Gottesdienste und Keyboards

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LankaDivore

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2. Nov. 2014
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Hallo meine Lieben,

es ist gerade so, dass die Orgel im Nachbardorf nach 6 stündigem intensiven Üben durch eine Konzertorganistin den Geist aufgegeben hat und nicht mehr funktionsfähig ist. Der Motor hat einen Totalschaden und muss neu gebaut werden, was noch ein paar Wochen dauern wird, zumal der Orgelbauer gerade Urlaub hat.

Nun ist es also so, dass der Gottesdienst mit Keyboard begleitet werden muss. Die Organistin weigert sich allerdings auf einem solchen zu spielen. 2 Gottesdienst Termine habe ich jetzt angenommen, wobei der eine bereits in 5 Tagen ist. Nun meine Frage: wie macht ihr das in solch einem Fall mit der Liedbegleitung? Das Pedal fehlt ja nunmal, aber in den Noten steht ja ein Pedalsatz. Lernt ihr die Lieder dann innerhalb von ein paar Tagen alle um und spielt sie manualiter, um sie nach dem GD wieder anders zu spielen? Oder schreibt ihr euch extra neue Sätze? Ich habe glücklicherweise, noch aus meiner Anfangszeit, ein Buch, in dem auch Manualitersätze drinstehen. Was ich mit der Liturgie machen soll weiß ich noch nicht so ganz genau. Einfach weglassen, kann ich die Baßstimme ja schlecht. Wie aufwändig ist das denn die Lieder 'umzulernen'?

Danke schonmal,
Lanka
 
Ich spiele die Liedbegleitung entweder nach eigenem Gusto oder aus einem der Choralbücher, die bei uns immer auch einen Manualiter-Satz zu jedem Lied haben.
Für die Liturgie habe ich eh drei- und vierstimmige Sätze "vorrätig", seit ich einmal in einer Kirche ausgeholfen habe, in der die Orgel nur ein Manual und kein Pedal hatte.
 
S, A, T rechte Hand, B linke Hand.

Es sei denn, die Lieder stehen in weiter Lage, dann bräuchtest du eine anderen Satz.
 
Nun ist es also so, dass der Gottesdienst mit Keyboard begleitet werden muss. Die Organistin weigert sich allerdings auf einem solchen zu spielen. 2 Gottesdienst Termine habe ich jetzt angenommen, wobei der eine bereits in 5 Tagen ist. Nun meine Frage: wie macht ihr das in solch einem Fall mit der Liedbegleitung? Das Pedal fehlt ja nunmal, aber in den Noten steht ja ein Pedalsatz. Lernt ihr die Lieder dann innerhalb von ein paar Tagen alle um und spielt sie manualiter, um sie nach dem GD wieder anders zu spielen?
Für viele Organisten ein Alptraum. Nun müsste man aber die Ausstattung des Keyboards kennen - oder handelt es sich um ein Stage-Piano mit 88er-Tastatur? In den meisten Fällen kann man nur dringend empfehlen, sich auf den am ehesten akzeptablen Piano-Sound zu beschränken und die mitunter unsäglichen Orgel-Samples aus der Tüte außen vor zu lassen. Dann hat man bei der Begleitung des Gemeindegesangs am ehesten die Möglichkeit, wie auf einer grundstimmig registrierten Orgel zu agieren.

Da in jedem Falle manualiter gespielt werden muss, ergeben sich zwei Formen der Liedbegleitung, zwischen denen man durchaus wechseln darf, vor allem bei der Begleitung vielstrophiger Lieder. Beliebt ist die enge Lage, bei der die linke Hand die auf dem Pedal gespielte Basslinie übernimmt (gerne oktaviert für ein stabiles Fundament bei der Begleitung), die mit der rechten Hand gespielte Melodie ist mit ein, zwei oder mehr Tönen der passenden Harmonie zu unterlegen. Etwas heikler ist die Wahl der weiten Lage, in der die Harmonietöne auch von der linken Hand teilweise mit übernommen werden. Zu warnen ist vor allzu vielen Akkordtönen in der linken Hand bis hin zur "Heimorgel"-Griffweise, die kaum ohne Parallelen in der Stimmführung auskommt und den Spieler in eine schlecht klingende tiefe Lage geraten lässt.

