Die maßlose Orgelwelt

Interessant. Neobarock wäre nicht meine erste Priorität (vor allem weil 5km weiter in Saint-Michel eine wunderbar erhaltene bzw. authentisch restaurierte Orgel aus dem 18. Jh noch erklingt), aber vor der Größe her könnte es passen. Meine Erinnerungen an die Laeiszhalle gehören sowieso zu den schönsten meines Musiklebens...
Es würde mich jetzt interessieren, welche Organisation was macht, bei dieser anscheinend noch sich entwickelnden Geschichte.
 
Meine Erinnerungen an die Laeiszhalle gehören sowieso zu den schönsten meines Musiklebens...
... und warum ist das so?
Weil die Akustik in dem alten Schuppen passt. Das kann man von der Elphi nicht behaupten. Deshalb gehört dort auch eine anständige Orgel rein. Da kann ein gewisser Martin auf-und-nieder-hubben. Oder so. :lol: :017:
 
Man kann es drehen und wenden wie man will, der eigentliche Grund ist ein mehrheitlich veränderter Geschmack (auch in Bezug auf Lautheit) und im Gefolge der Unwillen und die Bequemlichkeit der heutigen Kirchenmusikergeneration, sich mit dieser Musik zu beschäftigen und sie zu vermitteln.

Ich habe inzwischen die Murrhardter Einweihungsfestschrift. Natürlich wirst Du es wieder drehen und wenden wie Du willst, aber eigentlich geplant war eine Überholung der Orgel mit teilweise technischer Erneuerung und einer musikalischen Verbreiterung durch ein additives, schwellbares Auxiliaire (schon Bornefeld hat bekanntlich mehr Register gefordert, aber nicht genehmigt bekommen). Von den drei angefragten Firmen legte nur eine Firma ein Angebot zu den geplanten Maßnahmen vor, wies aber auf die Problematik der Übernahme technischer Teile hin. Die zweite Firma war so mutig, statt des geforderten Angebots ein Angebot über einen technisch kompletten Neubau vorzulegen, die dritte Firma verzichtete auf eine Angebotsabgabe.

Offensichtlich war bereits Bornefeld 1977 mit der technischen Ausführung unzufrieden gewesen. Sachverständiger und Orgelbauer hatten sich damals zerstritten. Der Orgelbauer schimpfte über die Konzeption, der Sachverständige über die Ausführung.
 
Offensichtlich war bereits Bornefeld 1977 mit der technischen Ausführung unzufrieden gewesen. Sachverständiger und Orgelbauer hatten sich damals zerstritten. Der Orgelbauer schimpfte über die Konzeption, der Sachverständige über die Ausführung.
Das passiert, wenn eine 'Weltfirma' einem alten klapprigen Zossen reitet...
 
Die Festschrift hab ich auch schon lange (aber gerade nicht wirklich parat), ich konnte sogar zum Einweihungskonzert.mit Bossert, weil ich zufällig in der Nähe (alte Heimat) war. Was soll da mutig dran sein? Ist eben die geschäftstüchtige und "im Klangtrend liegende" Sicht eines Orgelbauers und Kantors. Mühleisen ist doch bekannt für solche Sachen. Und eher (viel) mehr als weniger Register. Natürlich hatte B nicht diesen Luxus des großen Geldes und auch avancierter Firmen, entgegenkommender Denkmalschützer etc. War eben alles etwas technisch biederer - was die Kreativität damals aber trotzdem nicht beschnitten hat.
Mich wundert ja auch, dass niemand (außer GWM - siehe dort) die teuren und noch gar nicht so weit zurückliegenden Kreisz-Arbeiten hinterfragt. Ob das angemessen war? Glaube nicht. Na dann sollen sie halt ihre (Effekt-)Stiefel auch dort spielen. Wenn ein örtlicher Kantor mit dem Vater der Orgel rein gar nichts anfangen kann (den Eindruck habe ich) wirds eh nichts.
Und "ganz zufällig" war dann ein Großspender zur Stelle für den.konsequent geheimgehaltenen Preis? Was, wäre gewesen, wenn nicht? Solche Festschriften sehe ich eh kritisch, zu viel Tendenziöses...
PS Erweiterung einer B-Orgel durch ein Auxiliare? Oh Gott....
 

