Dauer Klavierabende

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11. Feb. 2007
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Hallo,

kann mir jemand erklären, warum Klaviersoloabende immer so ungefähr die gleiche Länge haben? Mal abgesehen von den Zugaben. Bei der Programmauswahl scheint man (= der Veranstalter?) Wert darauf zu legen, dass +- 90 Minuten befüllt werden. Gibt es dafür nur außermusikalische Gründe und ist es am Ende einfach nur Gewohnheit? Analog zu den 90 Minuten im Filmbusiness.

Manchmal finde ich es geradezu anstrengend so schnell von einem Stück zum anderen zu switchen, noch bevor der letzte Ton verklungen ist. Das ganze dann 4 oder 5 Mal hintereinander sorgt bei mir dafür, dass sich Eindrucke gar nicht setzen können, sondern vom nächsten Stück überdeckt werden. Schade um die schöne Musik.

LG, Sesam
 
Hallo,

kann mir jemand erklären, warum Klaviersoloabende immer so ungefähr die gleiche Länge haben? Mal abgesehen von den Zugaben. Bei der Programmauswahl scheint man (= der Veranstalter?) Wert darauf zu legen, dass +- 90 Minuten befüllt werden. Gibt es dafür nur außermusikalische Gründe und ist es am Ende einfach nur Gewohnheit? Analog zu den 90 Minuten im Filmbusiness.

Manchmal finde ich es geradezu anstrengend so schnell von einem Stück zum anderen zu switchen, noch bevor der letzte Ton verklungen ist. Das ganze dann 4 oder 5 Mal hintereinander sorgt bei mir dafür, dass sich Eindrucke gar nicht setzen können, sondern vom nächsten Stück überdeckt werden. Schade um die schöne Musik.

LG, Sesam
dafür gibt es einige Gründe ! 90 Minuten sind für einen Pianisten/in eine grosse Herausforderung, sehr anstrengend.
Für das Publikum ebenfalls, nach 90 Minuten ist führ viele die Aufnahmefähigkeit erreicht.
Würde man ein Konzert verkürzen oder verlängern so hätte dies für die Musiker und Veranstalter Nachteile, vor allem finanziell.
Diese 90 Minuten haben sich schon seit Ewigkeit eingebürgert und danach hat man sich gerichtet. Einen Saal zu mieten ist mit enorm viel Aufwand verbunden, das Personal
muss bezahlt werden und dies richtet sich nach einem Tarif, damit sind verbunden
Zeit vor und nach dem Konzert.
Dann kommt noch ein Aspekt dazu, häufig fangen die Konzerte um 20 Uhr 15 an.
Viele Zuhörer kommen mit öffentlichen Verkehrsmittel, die ab einer gewissen Zeit abends, den Verkehr einstellen.
Du sieht es hängt vieles von diesen 90 Minuten ab. Auch die Längen der einzelnen Kompositionen spielt eine Rolle, würde man längere Pausen einhalten, müsste man reduzieren und ob dies Gefallen würde , ist die zweite Frage.
 
Auch die Länge der einzelnen Kompositionen spielt eine Rolle, würde man längere Pausen einhalten, müsste man reduzieren und ob dies Gefallen würde, ist die zweite Frage.

Schöne Idee! Sorabjis Monstermusik ins 90-Minuten-Format eingepaßt, bei einer zwanzigminütigen Konzertpause (um den Sekt und die Lachshäppchen loszuwerden) auf nur noch 70 Minuten reduziert: "Die schönsten Momente aus dem 'Opus clavicembalisticum'" - für Sie zusammengestellt von..."

Sorabji's noch nie gehört!
 
Lieber Destenay,

Danke für deine Ausführungen, du weißt ja, wovon du sprichst :-)

Ich nehme mal an, dass die finanziellen Gründe und die Erwartungshaltung des Publikums am schwersten wiegen. Kann ich mir schon vorstellen, wenn nach 60 Minuten im Saal die Lichter ausgehen, da fühlen sich viele wahrscheinlich um ihr Geld betrogen. Das ist so eine gewisse Mentalität.

Nicht zu unterschätzen so profane Dinge wir Hunger. Auch ich habe mich dabei schon ertappt, wie ich vom Fokus auf die Bühne zur imaginäre Speisekarte abgetriftet bin. Passierte aber wirklich nur in langweiligen Konzerten.

Gestern war ich in München in einem Konzert (allerdings Kammermusik) mit UNTER ANDEREM einer Uraufführung von Vladimir Genin. Das alleine hätte mir schon gereicht. Mit auf dem Programm standen aber noch Beethoven, Bartok und Ravel. Uff!! Es war toll, aber ganz schön viel. Mir hat es gereicht und ich wäre schon mit der Hälfte des Programms happy gewesen.
Morgen bin ich in Berlin, da sieht es etwas anders aus. Auch wieder ein Klavierabend mit vom Veranstalter vorgegebener Länge. Die Programmauswahl wurde aber so gestaltet, dass ein impliziter roter Mottofaden , das Konzert durchzieht (Variationen oder Variationenähnliches von Mozart, Brahms, Haydn und Schumann), man also die Stücke in ihrer Abfolge besser fassen kann und sie nicht miteinander konkurrieren.

