Deutsche Volkslieder

Klar, mit volkstümlicher Musik kannste immer noch Geld verdienen, ebenso wie mit "klassischen" Schlagern.

Ich bin sicher, dass es in jeder Region ein interessantes musikalisches Erbe gibt, das sich lohnt, entdeckt zu werden. Vielleicht können Deine Schülerinnen und Schüler ja mal ihre Großeltern, so noch vorhanden, fragen, was die gerne gesungen haben, und die Geschichte der Lieder recherchieren @Demian
 
Guck vielleicht mal in diesen Beitrag hinein. Ein sehr schöner Ansatz zum Thema der deutschen Volksmusik. Der Film "Sound of Heimat" ist wirklich empfehlenswert.

 
Übrigens haben "Die Grenzgänger" aus Bremen auch ganz wunderbare Kinder- und Volksliederprogramme und gehen damit auch in Schulen.
https://die-grenzgänger.de/
 
So könnte man Volkslieder mit einem Einblick in die damalige Zeit verknüpfen und sogar die Klimadebatte, wenn man will, mit hineinnehmen (oder sie sogar als Aufhänger nehmen). Meinem Wunsch nach einer Verbindung der Fächer, nach fachübergreifendem Unterricht käme das sowieso nahe.

Ich würde auch am ehesten eine Verknüpfung mit dem Fach Geschichte anstreben.

Ich erinnere mich daran, dass eine Kollegin (Deutsch-, nicht Musiklehrerin) mit ihren Schülern im Unterricht "Die Gedanken sind frei" sang, weil das Lied in einem Jugendbuch erwähnt wurde. Die Schüler haben das gerne gesungen!

Die eine oder andere Anregung findest Du in "Das kleine dicke Liederbuch" von Heide Buhmann und Hannspeter Haeseler.
(Oh, ich sehe gerade, die wohnen/wohnten in Schlüchtern, ist das nicht in Deiner Gegend, Chiarina?)
 
Derlei würde ich niemals akzeptieren, denn es läuft auf eine nachträgliche Expropriierung eines Teils des ererbten Kulturgutes durch die Nazis hinaus. Bei konsequenter Anwendung des Gedankens, dass man nichts mehr anfassen dürfe, was die Nazis zu ihrer ideologischen Legitimation instrumentalisiert haben, dürfte man auch keinen Beethoven oder Brahms mehr spielen. Eine solche Einstellung ist alles andere als aufgeklärt, im Gegenteil, sie ist archaisch. Denn hinter ihr steht letztlich das alte Tabu, dass du nichts berühren sollst, was ein Deskrierter berührt hat, weil Du dich dadurch »ansteckst« und ebenfalls aus der Gemeinschaft der Rechtgläubigen ausschließst. Zum Instrument moralischer Überhebung über andere eigenen sich derlei Primitivismen wahrlich nicht.

So denkst Du, so denke ich. Wir beide aber wissen nur zu gut: Der Bruch dieses nationalen Tabus kann eine primitive, aber realiter existenzgefährdende Dynamik auslösen. Solche Archaismen überdauern sämtliche Aufklärungsphasen. Sie stecken in der jahrmillionenalten DNA von Säugetieren, die in Gruppen leben. Irgendeinem linken Spinner gelingt es immer, einen vermeintlichen Tabubruch herauszuklabustern, und oft genug gelingt es ihm, die ständig wachsamen Empörungsbataillone zu mobilisieren.

12 Jahre lang wurde "das deutsche VOLK" umgedeutet in etwas, das ebensolchen Archaismen entspricht: Eine hermetische In-Group der Überlegenen, der aufgrund ihrer Überlegenheit alles erlaubt ist gegenüber denjenigen, die nicht zur Großgruppe gehören und nur aufgrund dessen minderwertig sind. Da wurden viele Tabus mit Füßen getreten. Es ist denkbar, dass bei uns Deutschen ein besonders großes Misstrauen gegenüber Tabubrüchen entstand. Es waren schließlich zuerst die Nationalsozialisten, die hemmungslos Tabus brachen. Man erlebte "wohin das führte" (nachdem man selbst von den Vorteilen gebrochener Tabus profitierte) und erlitt ein komplexes nationales TRAUMA (das 3. innerhalb von 3 Jahrzehnten!!!)