Ein Angebot, das sich nicht an die Ausschreibungsbedingungen hält, wird in der Regel aussortiert. Dann ist man als Anbieter weg vom Fenster.

Kommt häufig vor, aber über aussortierte Angebote wird halt nie in einer Einweihungsschrift berichtet.


Mühleisen ist doch bekannt für solche Sachen.
Wofür Mühleisen bekannt ist, hast Du ja schon oben mal erwähnt:

Theoretisch wäre ein techn. Neubau (hier mit Rückbaunotwendigkeit sowie Standortverbesserung) schon möglich (siehe Schorndorf, incl. Windladen!), um den Klangbestand zu erhalten.
(Schorndorf war 2014 fertig, in diesem Jahr war die erste Ausschreibung für Murrhardt):

Ansonsten ist Mühleisen bekannt für grundsolide Arbeit, oder wolltest Du etwas anderes sagen?


Mich wundert ja auch, dass niemand (außer GWM - siehe dort) die teuren und noch gar nicht so weit zurückliegenden Kreisz-Arbeiten hinterfragt.

Mich wundert höchstens, daß ausgerechnet Gerhard Walcker-Mayer die Arbeiten hinterfragt. Kreisz hat nachgeholt, was bereits sein Vater Werner Walcker-Mayer vergeblich vorgeschlagen hat, nämlich das Hauptwerk mit einem anständigen Principalchor auszustatten (das hätte er sogar auf eigene Kosten gemacht).


... aber dann offenbar die Informationen nicht zur Kenntnis genommen.

Faktenbefreit mosert es sich natürlich leichter.
 
Ach, Schorndorf ist eine absolute Ausnahme, taugt überhaupt nicht als Gewährsobjekt. Ich denke sowieso, wäre die Gemeinde da nicht so dahinter gewesen, hätten die agilen, neubauwütigen "modernen" Orgelbauer das Ding auch mit "guten Argumenten" weggeschrieben.
 
Ach, Schorndorf ist eine absolute Ausnahme, taugt überhaupt nicht als Gewährsobjekt.

Schorndorf ist das ideale Vergleichsobjekt, das war ebenfalls das Produkt einer Zusammenarbeit Walcker + Bornefeld. Technisch ebenfalls hochproblematisch (die Sanierung lief auf einen technischen Neubau hinaus!), aber klanglich halt nicht so verunglückt wie Murrhardt.
Eine kleine klangliche Erweiterung hat man sich hier auch gegönnt.

Die "neubauwütigen" Orgelbauer restaurieren übrigens sehr gerne, wenn sich etwas zu restaurieren lohnt.

Wirklich "neubauwütige" Orgelbauer sind mir nicht bekannt. Vielleicht mit Ausnahme einer einzigen Firma, die in zwei mir bekannten Fällen die Chancen auf einen größeren Sanierungsauftrag versemmelt hat, weil sie es gewagt hat, statt einer Sanierung einen Neubau vorzuschlagen.
 
