Entwicklungspotential

Die gebetsmühlenartige Versicherung, daß man " Kein Konzertpianist werden will und nur zum Spaß spielt " ist jedoch nicht gerade leistungsfördernd und soll unterschwellig eine generelle Exkulpation aller vorhandenen Mängel bezwecken. Insofern nervt es schon ein wenig und bremst engagierte Antworten evtl. aus.
Nun, ich habe dieses Thema ja eröffnet, weil ich ganz grob abschätzen möchte, was für mich in meiner Ausgangssituation realistischerweise erreichbar sein könnte. Die Aussage, ich wolle kein Konzertpianist werden, sollte zum Ausdruck bringen, dass mir sehr wohl bewusst ist, dass mir eben nicht mehr alle Türen offen stehen. Auf der anderen Seite geht es mir ja auch gerade um realistische und erreichbare Ziele, sonst hätte ich dieses Thema hier gar nicht eröffnen zu brauchen. Einen gewissen Ehrgeiz bringe ich da schon mit.

Ich danke allen, die etwas zu diesem Thema beigetragen haben. Mir ist natürlich klar, dass mir hier niemand seriöserweise meinen Lernfortschritt wird prognostizieren können. Aber die Beiträge zeigen, dass gewisse Erfolge von meiner Ausgangssituation aus zumindest prinzipiell erreichbar sind. Ob mir das dann im Einzelfall auch tatsächlich gelingt, wird die Zeit zeigen müssen. Nun habe ich aber mal eine Idee davon, was ich mir vielleicht erhoffen darf, ohne vollkommen vermessen zu sein.
 
Wenn man mit 30 anfängt und dann "bis ans Lebensende" fleißig dranbleibt und Unterricht nimmt, sind das - so hofft man doch - noch viele, viele Jahre. Da sind also noch 'ne Menge fantastische Stücke drin! Mit der Einstellung gehe ich da ran (mit Mitte 30 wieder eingestiegen, nach sehr kurzer Klavierphase in der Kindheit). Und man muss ja sagen, dass es auch im Bereich des einfacheren und "mäßig fortgeschritteneren" Klavierrepertoires wunderbare Stücke gibt. Also kann man einfach entspannt bleiben, die eigenen Fortschritte und das Musizieren genießen.

Nach einigen Jahren Klavierunterricht spiele ich mittlerweile auch lieber ein einfacheres Stück flüssig und einigermaßen klangschön, als mir die Finger an (für mich) zu schwierigen Stücken zu verknoten. Aber das war auch ein Lernprozess - glaube, man greift gerade am Anfang oft gern zu hoch, weil man - naja - etwas übereifrig ist und diese ganzen tollen Stücke lernen will, die man ja von den Profiaufnahmen kennt.... ;-)
 
Ich finde das Entwicklungspotenzial ist immer sehr individuell zu sehen. Wenn man sich jetzt nach den RCM -Grades oder (wenn ich jetzt richtig liege) Wolters orientiert scheint es viele zu geben, die diese Ziele genau in der vorgegebenen Zeit schaffen, aber es gibt ebenfalls viele die das beispielsweise doppelt so schnell hinbekommen, oder doppelt so lange brauchen. Man muss da am Anfang glaub ich immer etwas rumprobieren, wie schnell man lernen kann, deshalb sollte man sich meiner Meinung nach auch beim klavierspielen nicht so sehr an andere orientieren, wichtiger ist eher dass man sich vor Augen hält dass man mit 30 noch ein junger Mensch ist, und wenn man will auch noch viele hundert bis tausend Stunden im Leben üben kann, da ist auf jeden Fall einiges drin, gerade mit qualifiziertem Unterricht. Klar ist der Anfang hart, aber wenn man regelmäßig übt und nicht so wie (hier mal gehört) 90% der Spätanfänger nach 2 Jahren das Handtuch wirft sollte nach der doch sehr frustrierenden Anfangszeit auch schnell der Spaß kommen. Die leichten Stücke am Anfang sind natürlich eher ätzend, aber in den mittelschweren Bereich zu kommen sollte so ziemlich jeder Anfänger in dem Alter (und vielleicht sogar gerne noch doppelt so alt) schaffen wenn er sich einigermaßen anstrengt, und da sind wirklich jede Menge Schätze zu entdecken.

