Fragen zur Dominante in Dur und Moll

aths

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Während ich fleißig übe, um den Ringfinger der linken Hand mal irgendwie dazu zu bewegen, unabhängiger zu sein und generell versuche, Achtelnoten auch als Achtel zu spielen und Viertelnoten als Viertel, geht mir doch eine Theoriefrage nicht aus dem Kopf.

Im Moll spielt man die Dominante meistens im Dur. Wenn ich mich mit ein paar Dreiklängen auf A-Moll einstimme, und dann E-Dur spiele, klingt es auch dominantisch obwohl man mit dem leitereigenen Material nicht auskommt. Der E-Moll-Dreiklang klingt zwar nicht so schön rechtwinklig und gerade, wäre aber für mein Gehör eigentlich als Dominante verwendbar.

Nimmt man stattdessen Dur wegen des Klangess, oder wegen einer modernen Höhrgewohnheit? Der im Durdominantakkord enthaltene Leitton ist ja eben nicht Bestandteil der reinen Molltonteiler und hätte doch eigentlich in einem Funktionsakkord nichts zu suchen? Oder ist die Begrenzung auf leitereigene Töne nur als erste Idee zu verstehen, um Funktionsakkorde zu bilden, aber keineswegs ein wichtiges Gebot?


Inwieweit wird die Alternative genutzt, im Fall von A-Moll nicht E-, sondern G-Dur als Dominantersatz zu wählen, also die Durparallele zur Molldominante? Für meine Ohren klingt G-Dur zu A-Moll klar dominantisch. Wenn ich auf A-Moll eingestimmt bin, ist auch das Trugschlussgefühl sogut wie weg.


Oder kann man sagen, dass die ganze Konfusion nur entsteht weil Dur eigentlich der "wahre" Klang ist und Moll lediglich eine inzwischen akzeptierte Nebentonart, auf die wir versuchen, die eigentlich nur für Dur gültige Funktionsharmonik zu pressen und dabei dann zwangsläufig auf Probleme stoßen?
 
hi aths,

eigentlich hast du dich ja schon mit der Materie beschäftigt.

In meinen Augen machst du einen Denkfehler, indem du über die Dur-Dominate stolperst und den Schuß ziehst, dass sie einen "leiterfremden" Ton beinhaltet.
Das ist falsch.
Die Leiter nennt sich Harmonisch-Moll (nicht Natürlich-Moll) und alle daraus gebildeten Akkorde bestehen demnach aus leitereigenen Tönen.
Wenn du willst, kannst du ja auch aus Melodisch/Harmonisch-Moll "merkwürdige" Vier-und Fünfklänge in anderen Stufen als V7/9 aus leitereigegen Tönen basteln.
Im Jazz klingt das normal.:p

... lies mal unter den Stichworten nach, dort wird auch erklärt, warum man die große Septime in Moll eingeführt hat.

Lieber Gruß, NewOldie
 
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Wenn ich mich mit ein paar Dreiklängen auf A-Moll einstimme, und dann E-Dur spiele, klingt es auch dominantisch obwohl man mit dem leitereigenen Material nicht auskommt.
Wenn Du harmonisch moll als normale Molltonleiter ansiehst (Grabner macht das beispielsweise so, er spricht dann auch konsequenterweise von äolisch moll und nicht von natürlich moll), dann ist E-dur der leitereigene Dreiklang der fünften Stufe.
 
Rhabarber, rhabarber :D ;-)

Liebe Leute, da braucht man überhaupt nicht so kompliziert drumherumzureden.

Der Leitton (der, wie man beim Spielen von Melodien sehr gut hört, deshalb Leitton heißt, weil er eine sehr starke Strebetendenz zum einen Halbton darüber liegenden Grundton hat) ist das entscheidende Kriterium.

D.h, das Phänomen "Dominante" ist dadurch definiert, daß ein Leitton vorhanden ist, d.h. daß die (große) Terz des betreffenden Akkordes sich in den Grundton des darauffolgenden Akkordes, dessen Grundton eine Quinte tiefer liegt als derjenige der Dominante, auflösen will. Ich schreibe bewußt "auflösen will" (d.h., das Ohr nimmt das so wahr) und nicht "auflöst", weil es natürlich sein kann, daß der Komponist oder Improvisator die Auflösung dann doch nicht vornimmt.

