Gute Frage - Was darf ein... kosten?

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machmalaut

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29. Aug. 2016
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Hallo,

als Neuling, möchte ich mich ganz kurz und grob vorstellen:

Ich studierte Instrumentalpädagogig Klavier, EMP, Gesang und Chorleitung und bin nun seit 10 Jahren freiberuflich in diesen Bereichen tätig.

Jetzt hat sich für mich die tolle Fügung ergeben, nach und nach, meine eigene Musikschule aufzubauen.
Kostenkalkulation ist natürlich ein Stichwort, was mich auch zu diesem Eintrag führt:

- es ist mir absolut schleierhaft warum so viele Musikschulen, zu absoluten dumping-Preisen ihren Unterricht anbieten

- wenn ich im Internet auf die Suche gehe, dann überschlagen sich die Einträge von frustrierten Eltern, die sich über unverschämte Preise, der Lehrkräfte beschweren, die sogar noch in den Ferien, nicht gehaltene Stunden, bezahlen lassen. (die Diskussion müssen wir nicht anfangen, das wird allen Kollegen bekannt sein)

- jetzt habe ich einfach mal aus "was darf ein Klavierlehrer kosten", "was darf ein personal-trainer kosten" gemacht.
Ihr glaubt nicht welche Preisvorstellungen auf einen Schlag völligst normal, und auch verstanden, werden!
Das hat mich doch ziemlich auf die Palme gebracht, denn ich halte unseren Berufsstand für nicht weniger Qualifiziert, als den, des ungelernten, sportlich begabten "personal-trainers".
Sicherlich, hat der auch über Jahre ne Menge Geld in Studios, Kleidung und "weiss der Geier was" gesteckt, aber vielleicht sollten wir tatsächlich mal darüber nachdenken ebenfalls einen dreistelligen €-Betrag für eine! Zeitstunde verlangen zu können!

Ich möchte mich nicht auf diese Schiene begeben und schnellen Untericht für kleines Geld anbieten.
Daher konzentriere ich mich lieber auf wenige Schüler, die auch bereit sind zu investieren, sowohl finanziell, als auch zeitlich, sodass ich von dem allgemeinen Angebot 30/max.45 min lieber zu 60 - 90 min tendieren möchte und in dieser Zeit meine Preise auch rechtfertigen kann.
 
Aus Sicht eines erwachsenen Hobby-Klavierschülers ist der Vergleich mit einem "personal-trainer" unglücklich. Ich würde da eher an eine Person denken, die den Unterricht für den Beruf benötigt. Auch der Vergleich mit einem Lehrer aus dem Hobbybereich, Skilehrer, Tauchlehrer, oder auch Fahrlehrer, würde ziemlich hinken. Das wäre immer ein zeitlich sehr begrenzter Unterricht. Klavierunterricht ist nach meiner Vorstellung zumindest für mehrere Jahre und das typischerweise jede Woche. Der Kostenfaktor ist also ein anderer.
Mich würde ein besserer Vergleich unter Berücksichtigung der Qualifikation und Unterrichtshäufigkeit interessieren?

Gruß
Manfred
 
Moin!

Nicht einfach.

- Angebot und Nachfrage. Wohnst Du dorten, wo genügend Leute viel für eine Stunde Unterricht bezahlen können/wollen? Im dreistelligen Bereich konkurrierst Du mit Hochschulproffessoren.

- Man sollte vernünftig davon leben können. Reich wird man damit eh nicht, bzw. ich kenne keinen Instrumentallehrer, der Porsche fährt.

- Ja, das Bewusstsein der Leute dafür prägen. Aber, mal ehrlich: Meine Frau hat Modedesign studiert und macht - unter anderem - auch Klamotten. Es ist schwierig, den Leuten klar zu machen, dass das Hemd dann halt 50€ kostet und nicht 10€ wie beim Discounter. Wenn man die Kosten für Knöpfe und Stoff abzieht, bleiben unter dem Strich höchstens 10€ pro Stunde. Wenn meine Frau gerne die 30€ pro Stunde sehen wollte wie mein Saxlehrer, dann müsste das Hemd eher 120€ kosten. Das will keiner zahlen. Zumindest hier in de Gegend nicht.

- Die Deutschen geben im Schnitt 28.153€ für einen Neuwagen aus. Dafür schein Geld vorahnden zu sein.

