Durchgangssyndrom

Altneuling

Altneuling

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29. Nov. 2007
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Liebe Freunde!
ich versuch mal ein Problem, das mich seit einiger Zeit mehr und mehr beschaeftigt, in relativ kurzer Frageform unterzubringen.spiele seit knapp 2 Jahren Klavier und habe eigentlich .....kein Repertoire. das kommt daher, dass ich immer mit Lust und Laune ein Stueck soweit bringe, dass ich und mein KL zufrieden sind. das war jetzt in juengster Vergangenheit die 1. und 8. Invention , Schumann, zuletzt die Traeumerei und an der Regentropfenprelude bin ich gerade. Eigentlich koennte ich , nach so relativ kurzer Zeit ja mit dem Erarbeiteten durchaus zufrieden sein. aber immer wieder geschieht folgendes, wenn ein Stueck einigermassen sitzt, dann leg ich es gaenzlich weg, konzentriere mich auf das Neue , habe auch keine Lust mehr das Alte wieder und wieder zu spielen , und es ist weg. natuerlich hoere ich mir die Dinge gerne wieder auf einer prof. CD an . aber, es ist , als ob ich einen inneren Widerstand haette, das immer und immer wieder durchzuspielen.
Kennen dies die Kl unter Euch? ist dieses Vorangehen normal in diesem Stadium ; ist die Sucht nach Neuem zu verstehen?
Waere fuer jeden Kommentar dankbar, irgendwie scheint mir mein Verhaeltnis zu Erlerntem seltsam und ich wuerde es gerne aendern. ich kann mich auch immer nur auf ein neues Stueck konzentrieren, lerne es aber jedesmal auswendig und das eigentlich recht schnell.ich muss auch gestehen, dass ich meine "naechsten Stuecke" immer selbst aussuche, mein Klavierlehrer laesst mich wohl auch wegen des vorgerueckten Alters gewaehren.
mit freundlichen Gruesse Sigurd
 
Hallo Sigurd,

mir fallen spontan 2 Sachen ein:

Kannst du dir vorstellen, die alten Stücke 1xwöchentlich zu wiederholen? Ich meine, ohne heftigen Widerwillen. Das reicht evtl. aber aus, damit sie nicht komplett weg sind nach einiger Zeit.

Sind die Stücke die du spielst für dich eine "Herzensangelegenheit"? Soll heißen: suchst du sie dir aus? Berühren sie dich wirklich? Willst du sie spielen weil du es willst, oder weil sie laut KL jetzt "dran" sind, weil "man" diese Stücke halt im Zuge des Unterrichts mal spielen sollte?
Wenn du es so richtig können WILLST, vielleicht geht es dir mit so einem Stück anders.

Grüße
Melodicus
 
Eventuell hilft auch diese Methode:

Freu dich, wenn du ein Stück vergisst! Wenn du es richtig gut gelernt hast, wirst du keine Probleme haben, es in einem Bruchteil der ursprünglichen Zeit erneut zu lernen und du kannst dir sicher sein, es anschließend besser zu behalten! Wenn du diesen Prozess zwei oder drei mal durchläufst, sollte es schwer für dich sein, ein solches Stück überhaupt noch zu vergessen.

Wenn du alle 4-6 Monate nachdem du ein Stück zuletzt angerührt hast, es erneut spielen möchtest und es nicht mehr sicher im Gedächtnis sitzt, wird es Zeit, es erneut zu lernen. Von Grund auf. Es wird viel schneller als früher gehen und sicherer sitzen, wenn es wirklich Stück für Stück neu auswendig gelernt wird.

Man sichert sein Gelerntes durch Wiederholen. Dieser Prozess wird hier einfach nicht nur auf einzelne Passagen angewandt, sondern direkt auf das gesamte Stück. :)
 
Ich glaube, du verlierst zu schnell die Lust an deinen Stücken, weil sie zu einfach und durchschaubar konstruiert sind.
Da könnte nach meinen Erfahrungen etwas dran sein.

Ein paar unwesentliche Gedanken dazu (die ich unter anderem Aspekt auch in der "Stilfrage" geäußert habe, wo es um beherrschen, üben und spielen ging):
Musizieren heißt immer auch: sich mit dem, was da erklingen soll, mental auseinanderzusetzen. Dazu gehört die manuelle Beherrschung (den Begriff wähle ich ganz bewußt ;)), die Klanggestaltung, die Fähigkeit, umfangreichere Komplexe konzentrations- und konditionsmäßig zu bewältigen. Es besteht also ein Spannungsverhältnis zwischen dem Interpreten und dem "Objekt seiner Begierde". Wenn dieses Spannungsverhältnis abhanden kommt (wenn man sich nichts mehr zu sagen hat, weil man schon alles voneinander weiß), erlischt das Interesse. Musizieren ist also eine durchaus erotische Angelegenheit.