Vergleichen kann man, als Gewährsobjekt ("seht her, so wird das regelmäßig gemacht") taugt es nicht.
Und man muss durchaus nicht jede Orgelbauerverlautbarung zu nicht ganz uneigennützigen Betreffen glauben. Genauso wie den Festschrift-Lobpreisungen bzw
teilweise direkt -framings. Dazu gibt es viel zu viel Zugängliches aus der Geschichte der jew. Orgel, wo man sich fragt, ob es da ums selbe Instrument geht. Ohne jetzt nachgeschaut zu haben, die Festschrift zur Wieder(!)einweihung Murrhardt ist da auch ein gutes Beispiel.
Ich hingegen denke und befürchte, dass diese Arbeiten eher stilwidrig und nicht hilfreich waren. Genauso wie übrigens ein dicker 8'-Prinzipal in einer denkmalgeschützten(!) B-Dorforgel.
Es mag im Übrigen sein, dass die Orgel (v.a. aus bekannten konzeptionell-notwendigen Gründen) den Raum nicht "ausgefüllt" hat, erst recht aus heutiger Sicht, wo man Krachmaschinen der 90er im Hinterkopf hat und allgemein einer Schneller-Höher-Weiter-Spirale huldigt (Nebeneffekt: auch bei mäßigem Spielfähigkeiten klingts dann noch (angeblich) "beeindruckend")), aber auch damit sollte man bei den sowieso sehr zurückgehenden Besucherzahlen umgehen können.

Ein historisches Dokumente, das in seiner Aussage leider schon länger überholt war:
"es hat vor allem den Vorzug, verständnislosen Nachbesserungen entgangen zu sein"

Eine tolle Aufnahmen übrigens. Nebenbei (schonmal geschrieben, iirc): man hüte sich, aus den Clips aus Murrhardt bei GWM die Orgel zu beurteilen, da fehlt schlicht und einfach die RIAA-Entzerrung (Deemphasis) der LP, was natürlich zu einer extremen Höhenlastigkeit führt (ideale Clips für B-Hasser....).
Nachtrag: Schorndorf, da wurde m.W. nur eine gemischte Stimme geteilt, ansonsten nichts verändert. Man hatte mit J. Schwab eben auch jemand, der das stilgerecht begleiten konnte und wollte (wäre heute wegen tragischer Usntände nciht mehr möglich - überhaupt darf man gespannt sein, was passiert, wenn Frau Hinderer in Rente geht...)
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:

Tatsächlich:

Da die halbe Million noch taufrisch ist, muss man da immerhin wenigstens noch einige Zeit die Finger im Orgelinneren stillhalten.

Da wird ja wieder eine "Wollmilchsau" erwartet, und auch hier: "und begrüßen insbesondere eine Ausweitung des popularmusikalischen Repertoires". Naja...

Da kann man guten Gewissens sagen, dass Interpretation von Bornefeld-Werken (auch Chor) nicht an vorderer (eher deutlich hinterer, wenn nicht letzter) Stelle stehen. Hatte dazu auch mal eine vielsagende kurze Kommunikation mit einem Ehrenamtler. Vorher hatte ich irgendwie die irrige Meinung, er würde dort (vielleicht sogar hoch) geschätzt, immerhin war sein Bruder Ewigkeiten dort, aber spätestens nach dem Fernsehgottesdienst (ich erinnere mich an Aussagen von Leuten vor Ort, dass da wieder das Fernsehen das Sagen hatte bis hinein ins musikalische Gestalten, ein auswechselbarer Fernsehgodi mehr, Chancen vertan) war mir klar, es ist eben wie überall in der modernen Kirchen(musik)welt.

Außerdem hatte ich auch noch irgendwo gelesen (iirc), dass diese Bezirkskantorenstelle noch nicht mal einen Kirchnmusiketat hat, sondern man dürfe immerhin das ausgeben, was man an Spenden einnimmt. Eigentlich so abstrus, dass ich hoffe, das falsch verstanden zu haben.
Mal schauen, wann das langweilige Strohfeuer "Popularmusik" abgebrannt ist...
 
Vergleichen kann man, als Gewährsobjekt ("seht her, so wird das regelmäßig gemacht") taugt es nicht.

