vom biblischen Ursprung her selbstverständlich als Dienstamt zu verstehen und nicht als selbstherrliches Machtinstrument. Es hat immer wieder Päpste gegeben, die sich ehrlich um eine Ausübung ihrer Autorität bemüht haben, die dem Geist des Evangeliums entspricht. Es gehört aber auch zur Tragik der Kirchengeschichte, dass dieser Dienstcharakter des Primats allzuoft durch Machtspielchen verdunkelt worden ist.

Was die Ketzerverfolgungen betrifft: Auch hier kann ich nur wieder auf obiges Argument verweisen, dass zu unterscheiden ist, was wegen und was trotz des Evangeliums geschehen ist. Das Evangelium lehnt eine aktive Verfolgung jener, die ihm widersprechen ab. Es gibt dazu mehrere Stellen, am deutlichsten wird es wohl im Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen ausgesagt (Mt 13).

Herzliche Grüße,
Peter
 
ich fände eine Wiederbelebung antiker Religionen aus mannigfaltigen Gründen interessant:
eine Iuppiter-Tempel wäre eine architektonische Bereicherung (und schafft Arbeitsplätze)
Saturnalien zu feiern wäre eine willkommene Karnevalsalternative
ein Wotanshain könnte dem Eichenwald naturschützerisch nützen
und ein Tempel für Teutates könnte uns schützen, dass uns der Himmel nicht auf den Kopf fällt
religiöse Dispute zwischen Klerikern, Druiden, Tempelpriestern könnte die öde Tv-Talk-Landschaft beleben
:) :) :)

Die Dispute würde ich mir ansehen, auf die Menschenopfer und die Tempelprostitution könnte ich verzichten. ;-)
 
(1) Um allen möglichen Missverständnissen vorzubeugen: Ich oute mich als Katholik. Ich argumentiere vom Standpunkt der katholischen Lehre aus.

(2) Allerdings muss dazu gesagt werden, dass die wesentlichen dogmatischen Entscheidungen zumindest Katholiken, Orientale und Orthodoxe gemeinsam haben.

(1) Danke Dir für die Klärung. In diesem Zusammenhang wäre es natürlich gut, wenn Du nicht vom Standpunkt "der Kirche" reden würdest. Oder drückst Du mit damit aus, daß Du die Auffassung des gegenwärtigen Papstes von der kirchlichen Defizienz der anderen Konfessionen teilst?

(2) Hm - da fällt mir gleich das neulich von Gomez in einem anderen Faden erwähnte filioque ein, und der ganze Trinitarismus ist ja kein ganz nebensächliches dogmatisches Thema. Geh mal nach Griechenland und rede mit Theologen. Das filioque ist, neben dem 4. Kreuzug, das erste, was Du um die Ohren gehauen bekommst.

Schöne Grüße,

Friedrich
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Genau genommen müsste man theologisch ja sagen, dass Jesus Christus selbst, als Wort Gottes (Logos), die rechte Auslegung (Erfüllung) des AT ist.

Sehr treffend formuliert, wie ich finde. Es gibt ja auch Beispiele dafür; was mir gerade in den Sinn kommt, wären etwa seine Antworten auf Fragen nach der Arbeit am Sabbat (Mk. 2 und 3) oder nach der Steinigung einer Ehebrecherin (Joh. 8 ), usw.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Die Dispute würde ich mir ansehen, auf die Menschenopfer und die Tempelprostitution könnte ich verzichten. ;-)

Die Tempelprostitution ist eine Fiktion; angebliche "Quellen" wie Herodot haben keinen historischen Beweiswert. Menschenopfer gab es - vielleicht - in Karthago, aber nicht im griech. und röm. Kulturkreis. Das alte Israel und das AT dagegen kennen Menschenopfer durchaus. Ich hoffe sehr, daß Du hierüber nicht wieder Dein argumentatives Verwertungsverbot verhängst. Oder andersrum: daß Du anderen Religionen auch die Möglichkeit der kulturellen Entwicklung und Humanisierung konzedierst, und Sätze wie den oben zitierten überdenkst.

