G
Gomez de Riquet
Guest
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Hallo, Mindenblues!
Da wir jetzt auf gescheite Art und Weise miteinander reden,
würde ich den Gedankenaustausch gerne vorantreiben.
Mozarts Weg zum freien Umgang mit dem musikalischen Material
ist sehr schwierig gewesen. "Frei" ist das entscheidende Stichwort -
in doppelter Hinsicht sogar: Er hat seine als hochgerühmt gepriesenen
ersten Werke unter Leopolds Aufsicht geschrieben; der väterliche Anteil
dürfte vorallem in der Korrektur der Stimmführung bestanden haben.
Ein zweiter Aspekt der Unfreiheit ist im kindlichen Imitationsbedürfnis
zu finden, das sich in der Aneigung fremder Tonfälle und Kompositions-
praktiken äußert (z.B. im Kontakt mit der Musik der Bach-Söhne).
Mozart hat es in der Imitation fremder Tonfälle dadurch zu großer Virtuosität
gebracht - zugleich hat sie aber die Entwicklung seines eigenen Tonfalls
verzögert. Als Opernkomponist hat er die Charakteristika seiner Musiksprache
wohl am frühesten entdeckt und weiterentwickelt.
Abere es ist bei ihm ein eigenartiger Mangel an Kontinuität festzustellen:
Das erreichte Komositionsniveau kann in den nächsten Werken schon
wieder über'n Haufen geschmissen werden, was sich vorallem auf Gattungen
mit höherem Kunstanspruch auswirkt: Zwischen Streichquartett und
Streicherserenade vermag er oft nicht so richtig zu trennen, sowenig
wie zwischen Serenade und Symphonie.
Zwei disziplinierende Ereignisse haben Mozarts kompositiorische Entwicklung
beeinflußt: der Kontakt zu und der Wettstreit mit Joseph Haydn, zu dessen
entwickeltem Quartett-Stil er ein Gegenbild entwerfen wollte, und der Kontakt
zum legendären Baron van Swieten, bei dem er Musik von J.S.Bach
und G.Fr.Händel kennengelernt hatte. Das muß um 1780 gewesen sein,
und seitdem hat Mozart die kompositorische Leichtlebigkeit verlassen.
Seine Skizzenbücher ziegen das Bemühen um den strengen Satz, aus dem
aber nix Historisierendes herausgekommen ist, sondern etwas ganz Neues:
z.B. die Kunst - wie im "Figaro" - vielstimmige Ensembles zu schreiben.
Bach ist nun wirklich ein extremer Mensch gewesen - auch für seine Zeit.
Seine Fähigkeit, in kontrapunktischen Bezügen denken, deren Resultat zugleich
funktionsharmonisch mehrschichtig und selten eindeutig klassifizierbar ist -
ist nicht nur für seine Zeit singulär; zur Nachahmung unbedingt empfohlen,
aber im sicheren Wissen um die Grenzen, die uns gesetzt sind.
Es ist für ausgebildete Kirchenmusiker zweifellos möglich, auf Zuruf eine
vierstimmige Fuge zu improvisieren - hat mich aber noch nie noch beeindruckt:
Man hört die immergleiche Anwendung von Taschenspielertricks.
Außerdem ist die Fuge als Kunstform historisierend-langweilig geworden,
ihren Sitz im Leben hat sie verloren (was schon für die Zeit Schumanns gilt).
Etwas anderes ist es, sich dieses konzentrierte Denken in Musik
für andere Zwecke nutzbar zu machen.
Herzliche Grüße!
Gomez
.
Hallo, Mindenblues!
Da wir jetzt auf gescheite Art und Weise miteinander reden,
würde ich den Gedankenaustausch gerne vorantreiben.
Mozarts Weg zum freien Umgang mit dem musikalischen Material
ist sehr schwierig gewesen. "Frei" ist das entscheidende Stichwort -
in doppelter Hinsicht sogar: Er hat seine als hochgerühmt gepriesenen
ersten Werke unter Leopolds Aufsicht geschrieben; der väterliche Anteil
dürfte vorallem in der Korrektur der Stimmführung bestanden haben.
Ein zweiter Aspekt der Unfreiheit ist im kindlichen Imitationsbedürfnis
zu finden, das sich in der Aneigung fremder Tonfälle und Kompositions-
praktiken äußert (z.B. im Kontakt mit der Musik der Bach-Söhne).
Mozart hat es in der Imitation fremder Tonfälle dadurch zu großer Virtuosität
gebracht - zugleich hat sie aber die Entwicklung seines eigenen Tonfalls
verzögert. Als Opernkomponist hat er die Charakteristika seiner Musiksprache
wohl am frühesten entdeckt und weiterentwickelt.
Abere es ist bei ihm ein eigenartiger Mangel an Kontinuität festzustellen:
Das erreichte Komositionsniveau kann in den nächsten Werken schon
wieder über'n Haufen geschmissen werden, was sich vorallem auf Gattungen
mit höherem Kunstanspruch auswirkt: Zwischen Streichquartett und
Streicherserenade vermag er oft nicht so richtig zu trennen, sowenig
wie zwischen Serenade und Symphonie.
Zwei disziplinierende Ereignisse haben Mozarts kompositiorische Entwicklung
beeinflußt: der Kontakt zu und der Wettstreit mit Joseph Haydn, zu dessen
entwickeltem Quartett-Stil er ein Gegenbild entwerfen wollte, und der Kontakt
zum legendären Baron van Swieten, bei dem er Musik von J.S.Bach
und G.Fr.Händel kennengelernt hatte. Das muß um 1780 gewesen sein,
und seitdem hat Mozart die kompositorische Leichtlebigkeit verlassen.
Seine Skizzenbücher ziegen das Bemühen um den strengen Satz, aus dem
aber nix Historisierendes herausgekommen ist, sondern etwas ganz Neues:
z.B. die Kunst - wie im "Figaro" - vielstimmige Ensembles zu schreiben.
Bach ist nun wirklich ein extremer Mensch gewesen - auch für seine Zeit.
Seine Fähigkeit, in kontrapunktischen Bezügen denken, deren Resultat zugleich
funktionsharmonisch mehrschichtig und selten eindeutig klassifizierbar ist -
ist nicht nur für seine Zeit singulär; zur Nachahmung unbedingt empfohlen,
aber im sicheren Wissen um die Grenzen, die uns gesetzt sind.
Es ist für ausgebildete Kirchenmusiker zweifellos möglich, auf Zuruf eine
vierstimmige Fuge zu improvisieren - hat mich aber noch nie noch beeindruckt:
Man hört die immergleiche Anwendung von Taschenspielertricks.
Außerdem ist die Fuge als Kunstform historisierend-langweilig geworden,
ihren Sitz im Leben hat sie verloren (was schon für die Zeit Schumanns gilt).
Etwas anderes ist es, sich dieses konzentrierte Denken in Musik
für andere Zwecke nutzbar zu machen.
Herzliche Grüße!
Gomez
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