Gehörbildung für Absoluthörer

Das könnte schon mal einer der Gründe dafür sein, warum sich die Stücke, die Du an der Orgel geübt hast, "fremd" anhören.

Ja, das vermute ich auch. Es waren auch einzelne Abschnitte mit bei, die sich auf dem Klavier "besser" (runder, harmonischer) angehört haben, als auf der Orgel. Aber die meisten Sequenzen empfand ich eher als störend, muss ich sagen.

Ein zu hohes f könnte auf eine ungleichstufige Stimmung schließen lassen, ein zu hohes e eher nicht. In diesem Fall würde ich ausprobieren, ob es an der Registrierung liegen könnte. Vielleicht ist ja die Orgel in sich nicht sauber gestimmt...

Die Orgel wurde vor etwas mehr als einem Jahr vom Orgelbauer gestimmt. Ich werd' meinen Lehrer morgen fragen, welche Stimmung sie hat. Ich persönlich kann nicht beurteilen, ob sie gut oder schlecht gestimmt wurde... mir fällt nur auf, dass bei bestimmten Stücken (aktuell bei Scheidt und Pachelbel) einzelne Intervalle oder Akkorde in meinen Ohren "verstimmt" klingen. Wahrscheinlich wirds mehr mit mir zu tun haben, als mit der Orgel ;-)
 
Aber trotz allem meinte mein Lehrer mal zu mir: als Organist musst du so viel es geht auf unterschiedlichen Instrumenten spielen, damit dich ein nicht ganz erwartetes Klangbild nicht mehr raushaut. Und er hat recht. Seit keine Taste mehr vor mir sicher ist, komme ich wesentlich besser mit den Eigenarten einzelner Instrumente klar. Da wird so ein anderer Klang einfach zur Kenntnis genommen und weiter gehts.

Ja, das sehe ich auch so. Wobei es mir mittlerweile fast nichts mehr ausmacht, wenn ich mit einem anderen Klangbild konfrontiert werde. Oder, ich muss es anders formulieren: wenn sich mir das Stück noch einigermaßen "klang-vertraut" anhört, dann komme ich klar. Wenn sich aber einzelne Intervalle/Akkorde (oder wie auch immer man es definieren will) fremd anhören, sodass ich das Stück phasenweise nur noch rudimentär erkenne, dann hauts mich raus.

Wenn ich bei unserer Übeorgel im Barock-plenum spiele (ich hoffe, man nennt das so), dann höre ich zwar, dass "die schrillen Register" (kanns nicht besser erklären) etwas verstimmt sind, dass heißt, zu sehr nach rechts (also leicht zu hoch, bzw. zu sehr "auseinander") gehen, aber ich komme klar und kann damit umgehen. Weil ich eben klanglich noch weiß, wo ich bin.

Die Situation am Klavier war aber ne andere. Da wars wirklich so, dass ich nachkontrollieren musste, ob ich richtig spiele. Irgendwann musste ich sogar über mich selbst lachen, weil ich dachte, ich sei im falschen Film... manchmal steht man ja auch etwas auf der Leitung :-D Aber die Töne waren richtig.

Ähnlich wars auch beim Singen... die GL war 1,5 Töne höher, ich konnte das aber in dem Moment nicht mehr aufs Notenbild übertragen, das ich vor mir stehen hab sehen. Denn ich hab ansonsten keine Probleme, ein Stück höher oder tiefer zu singen, als angegeben. Wir proben derzeit das Mozart-Requiem mit dem Chor und die Koloraturen, die zB. im Kyrie vorkommen, also die von der hohen Sorte, übe ich manchmal um 1,5 Töne tiefer und arbeite mich dann langsam hoch, um "sitzsicher" zu werden. Da machts mir auch nix aus.

Ich werd mir das Gotteslob-Stück heute noch'mal angucken und es höher singen, als angegeben. Vielleicht war's ja auch nur ein einmaliger Ausrutscher :blöd:
 
So eine andere Stimmung kann schon das Klangbild ganzschön beeinflussen.Vielleicht klang es deswegen so ungewohnt. Aber da wäre interessant, ob du das Stück schonmal auf einer anderen Orgel (die ja dann sicher auch anders gestimmt wäre) gespielt hast und wie du da klar gekommen bist.
Und am Klavier fehlten dir ja dann zusätzlich auch noch die Füße. Mir passiert es ab und an, wenn ich mich zu sehr auf die Füße stütze, dass die Hände alleine mir ein bisschen schwerer fallen. Ich übe das dann entsprechend gezielt. Dazu kommt auch noch, dass die Töne am Klavier ja nicht so richtig liegen bleiben, an der Orgel schon. Das kann je nach Stück schon verwirren.