Das mit dem "Ich will ja kein Konzertpianist werden" sollte man übrigens nicht direkt so dramatisch nehmen, das wird doch oft eher von zweierlei Leuten verwendet. Viele meinen diese Aussage durchaus ernst und sind tatsächlich bescheiden, und wissen mangels Erfahrung tatsächlich nicht dass so etwas nicht so gut bei Leuten die das schon 100 mal gehört haben ankommt. Ich möchte aber nicht abstreiten dass es unter Klavierschülern einige gibtdie sich mit solchen Sätzen profilieren und nerven, so teilweise verhasst ist die Aussage ja nicht umsonst.
 
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Ich würde mich nicht nach irgendwelchen Skalen richten die mir sagen "wenn du das,das und das spielen kannst, bist du lvl 11":-D

Realistisch betrachtet kannst du "alle meine Entchen", verlierst dann das Interesse am Klavier und wirst nie mehr spielen können.

Genauso gut ist es auch möglich das es dich packt und du den Rest deines Lebens spielst.
Da ist dann alles mögliche drin!
Von Band Keyboarder über den Alleinunterhalter bis hin zum Jazz oder klassischen Pianisten.

Wie weit du in deinem Genre kommst,legst du mit deinem Fleiß und deiner Motivation fest.
Und dann ist auch der "vergötterte" Konzert Pianist drin.

Allerdings solltest du nicht von der Carnegie Hall Träumen, aber ein kleines Konzert im örtlichen Senioren heim ist drin :super:

Was ich damit sagen will :

Sche*ß auf "Mimimi.... Niveau...jammer, jammer " und frag dich doch nicht selbst so dumme Fragen :)

Fang an, hab Spaß und schau wo du raus kommst :super:

Gestern Abend zb hatte ich Unterricht und nach mir kam eine neue Schülerin.
Etwas zu früh aber dadurch "durfte" sie mir zuhören.
Ich musste ein kleines Stück von Beethoven spielen (für interessierte Burkhard No. 75) welches irre schnell (für mich!) ist aber was wir schon seit einiger Zeit spielen.

Sie fand es große Klasse und war etwas verwundert das ich so was nach 1 Jahr schon spielen könnte......
Ich wusste im selben Moment das Sie am 26.07.2018 genau an dem gleichen Stück sitzen wird :-D


Du siehst, dass du andere recht schnell beeindrucken kannst.
Für dich wird dann eher wichtig wie viel Arbeit so ein Stück ist und du wirst mehr auf deine Fehler achten als auf die Musik die du spielst.
Allerdings weiß ich heute noch nicht, was ich am 26.07.2018 spielen werde,wenn Sie dann den Beethoven spielt ;)
 
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Klavier spielen kann der, der sich selbst versteht



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Eine brauchbare Orientierung bietet der RCM-Syllabus. Er sieht 10 Grade vor, die in etwa 10 Lehrjahren entsprechen und listet zu jedem Grad zahlreiche Stücke.

Ich habe dieses umfangreiche Dokument durchmustert und sicher nicht alles verstanden. Aber wenn in Level 8 Werke gelistet werden wie Beethoven, Ludwig van Sonata in G Minor, op. 49, no. 1 und op. 49, no. 2,
Clementi, Muzio Sonatina in G Major, op. 36, no. 5 (Seite 66) wirkt das nicht vertrauenerweckend. Der Wiggerl wird bei Henle in Stufe 3 eingeordnet, Clementi 3 bis 4.
 
Ich habe dieses umfangreiche Dokument durchmustert und sicher nicht alles verstanden. Aber wenn in Level 8 Werke gelistet werden wie Beethoven, Ludwig van Sonata in G Minor, op. 49, no. 1 und op. 49, no. 2,
Clementi, Muzio Sonatina in G Major, op. 36, no. 5 (Seite 66) wirkt das nicht vertrauenerweckend. Der Wiggerl wird bei Henle in Stufe 3 eingeordnet, Clementi 3 bis 4.
Die "Stufen" sind auch überhaupt nicht vergleichbar. Henle hat allein drei Stufen für schwere und virtuose Werke reserviert, viele davon auf einem Niveau, das viele Klavierschüler nie (!) erreichen. Leute, die diese Werke spielen können, benötigen auch Henles Hilfe bei der Beurteilung von Schwierigkeiten nicht mehr.

