Hintergrundinformationen zu Re-Import / Graumarkt Klavieren von Yamaha

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docholliday

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Hi,

wie Ihr vielleicht in meinem anderen Thread gelesen habt, kaufte ich gestern ein U1 Silent Bj 2001 als Re-Import. Nun habe ich etwas getan, was eigentlich als Todsünde nach so einem Geschäft gilt: Ich habe mich nachträglich weitergehend informiert. Um es vorweg zu nehmen: Die Infos sind beruhigend, die Graumarkt-Diskussion hat sich für mich deutlich entspannt. Mehr dazu findet Ihr in folgendem Artikel:

http://www.pianofinders.com/techtalk/seasoning.htm

Hier erhält Kendall Ross Bean, der Gründer von Pianofinders.com und erfahrener Klavierbauer und Pianist, Information aus erster Hand von Yamaha und Kawai über deren Produktions- und Absatzstrategie. Zusammenfassend lässt sich folgendes sagen: Ja, es gibt bei Yamaha drei unterschiedliche Produktionsliniene, für supertrockenes Klima (USA), für trockenes (Europa) und für feuchtes (Asien). Allerdings sind die klimatischen Unterschiede innerhalb dieser Regionen so groß, dass es eine Illusion ist zu glauben, hier ein einheitliches Optimum treffen zu können. Hinzu kommen die unterschiedlichen klimatischen Bedingungen an den Aufstellorten (Klimaanlage, übermäßige Heizungsnutzung, etc.).

Am meisten beruhigt mich aber, wass am Ende des Artikels gesagt wird, deswegen möchte ich es hier zitieren:

"Overall, my sense is that, based upon what I have seen from appraising, repairing, rebuilding and playing numerous pianos of both types over many years (both "gray-market" as they are called, and pianos originally intended for sale in the U.S.), the different seasoning processes are simply not as great a factor in the overall longevity of the piano as some dealers of new Japanese pianos would have you believe, especially given the fact that we have so many different climates here in the U.S. While proper seasoning is very important in the building of a piano, I truly haven't seen any of these so-called "gray market" pianos that has simply "fallen apart" upon arriving here; or, for that matter, any that have shown any problems other than what are common to used pianos everywhere. The major factor in how pianos survive, in any climate, seems to depend much more on how owners take care of them after they have left the factory."

Damit habe ich das Gefühl, keine falsche Entscheidung getroffen zu haben. Falls ich noch weitergehende Infos finde, lasse ich es Euch wissen.

Es grüßt der Doc
 
Hier wird aber nicht berücksichtigt, dass ein Yamaha-Klavier für den deutschen Markt auch besser ausgearbeitet ist als eines für andere Länder.
Deutschland ist weltweit der anspruchsvollste Klaviermarkt und ein asiatisches Instrument muss sich hierzulande gegen Schimmel, Seiler, Sauter, Bechstein, Steinway, Blüthner, Pfeiffer, Grotrian, etc. behaupten können - oder es zumindest versuchen.
In Japan werden die japanischen Klaviere ohnehin in großen Stückzahlen verkauft und auch in Amerika gibt es wenig ernst zunehmende Konkurrenz. Aus gutem Grunde kaufen selbst die Amis lieber Steinways aus Hamburg als aus dem New Yorker Werk und hier in Deutschland wird ein New Yorker Steinway deutlich billiger gehandelt als ein Hamburger.
Der Autor vergleicht die Yamahas für den Amerikanischen Markt mit denen für den asiatischen, die in etwa auf gleichem Qualitätsniveau liegen. Ein Vergleich der Yamahas für den europäischen Markt mit den anderen würde anders ausfallen.
Sehr viele U1 für den deutschen Markt kommen übrigens aus dem Werk aus England, zu erkennen an der sechsstelligen Seriennummer mit vorangestellten "E".

Abgesehen von den Unterschieden in der Produktion und individuellen Ausarbeitung gilt es zu bedenken, dass sich ein Instrument auf geänderte klimatische Bedingungen einstellen muss.
Ein für Deutschland gebautes Klavier ist in Deutschland auch sofort "stabil" und benötigt nur die übliche Akklimatisierungszeit von einigen Wochen.
Ein Klavier, das aber die letzten 5 Jahre in Amerika oder Japan stand und erst vor wenigen Wochen nach Deutschland transportiert wurde, wird in den nächsten Jahren noch viel Nacharbeit erfordern.
Ich denke nicht, dass diese Klaviere komplett aus dem Leim gehen, es wird jedoch ein deutlich erhöhter Wartungsaufwand notwendig sein.

Im Kundenkreis habe ich viel Arbeit mit einem ca. 8 Jahren alten Sauter-Klavier, das in Deutschland gebaut, einst neu in Amerika verkauft und nun vor einigen Monaten im Rahmen eines Umzuges mit seinen Besitzern zurück nach Deutschland kam.