Natürlich kann man in a-moll alle möglichen Akkorde nehmen, wie man lustig ist und wie man meint, daß es dufte klingt; nur sind das dann alles keine Dominanten.

LG,
Hasenbein
 
Die Leiter nennt sich Harmonisch-Moll (nicht Natürlich-Moll) und alle daraus gebildeten Akkorde bestehen demnach aus leitereigenen Tönen.
Ist echt Quatsch, sich auf harmonisch Moll oder sonstwas beschränken zu wollen. In harmonisch Moll gäbe es dann ja nicht mal sowas einfaches wie eine Tonikaparallele (in a-moll harmonisch z.B. würde C-Dur ja gar nicht zustande kommen).

Monte
 
Ich darf mal Diether de la Motte zitieren, er bringt wie immer die Sache auf den Punkt (Harmonielehre S.77 ):

".Unsinnig ist die Aufteilung der Elementarlehre in drei Arten Moll, in drei Molltonleitern. Da sie aber noch allgemein gelehrt wird, sollte man zwar keinen Gebrauch von ihr machen, sie aber kennen.
a)Äolischer Kirchenton- natürliches Moll -reines Moll,
b) harmonisches Moll- Durmoll
c) melodisches Moll.

Noch nie gab es aber z.B. eine Komposition in harmonisch Moll. Moll existiert nicht als Tonleiter, sondern als Vorrat von 9 Tönen (Dur: 7 Töne), der jeder Moll-Komposition zur Verfügung steht."
 
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Ganz genau. Das gleiche wie in meinem Posting, nochmal kompakt und gut zusammengefaßt.
 
D.h, das Phänomen "Dominante" ist dadurch definiert, daß ein Leitton vorhanden ist, d.h. daß die (große) Terz des betreffenden Akkordes sich in den Grundton des darauffolgenden Akkordes, dessen Grundton eine Quinte tiefer liegt als derjenige der Dominante, auflösen will.
Bereits der Grundton des Dominantakkordes hat doch eine starke Strebewirkung? Er klingt alleine, also ohne Akkord gespielt, etwas dünn; doch die Strebewirkung zur Tonika erscheint mir eindeutig vorhanden.
 
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Bereits der Grundton des Dominantakkordes hat doch eine starke Strebewirkung. Er klingt alleine, also ohne Akkord gespielt, etwas dünn; doch die Strebewirkung zur Tonika erscheint mir eindeutig vorhanden.

Hast Du denn auch die Tendenz, bei einer Tonleiter (z. B. eine in Dur/ionisch) von der Quinte zur Tonika zu springen, anstatt sie weiter zu spielen? Oder fehlt dann die Strebewirkung?
 
Hast Du denn auch die Tendenz, bei einer Tonleiter (z. B. eine in Dur/ionisch) von der Quinte zur Tonika zu springen, anstatt sie weiter zu spielen? Oder fehlt dann die Strebewirkung?
Ich erlebe die Quinte als Dominante, die zumindest eine Art Tonika-Vorhalt aufbaut. Es muss nicht immer sofort die Tonika folgen, aber ich empfinde die (möglicherweise erst etwas später einsetzende) Rückkehr zur Tonika als klare Bestätigung der während der Melodie aufgebauten Erwartungshaltung. Die Quinte scheint (jedenfalls höre ich es so) das tonale Zentrum zu stabilisieren.
 
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Deine Phantasie in allen Ehren, aber Du solltest erstmal lernen, wie die Dinge traditionell über die letzten Jahrhunderte wahrgenommen, verwendet und benannt wurden.

Es nützt überhaupt nicht das Geringste, sich hier seine Privatvorstellungen und Privatdefinitionen aufzumachen.

Selbst ein als radikaler Neuerer bekannter Mann wie Arnold Schönberg hat das genauso gesehen und von seinen Schülern verlangt, sie sollten sich erstmal SEHR genau mit der Musik der Vergangenheit und den dort üblichen Phänomenen auseinandersetzen. Deutlich dokumentiert in seiner nach wie vor sehr lesenswerten "Harmonielehre".

