Liefert Steingräber tatsächlich neue Klaviere mit getränkten Hämmern aus?

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Kann ich kaum glauben, aber ein Ami meint, das sein so:

"I happen to own a Steingraeber piano which I had purchased new just a few months ago. Now, I'm not a piano technician, so all I can go by is what I was shown and told. Two different technicians who have worked on the hammers of my piano showed me a yellowish discoloration in a very characteristic geographic pattern in some of the Steingraeber's hammer felts. They next demonstrated to me tactilely that this coloration had the crustiness very characteristic of lacquer. Their conclusion was that lacquer had in fact been used by the manufacturer."

Ich glaube ja eher dass da zwischen Auslieferung aus der Bayreuther Fabrik und Auslieferung an den Kunden noch jemand Hand angelegt hat.

Weiß da jemand was zu?
 
Ach, ich glaube, da muss ich nicht groß nachfragen. Steingraeber hat zusammen mit Renner eine Kooperation mit der Filzfabrik Wurzen, die gemeinhin als der beste Lieferant qualitativ höchstwertiger Filze gelten. Würde mich extremst wundern, wenn die da ab Werk Lack in einen Hammerkopf kippen.

Da wird wohl ein amerikanischer Händler ein Klavier ein paar Monate ausgestellt haben, das dann ein paar Mal gespielt wurde und irgendwann hat sich ein Techniker drangesetzt, dem die europäische Herangehensweise zum Intonieren etwas fremd war.
 
Bei einem Intonierseminar bei einem deutschen Hersteller erzählte der Techniker, dass alle deutschen Fabriken ihre Hämmer tränken würden, auch wenn sie es abstreiten. Aber: damit war das minimale Tränken als ultima ratio gemeint. Also wenn man alle anderenTricks bereits angewandt hat und hier und da noch kleine Unebenheiten bestehen. Besagter Hersteller tat es auch. Auch bei einem weiteren Intonierseminar bei einem anderen deutschen Hersteller wurde getränkt. Da ist im Prinzip nichts ehrenrühriges dran. Aber wie gesagt: das ist nicht die Standardprozedur wie z.B. in den USA.
 
Mich interessiert in diesem Zusammenhang vor allem die Frage, ab wann man ultima ratio als gegeben sieht. Bei abgenudelten Hämmern, die schon Jahrzehnte auf dem Buckel haben, dürfte das irgendwann unvermeidbar sein, wenn man dem Kunden nicht zumuten will, einen kompletten Satz neuer Hämmer zu kaufen und den ganzen Prozess rund um Einbau, evtl. neu verleimen, regulieren, intonieren mit barer Münze bezahlen zu lassen.

Wenn ich aber einen Filz auf dem Hammer habe, der noch Spannung und bei dem das Abziehen einen hörbaren Erfolg bringt und sich der Hammer durch Stechen intonieren läßt, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass da jemand aus Europa mit dem Lackfläschchen kommt.

Allerdings habe ich noch nicht wirklich verstanden, warum das bei den Amis grundsätzlich und immer Standardprozedur ist; die New Yorker Steinways werden ja schon ab Werk mit getränkten Hämmern verkauft, wenn man der Intonieranleitung von Steinway glauben darf, wo das so explizit drin ist.

Geht das Intonieren dann schneller, ist das einfacher, Gleichmäßigkeit zu erzielen?

Was mir bei der Lektüre von 'Grand Obsession' übelst aufgestoßen ist, ist die Schlangenölgeheimwissenschaft, bei der jeder Intonierer seinen eigenen Lack zusammenrührt und keinerlei gleichmäßige und konsistente Ergebnisse bei herauskommen, die dann auch noch reproduzierbar wären.

Naja, ich werde mal nächste Woche den Meister fragen, wenn er meinen Flügel abschließend reguliert und intoniert. Vielleicht habe ich da bisher auch zuviele irrationale Vorbehalte und noch nicht verstanden, wo Lack tatsächlich sinnvoll sein kenn, auch bei neuen, guten Hämmern.
 
Mir hat mal ein Klavierbauer, der bei Steingräber eine Werkbesichtigung gemacht hat erzählt, dass die bei Steingräber eine Lösung aus Sagex und Alkohol zusammenbrauen und damit die Hämmer imprägnieren, wenn ich mich recht erinnere, Klang ziemlich abenteuerlich. Es geht dabei weniger um die Härte als darum , die Hämmer Feuchtigkeitsresistent zu machen.
 
Was mir bei der Lektüre von 'Grand Obsession' übelst aufgestoßen ist, ist die Schlangenölgeheimwissenschaft, bei der jeder Intonierer seinen eigenen Lack zusammenrührt und keinerlei gleichmäßige und konsistente Ergebnisse bei herauskommen, die dann auch noch reproduzierbar wären.

Da wurden doch auch von einem Händler bei einem fabrikneuen Grotrian Flügel die Hammerköpfe erneuert, nachdem zuvor die "alten" getränkt wurden. Da hatte ich mich beim lesen auch gewundert. Die in Braunschweig wissen wohl sehr genau, wie man gute Instrumente baut und wie man die Hammerköpfe stechen muss, damit es zum Instrument passt. Wenn man das mal eben so komplett anders machen will, dann sollte man schon ebenfalls sehr genau wissen, wie das geht. Ob das immer so der Fall ist? Jedenfalls finde ich es etwas gewagt, bei einem Neuinstrument in dieser Liga mal eben alle Hämmer zu tränken.
 
Und was ist das dann für eine Verfärbung ab Werk?
Hammerkopf.jpg
 

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