Schönen Gruß,
Friedrich
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hier ist ein aktuelles Zitat zum Thema aus "Wort zum Sonntag":
"Das ist übrigens die kürzeste Definition von Religion: Unterbrechung. Die großen Köpfe des Christentums sind alle erst einmal jäh unterbrochen worden. Paulus wurde vom Pferd gerissen. Auf dem Weg nach Damaskus hat ihn Gott jäh unterbrochen und ihm eine ganze andere Richtung gezeigt. Oder Martin Luther: Er wurde wie im Gewitter von Gott überrascht. Hat seine Karriere als Jurist unterbrochen und wurde Mönch. Und am Ende hat er die ganze damalige Kirche mobilisiert und reformiert.
Religion ist Unterbrechung. Gott unterbricht mich – um mich neu zu mobilisieren." (Dr. Ruck-Schröder, ARD)

Ich finde, dass ist eine lohnenswerte Idee, um darüber nachzudenken. Apropos: Ich weiß noch, dass ich die Sendung "Wort zum Sonntag" früher immer todlangweilig empfunden habe. Bis ich mir mal ein Buch mit den besten Reden gekauft hatte. Die waren sehr lesenswert und gut geschrieben. Seitdem lasse ich mir die aktuellen Reden immer per Mail zustellen. Gelesen finde ich sie oftmals besser als gehört, egal warum.
 
Hier ist ein aktuelles Zitat zum Thema aus "Wort zum Sonntag":
"Das ist übrigens die kürzeste Definition von Religion: Unterbrechung. Die großen Köpfe des Christentums sind alle erst einmal jäh unterbrochen worden. Paulus wurde vom Pferd gerissen. Auf dem Weg nach Damaskus hat ihn Gott jäh unterbrochen und ihm eine ganze andere Richtung gezeigt.

[...]

Religion ist Unterbrechung. [...]

Nun ja, das klingt nach bemühter protestantischer ReligionspädagogINNENenprosa: Spieße ein Wort auf oder such Dir eine hübsche Metapher und fabuliere ein bisserl darum herum, ohne die Chance auf eine möglichst absurde Volksetymologie auszulassen. "Religion ist Unterbrechung". Aha, das also ist eine "Definition". Kein Wunder wenn mein sokratisches Daimonion hämisch fragt "und wegen sowas willst Du Dein Sonntagsfrühstück unterbrechen?".
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
... also, soweit ich weiß, bedeutet Religion nicht "Unterbrechung" - es kommt glaub' ich vom lateinischen "religie" - was soviel wie Rück-führung bedeutet

Im übrigen finde ich, dass Religion oder Religiösität bzw. Spiritualität keineswegs konfessionell gebunden sein muss.

Übrigens, hier tummeln sich offenbar ein paar echt belesene Cracks der Religionsgeschichte und anderen Fakultäten, furchtbar gescheit, da kann ich leider nicht mithalten, ist mir auch etwas zu verkopft, wenn man so über Religion diskutiert, ohne eine wirklich persönliche Meinung, schade eigentlich...
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Übrigens, hier tummeln sich offenbar ein paar echt belesene Cracks der Religionsgeschichte und anderen Fakultäten, furchtbar gescheit, da kann ich leider nicht mithalten, ist mir auch etwas zu verkopft, wenn man so über Religion diskutiert, ohne eine wirklich persönliche Meinung, schade eigentlich...

Vom "Verkopften" kann man wenigstens was lernen, von persönlichen Meinungen eher nicht... Somit ein Salut den "Cracks"! :cool:
 

... also, soweit ich weiß, bedeutet Religion nicht "Unterbrechung" - es kommt glaub' ich vom lateinischen "religie" - was soviel wie Rück-führung bedeutet

[...]

wenn man so über Religion diskutiert, ohne eine wirklich persönliche Meinung, schade eigentlich...

Na, zur Etymologie hast du ja wenigstens eine Meinung, wenn sie auch eher ein Erinnerungsscherben an - laß mich raten: den katholischen? - Religionsuntericht ist. Dort, bzw. in theologischen Einführungskursen wird gelehrt, religio bedeute ursprgl. "Rückbindung an ein höheres Wesen". Die sprachwiss. Schwierigkeiten dieser Deutung sind enorm (die Einzelheiten erspare ich Dir und den anderen). Im allg. wird angenommen, daß religio zur selben Wurzel wie relegere "etwas sorgfältig (in Gedanken) durchgehen", "genau beachten", gehört (Antonym ist neglegere "sich nicht scheren um etwas"), religio somit die "peinlich genaue Beachtung", sc. von Kultvorschriften, ist. Was zum Wesen der altrömischen Religion, die eine R. ohne Inhalte und ohne "Evangelium" ist, sehr gut paßt. Was aber, und das ist sehr wichtig, über Religion und Religiosität außerhalb der altrömischen Gesellschaft null und nix aussagt.

Grüße,

Friedrich
 
Guten Abend!