Zum Singen: ich soll nun ab und an gegebene Stücke ein bisschen hin und her transponieren. Das ist ja eigentlich das, woran du eventuell gescheitert bist beim Singen. Kannst du auch an der Orgel üben, schaden tuts nicht (wenn dann mal die Bläser zuschlagen oder so ;-). Mir fällt es immer schwer, wenn ich die Noten sehe, anders zu singen als es da steht. Dann nehme ich die Noten weg und es klappt.
 
So eine andere Stimmung kann schon das Klangbild ganzschön beeinflussen.Vielleicht klang es deswegen so ungewohnt. Aber da wäre interessant, ob du das Stück schonmal auf einer anderen Orgel (die ja dann sicher auch anders gestimmt wäre) gespielt hast und wie du da klar gekommen bist.

Ich hab das Stück noch auf keiner anderen Orgel gespielt, aber das wär vielleicht mal einen Versuch wert. Ich könnt' fragen, ob ich's mal auf der Domorgel (oder noch besser: auf der Herz-Orgel) üben könnte...

Mir fällt es immer schwer, wenn ich die Noten sehe, anders zu singen als es da steht. Dann nehme ich die Noten weg und es klappt.

Ja, das war in dem Moment (beim Gotteslob-Lied) auch mein Problem. Ich hab das g1 gesehen, war aber 1,5 Töne höher und konnts nicht mehr singen. Und Noten weglegen ging in dem Moment nicht, weil ich das Stück nicht kannte... ich musste also aufs Notenbild gucken ;-) Das hat sich dann auch ziemlich lustig angehört... denn meine GL hat mich derweil "leicht" mit dem Klavier begleitet. Ich starte von dem ihr vorgegeben Ton, rutsche dann aber wieder ins g1... das war vielleicht eine Jodelei :lol:
 
Ich kann's ja so machen, wie diese Dame hier an dieser Orgel :dizzy:

 
mir fällt nur auf, dass bei bestimmten Stücken (aktuell bei Scheidt und Pachelbel) einzelne Intervalle oder Akkorde in meinen Ohren "verstimmt" klingen.

Bei ungleichstufigen Stimmungen (egal welches System) werden tendenziell die Tonarten mit wenigen Vorzeichen bevorzugt. Ein F-Dur-Dreiklang klingt reiner als Fis-Dur-Dreiklang, ein C-Dur-Dreiklang reiner als ein Cis-Dur-Dreiklang. Probier das einfach mal selber aus. Vielleicht mit verschiedenen Registrierungen.

Die Orgel wurde vor etwas mehr als einem Jahr vom Orgelbauer gestimmt.
Egal wann der Orgelbauer da war, eine Orgel ist nie vollkommen rein gestimmt.:-)
 
Bei ungleichstufigen Stimmungen (egal welches System) werden tendenziell die Tonarten mit wenigen Vorzeichen bevorzugt. Ein F-Dur-Dreiklang klingt reiner als Fis-Dur-Dreiklang, ein C-Dur-Dreiklang reiner als ein Cis-Dur-Dreiklang. Probier das einfach mal selber aus. Vielleicht mit verschiedenen Registrierungen.

Hab das heut' morgen an der Orgel ausprobiert und es stimmt: F-Dur klingt "sauberer" als Fis-Dur. Letzteres empfinde ich sogar als besonders störend, weil die Terz subjektiv betrachtet viel zu hoch ist. Wenn ich nur die Quint spiele, dann klingt es noch angenehm, sobald die Terz dazu kommt, tut es etwas weh in den Ohren ;-)

Beim Pachelbel war es so, dass ich das "f" nur bei ganz bestimmten Registrierungen als zu hoch erlebt habe... das g im übrigen auch. Das as hat dann aber lustigerweise wieder gut ins klangliche Bild gepasst.

