Hier einmal ein paar Gedanken zum Bezug der Thematik auf die Gesellschaft und die Zukunft:
Mir scheint, Defizite bei den Grundschülern oder gar den Abstieg der traditionellen europäischen Musikkultur in unserem Land komplett auf den Lehrermangel in den Grundschulen zurückzuführen, ist kurz und einseitig gedacht. Defizite gibt es dort sowieso in allen Bereichen, die traditionellen kulturellen Errungenschaften den Zugang ermöglichen, allen voran das Lesen und Schreiben, wie man immer wieder lesen kann.
Ich glaube auch, dass an den weiterführenden Schulen das notwendige nachgeholt werden kann bzw. werden muss, denn ein Ausweg ist nicht in Sicht. Klassische Musik ist ohnehin zum größten Teil ein Privileg gehobener Bevölkerungs- und Bildungsschichten und entwickelt sich durch solche Entwicklungen noch weiter dahin, so beklagenswert das sein mag. Der vielfältige Jazz wird zwar über alle Schichten konsumiert, hat aber nicht den Stellenwert der anderen Genres. Popularmusik hat auch andere gesellschaftliche Funktionen und gewichtet sich altersabhängig unterschiedlich in allen Schichten, bevorzugt aber in den unteren. Da werden sich die Interessenlagen verschieben. Es hilft nichts, man muss den Tatsachen ins Auge sehen und den Schaden begrenzen, da das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist. Die Gesellschaft hat sich auch bei einem raschen erfolgreichen Eingriff in diese Bildungsmisere schon weitreichend nachhaltig verändert. Ein solcher ernsthafter Willen zur Veränderung ist auch nirgendwo für mich (ich bin allerdings kein Insider) erkennbar. Auswirkungen auf das Musikleben sind sowieso erst nach 15-20 Jahren oder später spürbar (im Bereich Popularmusik früher). Neben der Erbauung und Unterhaltung erfüllt Musik aller Genres eine ganze Palette von Funktionen in der Gesellschaft. Eine fehlende musikalische ''Grundausbildung'' wird daher die Gesellschaft insgesamt verändern - sicher nicht zu ihrem Vorteil.
Ich vermute, es beklagen sich darüber nur die ernsthaft Musikinteressierten und die sind eine vernachlässigbare Minderheit, oder etwa nicht?
Ein sehr bekannter deutscher Hochschullehrer für Klavier (inzwischen verstorben) sagte mir vor einigen Jahrzehnten ''Studieren Sie Musik, das hat Zukunft, da die Leute immer mehr Freizeit haben werden und mehr Zeit für Musik aufwenden können.'' Dass sie zunehmend die dazu nötige Bildung nicht mehr haben werden, hat er damals noch nicht einpreisen können.
Für die Musikausübenden bedeutet das: Der Markt verändert sich. Wer sich am besten anpassen kann, wird erfolgreich sein. Wer in schrumpfende Märkte investiert, muss besonders aufpassen, denn er bewegt sich auf dünnem Eis.