Generell gilt: Lieber mit einfach strukturiertem Satzbild in der beschriebenen Weise gekonnt verfahren als Experimente wagen. Übrigens haben wir in der katholischen Pfarrkirche hier am Ort zur Zeit eine ähnliche Situation: Seit dem vorletzten Monat findet eine ausgedehnte Kirchturmsanierung statt und ich hatte die ehrenvolle Aufgabe, den letzten Gottesdienst vor Sperrung der Empore zwischen Gerüsten und Baustellen-Utensilien ausnahmsweise auf der Orgel spielen zu dürfen - es handelte sich um eine groß dimensionierte Trauerfeier für einige der Passagiere, die bei dem Absturz der Germanwings-Maschine ums Leben kamen. Noch bis Ende nächsten Monats dürfen sich die haupt- und nebenamtlichen Kirchenmusiker an einem betagten E-Piano im Altarraum abmühen. Bei den Protestanten hat das Ausweichen auf Flügel oder Klavier oftmals andere Gründe: Finden Gottesdienste mit voraussichtlich geringem Besucherzuspruch während der Ferienzeit statt, überlegen sich unsere Pfarrer(innen) schon mal mehr oder minder spontan, die Besucher im Halbkreis um den Altar zu postieren und den Kirchenmusiker in der Nähe statt abseits auf der Orgelbühne agieren zu lassen, um dem eher intimen Charakter des Gottesdienstes Rechnung zu tragen. Dann sollte man schon in der Lage sein, beispielsweise eine passende Busoni-Transkription einer Bach'schen Komposition für das Vor- oder Nachspiel parat zu haben - erst neulich bei einigen Vertretungen für einen fristlos gekündigten hauptamtlichen Kollegen selbst miterlebt.

Vor diesem Hintergrund kann ich nur ein stabiles Nervenkostüm und guten Erfolg wünschen.

LG von Rheinkultur
 
Bei den Protestanten hat das Ausweichen [...] oftmals andere Gründe: Finden Gottesdienste mit voraussichtlich geringem Besucherzuspruch während der Ferienzeit statt, überlegen sich unsere Pfarrer(innen) schon mal mehr oder minder spontan...

In so einer Gemeinde habe ich früher gewirkt. Da ging gern mal die Orgel oder Teile davon kaputt, Gottesdienste fanden im Hospiz oder im Gemeindezentrum statt oderoder. Zur Verfügung stand dann ein gemeindeeigenes Keyboard.

Ich habe für die zu spielenden Stücke/Liturgieschnipsel gnadenlos eigene kleine Sätze gezimmert. Basta. Wenn da jemand gemeckert HÄTTE, hätte ich ihn um ein geeignetes Instrument gebeten. Kein Mensch kann von einem Keyboard verlangen, dass es einen adäquaten Ersatz für eine Kirchenorgel bietet. Punkt.

(Das wissen die Leute aber selbst.)
 

Ich vermute auch, dass sich die Musiker darüber im Allgemeinen wesentlich mehr Gedanken machen als die Gemeinde.
Ich habe schon Gottesdienste mit Akkordeon und/oder Gitarre begleitet. Natürlich ist es etwas ganz anderes als eine Orgel, aber ich sehe das pragmatisch. Man nimmt, was da ist und was man selbst bedienen kann. Das ist mal mehr, mal weniger.

Mir persönlich ist ein Keyboard fast lieber als z.B. ein reichlich verstimmtes Klavier.
 
Ich vermute auch, dass sich die Musiker darüber im Allgemeinen wesentlich mehr Gedanken machen als die Gemeinde.
Ich habe schon Gottesdienste mit Akkordeon und/oder Gitarre begleitet. Natürlich ist es etwas ganz anderes als eine Orgel, aber ich sehe das pragmatisch.
Sagen wir so: Den meisten Gemeindemitgliedern genügt solides Handwerk, aber es gibt schon mal Besucher mit musikalischen Kenntnissen und immer wieder verirren sich auch Musikerkollegen in die Gottesdienste. Es gilt also, das richtige Verhältnis zwischen Ehrgeiz und Gelassenheit zu ermitteln und sich entsprechend zu präsentieren. Übrigens liegt es mir fern, elektrisches Instrumentarium pauschal zu verdammen: Neues Geistliches Lied und dergleichen lässt sich eben auf einer neobarock disponierten Pfeifenorgel nicht so ohne weiteres stilgerecht musizieren.