- Ein guter Personal Trainer sollte auch über Ernährung, Muskelregeneration, korrekte Ausfürhrung von Technik, Trainingsplänen, usw. verstehen. Sollte.
"...
Typische Inhalte einer Ausbildung zum Fitnesstrainer sind

Sportmedizinische Aspekte
Fragestellungen der Trainings- und Bewegungslehre
Pädagogische, sportarttheoretische und didaktische Ansätze
Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre und des Marketings
Grundlagen der EDV
Rechtliche Aspekte
Sportpsychologie
Motivationstechniken
Durchführung und Wirkung von Sportmassagen
Wesentliche Grundlagen der Kommunikation
Darüber hinaus erhalten Sie als angehender Fitnesstrainer auch eine praktische Ausbildung. Diese erstreckt sich zum Beispiel auf:

Fitness
Aerobic
Rückenschule
Pilates
Bewegungstraining
Trendsportarten
..."

Nach dieser Ausbildung ist man B-Trainer. Für Leistungssportler muss man A-Trainer machen. Ein paar Gewichte pumpenn können reicht also bei weitem nicht aus.


Grüße
Häretiker
 
Klavierunterricht ist nach meiner Vorstellung zumindest für mehrere Jahre und das typischerweise jede Woche. Der Kostenfaktor ist also ein anderer.

Ich muss gestehen, dass ich noch nie einen personal Trainer hatte und von daher keine Ahnung habe über welchen Zeitraum und mit welcher Häufigkeit das geht. Natürlich ist mir bewusst, dass wöchentlich und auf einen langen Zeitraum ausgelegte Stunden günstiger angeboten werden können als einzeln verabredete Stunden. Da ich ja aber selbst auch nicht davon ausgehen kann, dass mein Schüler mich die nächsten 10 Jahre ernährt, muss ich auch "Leer-zeiten" überbrücken können.

Angebot und Nachfrage. Wohnst Du dorten, wo genügend Leute viel für eine Stunde Unterricht bezahlen können/wollen? Im dreistelligen Bereich konkurrierst Du mit Hochschulproffessoren.

Ob ich in einer Umgebung wohne in der die Leute sich meine Preisvorstellung leisten können wird sich wohl erst in der nächsten Zeit zeigen. Einen drei-stelligen Stundensatz möchte ich für diese Tätigkeit natürlich nicht verlangen. Vielleicht habe ich in 30 Jahren diese Erfahrung, aber erstmal möchte ich da eher mal auf dem Teppich bleiben. Es ging mir tatsächlich eher darum, dass im Bewusstsein viel zu vieler Menschen die Meinung anhängt, dass man beim Klavierlehrer um jeden Cent feilschen darf und muss, weil das alles Diebe mit überzogenen Gehaltsvorstellungen sind. Andere Berufsgruppen haben da einen ganz anderen Stellenwert. Und nur darum gehts mir.
Ich will das ja auch gar nicht neidig betrachten. Es ging mir da nur um einige Artikel, auf die zufällig unter "gutefrage.de" gestossen bin. Diese Frage, was DARF! ein Klavierlehrer kosten...und dann die Kommentare. Da bin ich fast die Wand hochgegangen. Ich darf kosten was ich will, ob dann jemand noch zu mir kommt ist die andere Frage.

Man sollte vernünftig davon leben können. Reich wird man damit eh nicht, bzw. ich kenne keinen Instrumentallehrer, der Porsche fährt.

Ich versuche mal darauf hinzuarbeiten, wobei ich ehrlich gesagt keinen Porsche will. Passt da überhaupt ne Kiste Bier rein?
Was darf denn ein Porsche überhaupt kosten?
 
Ich glaube, je näher dein Klientel mit den Bedingungen auf dem Markt musikalischer Dienstleistungen vertraut sind, desto eher werden sie bereit sein, ein angemessenes Honorar zu zahlen. Man kennt das Problem ja auch aus anderem Zusammenhang: Für eine Hochzeit engagieren die beiden Eheleute ein Streichquartett, das eine oder zwei Stunden spielen soll, und sind dann außer sich über deren Honorarvorstellungen...

Ich zahle 40 Euro pro Stunde, wobei das ein "Studententarif" ist. Normaler Tarif wären 50 Euro pro Stunde. Ich finde das auch angemessen. Bei mir führte das dazu, dass ich nur 14-tätig Unterricht nehmen konnte (mittlerweile eher 1x im Monat), einerseits weil ich mir 4x Unterricht pro Woche nicht leisten kann und andererseits weil ich nicht die Zeit habe, so viel zu üben, dass 4x Unterricht überhaupt Sinn machen würden.

