Extreme Angst vor dem Vorspiel

Sie möchte wirklich nur Klavier unterrichten und tut das auch schon sehr ausführlich.

Ja, Silblüte, da kann ich Dir nur beipflichten. Gut, wenn man von vorne rein es weiß. Meine Geschichte ist ca 30 Jahre alt, betrifft einen Kommilitonen von damals. Er wollte schon Pianist werden, hat Wahnsinnsarbeit geleistet, er konnte alle Stücke von jeden Takt an weiter spielen, hat auch richtig gut gespielt im Unterricht. Man kann sagen, er hatte das Zeug dazu um Pianist zu werden. Sobald aber ein Auftritt vor dem Publikum oder Prüfer erfolgte, hatte er eine Angst und Leistungsabfall, unglaublich. Irgendwo beim 6. Semester wurde ihm allmählich klar, dass es mit dem Pianist nicht klappen wird. Nur wegen diese Angst, hat so auch diese nicht im Griff bekommen.

Das ist ehe eine Ausnahme, aber so was gibt es auch. Kann allen in diesem Forum wünschen, dass es so weit nicht kommt, sondern der Lampenfieber bleibt nur als so eine Art Ansporn vor dem Publikum noch besser zu spielen. ;)
 
Vielleicht gibt es auch Leute, die gar kein Lampenfieber haben, weil ihnen das Ergebnis ihres Vorspiels letztlich unwichtig ist. Im professionellen Bereich wird das aber eher selten sein...
Unter "professionellen" Chorleitern ist dieses Phänomen vereinzelt beim sogenannten "sozialen Singen" im Altersheim anzutreffen. Da vernimmt man als Kollege beim Chorauftritt schon mal so despektierliche Äußerungen wie: Einfach das gleiche wie immer machen, die haben doch eh vergessen, was wir letztes Jahr gesungen haben; die Lieder brauchen wir nicht zu üben, da die alten Ommas und Oppas ohnehin nix mehr hören und die falschen Töne sowieso nicht mehr mitkriegen. Motto: Alzheimer ist spannend - täglich neue Leute kennenlernen...! Früher hieß es "satt und sauber", heute heißt es "bespaßt und beschäftigt".

Genug Zynismus - in Ordnung ist diese Einstellung natürlich nicht. Unter wirklichen Professionellen ist eine Unterscheidung zwischen "wichtigen" und "unwichtigen" Auftritten nicht statthaft, zumal man selbst einmal zu diesem Personenkreis gehören kann, der dann auch nicht gerne lieblos und unengagiert abgefertigt werden möchte. In diesem Umfeld habe ich der Seele wohltuende Phänomene wie "Dankbarkeit" und "Bescheidenheit" erlebt, die in der Welt der Gesunden, Starken, Reichen und Schönen gerne mal auf der Strecke bleiben.

Diese Ausführungen haben mit der Angst-Thematik allerhand gemeinsam: Es geht nämlich darum, Angst und Unsicherheit zuzulassen und nicht zu verdrängen - denn mehr als eine optimierte Vorbereitung auf den Ernstfall ist dem einzelnen nicht aus eigener Kraft möglich. Es gilt also den Grenzwert zu ermitteln, ab dem der Leistungsdruck und Erfolgswille eher blockierend als förderlich wirkt. Alles was darüber hinausgeht, wird zur ätzenden Säure, die alles Gelungene und Gute zerfrisst und zerstört - solche Substanzen sind gut verschlossen im Giftschrank der Seele besser aufgehoben.

LG von Rheinkultur
 
Ja, Silblüte, da kann ich Dir nur beipflichten. Gut, wenn man von vorne rein es weiß. Meine Geschichte ist ca 30 Jahre alt, betrifft einen Kommilitonen von damals. Er wollte schon Pianist werden, hat Wahnsinnsarbeit geleistet, er konnte alle Stücke von jeden Takt an weiter spielen, hat auch richtig gut gespielt im Unterricht. Man kann sagen, er hatte das Zeug dazu um Pianist zu werden. Sobald aber ein Auftritt vor dem Publikum oder Prüfer erfolgte, hatte er eine Angst und Leistungsabfall, unglaublich. Irgendwo beim 6. Semester wurde ihm allmählich klar, dass es mit dem Pianist nicht klappen wird. Nur wegen diese Angst, hat so auch diese nicht im Griff bekommen.

Das ist ehe eine Ausnahme, aber so was gibt es auch. Kann allen in diesem Forum wünschen, dass es so weit nicht kommt, sondern der Lampenfieber bleibt nur als so eine Art Ansporn vor dem Publikum noch besser zu spielen. ;)
Ich kenne einen noch extremeren Fall eines versierten Pianisten, der viele Jahre lang als äußerst viel beschäftigter Klavierbegleiter konzertant und im Hochschulbereich tätig war - und den eines Tages eine regelrechte panische Podiumsangst immer stärker in seinem Handlungsvermögen am Instrument einzuschränken begann. Inzwischen hat er den Pianistenberuf an den Nagel gehängt und hat sich in einem neuen Beruf abseits der Tastenwelt erfolgreich etabliert, in dem er nach eigenem Bekunden so glücklich wie noch nie zuvor im Leben war. In derartigen Fällen liegen möglicherweise tiefgreifende und schwerwiegende seelische Störungen und Belastungen vor, die durch den andauernden extremen Leistungs- und Erfolgsdruck in der Pianistenbranche "nach oben gedrückt" werden.

LG von Rheinkultur
 
Diese Ausführungen haben mit der Angst-Thematik allerhand gemeinsam: Es geht nämlich darum, Angst und Unsicherheit zuzulassen und nicht zu verdrängen

Allerdings - "Verdrängung" ist keine ungefährliche Sache. Im schlimmsten Falle bricht dann alles irgendwann auf einmal heraus - und das war's dann womöglich mit dem Beruf, den man machen wollte, oder mit dem Rettungssanitäter, den man ehrenamtlich macht, und so weiter und so fort...

Zulassen, verarbeiten, bewußt erleben ist da sicher die bessere Alternative...
(Verdrängte Sachen schleichen sich, glaube ich, auch gern mal in die nächtlichen Träume)

Küchenpsychologisch grüßend
Dreiklang
 

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