Fingersätze in Klaviernoten - für Amateure und Profis

Setzt dann der dritte Finger immer über den vierten drüber? Oder so eine Art Vorwärtskrabbeln der beiden Finger mit abgespreizter Hand ("Dackelfuß")? Oder wie sonst soll das Legato erreicht werden?
Da sind wir dann kurioserweise schon wieder in der Nähe von Chopin op. 10, 2 - diese Etüde wurde uns ja schon als geeignete Vorbereitung (für dieses Stück und überhaupt) für alle, die mit den Außenfingern Probleme haben, empfohlen.
S. Richter soll dieses Stück übrigens manchmal bei Aufführungen von op. 10 übersprungen haben, da scheinen einige hier doch weitaus souveräner zu sein, zumindest nachdem, was sie hier suggerieren wollen.
 
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Chopin op. 10, 2 - diese Etüde wurde uns ja schon als geeignete Vorbereitung (für dieses Stück und überhaupt) für alle, die mit den Außenfingern Probleme haben, empfohlen.
S. Richter soll dieses Stück übrigens manchmal bei Aufführungen von op. 10 übersprungen haben, da scheinen einige hier doch weitaus souveräner zu sein,
Ich habe noch NIEMANDEN getroffen, der op. 10,2 nicht als bösartig und extrem schwer einschätzen würde!
Der Vergleich zwischen einigen Vierer-Gruppen mit 3-4-3-4 mit knapp über Viertel gleich 100 mit einer brauchbaren Wiedergabe von Chopins "kleiner" a-Moll Etüde ist absurd!
 
Ich habe noch NIEMANDEN getroffen, der op. 10,2 nicht als bösartig und extrem schwer einschätzen würde!
Der Vergleich zwischen einigen Vierer-Gruppen mit 3-4-3-4 mit knapp über Viertel gleich 100 mit einer brauchbaren Wiedergabe von Chopins "kleiner" a-Moll Etüde ist absurd!
natürlich ist das absurd. Meine Bemerkung sollte die Absurdität bzw. Überheblichkeit von folgendem Beitrag weiter oben im Faden aufzeigen:
(mit Verlaub) das ist dann deren Pech, ich kann nichts dafür, dass die op.10,2 nicht spielen können und sich u.a. deswegen mit den Außenfingern ungeschickt anstellen ((tja, klingt harsch, ist aber so!)) - - hier war doch schlaubergerisch danach gefragt, wie man drei simple Viertongruppen spielen würde: bon, ich habe darauf geantwortet.
Die Hauptaussage soll wohl sein, dass der Schreiber op.10, 2 wunderbar spielen kann, über simple Viertongruppen mag er nicht nachdenken.
 
Zuletzt bearbeitet:
wurde der Daumen ja ohnehin noch nicht bei Clavierspielen verwendet. Meines Wissens hat erst C.P.E. Bach ihn als "natürliches Element" salonfähig gemacht.
Das stimmt nicht, das ist ein sich hartnäckig haltendes Gerücht.
Nur ein Beispiel:
Schon von Cabezon (1510-1566) sind Fingersätze mit Daumen überliefert.
Im Anhang ein Ausschnitt aus dem Vorwort zu den Werken für Tasteninstrumente Cabezons (Bärenreiter).
 

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Ich mache heute mal den Test.
 
Setzt dann der dritte Finger immer über den vierten drüber? Oder so eine Art Vorwärtskrabbeln der beiden Finger mit abgespreizter Hand ("Dackelfuß")? Oder wie sonst soll das Legato erreicht werden?
Überschlagen. Die Hand etwas nach außen drehen. Und von legato ist natürlich keine Rede. Mir ging es jetzt mehr darum aufzuzeigen, wie unterschiedlich eine Lösung ausfallen kann, je nachdem, was man hören möchte.
 