Meine Sympathie hast du jedenfalls. Bei Klavierlehrerin ist leider die Selbstausbeutung weit verbreitet.

lg marcus
 
aber vielleicht sollten wir tatsächlich mal darüber nachdenken ebenfalls einen dreistelligen €-Betrag für eine! Zeitstunde verlangen zu können!
Verlangen kann man alles. Aber das öffnet dann den Markt nur weiter für "jetzt ganz einfach und schnell via Internet Klavierspielen lernen - ohne Noten!"

Und das ist keinesfalls neu: In vielen Bereichen ist persönliche Betreuung wegen der untragbaren Kosten schon lange durch Self-Service ersetzt worden. Dabei nimmt die Mehrheit die niedrigere Qualität des Angebotes zugunsten der Wirtschaftlichkeit in Kauf. Und der kleine Rest, der bereit ist, höhere Kosten zu tragen, geht schlicht leer aus, da sich eine Extrawurst nicht mehr lohnt: Für die drei Leute, die bereit sind, einen Tankwart extra zu bezahlen, wird kein Pächter einen einstellen.

Wenn also die Preisvorstellungen von Kundschaft und Anbietern zu weit auseinanderlaufen, dann verschwindet ein solches Angebot komplett, auch für die paar übrigen, die es zahlen können. Es ist dabei nicht erforderlich, daß ein ggf. auftauchendes Substitut qualitativ besser ist, es genügt völlig, daß es wirtschaftlicher ist.

Fazit: Es ist also durchaus möglich, daß wir Normalmenschen in 20 Jahren den jungen Leuten vorschwärmen, daß wir den (nun unbezahlbaren) Luxus eines Klaviereinzelunterrichtes durch einen Menschen genossen haben, während der im nun weitgehend fertig-entwickelten Digi eingebaute elektronische Klavierlehrer dank Internet-Cloud auf normiertem Qualitätsniveau mehr schlecht als recht - aber für private Amateure ausreichend - an die Grundlagen des Klavierspiels heranführt.
 
Solange die Leute sagen "Uih, das ist aber teuer", solange bist Du nicht ZU teuer. Erst wenn wenn genau das verbalisiert wird: "ZU Teuer!", hast Du die Grenze überschritten.
 
Ich denke, es ist schlichtweg die Frage, wie sicher man vor dem/r SchülerIn auftritt.
Als ich meine Schule gegründet habe,habe ich mir auch sehr oft anhören dürfen, meine Diestleistungen seien zu teuer. Mittlerweile nehme ich fast das Doppelte und niemand sagt, der Preis stimme nicht. Ich bin mir ganz sicher, dass meine heutige Ausstrahlung den SchülerInnen und ihren Eltern signalisiert, dass sie sich ruhig eine/n andere/n Klavierlehrer/in suchen können, wenn ich es ihnen nicht wert bin.
Außerdem wenn SchülerInnen auf Empfehlung kommen, disskutieren sie nicht über Preise. Man muss sich erst ein Mal ein Netzwerk schaffen, dann läuft`s!
Ich drücke dir die Daumen bei der Gründung deiner Musikschule!

LG

Fortepiano
 
Die Erfahrung kann ich als Handwerker teilen. Meine Kundschaft fragt mich nur noch selten, was es kostet sondern wann ich Zeit habe. Oftmals sage ich: Nehmen Sie einen anderen, der kann das bestimmt preiswerter...hilft nix. Erst letzte Woche musste ich mich bei einem zweistündigen Abendessen (selbstverständlich von der Kundschaft eingeladen) mit Händen und Füßen dagegen wehren, für eine Arbeit von 3-4 Stunden extra nach München eingeflogen zu werden. Nicht, dass der Kunde nun einen Dachdecker vor Ort nimmt...nein er nimmt einen Maurermeister von hier, dem ich ihn mal vor vielen Jahren empfohlen habe, und dem ich telefonisch Support leiste.