Wie wird es denn "regelmäßig gemacht"?
Wenn eine Orgel einigermaßen in Ordnung ist, bleibt sie stehen und wird ab und zu überholt. Bei solchen Überholungen wird dann ab und zu mal was ausgetauscht oder zugebaut. Beispiele für große dreimanualige Bornefeld-Orgeln: Hospitalkirche Stuttgart, Michaelskirche Heidenheim, Liederhalle Stuttgart, Klosterkirche Herbrechtingen oder Markuskirche Offenbach: https://markus-gemeinde-of.ekhn.de/startseite/bornefeld-orgel.html

Wenn eine Orgel von Anfang an verpfuscht ist (was seltener vorkommt), wird öfter repariert, überholt, rumgebastelt, bis man endlich die Schnauze voll hat und sich dazu aufrafft, ein ganz oder in wesentlichen Teilen neues Instrument zu bauen. So geschehen in Schorndorf und Murrhardt.

Und dann gibt es noch Sonderfälle. Etwa die Martinskirche in Kassel, wo man es gern avantgardistisch hat und sich von der seinerzeit experimentellen Orgel der 1960er Jahre getrennt hat, um eine experimentelle Orgel der 2010er Jahre zu verwirklichen; die noch brauchbare alte Orgel kam ohne wesentliche Änderungen in die Kirche St. Elisabeth, und nun sind zwei Kirchengemeinden glücklich (und Du bestimmt auch, da Du auch hier irgend einen Grund finden wirst, um herumzumeckern):

Nachtrag: Schorndorf, da wurde m.W. nur eine gemischte Stimme geteilt, ansonsten nichts verändert.
Ins Schwellwerk wurde ein Streicher eingebaut. Wie übrigens seinerzeit auch in Murrhardt, darüber hast Du Dich ja schon maßlos ereifert.

Wie ich schon sagte:
Faktenbefreit mosert es sich natürlich leichter.
 
Wie wird es denn "regelmäßig gemacht"?
Wenn eine Orgel einigermaßen in Ordnung ist, bleibt sie stehen und wird ab und zu überholt. Bei solchen Überholungen wird dann ab und zu mal was ausgetauscht oder zugebaut.
Ach was, die jung-dynamische maßlose Kantorengeneration sorgt schon dafür, dass jedem oder jeder einzelnen ein Denkmal gesetzt wird. Und dann (oder gar davor) kann man ja weiterziehen. Beispiele gibt es zuhauf, incl. peinlichem Kaputtschreiben mittels willfähriger, "gut integrierter" (mancher nennt es Vetterleswirtschaft) Orgelsachverständiger (man glaubt fast, eine "Einstellungs"voraussetzung ist die Zusicherung, ein Mindestmaß an Geldmengen zu bewegen). Angeblich sollen die ja selbständig sein, müssen aber noch nicht mal eine eigene Haftpflicht unterhalten. In Regress genommen werden die wahrscheinlich eh nie, so umgeben von Laien...
Glauben diese Leute eigentlich, dadurch würde sich das Interesse für diese Musik (der immerwährende Kanon) irgendwie steigen? Sehe ich überhaupt nicht, da gehört ganz anderes dazu. Darüber können auch diese professionalisierten Lobhudeleien unserer Zeit nicht hinwegtäuschen.
Beispiele für große dreimanualige Bornefeld-Orgeln: Hospitalkirche Stuttgart, Michaelskirche Heidenheim, Liederhalle Stuttgart, Klosterkirche Herbrechtingen oder Markuskirche Offenbach: https://markus-gemeinde-of.ekhn.de/startseite/bornefeld-orgel.html
Ich "kenne" alle diese Orgeln vom Sehen, Hören, teilweise auch Spielen. In Stuttgart kann ich kaum mehr Bornefeld erkennen, mittlerweile eine direkt symphonische Orgel. Die Kommentare des OSV dazu erschließen sich mir nicht. Liederhalle ist der Staubfänger par excellence, die modernen Schnell- und Effektspieler gehen lieber woanders hin. Herbrechtingen ist eine typische, mit sicher äußerst geringen Mitteln erstellte Orgel (nicht wirklich groß), wenn ich mich recht erinnere, sind sogar die Trakturarten gemischt. Keiner würde heute noch solche Kompromisse eingehen wollen, wie Bornefeld es regelmäßig musste. Offenbach ist schon eher typisch in "neutralen Grundstimmen" und aggressiven Zusätzen, ob da wirklich viel passendes gespielt wird, weiß nicht. Noch mehr von Kassel, ob das Riesending (für ein Heidengeld umgesetzt) angemessen eingesetzt wird/werden kann (im katholischen Milieu, man kennt es ja...) bezweifle ich. Immerhin gibt es interessante CDs von einem Niederländer. Am alten Standort konnte Ziegler komischerweise damit massig Neue Musik machen, ohne Rieger-Gadgets, Vierteltonspinnereien, Schwiegermutter&Staubsauger und Haareraufen.
Michaelskirche HDH ist (neben Schorndorf) ist wohl die einzig übriggebliebene, für B-Verhältnisse großzügige Orgel, von der hoffentlich die Verbesserungsfinger gelassen werden.