Ganz zum Schluss hab ich die Orgel noch etwas "aufgedreht" und mit Mixtur gespielt (ich hoff, man nennt das so). Ich kenn' das schon, dass bei "schrillen Registern" gewisse Töne ein wenig zu hoch sind und man generell mehr "Bewegung" wahrnimmt, aber bei schönen Orgeln passt das alles dann doch wieder irgendwie zusammen. Bei meiner Übeorgel hört es sich an, als wäre jemand seekrank... man hat fast schon das Gefühl, der Tremulant wär an, aber etwas zu langsam, so, als würde man ganz sanft auf ne Radiokasette drücken und dadurch den "Bewegungsklang" abdrücken.

Ich hab dann noch, weil ich irgendwie Spass an der Sache gefunden habe :-), den Pachelbel auf allen drei Instrumenten gespielt, die wir im Orgelraum haben... sprich: Orgel, Klavier und Cembalo.

Ich glaube, ich sollte wirklich versuchen, viel mehr auf anderen Instrumenten zu spielen. Ich bin den Klang meiner Orgel so gewöhnt, dass mich wohl schon kleinste Feinheiten durcheinander bringen. Ich sollte vielleicht versuchen, den Klang meiner Orgel in dem Moment wo ich ein anderes Instrument bespiele, einfach zu vergessen... und nicht wie beim Cembalo zu denken: "oh, das a' liegt heute höher als das der Orgel, aber tiefer als das a' des Klavieres."

Kommenden Samstag machen wir von der C-Ausbildung aus einen kleinen Orgelausflug. Wir dürfen dann auch alle Orgeln, die wir vorgestellt bekommen, bespielen. Ich werd dann den Pachelbel mitnehmen und gucken was passiert :lol:

Ich dachte immer, dass man mehr Klarheit bekommt, wenn man sich mit der Welt der Töne und Klänge beschäftigt... bei mir führt das im Moment noch eher dazu, dass ich ratloser zurückbleibe :blöd:

Wie dem auch sei: danke für die Hilfe!

Lg,
Deva
 
He @devasya das wird besser mit jedem anderen angespielten Instrument. Mittlerweile bringt mich selbst eine Verstimmung nicht mehr vollends raus ;-)
 
Hab das heut' morgen an der Orgel ausprobiert und es stimmt: F-Dur klingt "sauberer" als Fis-Dur. Letzteres empfinde ich sogar als besonders störend, weil die Terz subjektiv betrachtet viel zu hoch ist.

Das ist ganz typisch für eine ungleichstufige Stimmung und nicht nur "subjektiv betrachtet" so, sondern vom Stimmer beabsichtigt.

Bei einer ungleichstufigen Stimmung stimmt er das F verhältnismäßig hoch, das A verhältnismäßig tief. So entsteht eine entspannte, milde, "saubere" F-Dur-Terz.

Dann ist die Frage, wie stimmen wir den Ton Cis/Des? Wenn wir ihn so stimmen, daß er mit dem A eine angenehme Dur-Terz A-Cis ergibt, muß er sehr tief werden.

Wenn ich zu diesem sehr tiefen "Cis" dann ein "F" als "Dur-Terz" anschlage, klingt das ziemlich schaurig, denn für eine reine Dur-Terz ist das F (ganz objektiv): viel zu hoch!

Wenn wir den Ton Cis/Des so haben wollen, daß er mit dem F einen schönen Des-Dur-Dreiklang ergibt, müssen wir ihn - passend zum F - relativ hoch stimmen.

Dann paßt er aber nicht als Cis zum A...


Bei der gleichstufigen Stimmung (wie bei fast allen Klavieren) sind alle Terzen gleichmäßig verstimmt. Es gibt keine sauberen Terzen, aber weil alle gleich unsauber klingen, fällt das nicht so sehr auf...
 
Bei der gleichstufigen Stimmung (wie bei fast allen Klavieren) sind alle Terzen gleichmäßig verstimmt. Es gibt keine sauberen Terzen, aber weil alle gleich unsauber klingen, fällt das nicht so sehr auf...

...als wir gestern unseren Orgelausflug hatten, stand in einem der vielen Musikerräume auch ein Flügel. Aus Spaß an der Freude bin ich schnell hin und hab beide Akkorde wiederholt gespielt und es stimmt: sie hören sich von der "Schwingung" her fast identisch/gleich an - und "in der Mitte" irgendwie auch leerer.

