Frage an die Klavierlehrer, (auch) erwachsene Anfänger unterrichten

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Rubato

Guest
Hallo,

die Frage kam letztens in ähnlicher Form in einem anderen Faden auf, wurde jedoch dort nicht beantwortet, daher jetzt mal im Klavierlehrer-Forum:

Erwachsene Anfänger im Sinne dieser Frage sind Leute, die jenseits etwa der 20J oder auch noch viel später mit Klavierspielen erstmals angefangen haben (also keine Wiedereinsteiger, die als Kind schon Unterricht hatten) und vorher auch kein anderes Tasteninstrument wie z.B. Orgel oder Keyboard gespielt haben. Frage:

- Habt Ihr / kennt Ihr solche Anfänger, die dann tatsächlich über einen Zeitraum von mehr als 10 Jahren gelernt und regelmäßig geübt haben, und bis zu welchem "Level" haben die es dann gebracht ?

- Stellt Ihr (längerfristig) Unterschiede fest zwischen erwachsenen Anfängern, die als Kind schon ein anderes Instrument (Gitarre, etc.) gespielt haben, und denen, die völlig neu mit Musik anfangen ?

Hintergrund der Frage ist die immer wieder auftauchende Aussage, "als erwachsener Anfänger kann man ja kein Pianist mehr werden" (die sicherlich stimmt). Ungeklärt ist dabei für mich immer noch, wieviele dieser Anfänger denn überhaupt mal solange durchhalten, wie es für Anfänger im Kindesalter bis zum Beginn z.B. eines Musikstudiums dauert, und das sind ja i.d.R. mehr als 10 Jahre.

Natürlich sind auch Aussagen von den Betroffenen selbst erwünscht, wenn es sie denn überhaupt gibt, die langjährigen "zähen Durchbeisser" !

Viele Grüße
Rubato
 
Ich meine eben, dass wenn man mit 25 völlig ohne Vorkenntnisse anfängt, kann man ein bestimmtes Niveau nicht mehr erreichen, egal wie lange und wie man übt.

Das ist falsch.

Daß mit 25 ohne Vorkenntnisse Anfangende in 99,999% der Fälle nicht irgendwann sehr respektabel spielen, liegt ALLEIN daran, daß sie (aus verständlichen Gründen, siehe oben) nicht genug üben, zu schlechten Unterricht haben oder unzweckmäßig üben.

Man nenne mir ein einziges Gegenbeispiel einer Person, die nachweislich über mehrere Jahre viel und methodisch günstig geübt hat und guten Unterricht hatte und trotzdem nicht zu einem guten Spieler herangereift ist. Es wird keinem hier gelingen.

LG,
Hasenbein
 
Oder gibt es hier im Forum Spätanfänger, die 10 Jahre oder länger durchgehalten haben, und die dazu etwas berichten können / möchten ?[/B]

Ich habe mit ca. 19 angefangen (verdammt...ein Jahr zu früh ;)) zu spielen und spiele nun seit 10 Jahren, größtenteils autodidaktisch und erst in den letzten Monaten unregelmäßig mit Lehrer. In diesen Jahren habe ich meinen Grundwehrdienst geleistet, bin 1000km in den Süden gezogen, habe studiert, bin wieder mehrmals umgezogen, habe zweimal den Arbeitsplatz gewechselt, habe meine Frau kennengelernt und geheiratet und noch vieles mehr. Trotzdem spiele ich immer noch sehr gern und das wird sich die nächsten Jahre auch nicht ändern. Die schwierigsten Stücke, die ich gespielt habe oder an denen ich momentan arbeite sind Chopins Nocturne op.62 Nr.2, die Mazurka op.50 Nr.3, Liszts Funérailles und „Polnisch“ aus dem Weihnachtsbaum sowie Beethovens 32 Variationen in c-moll und die ersten beiden Sätze aus op.110. Jetzt weiß ich nur nicht so ganz, wie ich das Niveau beschreiben soll, auf dem ich diese Stücke spiele. Natürlich spiele ich sie nicht auf dem Niveau eines ausgebildetem Konzertpianisten oder eines Musikstudenten oder ähnliches, was völlig logisch ist da ich nur äußerst begrenzte Zeit in das Klavierspielen stecken kann, da haben Hasenbein und Chiarina ja schon die treffenden Gründe genannt. Trotzdem denke ich (zum Glück nicht nur ich), dass ich auf einem vorzeigbarem Hobbyspieler-Niveau die Stücke spielen kann und ich bin weder überdurchschnittlich begabt, noch überdurchschnittlich fleißig.