Meiner Meinung nach kann man durchaus ein Reimport kaufen, im Preis muss jedoch deutlich berücksichtigt sein, dass die Instrumente zumeist nicht das deutsche Niveau erreichen und in den ersten 2 Jahren zumeist erheblicher Wartungsbedarf besteht, wenn das Klavier nicht schon vor einigen Jahren importiert wurde.

In einem ordentlichem Pianohaus werden vermutlich auch die Reimporte gut aufbereitet werden. Von den ganzen Internet-Versandangeboten würde ich absehen.
 
Na prima, sorg halt für ein angenehmes Klima für Deinen neuen Liebling. 60% Luftfeuchtigkeit und möglichst konstante Temperatur wird er Dir sicherlich danken, ob grau importiert oder strahlend weiß aus deutscher Fabrikation :D
 
....Sehr viele U1 für den deutschen Markt kommen übrigens aus dem Werk aus England, zu erkennen an der sechsstelligen Seriennummer mit vorangestellten "E".....

Nach Anaben dieser Website:
http://www.piano-advice.org.uk/professional sales service.htm
nur die nicht Schwarzhochglanzpolierten.

Wenn "E" für England steht, wofür steht dann J? Für Japan? Und wofür steht dann "F", was man auch hin und wieder sieht?
Weiß garnicht was bei mir drinsteht, muß mal nachschauen.
 
Hallo Klavierbaumeister,

ich bin mir nicht sicher mit Deiner Aussage, dass sehr viele U1 in Deuschland aus dem englischen Werk kommen. Nach diesem Link hier sind es nur die Klaviere, die nicht schwarz oder weiß sind - das dürften doch eher wenige sein, oder?

Bzgl. der grundsätzlichen Qualität überzeugt mich Deine Argumentation nicht ganz, allerdings bin ich völliger Laie und würde daher auch nichts gegenteiliges behaupten wollen oder können. Aber es erscheint mir doch zumindest zweifelhaft, dass Yamaha für den eigenen Heimatmarkt weniger sorgfältig in Sachen Qualität ist. Das wäre ja so, als ob Mercedes (oder BMW oder Porsche) für den Export bessere Autos produzieren würden. Kann sein, aber ich findes es eher kontraintuitiv. Zudem habe ich mal einen Bericht über einen deutschen Möbeldesigner gesehen, der seine Stücke in Japan verkauft hat. Seiner Aussage nach sind die Japaner ungleich kritischer als europäische oder amerikanische Kunden hinsichtlich Qualität. So akzeptieren sie keinerlei Fehler, selbst wenn die an Stellen sind, die für den Kunden ohne jeden Belang sind bzw. nicht zu sehen (z.B. Unterseite der Platte eines Tisches, oder so).

Bei Steinway finde ich den Vergleich auch nicht ganz treffend. Erstens spielt hier sicherlich der exotische Faktor der eurpäischen Produktion eine Rolle, die man zudem in den USA nicht ohne weiteres käuflich erwerben kann (Territorialschutz), zweitens hat deutsche Handarbeit / Ingenieurkunst traditionell einen hervorragenden Ruf und drittens klingen die Instrumente wohl einfach anders (also Geschmachkssache).

Ich voll bei Dir was die Umstellung von zwei Klimazonen angeht. Ist für mich auch plausibel, wobei natürlich Innenraumklima nicht gleich Außenklima (vielleicht stand das Klavier in Japan ja in einem Raum mit Klimaanlage, also sehr trockener Luft, who knows). Am Ende hoffe ich einfach, dass ein Re-Import bei einem guten Fachhändler nur noch ein moderates Risiko birgt. Über Internet/E-Bay sieht es da natürlich ganz anders aus.

Ich bin auf jeden Fall auch aufgrund Deines Beitrages froh, die Garantie von 3 auf 5 Jahre verhandelt zu haben. Dass der Händler da auch sofort drauf eingegangen ist beruhigt mich außerdem.

Viele Grüße, der Doc
 
Bzgl. der grundsätzlichen Qualität überzeugt mich Deine Argumentation nicht

Ich will auch niemanden überzeugen, lediglich informieren.
Ich bin seit 25 Jahren reiner "Werkstatt-Mensch" und handle nicht mit Instrumenten.

Steinway:
Beim amerikanischen Steinway-Händler kann man bei der Bestellung angeben, dass man einen Flügel aus Hamburg wünscht.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Denke auch das die Unterschiede eher in abweichenden, dem Geschmack des jeweiligen Kontinentes angepassten Klangcharaktären zu finden sind. Sowohl in Asien wie auch in Nordamerika ist von Wüste bis zu Tropenklima alles möglich und wenn es bei der Verarbeitung Unterschiede geben sollte (was ich eigentlich auch nicht glaube denn wenn ein Konsument ne größere Summe ausgibt wird er naturgemäß heikel) dürften die eher marginaler Natur sein. Und heutzutage muß ein Qualitätsinstrument alle Klimazonen ohne Langzeitschäden schaffen sonst ist es keines, das eventuell eine längere "Gewöhnungszeit" vonnöten wäre ist klar aber die einzige zulässige Einschränkung.
Mein ~ 90 Jahre alter, sicher nicht tropenfest verleimter Dörr - Flügel lag 30 Jahre lang ungespielt und ungestimmt auf nem unisolierten belüfteten Dachboden bevor ich ihn erwarb, kam dann für 20 Jahre in ein eher feuchtes Kellerprobelokal und steht heute in einem "normalen" Raum, trotzdem sind bis heute keine sichtbaren Risse am Resonanzboden aufgetreten und die Stimmhaltung ist bei 440 Hz. unverändert gut; einzig vier Saiten sind in dem Zeitraum anrostungsbedingt gerissen und mußten ersetzt werden.
Mein etwas später angeschafftes tropenfestes Rippen Concerto "gab" sich auch wechselweise das Kellerlokal und die zentralbeheizte Wohnung (ohne Luftbefeuchter) sowie etliche Auftrittstransporte wo wir mit ihm auch mal durch nen Gewitterregen mußten und es gab auch nie irgendwelche Troubles.
 