Es erstaunt mich, daß hier überhaupt eine solche Diskussion stattfindet.
Ich dachte, Fragen zu Weltanschauung, Religion und politischer Gesinnung
wären wegen des potentiell großen Krawallfaktors unerwünscht.

Und es erstaunt mich, wieviel Unfug hier zusammengeschrieben wird -
aus schlichter Unkenntnis. Die in anderen Threads mühsam aufrechterhaltene Regel,
daß ein Minimum an Kenntnissen vorhanden sein sollte, ehe man sich zu Wort meldet,
und daß ein gravierender Mangel an Sachkenntnis zumindest nicht unkommentiert bleibt,
scheint hier ganz außer Kraft gesetzt zu sein.

Um etwas herauszugreifen: Es ist absurd, Religionen ihren Absolutheitsanspruch vorzuwerfen.
Eine Religion, die die Relativierung ihres Glaubensinhalts zuließe, wäre keine mehr.
Eine andere Frage ist die nach der gewaltsamen Durchsetzung dieses Absolutheitsanspruchs.
Da gibt es - beschränkt auf die drei abrahamitischen Buchreligionen in unserem Kulturkreis -
ein paar interessante Unterschiede. In order of appearance: Das Judentum kennt keine Mission
und deswegen auch keine Zwangsbekehrung, wurde im Gegenteil oft ein Opfer derselben,
und ist bis heute an Proselyten kaum interessiert. Im Christentum und auch im Islam wurde
nicht in der Frühzeit, wohl aber nachdem sie den Status von Staatsreligionen errungen hatten,
die Zwangsbekehrung geduldet. Das blieb aber in beiden Religionen theologisch nicht unwidersprochen,
und im Christentum haben sich die innerkirchlichen Gegner dieser Praxis durchgesetzt.
Im Islam ist die Situation komplizierter; der ältere volksreligiöse Islam duldet die Koexistenz
der drei Buchreligionen, während der jüngere politische Islamismus wieder die Zwangsbekehrung
praktiziert, zur Zeit beispielsweise im Irak, und außerdem den Übertritt eines Muslims
zu einer anderen Religion mit dem Tode bestraft.

Ein anderes Thema: die theologischen Verbindungslinien zwischen Altem und Neuem Testament.
Man darf nicht vergessen, daß die ersten Christen gar kein Neues Testament besaßen,
sondern als fromme Juden wie selbstverständlich mit dem Tenach herumhantierten.
Das christianisierende Verständnis alttestamentlicher Perikopen können wir heute noch
in der Osternachtsliturgie erleben, in den Schriftlesungen über den Auszug aus Ägypten
(= Beginn eines Glaubenslebens), den Durchzug durchs Rote Meer (=Taufe) etc. Hier besteht
ein wesentlicher Unterscheid zwischen christlichem und muslimischem Offenbarungsverständnis.
Für Christen ist die Bibel ein Buch, in dem die schrittweise Selbstoffenbarung Gottes Gestalt annimmt,
archaische Bräuche und Rituale zurückdrängt werden - und das in der Erkenntnis Gottes als des
sich für seine Geschöpfe Aufopfernden gipfelt. Zugleich weitet sich der Radius der Angesprochenen:
Ursprünglich nur an das seiner Unscheinbarkeit wegen auserwählte Volk Israel gerichtet,
wendet sich zuletzt die Botschaft des wiederauferstandenen Gottes an die ganze Welt.
Eine solche Dynamik ist dem Koranverständnis fremd. Der Koran gilt als ein statisches Buch,
als Ganzes vom Himmel gefallen, entwicklungslos und in allem zeitlos wahr.

Zur Umgang mit der Sklaverei hat Sla019 bereits das Entscheidende gesagt. Die frühe Kirche
lebte in der Naherwartung der Wiederkehr Christi. Das Umkrempeln des Sozialgefüges
galt deshalb als nicht (mehr) wichtig. Die Paulinische Forderung, die Sklaven gut und gerecht
zu behandeln, läuft aber auf so etwas wie die heutige "Sorgfaltspflicht des Arbeitgebers" hinaus.
Übrigens sollten wir nicht glauben, daß wir keine Sklavenhalter sind. Ob wir's wollen oder nicht -
wir leben davon, daß andere für uns den Müll abholen, Straßen ausbessern und Häuser bauen,
zur Zeit den Spargel stechen - und das alles für einen Hungerlohn. Da hat sich
seit zweitausend Jahren leider nichts geändert.