Daher ist meine Antwort: Ja, ich glaube dass man auch als Späteinsteiger Stücke wie den Groschen auf vorzeigbares Niveau bringen kann und das Späteinsteiger über längeren Zeitraum Freude am spielen haben können.

Viele Grüße!
 
liebe Rubato

welchen Spätanfänger ab welchem Lebensjahr meinst Du, der ab 20, 30, 40,50, 60 oder 70 .... Jahre? Jedes Lebensjahrzehnt bringt physische Veränderungen mit sich.

Ein 20jähriger Spätanfänger, wenn er fleißig ist, kann es eher zu einem "lost penny" Level bringen als ein 50 oder 60jähriger Spätanfänger gar 70jähriger. Hier müßte man doch noch unterscheiden.

Liebe Grüße
Kulimanauke
 
Die 100 EUR sind gefährdet :)

Lieber Troubadix,
die 32 Variationen von Ludwig würden mich besonders interessieren. Wäre es möglich, dass du dieses Stück aufnimmst? Ich will mir anhören, wie weit du es gebracht hast (ohne jeglichen Hintergedanken), es interessiert mich tatsächlich.

P.S. Womöglich würde es cwtoons mit Genuss hören und du hättest 100 EUR für deine MÜhe...obwohl mist du hast mit 19 angefangen na trotzdem, vllt. kriegst du dann 80 EUR :)

Ne mal im Ernst, ich habe mir neulich eine Aufnahme mit Kissin angehört und war hin und weg, klar du kommst nicht auf sein Niveau, würde mich aber trotzdem interessieren wie sich das von dir ungefähr anhört!

Gruß
 
Nach Wolters, Handbuch der Klavierliteratur...:

1. "Ein viertes Rondo....mit dem Untertitel "Die Wut..." zählt zu den ausgesprochen brillianten Kompositionen (Stufe 12 - Anm.: von insg. 15 Stufen -) .....Ein überaus geistvolles, aber schwieriges Stück!"

2. "...32 Variationen c-Moll (ohne Opuszahl, komp. 1806)..... und schuf damit eines seiner glänzendsten Virtuosenwerke (Stufe 13)...."

Gedans sortiert den Groschen bei 8 und die Variationen bei 9 - von insg. 10 Graden - ein. Er sieht also auch wie Wolters das gleiche kleine Schwierigkeitsgefälle zwischen beiden Stücken.

Tja, Troubadix, Du bist in der Tat zu jung. Ich kann ja die Bedingungen für die Ausschreibung nicht im Nachhinein ändern. Dennoch entsteht bei mir nach der Lektüre der zitierten Stellen genau wie bei Aleko der starke Wunsch, diese Variationen von Dir ´mal zu hören.....

Souverän von Dir, zuzugeben, dass Du erst neunzehn warst. Das wusste ja niemand und ich hätte es nie überprüfen können.

CW

P.S.: War noch ´n bisschen Geld da auf der Bank. Ausschreibung läuft also noch.
 
Das war nicht "souverän" von Troubadix, sondern schlicht und einfach EHRLICH.

Sobald Geld (oder auch Macht / Ruhm) winken unehrlich zu sein ist leider für die meisten Menschen mittlerweile so normal, daß Ehrlichkeit für viele erstaunlich ist...

LG,
Hasenbein
 
Daß mit 25 ohne Vorkenntnisse Anfangende in 99,999% der Fälle nicht irgendwann sehr respektabel spielen, liegt ALLEIN daran, daß sie (aus verständlichen Gründen, siehe oben) nicht genug üben, zu schlechten Unterricht haben oder unzweckmäßig üben.