LG,
Hasenbein

P.S.: Übrigens ist klar, daß Du, wenn Du in der Akkordfolge nur den Grundton der V. Stufe alleine spielst, dies auch schon als Dominante wahrnimmst: Erstens ergänzt Deine Klangvorstellung die restlichen Töne, weil man ja aus seiner Hörerfahrung kennt, wie's weitergehen muß; zweitens sind die Töne des Durakkordes in den Obertönen des gespielten Tons enthalten, also hört man (wenn auch nur ausgesprochen leise) tatsächlich den gesamten Akkord.
 
Deine Phantasie in allen Ehren, aber Du solltest erstmal lernen, wie die Dinge traditionell über die letzten Jahrhunderte wahrgenommen, verwendet und benannt wurden.

Es nützt überhaupt nicht das Geringste, sich hier seine Privatvorstellungen und Privatdefinitionen aufzumachen.

Selbst ein als radikaler Neuerer bekannter Mann wie Arnold Schönberg hat das genauso gesehen und von seinen Schülern verlangt, sie sollten sich erstmal SEHR genau mit der Musik der Vergangenheit und den dort üblichen Phänomenen auseinandersetzen. Deutlich dokumentiert in seiner nach wie vor sehr lesenswerten "Harmonielehre".
Ich will nicht die Musik erneuern; aber verstehen warum die Dominante in Dur gespielt wird. Oft lese ich, dass die fünfte Stufe aufgrund der Strebewirkung als Dominante bezeichnet wird. Ginge es primär um den Leitton, könnte man ja gleich den Leitton nehmen (oder einen vii°-Akkord.)

Die englische Wikipedia unterscheidet im Artikeltext sogar Dominante als Stufe von Dominante als Akkord und schreibt, dass im Moll die Dominante oft mit dem Dur-Akkord ersetzt wird, nicht, dass der Dur-Akkord die Dominante ist. Ich weiß nicht, ob der deutschsprachige Raum möglicherweise mehr von der riemannschen Funktionslehre beeinflusst ist, die meines Wissens (leider habe ich noch nichts von Hugo Riemann gelesen) gleich mit Akkorden arbeitet.

Ein staatliches (?) Institut für Musikforschung erklärt die Begrifflichkeit ebenfalls zunächst über Töne. Akkorde und weitere Definitionen werden erst später erwähnt. (http://www.sim.spk-berlin.de/static/hmt/HMT_SIM_Dominante-Tonika-Subdominante.pdf)

Überall hört man unterschiedliche Erklärungen. Insbesondere wenn man noch die Subdominante mitbetrachtet, erscheint es mir sinnvoll, den Dominantbegriff an der fünften Stufe festzumachen (weil sich damit in der Regel ein Verhältnis zur Tonika von 3:2 ergibt) weil sich darüber auch die schwächere subdominantische Wirkung der vierten Stufe (Verhältnis 4:3, beides sind nahe am Grundton stehende Verhältnisse im Obertonspektrum) erklären lässt.

edit: Uff, die Schönbergsche Harmonielehre kostet knapp 40 Euro. Macht der Autor deutlich, wo er traditionelle Lehre wiedergibt und wo er versucht, die Tradition zu durchbrechen, oder liefert er eine durchweg eigene Darstellung?


P.S.: Übrigens ist klar, daß Du, wenn Du in der Akkordfolge nur den Grundton der V. Stufe alleine spielst, dies auch schon als Dominante wahrnimmst: Erstens ergänzt Deine Klangvorstellung die restlichen Töne, weil man ja aus seiner Hörerfahrung kennt, wie's weitergehen muß; zweitens sind die Töne des Durakkordes in den Obertönen des gespielten Tons enthalten, also hört man (wenn auch nur ausgesprochen leise) tatsächlich den gesamten Akkord.
Darüber wäre der Leitton dann auch (sehr schwach) in der Molldominante enthalten.
 
Wie gesagt, durch Deine Unkenntnis wirbelst Du alles mögliche kraus durcheinander, und deswegen erscheint es Dir unklar.

Arbeite mindestens mit einem guten Buch, wenn nicht sogar mit Hilfe eines Lehrers, sorgfältig die Grundlagen der europäischen Dur-Moll-Kadenzharmonik durch (natürlich alles immer am Klavier spielend sowie durch Analyse realer Kompositionen nachvollziehend!), danach wirst Du derartige Fragen nicht mehr stellen.
 
Mein Gott, ist das wieder alles kompliziert.