Es ist ärgerlich, aber nachvollziehbar, dass in Deutschland transgenerationale Verunsicherungen entstanden sind.
Warum ausgerechnet in den letzten zwei Jahrzehnten so viel Toxizität den gesamtgesellschaftlichen Diskurs flutete, ist nicht so leicht nachvollziehbar. Ich denke schon länger darüber nach, komme aber zu keiner zufriedenstellenden Hypothese. Vielleicht hast Du eine?


"Volkslieder" sind keine "Kinderlieder". Mich wundert, dass die "Drei Chinesen" noch nicht der politischen Korrektheitspolizei zum Opfer gefallen sind. Wird das echt noch gesungen? Kaum zu glauben.

Früher gab es doch diese "Mundorgel". Daraus wurde die in den frühen Siebzigern noch gern gesungen. Nicht wenige Lieder daraus sind längst indiziert.

dass also Kinder mit den Texten nichts mehr anfangen könnten und deshalb diese Lieder nicht mehr zeitgemäß/am Leben der Kinder vorbei wären.

Ja, das stimmt auch. Ich deutete es oben an: Tor? Brunnen? Wandern? Die Begriffe werden noch erkannt, sind aber in anderen Kontexten geläufig. Der Inhalt vieler Volkslieder ist ohne Hintergrundinformation unverständlich ("irgendwie komisch"), weil das Setting bzw. die historische Bedeutung des Settings nicht verstanden wird. Man müsste oft einen historischen Exkurs schalten.

Was ebenfalls zurückschrecken lassen könnte, ist die Inhumanität, die in manchem alten Volksgut steckt (meistens allerdings schon biedermeierlich "entschärft" im 19. Jh., ebenso wie die derben Volksmärchen ad usum delphinorum emporgeläutert wurden).

Rapper rappen zwar noch viel expliziteren inhumanen Dreck. Trotzdem werden die Ergebnisse ihrer Kopremesis gekauft wie irre. Allerdings wird das Zeug m. W. noch (?) nicht im Unterricht "durchgenommen". :022:
 
@Barratt
@Ambros_Langleb

Vielen Dank für eure messerscharfen, sehr erhellenden (musik-)historischen Analysen. Ich finde das sehr spannend. Und ganz nebenbei liefern eure Ausführungen mir auch Ideen für die Einbindung von Volksliedern im Musikunterricht. Z.B. in der Oberstufe könnte man auf dieser Meta-Ebene durchaus arbeiten.
Rapper rappen zwar noch viel expliziteren inhumanen Dreck. Trotzdem werden die Ergebnisse ihrer Kopremesis gekauft wie irre. Allerdings wird das Zeug m. W. noch (?) nicht im Unterricht "durchgenommen“.
Hip-Hop und Rap werden unterrichtet. Die z.T. menschenverachtenden Texte sind beispielhaft auch Bestandteil des Unterrichts, aber immer vor dem Hintergrund der Frage, warum solche Aussagen in Rap-Texten vorkommen. Wenn die Schüler erkennen, dass es den entsprechenden „Künstlern“ vor allem um Provokation und das Geld der Kinder und Jugendlichen geht, ist die Einbindung in den Unterricht gelungen. Es muss nur diskutiert und problematisiert werden. Unreflektiert würde ich das niemals stehen lassen.
 
@Barratt "Früher gab es doch diese "Mundorgel". Daraus wurde die in den frühen Siebzigern noch gern gesungen. Nicht wenige Lieder daraus sind längst indiziert."

Echt? Daraus haben wir Anno Anfang der Siebziger im evangelischen Kinderchor gesungen. Hast du Beispiele ?
Das würde mich ja schon interessieren.:denken:
 
Heino und Ähnliches ist eben keine Volksmusik, sondern volkstümliche Musik.
Heino hat auch Lieder wie "Schwarzbraun ist die Haselnuss" gesungen, ein Volkslied aus dem 18. Jahrhundert, oder "Bergvagabunden". Letzteres soll zwar aus den 30er Jahren sein, klingt bei diesem Lied aber nicht durch. Wobei Volkslieder nicht unbedingt ewig alt zu sein brauchen, ist "La Montanara" nun einmal auch nicht und wurde ebenfalls von Heino gesungen.
Schaut man in anderer Richtung, beim Country oder Folk spielt das Alter ebenfalls keine Rolle, sonst würde ja nichts Neues mehr entstehen. Was gut ist, das bleibt erhalten und Neues kommt hinzu.
 