Und bei Klavierlehrern mit gutem Ruf ist es ja ähnlich: Da geht es nicht mehr um Geld sondern nur noch darum, ob er einen mit rein nimmt. Klavierlehrer mit gutem Ruf kann jeder werden, aber nicht alle. ;-)
 
Ich denke, es ist schlichtweg die Frage, wie sicher man vor dem/r SchülerIn auftritt.
Das sichere Auftreten sollte natürlich auf einschlägiger Berufserfahrung basieren, die sich auf Nachfrage dokumentieren lässt. Seriöse Anbieter sind dazu in der Lage, unseriöse Blender natürlich nicht.

Als ich meine Schule gegründet habe,habe ich mir auch sehr oft anhören dürfen, meine Dienstleistungen seien zu teuer. Mittlerweile nehme ich fast das Doppelte und niemand sagt, der Preis stimme nicht.
In der Frühphase der Berufstätigkeit braucht man auch eine gehörige Portion Mut und die Überzeugung, dass sich Qualität auf lange Sicht durchsetzt. Ein gut vorbereiteter Berufsanfänger kann durchaus dem weniger motivierten Routinier, der schon seit vielen Jahren nur noch Dienst nach Vorschrift macht, überlegen sein. Da man fachrichtungsübergreifend bereits ein sehr hohes künstlerisches Leistungsniveau erreicht haben muss, um überhaupt zum Hochschulstudium zugelassen zu werden, besteht keine Veranlassung, sich allzu billig am Markt anzubieten.

Außerdem wenn SchülerInnen auf Empfehlung kommen, diskutieren sie nicht über Preise. Man muss sich erst ein Mal ein Netzwerk schaffen, dann läuft`s!
Hilfreich zur Schaffung eines solchen Netzwerks ist der Austausch mit seriösen Berufskolleg(inn)en und eventuell die Kontaktaufnahme mit einem Berufsverband. Übrigens kann man auch ohne aktive Mitgliedschaft bereits Wissenswertes zu berufsständischen Belangen erfahren. Vielfach sind zur Aufnahme als aktives Mitglied einschlägige Qualifikationen vorzuweisen - wer kein Einzelkämpfer, sondern gut vernetzt ist, kann es in mancher Hinsicht leichter haben, auch wenn die Verbände nicht vorrangig die Aufgabe haben, ihren Mitgliedern zusätzliche Aufträge zu verschaffen. Beispielsweise führen aber Berufsverbände wie der Deutsche Tonkünstlerverband in gewissen zeitlichen Abständen Honorarumfragen unter ihren Mitgliedern durch, was als Orientierungshilfe bei der eigenen Preisgestaltung durchaus nützlich sein kann und bei der Beantwortung der Eingangsfrage hilft.

LG von Rheinkultur - frohes Schaffen und viel Erfolg!
 
Ich sag mal so - wenn eine Arbeit sehr gut verrichtet wird, spielt das Geld bei vielen Menschen nicht sooo die Rolle. Ich selbst bin auch eher einer jener welche sagen "mir ist die Qualität wichtig". Sogenannte Schnäppchen, die kauf ich 10 mal, da habe ich absolut keinen Gewinn gemacht.
In meiner Branche ist des ähnlich, klar, wir sind jetzt nicht unbedingt die billigsten, nur der Kunde hat mehr von, wenn er nicht alle halbe Jahre wieder eine neue Komplettstimmung braucht - auch wirtschaftlich.
Wer es als Klavierlehrer schafft einen Schüler derart zu unterrichten, daß er nach kurzer Zeit große Fortschritte macht, wird diesen Schüler sicherlich nicht 20 Jahre lang unterrichten, und kann natürlich auch entsprechende Preise verlangen. Im Raum München beträgt das günstigste Durchschnittshonorar für eine dreiviertelstund Klavierunterricht 1440,00 € pro Jahr, also regelmäßig 120 € im Monat.

LG
Henry
 

Da geht es nicht mehr um Geld sondern nur noch darum, ob er einen mit rein nimmt.

DAS ist doch der Punkt.

Ich will A (hier: Unterricht bei DIESER Lehrkraft - es gibt triftige Gründe dafür).
A ist nur unter der Bedingung B (Preis etc. - es gibt durchaus noch andere Begleiterscheinungen!) zu bekommen.
Also muss ich auch B wollen und bezahle, was A aufruft.