Ich habe solche Situationen schon vielfach duchlebt: Ich höre ein Stück, finde es attraktiv, arbeite ein paar Tage oder Wochen daran, bis ich mir "den Magen verdorben" habe und ich es nicht mehr sehen und hören kann. Es passiert meist mit Stücken, die ich auf Anhieb "nett" finde (weil sie die Erwartungshaltung offensichtlich zu einem hohen Prozentsatz erfüllen). Die Stücke, die sich erst einmal sperren, die spröde sind und technische, aber vor allem auch musikalische Widerstände mir entgegensetzen, erweisen sich in der Regel als die treueren Freunde.

Vielleicht wäre es sinnvoll, wenn Du Dir nicht nur selber Stücke aussuchst (die Du ja meist schon kennst und die Dir gefallen), sondern Dich verstärkt auf Unbekanntes einläßt. (Andere Menschen müssen für ihren Abenteuerurlaub erst ganz viel Kerosin verbrauchen. Wir Musiker haben es da viel einfacher ... :D)
 
erst mal schoenen Dank fuer Eure Vorschlaege.
nein, mit Lust verlieren hat es wenig zu tun. eigentlich bin ich immer sehr ueberrascht, was ich mit Fleiss doch so erreichen kann. nein, es ist eher so, dass ich nach der Anstrengung des Lernens schon ein Gluecksgefuehl habe, wenn das Stueck "bewaeltigt" ist. vielleicht ist das eine alte Eigenschaft, die da wieder durchkommt. Dinge , die ich kann, verlieren an Interesse. ich denke, der Vorschlag vielleicht doch die naechsten Stuecke aussuchen zu lassen, ist so schlecht nicht. es bedeutet auf jeden Fall mehr Konzentration und auch sehr viel mehr Arbeit ein unbekanntes Stueck von Grund auf zu erarbeiten. auf der anderen Seite, ich hab ja viel Zeit, habe ich mich bei den ausgewaehlten Stuecken auch immer in die "Scene, das Werk" des jeweiligen Komponisten vertieft. ich tu da schon was. fuer mich sind das dann auch immer ganz neue Welten, die sich oeffnen. es aergert mich halt nur, dass mir meine Persoenlichkeit anscheinend im Wege steht , ein Repertoire zu schaffen. dieses " verweile doch, Du bist so schoen" kann ich nicht sagen.
naja, ist vielleicht ein bischen viel Seelenmuell.
herzlichen Dank fuer die Anregungen . Sigurd
 
Lernst du deine Stücke überhaupt auswendig? Falls nein, wäre das eine gute Gelegenheit, wenigstens an einem Stück mal die obige Methode des Vergessens und Neu-Erlernens auszuprobieren (viel tun musst du ja nicht, eventuell ein kleines Stück in ein, zwei Wochen lernen und alle paar Monate wiederauffrischen).

Um ein Repertoire aufzubauen, das mehr als ein paar Wochen in den Fingern hält ist ein gutes Auswendiglernen jedenfalls Pflicht. Es gibt verschiedene Varianten, auswendig zu lernen, eine der effektivsten ist wohl die musiktheoretische Analyse. Wenn du die harmonischen Zusammenhänge in einem Stück erkennst und dir merken kannst, wirst du das Werk schon sicherer verinnerlicht haben.

Auch wenn ich nicht viel Erfahrung damit habe, wie es bei andere ist, bin ich doch davon überzeugt, dass bei den meisten nicht das Auswendiglernen das Problem ist, sondern entweder:
Die Motivation dazu
Negative Selbstbeeinflussung
Die Methoden des Auswendiglernens

Alles Probleme, die man mit einem einzigen Erfolgserlebnis anhand einer guten Methode beseitigen könnte (z.B. ein kleines Stück musiktheoretisch richtig gut auswendig lernen). Wenn du das Stück nach Monaten noch gut im Kopf hast, siehst du, dass du plötzlich doch ein Werk so sicher gelernt hast, dass es wirklich fest sitzt.

Ich wünsche dabei viel Erfolg.
 