Bei diesem Flügel empfand ich das als besonders auffallend. Denn beim Klavier in unserem Orgelraum war beim Spielen dieser Töne noch "ein bisschen mehr Reibung" da. Schon faszinierend zu sehen (bzw. zu hören), was Stimmungen so alles bewirken können :-)
 

Ich möchte den Faden nochmals aufgreifen:

Ich spielte heute Abend "Alice in wonderland" eine Transcription aus einem Bill Evans Songbook...

Es ist so unglaublich krass wie "dumm" ich mir vorkomme regelrecht NICHTS! mit vielen Klängen anfangen zu können.

Ich hatte versucht einige der einfacheren Akkorde "klangbildlich" zu erfassen und in anderen Tonarten zu rekapitulieren. Das geht, fällt mir aber extrem schwer und ich "verschiebe am Ende jeden Ton nacheinander" -> was die ganze Sache letztlich unsinnvoll macht (denke ich).

Dann dachte ich... ok guckst dir mal das Voicing in der linken Hand an. (Haha lustig, ich hatte die Noten nicht parat und wollte die Akkorde nennen um dann fest zu stellen, dass bei http://www.musicnotes.com/sheetmusic/mtd.asp?ppn=MN0100414 sie teilweise ganz anders benannt werden als in der Ausgabe die ich habe)

Nun, in dem Beispiel habe ich die erste Zeile der linken Hand gespielt und ich stehe da "wie der Ochse vom Berg". Ich kann "jeden Mist" in jeder Tonart spielen aber wenn dann zu einem Akkord mehr als eine 7 dazu kommt und irgendwas suspended wird, weggelassen oder mit 9ern, 13ern oder sonst wie versehen wird, geht bei mir gar nichts mehr. -.-

Ich war nicht mal in der Lage die ersten vier Takte der linken Hand einen Ton tiefer zu spielen.

Dann habe ich versucht zu rekapitulieren, wieso der Akkord so heißt und welcher Ton jetzt welche Stufe symbolisiert etc... aber es ist verdammt schwer. (Ich erwarte nicht, dass mir das zufliegt aber dass es so schwer sein muss?)

Muss ich mich jetzt wirklich erst so anstrengend und diszipliniert, rekapitulierend damit befassen, oder gibts da einen anderen Weg ... so wie man "einfachere Klänge" auch in jeder Vartiation mir nichts dir nichts sofort erkennt.

Es ist schon ein bisschen frustrierend keine Maj9 Akkorde (wenn nicht in der Grundstellung) spontan transponieren zu können.
 
Warum erwartest du, das zu können?
Hast du das gelernt?
Nein?
Dann lerne es!
Woher willst du es sonst können?
 
Warum erwartest du, das zu können?
Hast du das gelernt?
Nein?
Dann lerne es!
Woher willst du es sonst können?

(jetzt erst gelesen. Hätte den thread auch so aufgreifen können.)

Nochmal. Es ist für mich schier unmöglich einen Klang als ganzes und simultan zu erfassen.
Ich kann es nicht abstellen, dass ich selektiv aufmerksam Einzeltöne höre.

Es ist wie beim Rendern eines Bildes. Es wird in einzelnen "Tonpunkten" errechnet und ergibt dann hinterher ein Gesamtklangbild (was sich mir aber nur durch, wiederum für mich fordernde Rechenleistung, "quasi das Abzählen der Anzahl der Töne und deren Abstände an den Fingern" (überspitzt), als das Klangbild darstellt, was ein anderer vielleicht schon sofort hört.

Ich bin da echt bisschen ratlos. Grade fand ich in einem alten Faden ein tolles Stück nebst Resten von "NICHT AUFSCHREIBEN EINFACH SOFORT STÜCK FÜR STÜCK NACHSPIELENNN!!!" in einer Flüstertüte die als Hase verkleidet war...

Schön... ich höre das Stück an und? ... Ich höre Einzeltöne, sprich beim Namen. DAS NERVT!
Das ist doch nicht normal.