Es ist alles anders, nämlich so wie ein Schüler von mir neulich die Hauptfunktionen ( aus Versehen) bezeichnet hat:

" Subdominante, Dominante,--- Domina".

So ist das nämlich.
Peng. Aus.
 
Hallo aths,

warum machst du es dir denn so schwer?
Auf mich wirkt die Durdominante in Moll ein wenig wie Gewürze im Essen: es rundet das Ganze ab. Ich empfinde den Grundton und damit die Basis eines Stückes stärker, wenn ein Leitton dahin existiert. Außerdem kommt der weichere Mollklang besser zum Tragen, wenn ein anderer Klang mal " dazwischenfunkt". Ähnlich einem konsonanten Akkord, der auf eine Dissonanz folgt:
man kann ihn noch mehr genießen, als Auflösung sozusagen. Nur meine Meinung....
Abgesehen davon ist es nun mal so: wir sind gewohnt, in Moll die Durdominante zu hören. Es geht auch ohne erhöhte Terz in der Dominante, aber meist fehlt uns dann was.
LG, flageolett
 
Wie gesagt, durch Deine Unkenntnis wirbelst Du alles mögliche kraus durcheinander, und deswegen erscheint es Dir unklar.

Arbeite mindestens mit einem guten Buch, wenn nicht sogar mit Hilfe eines Lehrers, sorgfältig die Grundlagen der europäischen Dur-Moll-Kadenzharmonik durch (natürlich alles immer am Klavier spielend sowie durch Analyse realer Kompositionen nachvollziehend!), danach wirst Du derartige Fragen nicht mehr stellen.
Ja, mir ist klar, dass ich zum Teil mit Begriffen hantiere dessen Bedeutung ich noch nicht wirklich verstanden habe. Ich bin sogar froh, dass es noch vieles gibt was man lernen kann. Ich habe ein Buch ("Musiktheorie im Selbststudium" von Markus Horsch), das allerdings mit recht wenig Text auskommt. (Was mir am Buch gefällt, ist, dass er knallhart auch Tonarten mit Doppelkreuz oder Doppel-B nimmt, sich hier also nicht auf geläufige Tonarten begrenzt.) Reale Kompositionen kommen in dem Buch leider nicht vor.
 
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Ich will nicht die Musik erneuern; aber verstehen warum die Dominante in Dur gespielt wird.
du könntest das doch zunächst mal ohne umfangreiche Theoriebücher angehen:
es gibt eine sehr einfache Invention von Bach in a-Moll, nimm einfachen derern erste beiden Takte; das Thema wird aus Akkordbrechungen zusammengesetzt, und Bach verwendet da die Akkorde a-Moll (t) und E-Dur 7 (D7) --- und dort ersetzt mal jedes gis (Leitton, in Moll nicht vorgezeichnet, sondern jeweils eigens mit # (oder Auflösungszeichen) notiert) durch ein g, oder sogar jede E-Dur Akkordbrechung durch eine in G-Dur ;):):)
du wirst die erstaunliche Erfahrung machen, dass dort alles andere als das gis ziemlich ...hm.... unerbaulich klingt :D
 
Sei vorsichtig, Rolf - so mancher mit ungeübten Ohren wird jetzt bestimmt antworten: Wieso, mit dem g klingt's doch auch spannend, ich find's fast interessanter...

(Du siehst, ich bin leidgeprüft mit Jazz-Schülern...)
 
Ich erlebe die Quinte als Dominante, die zumindest eine Art Tonika-Vorhalt aufbaut. Es muss nicht immer sofort die Tonika folgen, aber ich empfinde die (möglicherweise erst etwas später einsetzende) Rückkehr zur Tonika als klare Bestätigung der während der Melodie aufgebauten Erwartungshaltung. Die Quinte scheint (jedenfalls höre ich es so) das tonale Zentrum zu stabilisieren.

Also ich nehme die Strebewirkung z. B. beim Spielen der C-Dur-Tonleiter nur beim Ton 7. Ton wahr. Ich nehme aber an, dass Du - wie Hasenbein erläutert - Dir den ganzen Dreiklang auf der 5. Stufe inkl. der (großen) Terz als Leitton vorstellst und daher die Strebewirkung kommt.

Oder Du hast zu oft einen Tusch bei Karnevalssitzungen gehört ;-)

Gruß
Bassplayer
 

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