Vorspiel

Hallo Sigurd,
kann es auch daran liegen, dass Du nur für Dich alleine spielst? Da gibt es dann wenig Anreiz, ein Repertoire aufzubauen.
Lade doch mal ein paar Freunde zu einem kleinen "Konzert" ein, das muss ja nicht gleich ein ganzer Konzertabend werden. Wenn Du für diesen Termin vielleicht vier Stücke noch einmal ganz sorgfältig wiederholst und vorspielreif machst, hast Du den gewünschten Effekt.

lg vom Ibächlein
 
Das Musikgedächtnis ist bei den meisten Hobbyspielern, die sich nicht mit Gehörbildung beschäftigen, vermutlich das unwichtigste. Auch wenn man die Melodie im Ohr hat, sofern man sie sich nicht in allen Stimmen gleichzeitig vorstellen und relativ oder absolut zuordnen kann, hilft das nicht wirklich beim Spielen.

Das Theorie- und das Tastengedächtnis sind meiner Meinung nach die wichtigsten Gedächtnisarten. Das Notengedächtnis ist eventuell ein nützlicher Zusatz, aber ich persönlich habe diese Art noch nie bewusst benutzt, da ich sonst eben bewusst an die Noten denken müsste und diese wieder auf die Tasten oder die Theorie zurücklenken müsste, anstatt direkt die Tasten und die Theorie auswendigzulernen.

Letztendlich kann man wohl das Handgedächtnis noch erwähnen, das zwar kein bewusstes Auswendiglernen erfordert, ohne das aber auch jegliches Auswendiglernen zu unsicher sein dürfte, weshalb es durchaus intensiv eingeschleift werden sollte, meiner Meinung nach.
 
Da hast Du vermutlich den Nagel auf den Kopf getroffen, Ibaechlein. als ich Deinen Beitrag las, hat es irgendwie klick gemacht. Du hast ganz recht, ich spiele meist nur fuer mich. dazu kommt noch, dass meine Umgebung im hohen Grade voellig unmusikalisch ist. zumindest weitgehend desinteressiert. das mit den Freunden ist eine gute Idee, hier ist das allgemeine musikalische Niveau eh nicht sonderlich, aber durch den Chor indem ich singe, kenne ich doch viele Leute. ich merke es immer, dass es mich in den Fingern juckt, wenn ich irgendwo ein Klavier sehe und da ist es mir dann auch relativ gleichgueltig, ob es die Leute interessiert. spiele eigentlich mit viel Begeisterung.
Danke fuer den Tipp
liebe Gruesse Sigurd
 

Veranstaltet dein Lehrer keine Schülerkonzerte? Falls nicht, könntest du ihn mal darauf ansprechen. Das ist eine großartige Möglichkeit, das Auftreten und sichere Spielen zu üben und gleichzeitig hast du eine hervorragende Motivationsquelle zum sicheren Üben eines Stückes.

Was mich immer noch interessiert: Spielst du nun eigentlich auswendig? :rolleyes:
 
Hallo Killmymatrix!
ja, ich spiele auswendig, lerne sehr schnell. mit den Schulkonzerten, das ist hier in Frankreich auf dem Lande so eine Sache. jedes Jahr hat die ecole de musique hier 2x ein Vorspielen der Schueler. da kommen dann unsere Freunde und sind ganz begeistert, wenn die "lieben Kleinen" wieder die Stuecke vom letzten Mal vortragen. alle haben es vergessen, was da gespielt wurde. das Niveau ist sehr anfaengerhaft und bleibt es auch , dank der wunderbaren Einstellung der hiesigen Landbevoelkerung. da bleibt fuer mich als 3alten Esel" kein Raum. hast Du irgendwann mal von Peter Mayle das "Jahr in der Provençe" gelesen? so musst Du Dir das vorstellen. besonders lustig wird es dann , wenn die Musikschule in Manosque ein Konzert gibt. es ist unvorstellbar , was da so produziert wird. mit entsprechendem Aufwand natuerlich. so hat der alte Herr, der da Geige spielt, seinen eigenen Traeger, seine Claque dabei. das Basson spielt eigentlich nur, wenn der etwas dickere aeltere Herr noch Luft genug zum Blasen hat. dafuer wird dann natuerlich von den Zuhoerern ein kraeftiger Eintritt verlangt. der rahmen entspricht der "Scala", es ist einfach wohltuend dieses Voelkchen zu erleben.
gràce à dieu ist mein Klavierlehrer ein sehr duldsamer , begabter Mann, der hier die Leute in den langen Schulferien mit Jazzkonzerte unterhaelt. wir verstehen uns sehr gut; eigentlich ein sehr freundschaftliches Verhaeltnis. er hat in Paris studiert und ist ueber Jahre in einer Circusband aufgetreten.
es ist zum Romane schreiben.
liebe Gruesse Sigurd
 

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