Ich will auch niemanden überzeugen, lediglich informieren.
Ich bin seit 25 Jahren reiner "Werkstatt-Mensch" und handle nicht mit Instrumenten.

So habe ich es auch aufgefasst. Ich bin dankbar um jede fundierte Einschätzung und Meinung. Ich wollte nur zum Ausdruck bringen, dass ich das von Dir angesprochenen Verhalten der großen Hersteller hinsichtlch unterschiedlicher Qualitäten für unterschiedliche Märkte nicht nachvollziehen könnte.

Steinway:
Beim amerikanischen Steinway-Händler kann man bei der Bestellung angeben, dass man einen Flügel aus Hamburg wünscht.
OK, ich hatte meine Infos aus der verlinkten Sekundärquelle, ich gebe zu, da hätte ich besser recherchieren sollen.
 
Vielleicht war das etwas missverständlich:
Natürlich schauen die Arbeiter bei Yamaha nicht erst, in welches Land das Klavier geht und bauen es dann mit mehr oder weniger Liebe.

Aber: Yamaha-Klaviere werden je nach Bestimmungsland in verschiedenen Fabriken gebaut.
Yamaha hat drei Klavierfabriken in Japan, eine in England, drei in China, eine in Taiwan und eine in Indonesien.
Siehe auch http://www.yamaha.co.jp/english/product/piano/w_wide/ww.html
Zwischen diesen verschiedenen Fabrikationsstandorten die für verschiedene Bestimmungsländer bauen, gibt es durchaus qualitative Unterschiede.

Unterschiede gibt es aber auch in der Modellpalette:
Für den anspruchsvollen deutschen Markt gibt es bei Yamaha Europe die handgebauten Instrumente SU-118 und SU-7, die in anderen Ländern, z.B. Japan, China und USA gar nicht angeboten werden, da ist nach oben bei den YUS-Instrumenten Schluss.
Diese Unterscheidungen zeigen, dass man sich durchaus bewusst ist, dass die Kundschaft hierzulande anspruchsvoller ist.
Und so kommt z.B. auch ein U1 für Deutschland aus anderen Fabriken als ein U1 für China und so verwundern auch qualitative Unterschiede nicht.
 
aus meiner Außendiensterfahrung heraus würde ich schon sagen, dass Grauimporte Probleme machen können. Am häufigsten ist, dass die weißen Tastenbeläge Risse bekommen. Aber auch lockere Wirbel habe ich bereits erlebt, und zwar so locker, dass es hart an der Grenze war. Und das ist bei 30Jahre alten europäischen Klavieren ganz bestimmt nicht normal. Wobei ich mich ehrlich gesagt frage, wie es überhaupt zu lockeren Wirbeln bei Multiplex-Stimmstöcken kommen kann. Resonanzbodenrisse habe ich auch schon erlebt, dies aber auch bei gleich alten europäischen Instrumenten.
 
aus meiner Außendiensterfahrung heraus würde ich schon sagen, dass Grauimporte Probleme machen können. Am häufigsten ist, dass die weißen Tastenbeläge Risse bekommen. Aber auch lockere Wirbel habe ich bereits erlebt, und zwar so locker, dass es hart an der Grenze war. Und das ist bei 30Jahre alten europäischen Klavieren ganz bestimmt nicht normal. Wobei ich mich ehrlich gesagt frage, wie es überhaupt zu lockeren Wirbeln bei Multiplex-Stimmstöcken kommen kann. Resonanzbodenrisse habe ich auch schon erlebt, dies aber auch bei gleich alten europäischen Instrumenten.
Woher weißt du, ob es Grauimporte sind oder Klaviere, die für den europäischen Markt bestimmt waren? Wie kannst du sie unterscheiden? :?:
 

Oft kann man die Instrumente anhand baulicher Kriterien als Grauimporte entlarven, oft sind es aber auch einfach Klang und Zustand der Instrumente, die zu weiteren Nachforschungen annimierten und bei denen sich der Anfangsverdacht an einen Grauimport bestätigt.

Ein von einem guten Fachbetrieb aufgearbeitetes Import-Klavier muss nicht schlecht sein.
 

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