Heino hat auch Lieder wie "Schwarzbraun ist die Haselnuss" gesungen, ein Volkslied aus dem 18. Jahrhundert, oder "Bergvagabunden". Letzteres soll zwar aus den 30er Jahren sein, klingt bei diesem Lied aber nicht durch. Wobei Volkslieder nicht unbedingt ewig alt zu sein brauchen, ist "La Montanara" nun einmal auch nicht und wurde ebenfalls von Heino gesungen.
Schaut man in anderer Richtung, beim Country oder Folk spielt das Alter ebenfalls keine Rolle, sonst würde ja nichts Neues mehr entstehen. Was gut ist, das bleibt erhalten und Neues kommt hinzu.
Es gehört sicherlich zur Marketing-Strategie, dass die Grenzen zwischen echter Volksmusik und volkstümlicher Musik bewusst verwischt werden, um einen Anschein von Authentizität zu schaffen. Deshalb haben manche Schlagersänger der volkstümlichen Musik das eine oder andere echte Volkslied im Repertoire.

Ähnliches findet man auch in anderen Genres: Der Rock'n'Roll (eigentlich Rhythm&Blues) wurde ja z.B. auch von Peter Kraus vereinnahmt. Dessen "Tutti Frutti" hat ja mit dem Original nicht mehr viel gemein, diente aber dazu, die Aura des "wilden" Rockmusikers vorzutäuschen (und auch bei den skeptischen Eltern Akzeptanz für eine ursprünglich rebellische Musik zu schaffen, also letztlich den Umsatz zu erhöhen).
 
Zuletzt bearbeitet:
Ähnliches findet man auch in anderen Genres:
Bei Peter Kraus war der Rock 'n' Roll ja fürs elterliche Wohnzimmer irgendwie weichgespült oder so.

Wobei es bei Volksmusik aber noch das Problem gebe, das neuere Volksmusik weniger klar abgegrenzt ist. Musste jetzt erst einmal schauen:
Der Begriff Volksmusik kann für das 20. Jahrhundert nicht exakt festgelegt werden, möglich ist die Unterteilung:

Die Kategorie: Volksmusik und die Kategorie: Volkstümliche Musik entsprechen den beiden Bedeutungen.
Neue Volksmusik (auch Volxmusik genannt) will Jazz, Rock und Folklore mit tradierter, meist alpenländischer Volksmusik verbinden.

https://de.wikipedia.org/wiki/Volksmusik
 
Wie auch immer: Das, was ich, wie auch die Musikwissenschaft, mit Volksmusik meine, sind die mündlich tradierten, anonymen, nicht datierbaren und für den kollektiven Gebrauch bestimmten Volkslieder, die vor dem 19. Jahrhundert entstanden sind.
 
@Melegrian
Um die Noten und Stücke geht es nicht, sondern um die Vermittlung einer Musikkultur, die in Vergessenheit zu geraten droht* (siehe Eingangs-Beitrag).

* Oh je, klingt das sentimental. Und deutschtümelnd. Obwohl ich davon meilenweit entfernt bin. Es gelingt nicht einmal in solch einer Diskussion, den bitteren Beigeschmack loszuwerden. Andererseits: Paul Celan hat gesagt, nach Auschwitz ein Gedicht zu schreiben, sei barbarisch. Auch das sehen ja mittlerweile sehr viele sehr anders.

Allerdings wäre vielleicht vor ein paar Jahren das Verhältnis zu den genannten Begriffen ein anderes gewesen. Durch die Nutzung völkischer Sprache durch eine ganz bestimmte Gruppierung ist wieder einmal höchste Sensibilität gefragt.
 
Das klingt nicht sentimental, es klingt eher so, als hätte man Dich in der Schulzeit nicht mit deutschen Volkslieder jagen können, weil das zu meiner Zeit die Musik der älteren war und keine Musik für Jugendliche. Das war der Vater, der solche Platten im Schrank hatte, nicht der Sohn. Doch das ist ja nun über ein halbes Jahrhundert her.
Du kannst keinen etwas näher bringen, wogegen sich eine Abneigung auftut, insofern noch nicht vorhanden. Musik muss doch auch irgendwie seinen Empfänger erreichen. Aus dem englischsprachigen Raum sind mir bisher einige über den Weg gelaufen, die erfolgreich neuvertont wurden, aus dem deutschsprachigen Raum fällt mir dazu eher nichts ein.
 