Die umgekehrte Denke:

Ich will A (hier: auf keinen Fall mehr als einen bestimmten Betrag für Klavierunterricht ausgeben, zum Beispiel weil meinem freiverfüglichen finanziellen Spielraum tatsächlich enge Grenzen gesetzt sind).
A ist unter der Bedingung B zu bekommen (Marktcheck - wer macht´s mir für diesen Betrag?)
Also fange ich an zu vergleichen bzw. zu telefonieren.
 
Ich bin auch gegen diese Dumpingpreise bzw. Dumpinghonorare.

Allerdings ist es aber auch die Frage: Was für Lehrer unterrichten überhaupt an einer bestimmten Musikschule?

Nach meiner Erfahrung befindet sich die Unterrichtsqualität oft auf einem Niveau, das, wenn man ehrlich ist, auch gar nicht mehr Geld wert ist.

Dass einer vielleicht viel geübt hat und einen Studienabschluss hat, bedeutet noch lange nicht, dass er auch gut unterrichten kann.

Ich kenne nicht wenige wirklich gute Musiker, die ihre Unterrichtsstunden irgendwie so unengagiert runterreißen. Ganz zu schweigen von dem Quatsch, den sie Schülern nicht selten vermitteln.

Insofern ist die Honorardiskussion durchaus eine zweischneidige Sache; letztlich ist aber der Faktor, dass Dumpingpreise allen die Löhne kaputtmachen und damit unsolidarisch sind, der schwerwiegendere.
 
Insofern ist die Honorardiskussion durchaus eine zweischneidige Sache; letztlich ist aber der Faktor, dass Dumpingpreise allen die Löhne kaputtmachen und damit unsolidarisch sind, der schwerwiegendere.
Diese Aussage ist neben den anderen Deines Beitrags absolut richtig und trifft zu. Vor allem führt eine bestimmte Gestaltung des Preis-Leistungs-Verhältnisses dazu, dass der Kunde den Dienstleister in einer bestimmten "Schublade" einsortiert. Wenn an dieser auf der Vorderseite das Etikett "Billiganbieter" klebt, fällt es schwer, von dieser Einstufung wieder weg zu kommen. Das sollten sich gerade diejenigen Anbieter vor Augen führen, die beispielsweise als Berufseinsteiger Niedrigpreise anbieten in der Hoffnung, nach Etablierung am Markt mittelfristig die Zahlen nach oben verändern zu können. Dann macht sich nämlich bei vielen die Angst breit, die inzwischen erhaltenen Aufträge an Mitbewerber zu verlieren, die den Job für noch weniger Geld zu machen bereit sind.

Hintergrund ist nämlich der, dass auf der Kundenseite über den Auftragsinhalt (Vermittlung künstlerischer Kenntnisse und Fertigkeiten) zwangsläufig wenig bis nichts bekannt ist. Da ist das für den Kunden am ehesten greifbare Auswahlkriterium naturgemäß eben der Preis. Wie viel man für sein Geld tatsächlich bekommt, kann man mit anwachsendem Kenntnisstand besser einschätzen. Um letzteren aber zu erlangen, benötigt man wiederum erst mal den Unterricht... .

Deshalb wird die Diskussion zur Preisgestaltung bei Dienstleistern so lange fortdauern, wie es die Dienstleistung am Markt gibt. Ist halt so.

LG von Rheinkultur
 
Der Mindestlohn in Deutschland beträgt 8,50 Euro. Davon muss der Arbeiter: Steuern, Sozial-, Rente-, und Krankenversicherung etc. bezahlen. Der Arbeitgeber muss 100% von den Abgaben dazu geben. Also pi x Daumen ist 1 Arbeitsstunde sehr grob aufgerundet 15 Euro Wert.

Also 15 Euro sollte mindestens eine Stunde beim Klavierlehrer kosten. Wenn ein Klavierlehrer an einer städtischen Musikschule arbeitet oder als Dozent/Prof an einer Universität, bekommt er mindestens den Mindestlohn.
Und wenn es nicht genügend Schulen gibt, dann bitte ich um Einsicht, dass es zu viele Klavierlehrer gibt. Und wenn sich die freiberuflichen "Künstler" gegenseitig unterbieten, darf man dem Kunden keinen Vorwurf machen. Lidl beschwert sich ja auch nicht, dass neben an Aldi billig verkauft.

Ein Mathe-/Englisch-/-Physiklehrer der überlegt nicht mehr an einer staatlichen Schule zu arbeiten, sondern im Selbstmanagement Nachhilfeunterricht anzubieten, wird er auch nur 15-30Euro verlangen können.