Das stimmt nicht, das ist ein sich hartnäckig haltendes Gerücht.
Nur ein Beispiel:
Schon von Cabezon (1510-1566) sind Fingersätze mit Daumen überliefert.
Im Anhang ein Ausschnitt aus dem Vorwort zu den Werken für Tasteninstrumente Cabezons (Bärenreiter).
Tatsächlich, allerdings muss man unterscheiden, ob es sich um Intervallfingersätze oder Skalenfingersätze handelt. 1-5 für eine Sexte oder Oktave, kein Problem.
 
Es ist übrigens ein Stück von Johannes Ciconia, überliefert im Buxheimer Orgelbuch, wahrscheinlich um 1400.
Wie schwer oder leichtgängig die Instrumente waren und wie und mit welchen Fingern gespielt wurde, wird man wohl nie genau wissen, trotz allen Quellenstudiums.
Also dann liege ich ja mit dem alten Fingersatz gar nicht so verkehrt. Da ist mit Sicherheit 1 2 3 4 oder irgendeine Variante mit 5 auf dem letzten 16-tel keine historisch adäquate Lösung. Aber ich würde revidieren: Es gibt aus diesem Umfeld, z.B. von Buchner originale Fingersätze. Das ist bei 20 Jahre her, dass ich solche Musik mit originalen Fingersätzen gespielt habe. Da müsste ich Details nachschauen. Was ich mit Sicherheit sagen kann: vermutlich würde ich nicht mit gutem 3. Finger spielen, wie im ersten Vorschlag. Das ist eher die norddeutsch-niederländische Variante. In Süddeutschland eher mit gutem 2. Finger, also: 2 3 2 3
 
Tatsächlich, allerdings muss man unterscheiden, ob es sich um Intervallfingersätze oder Skalenfingersätze handelt. 1-5 für eine Sexte oder Oktave, kein Problem.
Im Vorwort, das ich weiter oben fotografiert habe, sind Skalenfingersätze mit 1 aus dem 16. Jahrhundert zitiert z. B. rechts abwärts 54321321, also unser Standardfingersatz.
 
Dass es nicht immer sinnvoll ist, nebeneinander liegende Finger zu nehmen, ist ja auch allgemein bekannt.
...da wäre ich mir an deiner Stelle @Jsp nun wirklich nicht so sicher, als dass ich diesen apodiktischen Satz als Allgemeingut hinstellen würde...

Nehmen wir doch einfach mal ein paar nebeneinander liegende Töne, z.B. ein Tonleiter wie H-Dur aufwärts: man pflegt diese beim h beginnend mit 1-2-3-1-2-3-4-5(oder 1) zu spielen, wenn man dafür die rechte Hand verwendet (die linke Hand könnte 4(oder 1)-3-2-1-4-3-2-1 nehmen) . Selbst dir könnte hieran zweierlei einleuchten:
a) die Fingerfolgen 123 und 12345 nehmen teuflischerweise "nebeneinander liegende Finger", ganz satanisch entgegen deiner oben zitierten Weisheit...
b) andere Lösungen scheinen hier nicht sonderlich ergonomisch zu sein (würde irgendwer diese Tonleiter rechts mit 1-3-5 beginnen und dann weinend stoppen, weil es mit Fingern, die nicht nebeneinander liegen, irgendwie nicht so recht weiter gehen will?...)

...und selbst bei Tönen bzw. Tasten, die nicht unmittelbar benachbart sind, werden sehr wohl die nebeneinander liegenden Finger eingesetzt, sowohl nacheinander als auch gleichzeitig: man nennt das Akkorde und Akkordbrechungen ;-) - nur ein einziges banales Exempel: ein vollgriffiger Septimakkord c-e-g-b-c wird mit einer Hand offensichtlich mit was für Fingern angeschlagen?