Dieses Zitat von Hasenbein trifft meinen Eindruck, wegen dessen ich diesen Faden eröffnet habe. Mir geht es nicht primär um das "Niveau" (wie auch immer definiert), das jemand erreicht, sondern darum, daß sich hier im Forum sehr viele Späteinsteiger tummeln (ich selbst auch) und immer wieder die Frage hochkommt, wie weit man es denn mit welchen Übemethoden etc. bringen könne. Mir ging es nur und ausschließlich darum, zu erfahren, wieviele Späteinsteiger denn überhaupt die Disziplin und Kontinuität aufbringen (können), die einfach rein zeitlich erforderlich ist, mal ganz abgesehen von den anderen faktoren wie Lehrer, sinnvolles Üben, etc. Jetzt hat sich Troubadix gemeldet, der in diese Katagorie paßt, also ein einziger. Mehrere Klavierlehrer haben kundgetan, daß sie niemanden kennen, bzw. daß dies seltene Einzelfälle sind. Und das finde ich interessant, denn es entzieht dem Argument, man könne dies oder jenes nicht mehr erreichen, etc. die Grundlage - es läßt sich schlicht nicht belegen (deswegen bleibt die Grundaussage natürlich trotzdem irgendwo richtig). Die Frage ist dann also, wieviele der Forenmitglieder von heute sind in 2, 3, 4 Jahren noch dabei (die Frage geht genauso an mich selbst !).

Gruß und vielen dank für die bisherigen Antworten !

Rubato
 

Hmm…sorry, ich hätte das vielleicht ein bisschen genauer ausführen sollen… Ich schrieb ja „Die schwierigsten Stücke, die ich gespielt habe oder an denen ich momentan arbeite…“. Die 32 Variationen gehören zu den Stücken, an denen ich momentan arbeite und sie sind noch nicht fertig, die schwierigsten Variationen alla Wolters 13 fehlen also noch. Ich benutze sie eher als Etüdensammlung und leg das Stück auch immer wieder zur Seite, weil mir das Thema sonst zum Hals raushängt, obwohl ich das Stück in den nächsten Monaten durchhaben möchte. Auch Funérailles und der zweite Satz aus op.110 sind noch in Arbeit. Chopins op.62 Nr.2 wäre zum Beispiel ebenfalls auf Wolters-Stufe 13 und das würde ich auch vorspielen, ebenso wie „Polnisch“ oder den ersten Satz aus op.110 oder die Mazurka, allerdings aus diversen Gründen möchte ich das nicht in einem öffentlichen Forum tun und das bitte ich zu akzeptieren.

Geld und Ruhm können mich da nicht locken! ;)

Viele Grüße!
 
Diese Frage möchte ich gerne umkehren. Kennt jemand Späteinsteiger, die mit angemessenen Erfolg, zwei Jahre und mehr geübt haben und die dann doch wieder ausgestiegen sind?

Alle Späteinsteiger und auch alle Wiedereinsteiger, die ich kenne (das sind etwa eine gute Handvoll) haben nach 1...3 Jahren wieder aufgehört, alle aus guten Gründen: umfangreiche Hausrenovierung, Umzug, neuer Lebenspartner, etc. Das Leben ist halt so, und Klavierspiel neu erlernen erfordert nun mal einen kontinuierlichen und langfristigen Zeiteinsatz - da kann man nicht sagen: gut ich konnte jetzt 3 Wochen nicht üben, dafür übe ich jetzt den ganzen Samstag von 6 Uhr bis 20Uhr. Genau das war Auslöser für meine Frage, und offenbar gibt es ja nicht allzu viele Gegenbeispiele.

Aber vielleicht (hoffentlich !) melden sich ja doch noch einige Ausdauernde, der Faden läuft ja erst seit einem Tag ...


Gruß
Rubato
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Der Faden läuft erst einen Tag, stimmt. Aber er läuft genauso auch schon einen ganzen Tag lang. Das hätte ich nicht erwartet. Aber ich hätte es bei einiger Überlegung erwarten sollen. Die Überlegung hätte sein müssen:

Es sind hier bekanntermaßen jede Menge Späteinsteiger unterwegs. Die beschäftigt, auch wenn es nur ein Hobby ist, sicherlich stark die Frage nach der Sinnhaftigkeit ihres Tuns. Ein Kind würde so etwas nie fragen. Aber für einen Erwachsenen ist das anders. Für ihn kann, aus den Ausgangsfragen des Threads abgeleitet, total wichtig sein zu wissen "Wie weit komme ich? Was kann ich erreichen? Habe ich Talent? Bin ich musikalisch? Sind andere etwa schon viel weiter als ich?"
Das alles ist mir, der als Kind angefangen hat, völlig wurscht, zum Glück.
Aber interessant zu lesen war es schon.
CW
 