Bin ich eigentlich die einzige hier, die mit der Länge oder manchmal auch Kürze von Konzerten hadert?

LG, Sesam
 
Schöne Idee! Sorabjis Monstermusik ins 90-Minuten-Format eingepaßt, bei einer zwanzigminütigen Konzertpause (um den Sekt und die Lachshäppchen loszuwerden) auf nur noch 70 Minuten reduziert: "Die schönsten Momente aus dem 'Opus clavicembalisticum'" - für Sie zusammengestellt von..."

Sorabji's noch nie gehört!
ich meinte bestimmt nicht eine Komposition zu kürzen :-) bei einem Lang Lang, würde ich mir Gedanken darüber machen , da würden ich lieber einen Hund verspeisen.:-(
 

Gegenfrage - was schlägst du denn als Länge für einen Klavierabend vor?
 
Kann ich nicht beantworten, weil ich ja gerade an den "äußeren" Maßstäben für die Konzertdauer zweifle. Da wäre es ziemlich widersinnig, wenn ich jetzt sage 70 Minuten und 32 Sekunden darf es dauern.

Aber meine Ausgangsfrage richtete sich eher danach, woher diese +- 90 Minuten kommen. Natürlich ist es auch eine Antwort zu sagen: weil das immer schon so war.

LG, Sesam
 
woher diese +- 90 Minuten kommen. Natürlich ist es auch eine Antwort zu sagen: weil das immer schon so war.
zwei mal je eine Stunde (weil die Uhren nunmal so eingerichtet sind)
aber:
die erste Stunde cum tempore, als statt 20.00-21.00 20.15.-21.00
konsequent werden der zweiten Stunde ebenfalls 15min abgezwackt
schließlich will man ja auch ne Pause und Zugaben

zwei Stunden für ein Konzert hatten sich peu a peu nach den Mammut-"Akademien" (mit mehreren Pausen und gemischten Programmen) im 19. Jh. etabliert.
 
Bin ich eigentlich die einzige hier, die mit der Länge oder manchmal auch Kürze von Konzerten hadert?
Hallo Sesam,

Ich denke, es liegt viel am Musiker einen großen Bogen zu spannen. Er hat es in der Hand, dass man nicht gelangweilt ist, und am Ende das Gefühl hat, dass das Ende genau an der richtigen Stelle stattfindet. Das Dargebotene hinterlässt ja auch einen Gesamteindruck, selbst wenn die Musik längst erschallt ist. Mitnehmen vom Konzert kann man nur den Gesamteindruck, also etwas, dass einen Beginn hatte, eine "Handlung" und ein Ende. (und eine Reprise, die im Kopf stattfindet) Die Länge in Absoluta ist dabei gar nicht das Wesentliche. Über die "Zeit" die erlebt wird, entscheidet der Musiker beim Konzert.

Manch Vortragenden hört man gerne zu und er zieht einem in seinen Bann. Bei dem würde jedes Ende "zu früh" kommen. Beim Nächsten ist man froh, wenn es vorbei ist. Vielleicht sitzt er sogar da, und denkt sich das Gleiche. Vielleicht verwechselt er Musik mit Leistungssport. Du denkst Dir dann: Der Typ da vorne auf der Bühne strengt sich zwar an, aber es geht an mir irgendwie vorbei. Er hat mich nicht abgeholt. Er erzählt es nicht mir! Wenn ich es höre kommt es mir vor, als tut er es nur für sich... Solche Abende dauern zu lange, gleich ob es in einer Stunde vorbei ist. Eine Stunde beim Zahnarzt ist auch zuviel :-D

Ich glaube, Musik hat sehr viel mit Zauberei zu tun. Man guckt einem guten Zauberer zu, der einem durch eine (fürs Publikum) erschaffene Realität führt, welche in Wirklichkeit in diesem Moment "erzeugt" wurde. Er kreiert die Realität des Publikums von Beginn an und führt es hindurch. Am Ende ist man vollkommen Perplex wie das nun funktionierte und man fragt sich nicht, wie lange das gedauert hat. Man fragt sich vielleicht: "Könnte ich auch fliegen?" Es ist einfach phantastisch! Führt er hingegen nicht gut durch seinen Trick, erkennt man vielleicht gar nicht, wenn es vorbei ist. Man fragt sich möglicherweise: Wo war da jetzt der Trick dabei? Er hat das Publikum nicht abgeholt.. Am Ende wird man sich fragen: Ist es schon aus? oder: Wie lange hat jetzt die Vorstellung gedauert?

Fazit: Die wirklich guten Momente sind, wenn man sich nicht fragt, wie spät es ist. Sie dauern so lange sie dauern und man guckt dabei nie auf die Uhr. Nicht während und nicht danach!

LG
Michael
 
Applaus für Micha!
 
Perfekte Beschreibung, was ein gutes Konzert ausmacht und weshalb die Zeit sekundär ist.
 

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