Mir persönlich ist ein Keyboard fast lieber als z.B. ein reichlich verstimmtes Klavier.
Das eilends aus dem Pfarrzentrum herüber gerollte Uralt-Pianino ist oftmals wirklich nicht mit Freude bespielbar, aber wenn nichts anderes da ist... . Gerade Gemeinden, in denen man mit dem Organisieren eines Wartungsvertrags für akustische Tasteninstrumente eher nachlässig verfährt, sind mit einem zu einem attraktiven Preis erhältlichen E-Piano für die Probenarbeit mit dem Kirchenchor inzwischen besser bedient. Wer als Profimusiker tätig und für seine Dienste bezahlt wird, sollte eben beizeiten lernen, mit jeglichem Instrumentarium von Schrottkiste bis Luxus-Konzertflügel vernünftig zurecht zu kommen. Was da an "Orgeln" in Friedhofskapellen so herumsteht, das ist mitunter abenteuerlich: In der letzten Woche hatte ich auf einer ramponierten Heimorgel aus den 1970ern zu musizieren, bei der das 13-Tasten-Stummelpedal überhaupt nicht funktionierte - die Rhythmusautomatik war ebenfalls komplett im Eimer. Vor der Trauerfeier bekam ich keine Musikwünsche vorgegeben, aber kurz vor Beginn fragten mich die Angehörigen, ob ich "für nach der Ansprache das Halleluja drauf" hätte. "Das Halleluja" ist für Kirchenmusiker eine so austauschbare Vorgabe wie der Kundenwunsch beim Betreten eines großen Autohauses, man interessiere sich für ein Auto mit vier Rädern. Zum Glück konnte ich meiner Gesprächspartnerin eine Präzisierung aus der Nase ziehen: "Das, was dieser Ire da immer singt". Es war jenes von Leonard Cohen gemeint, der zwar Kanadier ist, aber egal. Irgendwann hatte ich bei einem Chorfestival in Frankreich mal einen irischen Gastchor mit einem Chorarrangement dieser Nummer vom Blatt zu begleiten, so dass die ganze Angelegenheit doch etwas mit Irland zu tun hatte. Wenn übrigens die Vorgabe "das Ave Maria" lautet, ist in vier von fünf Fällen Bach/Gounod gemeint und im fünften Fall Schubert ("das, was die drei Tenöre da auf der Platte singen").

Fazit: Gefragt sind Alleskönner und Kommunikationsprofis. Frohes Schaffen!

LG von Rheinkultur
 
Das eilends aus dem Pfarrzentrum herüber gerollte Uralt-Pianino ist oftmals wirklich nicht mit Freude bespielbar, aber wenn nichts anderes da ist...

Sag ich doch, man muss nehmen, was man hat.

Ich hatte noch nie ein gemeindliches e-piano zur Verfügung. Entweder gab es eine Orgel, und war sie auch noch so klein, oder es gab gar nichts, und dann brachte ich halt etwas mit, wenn ich das vorher wusste, oder es gab halt Gesang ohne Begleitung.

Zum Thema Musiker, die sich in die Kirche verirren, oder Menschen mit Kenntnissen: natürlich hat man die immer mal, aber das ändert doch nix an meinen persönlichen Fähigkeiten oder an dem vorhandenen Instrument. Wenn ich in meiner Kirche Besuch von einem A-Kirchenmusiker bekomme, wird meine einmanualige Orgel trotzdem nicht größer und ich werde nicht plötzlich auf B-Niveau spielen ;-)

@Stephan dann lieber selber singen - bis man so einen Kamm gestimmt hat, das dauert. :party::musik:
 
Für viele Organisten ein Alptraum. Nun müsste man aber die Ausstattung des Keyboards kennen - oder handelt es sich um ein Stage-Piano mit 88er-Tastatur? In den meisten Fällen kann man nur dringend empfehlen, sich auf den am ehesten akzeptablen Piano-Sound zu beschränken und die mitunter unsäglichen Orgel-Samples aus der Tüte außen vor zu lassen. Dann hat man bei der Begleitung des Gemeindegesangs am ehesten die Möglichkeit, wie auf einer grundstimmig registrierten Orgel zu agieren.