Wenn eine Orgel von Anfang an verpfuscht ist (was seltener vorkommt), wird öfter repariert, überholt, rumgebastelt, bis man endlich die Schnauze voll hat und sich dazu aufrafft, ein ganz oder in wesentlichen Teilen neues Instrument zu bauen. So geschehen in Schorndorf und Murrhardt.
Ich glaube schon, dass Murrhardt auch technisch neu gebaut hätte werden können, wenn man mit der ihr vor allem zugedachten Musik was hätte anfangen können. Dass man für das Instrument eine Zukunft sah, belegen ja die teuren, noch nicht lange zurückliegenden Arbeiten von Kreisz (von denen ich weiterhin bezweifle, dass sie ihm gerecht wurden). Aber wenn einer mit Geldbündeln wedelt, kann offensichtlich niemand widerstehen. Da muss es dann auch mit der Kirchenrenovierung ganz schnell gehen. Ist für diese "verpfuschten" (angeblich oder tatsächlich, Instrumente beurteilen können ja nur die OSV in ihren Geheimpapieren, vielleicht noch interessegeleitete Orgelbauer) eigentlich auch der böse Bornefeld verantwortlich? Da hat man schlicht eine Unterdenkmalschutzstellung versäumt oder unterlassen, vielleicht mit Begründung der nicht denkmalgerechten Maßnahmen und vielleicht in dunkler Vorahnung, dass sich da jemand was gönnen wollen könnte. Hauptsache, jetzt wird die Kirche "ausgefüllt" bis in den letzten unbesetzten Winkel. Ich erinnere mich auch an recht mulmige, nicht überzeugende Bäche von Bossert beim Einweihungskonzert.
Im Übrigen habe ich selbst die Änderungen in Murrhardt detailliert in den Organindex eingepflegt. Den Einbauzeitpunkt des Streichers in Schorndorf fehlt noch bei Organindex, 1986 war er noch nicht da, zum techn. Neubau las ich von "keinen Änderungen", war dann wohl dazwischen.
PS Eine wohl weniger bekannte sehr große, umgesetzte Bornefeld/Klais-Orgel ist Nordhausen. https://organindex.de/index.php?title=Nordhausen,_Dom_zum_Hl._Kreuz (bei der man ausgerechnet Unruh und Siebenquart rausgeschmissen hat für Säusler und "Dublette", naja, vielleicht auch sonst noch "richtig" nachintoniert?)
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Keiner würde heute noch solche Kompromisse eingehen wollen, wie Bornefeld es regelmäßig musste.