Wenn wir einen Blick in (gute!) Anfängerliteratur werfen, finden wir dort relativ früh (nicht ganz am Anfang, aber ziemlich früh) die Anforderung, alle fünf Finger zu verwenden, und das in allerlei Kombinationen:
Bartok Mikrokosmos (auch in der gekürzten revidierten Fassung) *)
Bartok 10 leichte Klavierstücke (hier speziell die "fünf (sic!) Finger Übung") *)
Kabalewski "Geisterhaus" (oder so ähnlich) *)
=> sinnvollerweise wird die Beweglichkeit der Außenfinger möglichst früh angelegt/"antrainiert" - und wer dabei aufpasst und begreift und umsetzt, wie das mittels Armführung zu geschehen hat, der wird dann nach und nach bei auch immer rascher werdenden Tongruppen mit Bewegungsmustern wie 4321 / 5432 / 5321 / 534231 / 354213 usw usf (ja und auch rückwärts) keine unüberwindlichen Schwierigkeiten haben => vorausgesetzt, dass zielführend (s.o.) geübt und begriffen und gemacht wird!
Kurzum: weder bei Anfängern noch bei Fortgeschrittenen muss das hier eintreten:
345, was gerade bei Laien bei zu starrem Spiel aus den Fingern zu Anspannung oder Verkrampfung führt.
wo das der Fall ist, da hat man lange Zeit was falsch gemacht und es sich entsprechend angewöhnt (und das zu korrigieren ist für keinen der daran Beteiligten eine Freude!) - aus genau diesem Grund hab ich mitgeteilt:
...was verkrampfte Ungeschicklichkeit bei den Aussenfingern betrifft, so wird man dieses Problem wohl kaum durch Fingersätze beseitigen...
Tja, und sowohl für Anfänger, als auch für diejenigen, die die Außenfinger nicht geschmeidig verwenden können (oder das nie gelernt haben) ist das Notenbeispiel mit den diatonischen 16tel-Gruppen bei Viertel = ca. 110 keine günstige Wahl, weil da
1. keine motorisch sinnvolle Fingerfolge ohne Außenfinger machbar ist und
2. in gerade diesem Beispiel keine motorisch sinnvolle Übungsanleitung für die Außenfinger wie in den oben genannten "Anfängerstücken" vorliegt.
- allerdings ist es auch keine günstige Wahl, um kuriose Gegenüberstellungen zwischen Fingersätzen für Amateure versus Fingersätze für Profis daran zu exerzieren.
Der Grund für letzteres ist doch deutlich genug ausgedrückt worden: wer auf professionellem Niveau Klavier spielt, der denkt da nicht nach, sondern spielt das mit 110 vom Blatt (egal ob mit 1234 oder 2345) und denkt nicht über den Fingersatz nach (weil da solche Bewegungs-/Fingerfolgen längst internalisiert sind: unter anderem durch Bach-Fugen, schnelle Beethovensätze, Chopinetüden und schlimmeres)

übrigens @Jsp glaube ich nicht, dass ich mich für mein Repertoire schämen muss - Chopins op.10 Nr.2 gehört dazu (und ich halte sie nicht für die schwierigste**) der Chopinetüden, aber sie ist eine von denen, die man immer wieder üben muss, wenn man sie eine Weile nicht angefasst hat; nebenbei: für diese Etüde gibt es viele gute Fingersatzalternativen in Details, allerdings ist mir da noch nie eigens ein "Fingersatz für Amateure" begegnet)

Mir fällt bzgl. Amateur- vs. Profifingersätzen nur eine kuriose Angelegenheit ein: die chromatische Skala wird Anfängern/Amateuren meist mit der Fingerfolge***) 123 bei h-c-cis und e-f-fis und ansonsten 1313 beim direkten Wechsel von Unter- & Obertasten nahegelegt.
Also von h aus: 123 13 123 1313
...meistens bleibt es dann dabei, wenn es mal so gelernt wurde und wird dann in leichteren Vorspielstücken (Elise, d-Moll Fantasie) so angewendet. Tatsächlich gibt es, insbesondere wenn es sehr schnell werden soll, noch einige andere Fingerfolgen für die chromatische Skala.