Ich gehe immer Donnerstags in den Kindergarten. Da singe und tanze ich mit den Kindern. Ich spiele ausschließlich Volkslieder und die Kinder lieben diese Musik! Wer hat eigentlich die Idee in die Welt gesetzt, dass das Neue automatisch immer das Bessere ist? Im Kindergarten haben sie viele Kinder-CDs von Detlef Jöcker und ähnlichen Leuten, das meiste ist ziemlich übler, plärriger Mist und Kinder in diesem Alter sind nicht sehr kritisch, sie nehmen erstmal das was man ihnen vorsetzt und dann wollen sie nur noch das was sie kennen.

Meine Erfahrung zeigt mir, dass man es schon den ganz kleinen Kindern erklären kann, worum es in einem Lied geht (natürlich auf einfache Weise erklärt) und das das Lied aus einer anderen Zeit kommt und eine Lebensrealität beschreibt, die damals anders war als heute. Meistens finden die Kinder das sehr interessant und hören gespannt zu.

Bildung bedeutet für mich, wenn ich in der Position des Lehrers bin, dass ich eine Tür aufmache. Ich zeige Dinge, die die Kinder vielleicht nicht von sich aus suchen würden, oder die ihnen niemand vorsetzt. Wir alle wissen, dass Musik interessanter wird und man mehr darin findet, desto mehr man darüber weiß und sich damit beschäftigt. Man ist geprägt durch seine Sozialisation und hört die Dinge, die man da auf dem Weg so mit bekommt, was überhaupt nicht ausschließt, dass man andere Dinge auch schön finden könnte, wenn man den Weg dahin finden oder jemand einen Zugang ermöglichen würde.

Ich bin meinem Großvater sehr dankbar, dass er mit mir viel Musik gemacht hat. Ich saß bei ihm am Klavier und er hat z.B. "Die Blümelein sie schlafen" gespielt und mit mir gesungen. Ist schon klar, dass ein Schlaflied nicht so unbedingt der Sound ist, den Jugendliche hören wollen. Aber spätestens wenn sie mal selbst Kinder haben, werden sie es wohl bedauern, dass sie "nicht so richtig was vorsingen" können.

Der Ansatz, dass man Volkslieder nicht singen könne weil die Nazis diese Lieder gesungen haben, ist ein Totschlagargument. Wer eine solche Position vertritt, verlässt die Bodenständigkeit und begibt sich in den Bereich der Ideologie. Die Lieder konnten sich nicht wehren und sie haben auch keine "Schuld".

Die political correctness die heute "angesagt" ist, ist bei weitem überzogen. Gerade Kinder sollen eine gewisse Leichtigkeit und Unbeschwertheit erleben und ich möchte nicht alles auf die Goldwaage legen. Ich finde es bedenklich, wenn im voraus eilenden Gehorsam ein Volkslied nicht gesungen wird, um einer etwaigen Diskussion aus dem Weg zu gehen. In was für einer Gesellschaft wollen wir leben? Sollen vernünftige Menschen den Schreihälsen das Feld überlassen?

Das Problem wie man Volkslieder vermitteln kann, lässt sich im Ansatz nicht lösen in der Gymnasialstufe. Das müsste vom Kindergarten über die Grundschule schon mit Beachtung finden. Und es müssen auch nicht unbedingt super-peppige Harmonien für ein Volkslied verwendet werden. Sehr viele Volkslieder lassen sich ja im Prinzip nur mit Tonika und Dominante spielen - die heutige Pop-Musik kommt sehr oft auch nur mit 2-4 Akkorden aus, freilich im aufgedoppelten Klangewand mit viel Glitzer. Dabei macht man sich häufig nicht einmal mehr die Mühe, ein Intro und Outro zu komponieren und für Strophe und Refrain unterschiedliche Akkordfolgen zu benutzen. Die Einfachheit von Volksliedern kann nun wirklich kein Argument sein, dass man diese nicht bringen könne.
 
@Barratt "Früher gab es doch diese "Mundorgel". Daraus wurde die in den frühen Siebzigern noch gern gesungen. Nicht wenige Lieder daraus sind längst indiziert."

Echt? Daraus haben wir Anno Anfang der Siebziger im evangelischen Kinderchor gesungen. Hast du Beispiele ?
Das würde mich ja schon interessieren.:denken:
Eine Dokumentation jener Zeit - erinnert sich noch jemand an Fred Schecher und jazzig-poppige Arrangements deutscher und internationaler Volkslieder?:



Volksmusik und Chormusik sind nicht voneinander zu trennen.

LG von Rheinkultur
 

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