Immerhin, und das lässt mir einen Funken Hoffnung, fand ich ein altes EarMaster auf nem Laptop und probierte es aus. Da jagte ich mal ein paar Dutzend Maj7 7 oder add6 chords durch, die ich dann (olé!) in ihrer Klangcharakteristik unterscheiden konnte. Das ging dann tatsächlich gut. (Aber eben auch nur auf dem basalen Level: Leittonwirkung = maj 7, keine Leittonwirkung = 7, komischer Klang = add6).

Vielleicht kann ich irgendwann wirklich mal ein Cluster als Tontraube und nicht als Traube, Traube, Traube, Traube *ratter, ratter, ratter* -> ah ein Vierklang wahrnehmen...


Der Grund weshalb ich schreibe bleibt dennoch bestehen, weil eben die Sorge bleibt, nämlich die "Gefahr zu laufen" jenes Stück aus Einzeltönen zusammen zu puzzeln.

Hier gibt es ja eine ganze Rotte Absoluthörer. Vielleicht könnten die sich mal dazu äußern.
Ich wäre ihnen sehr zu Dank verpflichtet.
 
Du wirst es evt. nicht gerne lesen, weil du ja schon das Notenlesen nebensächlich findest - aber es ist eine Tatsache: Um gut in Zusammenhängen zu hören (und beispielsweise beim Anblick einer komplizierteren Partitur sofort eine klare Klangvorstellung zu haben), muss man in erster Linie sehr viel wissen. Beschäftige dich intensiv mit Harmonielehre, Kontrapunkt, Formenlehre, Instrumentierung etc., dann kommt das nach und nach von allein. Ob man absolut hört oder nicht, spielt dabei überhaupt keine Rolle. Man muss verstehen, nach welchen Regeln die Musik gemacht ist.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich höre Einzeltöne, sprich beim Namen. DAS NERVT!
Das ist doch nicht normal.
Da bist Du nicht der einzige Mensch, über einen ähnlich gelagerten Fall wurde vor Jahren mal etwas in einer Doku berichtet. Es handelte sich um einen Mann, bei dem dieses Phänomen von einem Tag zum anderen ausgelöst wurde. Stieg nichtsahnend ins Auto, schaltete gewohnheitsmäßig das Radio ein und heraus kamen für ihn nur noch einzelne Töne, jedoch keine Musik mehr.
Ich weiß nicht mehr um was für eine Doku es sich handelte und was da sonst noch angesprochen wurde, möglicherweise ging es um Formen von Synästhesie. Er ließ sich zumindest über einen längeren Zeitraum therapieren, wenn ich mich richtig erinnere.
 
Fürs Verständnis: Der Unterschied zwischen "Absolutem Gehör" und "Relativem Gehör" ist das nicht unbedingt notwendige vorige Hören eines Tones, was im Grunde bedeutet, dass der Absoluthörer - im Gegensatz zum Relativhörer - einen Ton aus seinem Gedächtnis wiedergeben- und heraushören kann? (letztlich alle anderen ebenso, ggf. ableiten kann)

Ich lese/höre in dieser Thematik häufig den Begriff Referenzton, verstehe dabei aber nicht, welchen Zweck ein anderer, zweiter Ton - der dann quasi ein Intervall bildet - haben soll. Ich kann dann zwar mitunter das Intervall bestimmen, aber die Problematik der fehlenden Zuweisung des ersten und dazu noch des zweiten Tones bleibt bestehen - außer es wird in Halbtonschritten runtergerechnet, bis Gedächtnis und Ton übereinstimmen?!.

Der Relativhörer rekapituliert das Intervall nach der harmonischen Struktur, im Sinne des Heraushörens eines a) reinen, b.) dissonanten und/oder c.) konsonanten Intervalls und kann dann durch das Wissen ob a, b oder c mit Hilfe des gehörten Tonhöhenunterschieds ABSCHÄTZEN - ggf. mit Übung sofort feststellen/schließen - welcher Intervall vorliegt? Was aber bedeuten würde - was mir auch im Verständnis Probleme bereitet -, der Relativhörer kann nur das Intervall, aber nicht den Ton benennen? (mitunter nur präferierte Töne)
 
Wenn ein geübter Hörer einen einzigen Ton mit Namen kennt, kann er alle anderen über harmonische Zusammenhänge oder Intervalle ebenfalls bestimmen. Ggf. braucht er dafür nicht mal Information von außen, weil er einzelne Referenztöne auch so kennt.
Ein echter Absoluthörer erkennt Töne wie Farben, ohne überlegen zu müssen. Er hört ihn und hat sogleich die Information "Ton" und "Tonname" im Kopf. Relativhörer haben nur "Ton".
 