Wir sind jetzt in diesem Satirethread auf Seite 11 angelangt. Auf Seite 5 hatte ich Dich darauf aufmerksam gemacht, daß zu Bornefelds Zeiten Orgeln in rauhen Mengen verschrottet wurden, in einer Größenordnung, wie sie heute gar nicht mehr vorstellbar ist. In einem Jahr wurde mehr abgerissen als heutzutage in einem Jahrzehnt. Wie viele solide Kegelladenorgeln haben denn die Bornefeld-Ära in seinem Tätigkeitsbereich überlebt?
Und wo er sie nicht restlos zerstören durfte, wurden sie klanglich völlig auf den Kopf gestellt. Da wurde nicht nur hier und da ein Register zugebaut und die Intonation retuschiert. Da wurde nach Strich und Faden verkorkst, was nur verkorkst werden konnte.
Zu solchen (maßlosen) Maßnahmen hat niemand Bornefeld gezwungen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Und? Er durfte und machte, so dürfen und machen wir auch - in einer ganz anderen Zeit (statt Aufbruch Abbruch)? Abgesehen davon hatte er/seine Zeit bessere Gründe als wir heute. Was soll denn zB so toll oder kreativ an der x-ten wirklich sündhaft teuren Stilkopie aus der Schweiz sein? Ich warte übrigens immer noch auf mein Auskunftsrecht als Bürger, wie es denn mit dem angeblichen Denkmalschutz steht. Da habe ich viel mehr Respekt zB vor ihm (der von seinem Amtsnachfolger als Kriegskind, das keine Gefühle zeigen kann verspottet wird). Kaum aus diesem zurückgekehrt mit eigener Arbeit in kleinsten Verhältnissen und Kosten selber das Bestmöglichste, kompromissbehaftet machen... Dass das Satire wäre, ist Deine Meinung. Ich denke und hoffe, dass bald mal die Maßstäbe zurechtgerückt werden, vielleicht, bevor die Sache kippt und die teuren, komplett fremdfinanzierten Spielzeuge unbezahlbar werden. Erstmal ordentlich das vorhandene Material ausreizen, sich auf Stellen bewerben, mit deren Orgeln man arbeiten kann und will, den Leuten Zeit und Geld geben, damit zu arbeiten, etc. Ist vielleicht auch eine Art Flucht, viel zu oft hört man unglaubliche Geschichten, wie gestandene KMDs wie die Deppen vom Dienst behandelt werden in einem unglaublichen Betriebsklima. Da braucht man vielleicht immer teurere und neue Spielzeuge als Trost.
 
Abgesehen davon hatte er/seine Zeit bessere Gründe als wir heute
:010:
Zitat von Musikwissenschaftler Kaufmann:
Im 19. Jahrhundert wurde die Orgel immer größer und grundtöniger, sodass der Klang schließlich als dumpf empfunden wurde. Daraufhin orientierte man sich an den vergleichsweise hell klingenden norddeutschen Barockorgeln. Dieser Typus wurde ab den 1920er Jahren zum Vorbild der sogenannten Orgelbewegung. In dieser Bewegung verdichteten sich dann soziokulturelle und politische Strömungen - und "norddeutsch" wurde schnell mit "arisch" gleichgesetzt. So wurden für die Feierhallen der Nationalsozialisten spezielle Instrumente gebaut, die diesem Ideal entsprachen. Es gab sogar eine eigene Orgelarbeitsgemeinschaft der Hitlerjugend.

Zitat von Musikwissenschaftler Kaufmann:
Die Ideologie der Orgelbewegung wurde unkritisch verbreitet. Was bis in die 1970er Jahre hinein und zum Teil auch später noch in der Orgelwelt geschah - vor allem in Deutschland, aber auch weltweit -, trug diese Vorstellung weiterhin in sich. Das Deutsche Reich hat den Zweiten Weltkrieg zwar verloren, aber den "Endsieg" gewissermaßen auf dem Gebiet der Orgel errungen, indem der zugrundeliegende Standard weltweit etabliert wurde. Selbst in den USA oder Australien gibt es bis heute die sogenannte Tracker-Orgel. Sie entspricht im Prinzip dem Vorbild der norddeutschen Barockorgel bzw. dem, was man dafür hielt. Die Nationalsozialisten wollten ein hartes, stählernes Klangbild.
 

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