Gruß, Gomez

.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Übrigens, hier tummeln sich offenbar ein paar echt belesene Cracks der Religionsgeschichte und anderen Fakultäten, furchtbar gescheit, da kann ich leider nicht mithalten, ist mir auch etwas zu verkopft, wenn man so über Religion diskutiert, ohne eine wirklich persönliche Meinung, schade eigentlich...

Vom "Verkopften" kann man wenigstens was lernen, von persönlichen Meinungen eher nicht... Somit ein Salut den "Cracks"! :cool:

Woran man sich existenziell festmacht, worauf man sich verlässt, was man im Alltag und gerade in tiefen Krisen auf die Probe stellt, und ob man irgendwann entdeckt dass es einen trägt oder nicht, all das ist weder eine "persönliche Meinung", noch könnte man das etwa von den ganzen verkopften Cracks "lernen". Insofern: ob man nun die "persönlichen Meinungen" anderer links liegenlässt, oder verkopfte Inhalte "lernt", für einen Jugendlichen oder gar frischen Konfirmanden mochten diese beiden Herangehensweisen ja noch genug sein, aber nach meinen Erlebnissen der letzten 10, 20 Jahre würde ich eher von persönlichen Erfahrungswerten sprechen. Das sind weder Meinungen, noch sind sie verkopft - im Gegenteil, sie sind teilweise knallhart mit dem Bauch durchlebt.

Sich nun über persönlich-spirituelle Erfahrungswerte in einem mehr oder weniger anonymen, allgemeinzugänglichen Forum auszutauschen, ist natürlich ähnlich schwierig wie in jeder Kneipe, weswegen ich normalerweise darüber schweige. Aber surfinbirds und PPs Einwürfe wollte ich dann doch nicht ganz unkommentiert stehenlassen.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Das sind weder Meinungen, noch sind sie verkopft - im Gegenteil, sie sind teilweise knallhart mit dem Bauch durchlebt.
Damit sprichst Du einen Bereich an, der vielleicht für manche zu persönlich ist, um in einem Forum davon zu berichten. Solche Erlebnisse/Erfahrungen gibt es auch in die Richtung, dass jegliche Religion abgelehnt wird - auch das muss ernst genommen werden. Sicher findet man beides, also religiöse und nicht religiöse Einstellungen.
 
Sich nun über persönlich-spirituelle Erfahrungswerte in einem mehr oder weniger anonymen, allgemeinzugänglichen Forum auszutauschen, ist natürlich ähnlich schwierig wie in jeder Kneipe, weswegen ich normalerweise darüber schweige. Aber surfinbirds und PPs Einwürfe wollte ich dann doch nicht ganz unkommentiert stehenlassen.

Einen Austausch solcher Art führt man am besten mit Gleichgesinnten. Denn selbst unter Freunden und innerhalb der Familie ist dieses Thema schwer zu diskutieren, wenn der eine ein "knallharter" Atheist und der andere von seinem wie auch immer gearteten Glauben überzeugt ist. Die Identifizierung mit dem eigenen Glauben oder Unglauben ist viel zu groß, man definiert sich geradezu darüber - da gerät man leicht in die Gefahr Respekt und Achtung voreinander zu verlieren, wenn man nicht auf einer Linie liegt. Das heißt nicht, dass ich nicht zu dem stehe was ich glaube, oder besser gesagt nicht glaube, aber zu diskutieren gibt es da nichts.
 
Freilich muss auch eine Ablehnung der Religion ernst genommen werden, Rolf, und keineswegs sollte mein Beitrag andeuten, dass nur Christen (resp. Buddhisten, Muslime oder sonstwer) existenziell-seriöse Menschen seien. Manchmal ist eher das Gegenteil der Fall, weil der Nichtreligiöse kein vorgekautes Konzept hat, auf das er zurückfallen kann...

Ich wollte vielmehr auf folgendes hinaus:
Die Frage nach Religion bzw. Religiösitat, im Sinne, welchen Traditions- und Kulturwerten man zustimmt, ihnen nachstrebt, ist mir nicht so zentral wie die (Suche nach) Antwort auf meine Existenzfragen. Dass ich sog. "christlichen Werten", "christlicher Religiösität" zustimme, ihnen nachstrebe wo ich kann, hat je länger desto weniger damit zu tun, dass ich darin aufgewachsen bin und dies Umfeld etwa für "richtig" halte, sondern je länger desto mehr, dass ich darin für mich tragfähige Antworten auf meine Existenzfragen entdecke. Ein anderer entdeckt die Antworten woanders, oder gar in sich selbst - und noch ein anderer meint, er habe gar keine Existenzfragen. Das muss ich genauso ernst nehmen wie meine eigenen Existenzfragen bzw. -antworten.