Ein echter Absoluthörer erkennt Töne wie Farben, ohne überlegen zu müssen. Er hört ihn und hat sogleich die Information "Ton" und "Tonname" im Kopf. Relativhörer haben nur "Ton".

Wenn ich eine musikalische Progression höre, denke ich nicht an einzelne Töne oder Akkorde, obwohl ich die natürlich sofort benennen könnte. Es ist eigentlich genau wie bei Sprache - wenn ich einen gesprochenen Satz höre, denke ich ja auch nicht an einzelne Wörter oder Phoneme.

Entscheidend ist, dass man sowohl in der Musik als auch in der Sprache Sinneinheiten erfassen kann. Und das muss man sich aneignen - entweder lernt man es intuitiv - wie eine Muttersprache - oder man eignet sich das Regelwerk an wie bei einer Fremdsprache. Meistens wird es irgendwie eine Mischung aus beidem sein.
 
@kollateralschaden Also in meinem Fall brauche ich keine Referenztöne.

Ich höre aber auch nicht Cent genau.

Tonhöhen verändern "bis es passt", also mit dem Gedächtnis matched, mache ich im Grunde auch nicht. So etwas ist höchstens bei enharmonischen Verwechslungen nötig, wenn ich eine Skala o.ä. herausfinden möchte. (Mich könnte man super leicht hinters Licht führen, würde man eine andere Stimmung nehmen. Dann würde ich mich dieser irgendwann anpassen.)

Aber hie und da werden Einzeltöne mittels anderen Tönen kurz und quasi simultan "überprüft" , oder besser gesagt als dieser oder jener Ton bestätigt... Das passiert aber unbewusst.

Spielt jemand ein h, geht´s im Kopf: "hhhh" . (Siehe Kommentar von Stilblüte)


Siehst du? Ich mache es (weil ich faul bin) anders herum. Bei einem Melodiediktat bei dem ich Intervalle bestimmen soll. Schreibe ich instant die Töne auf, und rechne dann die Intervalle aus.

Viele machen es indem sie, mit den von dir erwähnten Methoden und Eselsbrücken sich von Ton zu Ton hangeln.

Genau das ist ja das große Manko: Ich denke ein Relativhörer kann klangliche Zusammenhänge sehr viel effektiver chunken, während ich immer noch altertümlich Mosaiksteinchen für Mosaiksteinchen zusammenpuzzle.

Ein vielleicht absurdes Bild: Wenn Klavierspielen wie Automarken und /-gesichter erkennen ist, ist´s scheiße weder Farbe, noch Silhouette, noch Markenzeichen etc. zu sehen sondern lediglich: einen auf und ab juckelnden Kolben, eine klappernde Schraube am (ebenfalls unsichtbaren Auspuff) und eine trockenen Rest ausgelaufener Limo auf einem (ebenfalls unsichtbaren) isabellfarbenen Lederrüksitz. Beim nächsten Modell seh ich dann: Rückspiegel, Antennenrost, Nippelrillen des Ventilpropfen. Und beim dritten: Kondensat, Batterieflüssigkeitschwappen und Reifenreparatur- Kit.

Ihr könnt einfach sagen: VW- Käfer, Alfa Romeo Spider, Lada 4x4. Schwarz, Rot, Tannengrün.

Was übrigens der Overkill für mich ist: Töne umbenennen. Also bspw. bei Solmisation. Bis zu einer Sekunde Verschiebung kriege ich es noch aus dem Stegreif, "alles einen Ton höher / tiefer interpretiert" , hin. Aber alles darüber oder drunter ist im wahrsten Sinne "zum kotzen". Da dreht sich mir im Kopf alles um. Da muss ich raus. Das geht gar nicht.

Ich kann kein Eb hören, es "a" lautieren und dann in dieser Skala rumkraxeln als sei´s das (als a - dur) grade natürlichste der Welt.

Nüchterner Kommentar eines Dozenten damals: "da haben Sie mal die ungefähre Ahnung wie sich ein Relativhörer fühlt."
 

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