__________
*) wen das interessiert, was da - recht bald - mit 3-4-5 / 5-4-3 / 3-5-4 / 5-3-4 etc gemacht wird, der kann das in den Noten nachschauen
**) nach wie vor halte ich die z.B. Sextenetüde für schwieriger - was nicht notwendig heißt, dass ich die a-Moll Etüde für "leicht" halte.
***) der Einfachheit halber aufwärts rechte Hand
 
Du unterstellst mir etwas, was ich nicht gesagt habe, insofern sind deine langen Ausführungen eine hübsche Fleißarbeit, haben aber nichts mit dem zu tun, was ich schrieb.
Ich schrieb:
Dass es nicht immer sinnvoll ist, nebeneinander liegende Finger zu nehmen, ist ja auch allgemein bekannt.
Nicht immer sinnvoll heißt: es gibt solchen Stellen.
ich habe nirgends behauptet, dass eine H-Dur Tonleiter eine solche Stelle ist oder dass man in den allermeisten Fällen nicht natürlicherweise benachbarte Finger bei benachbarten Tönen oder Arpeggien etc. nimmt.
(Und gerade H-Dur ist eine der oder die Tonleiter, wo der Standardfingersatz 12312345 am natürlichsten ist, dazu braucht es keiner umständlichen Erörterungen)

Beispiele für solche Stellen bzw. Fingersätze, die Finger auslassen, kannst Du z. B. im Faden über die Arrau-Fingersätze der Beethoven-Sonaten finden.

Ich habe auch nirgends behauptet, dass du dich für dein Repertoire schämen solltest.
Vielmehr sollte Dir Deine überhebliche Haltung, wie sie hier zu Tage tritt, zu denken geben:
(mit Verlaub) das ist dann deren Pech, ich kann nichts dafür, dass die op.10,2 nicht spielen können und sich u.a. deswegen mit den Außenfingern ungeschickt anstellen ((tja, klingt harsch, ist aber so!)) - -
 
Im Vorwort, das ich weiter oben fotografiert habe, sind Skalenfingersätze mit 1 aus dem 16. Jahrhundert zitiert z. B. rechts abwärts 54321321, also unser Standardfingersatz.

Also, da wäre ich grundsätzlich vorsichtig. Spanische Fingersätze aus der Zeit weichen sehr voneinander ab. Und ja, es kommt auch schon mal die 1 vor, aber eben eher nicht als Daumenunter oder -übersatz, eher an "Randstellen". Oder man passt den Fingersatz an gleichgestaltete Figuren an, das kann auch sch mal eine 1 hervorrufen. Dann muss man auch sagen, wir sprechen hier von süddt. Musik, da würde ich auch nach Fingersatzquellen aus der Umgebung suchen. Die beiliegende Synopse stammt aus J. Trinkewitz, Historisches Cembalospiel.IMG_3185.JPG
 
Also, da wäre ich grundsätzlich vorsichtig. Spanische Fingersätze aus der Zeit weichen sehr voneinander ab. Und ja, es kommt auch schon mal die 1 vor, aber eben eher nicht als Daumenunter oder -übersatz, eher an "Randstellen". Oder man passt den Fingersatz an gleichgestaltete Figuren an, das kann auch sch mal eine 1 hervorrufen. Dann muss man auch sagen, wir sprechen hier von süddt. Musik, da würde ich auch nach Fingersatzquellen aus der Umgebung suchen. Die beiliegende Synopse stammt aus J. Trinkewitz, Historisches Cembalospiel.Den Anhang 36246 betrachten
Ich kann nicht beurteilen, wie die Quellenlage einzuschätzen und wie am wahrscheinlichsten zu deuten ist.
Ich nehme einfach an, dass das Vorwort von G. Doderer und M. G. Ripoli in der Bärenreiter-Ausgabe (Cabezón Werke für Tasteninstrumente) von 2010 verlässlich den Stand der Forschung widergibt.
Außerdem wollte ich mit diesem Beispiel nur zeigen, dass bereits im 16. Jahrhundert der Daumen benutzt wurde, als Antwort auf die Behauptung, dies sei erst ab dem 18. Jahrhundert üblich gewesen.
 

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