@ PP: meine tiefsten Auseinandersetzungen und Verletzungen habe ich teilweise unter sog. "Gleichgesinnten" erlebt, die sich auf dieselben Werte und Prinzipien berufen wie ich. Das geht schon in der eigenen Kirchengemeinde los... Vorwürfe, Anschuldigungen, üble Nachrede, Drohungen - man glaubt es gar nicht. Und andererseits: meinen trefflichsten Streit (im positiven Sinne des Wortes: im Sinne einer gemeinsamen Suche) habe ich teilweise mit Nicht-Christen oder gar Atheisten geführt. Dass es da nichts zu diskutieren gebe, sehe ich anders. Eine Diskussion zwischen mir und einem Muslim muss nicht gleich bedeuten, dass ich ihn mit der Bibel erschlage oder er mich mit dem Koran. Umso schlimmer finde ich es, wenn zwei Glieder derselben Gemeinde sich zutiefst hassen und vor's Gericht schleppen (wenn nicht gar umbringen) wollen. Das schimpft ihr Bekenntnis von "Gnade und Vergebung" doch nur eitle Lügen - eine verkopfte (aber völlig unangewandte) Lehre.

Aber genug von mir, ich will den Faden nicht überlasten.

Gott / Allah / Buddha / der Kraft / dem Volkesopium / dem ewigen Kaffeesatz / dem überwältigenden Nichts zum Gruße,
Mark
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Einen Austausch solcher Art führt man am besten mit Gleichgesinnten. Denn selbst unter Freunden und innerhalb der Familie ist dieses Thema schwer zu diskutieren, wenn der eine ein "knallharter" Atheist und der andere von seinem wie auch immer gearteten Glauben überzeugt ist.

Allen Ernstes, das glaube ich nicht. Ich habe in meinem Umfeld an der Uni hartgesottene Katholiken, ebensolche Atheisten, überzeugte Calvinisten, Fernostler, die das ganze Christentum mit belustigter Ratlosigkeit betrachten, und so weiter. Da ergibt sich oft nicht nur ein hochinteressanter Austausch frei von diesen verkrampften Kirchentagsritualen, sondern auch viel lustige Frotzelei. Dafür muß nur die Grundvoraussetzung von allen Seiten akzeptiert sein, daß Proseltyenmachen nicht gilt.

Friedrich

(welcher der Aufforderung, die just neben diesen Zeilen erscheint: "Anselm Grün-einfach leben. Signiertstunde am Kirchentag 2011. Jetzt Gratisausgaben sichern!" keine Folge zu leisten gedenkt.)
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Allen Ernstes, das glaube ich nicht. Ich habe in meinem Umfeld an der Uni hartgesottene Katholiken, ebensolche Atheisten, überzeugte Calvinisten, Fernostler, die das ganze Christentum mit belustigter Ratlosigkeit betrachten, und so weiter. Da ergibt sich oft nicht nur ein hochinteressanter Austausch frei von diesen verkrampften Kirchentagsritualen, sondern auch viel lustige Frotzelei. Dafür muß nur die Grundvoraussetzung von allen Seiten akzeptiert sein, daß Proseltyenmachen nicht gilt.

Friedrich

Hallo Friedrich,

Du hast natürlich recht, so lange eine gewisse Distanz gehalten wird und es zu keinen Missionierungsbestrebungen kommt, kann auch dieses Thema diskutiert werden. Und bezüglich der Frotzeleien, Humor ist ja oft auch ein Mittel das eingesetzt wird um Abstand zu halten, oder zu gewinnen, bzw. um Betroffenheit zu maskieren.

Meine Erfahrungen haben aber gezeigt, dass dort, wo die Distanz verloren geht, dort wo es emotional wird und das Seelenheil des anderen als gefährdet betrachtet wird, die Missionierung (Proselytismus möchte ich es in diesem Zusammenhang nicht nennen) ihren Anfang nimmt. Solange man die Sachlichkeit noch bewahren kann, ist also auch hier Diskussion möglich, nur scheint es mir, dass es gerade beim Thema Glauben manchen Menschen irrsinnig schwer fällt, auf dieser Ebene zu bleiben. Und in der Familie ist es sowieso schwierig, wenn man das einzige schwarze Schaf ist. ;)

Insofern ist es wahrscheinlich sogar leichter das Thema mit Fremden oder nur "virtuell" Bekannten zu diskutieren.

LG, PP
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:

Zurück
Top Bottom