Also:

Ich setze 100 Euro Anerkennungsprämie aus. Die kann derjenige sich bei mir abholen, der

1. mit dem Klavier frühestens als zwanzigjähriger begonnen hat
2. bis dahin keinerlei musikalische Kenntnisse - Noten, Harmonielehre, andere Instrumente etc. hatte
3. ohne Lehrer gearbeitet hat, also Autodidakt ist
4. den "verlorenen Groschen" vorzeigbar spielt. Vorzeigbar heißt, dass man mit Genuss zuhört. Kleine "Tippfehler" sind okay.

Alle Bedingungen müssen erfüllt sein. Alle Bedingungen müssen bewiesen sein. Die Beweislast liegt beim Antragsteller.
CW

Die erste zwei Voraussetzungen sind bei mir schon erfüllt. Mit ü50 habe ich angefangen Klavierspiel zu lernen. Vorher hatte ich keinerlei Erfahrung mit irgendeinem Instument und konnte keine Noten lesen. Wenn die 3. Bedingungen ausfällt, habe ich nur noch die 4. zu erfüllen.

Vor fast genau vier Jahren habe mit Klavierspiel begonnen und gleich mit Kl. Ich übe durchschnittlich 2 Stunden am Tag, am Anfang noch mehr. Die von Chiarina genannte Hindernisse sind sehr treffend. Aber ich arbeite dran.

Wenn niemann in den nächsten sechs Jahren das Geld holt, dann komme ich. Ich hoffe, bis dahin wird noch etwas Zins darauf. Jetzt ist mir noch eine Motivation mehr.

Gruß

sinolei
 
Klar doch. Das Risiko, einen Hunni zu verlieren, ist tragbar.
Persönlich wünsche ich Dir rasches Fortkommen und so viel Erfolg.
Aber ich bin ziemlich sicher: Der Schein bleibt bei mir!
CW
 
Ich habe mit ca. 19 angefangen (verdammt...ein Jahr zu früh) zu spielen und spiele nun seit 10 Jahren, größtenteils autodidaktisch und erst in den letzten Monaten unregelmäßig mit Lehrer.
.....

Die schwierigsten Stücke, die ich gespielt habe oder an denen ich momentan arbeite sind Chopins Nocturne op.62 Nr.2, die Mazurka op.50 Nr.3, Liszts Funérailles und „Polnisch“ aus dem Weihnachtsbaum sowie Beethovens 32 Variationen in c-moll und die ersten beiden Sätze aus op.110.

......

Hallo Troubadix,

alle Achtung, was du in zehn Jahren bereits alles geschafft hast! Allerdings hätte ich von dir aufgrund deiner bisherigen großartigen Beiträge hier im Forum auch nichts anderes erwartet! ;)

Ebenso erstaunt es mich, dass du erst 29 Jahre jung bist - anhand deiner Beiträge hätte ich auf einen viel erfahreneren und (an Jahren reiferen) Spieler getippt!:D


Daher ist meine Antwort: Ja, ich glaube dass man auch als Späteinsteiger Stücke wie den Groschen auf vorzeigbares Niveau bringen kann und das Späteinsteiger über längeren Zeitraum Freude am spielen haben können.

Tja dann - nur zu, lieber Troubadix! Dann stelle doch mal eine lost-penny-Aufnahme von dir hier hinein

und füge damit der Wuth über den verlorenen Groschen cwtoons Wuth über die verlorenen 100 Euro hinzu!!!:D:D

LG

Debbie digitalis
 
Dann stelle doch mal eine lost-penny-Aufnahme von dir hier hinein

Das wäre ja schön, aber das möchte er ja nicht, muss man respektieren. Wichtiger ist, es würde auch nicht genügen. Das muss schon live gespielt werden. Ich packe den Hunderter aus, aber nicht auf ´ne Aufnahme hin. Ich will schon dabei sein.
Das steht nicht in der Ausschreibung. Aber es versteht sich von selbst.
CW
 

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