Frage an die Klavierlehrer: Wie viel würdet ihr für euer Kind pro Stunde ausgeben, wenn es wöchentlich, die nächsten 5-10 Schuljahre Nachhilfeunterricht in Mathe braucht? Auch 50-100 Euro/Stunde wie beim Handwerker?

Für den Durchschnittsbürger ist kein "Problem bzw. wird akzeptiert", dass der Handwerker 50-100 Euro/Stunde zu bezahlen und außer bei einer Putzfrau der 1x die Woche den Hausgang putz?! Interessant.

Was ich eigentlich sagen und euch mit auf den Weg geben will für das nächste Leben: Augen auf bei der Berufswahl!
(Das müssen Haupt-/Realschüler im Alter von 15/16 Jahren auch beachten, dann kann man es von Abiturienten mit 18 auch verlangen).

Oder verlangt einfach die von euch gewünschte Summe und seht was passiert!!!
 
Das mit den 100% für den Arbeitgeber stimmt nicht so ganz. Lohnsteuer zahlt der Arbeitnehmer alleine. Der Arbeitgeber zahlt andere Steuern. Wenn er denn zahlt *hüstel*.
Darüber hinaus sind direkte Vergleiche zwischen Gehältern in der Festanstellung und Stundensätzen von Gewerbetreibenden bzw Freiberuflern schwierig oder hinken regelmäßig. ;-)
 
Insofern ist die Honorardiskussion durchaus eine zweischneidige Sache; letztlich ist aber der Faktor, dass Dumpingpreise allen die Löhne kaputtmachen und damit unsolidarisch sind, der schwerwiegendere.

Richtig! Nur die meisten Dienstbeleisteten merken es irgendwann, und stellen fest daß die Arbeit für den geringen Lohn auch entsprechend schlampig ausgeführt wird.
Im Klavierbau regen sich auch viele Kollegen zu Recht über die Pfuscher auf, welche Kunden mit Billigpreisen kötern - ich seh des anders; die verschaffen uns doch sekundär erst wirklich Arbeit, so ein verpfuschtes Klavier wieder herzurichten, des kost richtig.
Einen Schüler welcher sich durch Dumpingpreise falsches Wissen oder noch besser eine fatale Technik angeeignet hat, wird wohl bei einer professionellen Lehrkraft wesentlich mehr Unterrichtzeit in Anspruch nehmen müssen, als hätte er sich gleich einen ordentlichen KL gesucht ohne auf die Zahl zu schauen.
Wie pflegte schon meine Großmutter zu sagen; "kauf was billig, kaufst des zehn mal" :-D

LG
Henry
 
Die niedrigen Preisvorstellungen liegen wohl auch daran, dasz es viele Eltern bei ihren Sproeszlingen mit dem Klavierunterricht "nicht ernst" meinen. Das soll nur ein netter, entspannender Zeitvertreib sein. Auch der Sportverein fuer den Sproeszling soll nicht zu teuer sein, aber Sport hat schon prinzipiell in unserer Gesellschaft einen anderen Stellenwert. Wenn jemand auf einer Party sagt: "Ich spiele Klavier", ist er vielleicht "verweichlicht" oder "ein Spinner", ("ach ja, interessant, was spielt man da sooo? Kannst Du auch das und jenes von Michael Jackson? Ach ja, Beethoven, auch mal gehoert, war der nicht taub? Mir sagt ja klassische Musik gar nicht, hab neulich was gehoert, das war jetzt gar nicht so schrecklich langweilig, wie ich dachte" (alles Zitate aus dem wirklichen Leben!)). Wenn einer Marathon laeuft und das mit persoenlichem Coach trainiert, wird Respekt gezollt.
Zusaetzlich: "Musikerschwemme". Ich bin ja der Meinung, dasz insbesondere klassische Musik, aber eben auch aktives Musizieren in der hier gemeinten Form (spielen auf einem akustischen Instrument) "nicht mehr zum Bildungskanon" gehoert.
Jannis
 