Die Klavier-Lehrpläne der RCM und ABRSM richten sich an Musikschulen, Klavierlehrer und -schüler zur Vorbereitung auf die Zwischen-Prüfungen dieser Organisationen. Wer damit durch ist, kann dann immer noch Klavier studieren, mit der dort behandelten Literatur befassen sich Lehrpläne für Musikschulen normalerweise nicht mehr.
 

Ich würde mich nicht nach irgendwelchen Skalen richten die mir sagen "wenn du das,das und das spielen kannst, bist du lvl 11":-D

Ich habe gerade vor einiger Zeit zwei Stücke gespielt, die laut Henle gerade ein halbes (!) Level auseinander liegen. Für mich liegen Welten dazwischen.

Übrigens habe ich das dem Verlag mal mitgeteilt (Erfahrungen und so ...), die Antwort war ungefähr: "Ja, schon, aber trotzdem ... und der Experte ... und außerdem wünschen wir uns, dass viele sich an das Stück wagen." Oookaayy.
 
Ich habe gerade vor einiger Zeit zwei Stücke gespielt, die laut Henle gerade ein halbes (!) Level auseinander liegen. Für mich liegen Welten dazwischen.

Übrigens habe ich das dem Verlag mal mitgeteilt (Erfahrungen und so ...), die Antwort war ungefähr: "Ja, schon, aber trotzdem ... und der Experte ... und außerdem wünschen wir uns, dass viele sich an das Stück wagen." Oookaayy.

Um welche Stücke handelte es sich?
 
Ich habe zeitgleich gespielt:

Bach, Invention 8 - Level 3/4
Bach, Invention 13 - Level 4
Debussy, Arabesque 1 - Level 4

Für mich ist Debussy deutlich schwerer als die Bach-Inventionen. (Es war aber meine erste Begegnung mit 2 gegen 3.)

Wobei ich fairerweise sagen muss, dass das das erste Mal ist, dass mich eine Henle-Einstufung dermaßen irritiert.

Wolters stuft die Inventionen bei 5-6 (von 15 Graden) ein, die Arabesque bei 8. Ist für mich einleuchtender.
 
Naja. Je nachdem, was man schon kann oder was einem liegt, kann ein angeblich leichteres Stück auch mal als schwerer empfunden werden, bzw. tatsächlich sein.
Das ist doch alles nicht in Stein gemeißelt.

@abschweb Den Wolters gibt es recht erschwinglich antiquarisch.
 
Ligeti ist im Wolters enthalten (1 Seite).
Die Etüden sind der Stufe 15 zugeordnet (ausgenommen Nummer 5), Musica Ricercata 9-12.
LG,
NaMu
 
Ich habe das Buch nun leider gerade nicht zur Hand. Ich habe es jedenfalls 2011 neu gekauft.
Ich würde aus diesem Grund den Wolters vielleicht nicht antiquarisch kaufen. Da bekommt man meistens uralte Ausgaben angeboten.
LG,
NaMu
 
Ligeti ist im Wolters enthalten (1 Seite).
Die Etüden sind der Stufe 15 zugeordnet (ausgenommen Nummer 5), Musica Ricercata 9-12.
LG,
NaMu

Danke, @Nachtmusikerin! Da ist der Wolters ja sehr undifferenziert.
In meinen Augen sind auch die Etüden 2 und 11 deutlich leichter als z.B. 6, 10, 13 und 17, die auf jeden Fall die schwerste Einstufung verdienen (für meine Finger tabu).

Welche Ausgabe hast Du? Meine ist von 1985 und da steht nicht mal eine halbe Seite drin. Die Etüden überhaupt nicht.

Ist logisch, die Etüden hat Ligeti 1985 - 2001 geschrieben.

Grüße
Manfred
 

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