Die Registrierungen sind das geringste Problem, da es sich dabei um eines der Keyboard meiner "Hausorgel" handelt. Diese haben einen leichten Druckpunkt und spielen sich sehr ähnlich wie eine Orgeltastatur. Daran angeschlossen ist mein Laptop (den Computer mit dem ich zu Hause übe kann ich leider nicht mitnehmen, und auch das andere Manual muss aus Platzgründen zu Hause bleiben). Auf dem Laptop ist eineumpfangreiche Orgelsoftware installiert (Grand Orgue?), mit der ich mich ziemlich gut auskenne, da ich oft damit übe. Da kann ich alle Registrierungen im Setzer speichern und diesen auf die Tasten des Keyboards übertragen. Von daher ist es ziemlich gut machbar uwischen den Strophen einfach die entsprechende Zahl auf dem Keyboard zu drücken und so eine andere Registrierung uu erhalten. Ich finde das einfacher, als jetzt die Stücke noch umzulernen.
 
..und ansonsten alles beachten, was schon Rheinkultur schrieb: rechts enge Lage, links den Baß möglichst mit Oktavabstand. Ärgerlich bei Keyboards, die bei Groß C am Ende sind.
Und für solche Auftritte eigens zu üben, würde ich auch möglichst vermeiden: spiel doch etwas aus dem Klavier-Repertoire, oder hau "Grand Orgue" zu Vor-und Nachspiel rein, und improvisier 30 Sekunden mit ein paar netten, dramatischen Akkorden..;-)
 

, oder hau "Grand Orgue" zu Vor-und Nachspiel rein, und improvisier 30 Sekunden mit ein paar netten, dramatischen Akkorden..;-)

Gerade letztens hab ich mir für solche Fälle (also, dass man plötzlich ohne passende Literatur darsteht, ein Buch mit Vor- und Nachspielen gekauft, bei dem von "das lern ich in 40 min" bis zu "oh Gott, ich spiels schon ne Woche und kann immer noch nichts" alles dabei ist.

Das Keyboard hat ein großes C, muss ja meine Orgel ersetzten können (hab keine Lust jeden Tag in die Kirche zu fahren)
 
Wenn übrigens die Vorgabe "das Ave Maria" lautet, ist in vier von fünf Fällen Bach/Gounod gemeint und im fünften Fall Schubert ("das, was die drei Tenöre da auf der Platte singen").

Fazit: Gefragt sind Alleskönner und Kommunikationsprofis. Frohes Schaffen!
Aus einem Vorbereitungsgespräch anläßlich einer Trauung:
"Dann hätten wir noch gerne das Ave Maria"
"Welches?"
"Das wo so hoch rauf geht und dann möchten wir noch Großer Gott wir glauben Dir"...
Toni
 
@Digedag, nein so etwas tue ich mir dann doch nicht an. Die Komponisten sind z.B. Johann Pachelbel, Samuel Scheidt, Johann Gottfried Walther und einige Söhne Bachs. Offizielle handelt es sich auch um Choralvorspiele, allerdings weiß ich nicht, wer z.B. 3 Seiten als Choralvorspiel spielt;-)
 
Das hab ich gern, hier despektierlich über die dörfliche Orgelmusik zu schreiben. :party::cry2:

So eine Dorfschullehrerrolle inkl. Orgel- und Chordienst war gar nicht so ohne. Das ist aber ein anderes Thema.

Das "Orgelbuch für Landorganisten" (Strube Verlag) hat in der Tat keine technisch besonders anspruchsvollen Stücke, aber genau für den weniger versierten Spieler ist es ja auch gedacht.

Sehr schöne, oft manualiter spielbare Vor- und Nach- und Zwischenspiele finden sich in Sammelbänden aus dem Elsass, z.B. im Elsässischen Orgelbuch (Musica Rinata).
 

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