Die niedrigen Preisvorstellungen liegen wohl auch daran, dasz es viele Eltern bei ihren Sproeszlingen mit dem Klavierunterricht "nicht ernst" meinen. Das soll nur ein netter, entspannender Zeitvertreib sein. Auch der Sportverein fuer den Sproeszling soll nicht zu teuer sein, aber Sport hat schon prinzipiell in unserer Gesellschaft einen anderen Stellenwert. Wenn jemand auf einer Party sagt: "Ich spiele Klavier", ist er vielleicht "verweichlicht" oder "ein Spinner", ("ach ja, interessant, was spielt man da sooo? Kannst Du auch das und jenes von Michael Jackson? Ach ja, Beethoven, auch mal gehoert, war der nicht taub? Mir sagt ja klassische Musik gar nicht, hab neulich was gehoert, das war jetzt gar nicht so schrecklich langweilig, wie ich dachte" (alles Zitate aus dem wirklichen Leben!)). Wenn einer Marathon laeuft und das mit persoenlichem Coach trainiert, wird Respekt gezollt.
Zusaetzlich: "Musikerschwemme". Ich bin ja der Meinung, dasz insbesondere klassische Musik, aber eben auch aktives Musizieren in der hier gemeinten Form (spielen auf einem akustischen Instrument) "nicht mehr zum Bildungskanon" gehoert.
Jannis

Also erst mal liegen die niedrigen Preisvorstellungen daran, dass viele Menschen von der Hand in den Mund leben. Schau Dir den Durchschnittsverdienst an, was heute als Mittelschicht gilt - dann setz mal den Familien-Unterhalt und 2 Kinder mit ihren Hobbies dagegen. Das Kind kostet auch ohne teure Hobbies über 100.000 Euro bis es flügge wird. Das ist für manche Menschen tatsächlich wirklich viel Geld, auch wenn es manche Foristen nicht nachvollziehen können. Da jeden Monat noch 60 Euro in ein Hobby (pro Kind) reinzutun, das müssen sich viele gut überlegen.

Es ist auch gar nix vertwerfliches daran, sein Kind ohne die fixe Idee "es wird Konzertpianist" zum Klavierunterricht zu schicken oder ohne "das wird ein Profifußballer" in der Fußballverein. Ja, manchmal geht es wirklich nur darum, das Kind vielseitig zu beschäftigen - diesen negativen Beiklang diesbezüglich kann ich meist echt nicht nachvollziehen.
Sonst müssten ja fast alle Eltern ihr Kind nach 2-3 Jahren aus dem Klavierunterricht nehmen, weil spätestens dann weiß man, ob es eine Naturbegabung "für mehr" hat oder eben nur gern für den Hausgebrauch ein Instrument lernt.

Wo bleibt denn der Bildungskanon, wenn es um Mathematik geht? "In Mathe war ich immer schlecht" - erleichterter beipflichtender Applaus - wer kennt die Szene nicht. Bring das mal für Deutsch oder Kunst...peinlich!

Auch zu dem Thema Klassik oder Musik kann ich nicht beipflichten, wer gut klassische Stücke darbieten kann, wird durchaus bewundert. Es ist halt deutlich schwieriger, klassische & bekannte Stücke gut zu beherrschen als Amelie und co. Das hört auch ein Laie, wenn es bei Mondscheinsonate etc. allzuoft holpert.
In den Klassen meiner Kinder spielt locker die Hälfte der Kinder ein Instrument (keine Musik-orientierte Schule). Aus meiner Sicht hat das Instrument-Spielen eher wieder stark zugenommen.
 
Ich bin ja der Meinung, dasz insbesondere klassische Musik, aber eben auch aktives Musizieren in der hier gemeinten Form (spielen auf einem akustischen Instrument) "nicht mehr zum Bildungskanon" gehoert.
Jannis

Das erlebe ich in meiner Gegend ganz anders. Das Erlernen eines Musikinstrumentes gehört hier (Mittelstandsgegend) schon fast zum guten Ton. In der 1. - 3. Klasse spielen geschätzte 50 % - 75 % der Kinder ein Instrument. Da kommen schon fast diejenigen, die keines lernen möchten, unter Zugzwang (Gruppendruck).

Der Musikunterricht für die Kinder ist für viele Familien eine finanzielle Belastung und nur machbar, weil da und dort auf etwas anderes verzichtet wird und die Bildung den Eltern wichtig ist.

Und die Gruppe Eltern, die nicht bereit sind, auf ihren Vier-Mal-Im-Jahr-Überseeurlaub zu verzichten oder ihr Geld lieber in den Unterhalt ihres Porsche Cayenne investieren (alles schon erlebt), die existieren leider auch.
 

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