Dauer Klavierabende

Micha: Für den guten Beitrag.
Ich habe gar nicht gemerkt, wie lang oder kurz er war. Er war einfach gut.
 
Lieber Micha,
Vielleicht sitzt er sogar da, und denkt sich das Gleiche. Vielleicht verwechselt er Musik mit Leistungssport. Du denkst Dir dann: Der Typ da vorne auf der Bühne strengt sich zwar an, aber es geht an mir irgendwie vorbei. Er hat mich nicht abgeholt.
ein toller Beitrag, nur eines möchte ich gerne ergänzen. Ein professioneller (oder professionell agierender) Musiker auf der Bühne wird immer versuchen, sein allerbestes zu geben (auch Mick hat das einmal so betont).

Ich denke, kein Musiker steht auf der Bühne mit dem Hintergedanken, Leistungssport betreiben zu wollen, oder mit dem Gedanken im Hinterkopf "hoffentlich ist es bald vorbei".

Was aber sehr wohl passieren kann, ist, daß die Art der Präsentation einen persönlich nicht anspricht. Dafür berührt es möglicherweise Andere.

Wahrscheinlich denkst Du sowieso genauso. Mir war es nur wichtig, das noch einmal erwähnt zu haben.

Schönen Gruß
Dreiklang
 
Ja Micha, ein schöner Beitrag. Genau wie du es beschrieben hast, habe ich es mit wechselnden Vorzeichen oft erlebt. Die Zeit ist im Hinblick auf die Musik wirklich sekundär. Vielleicht noch eine Frage an die regelmäßig professionell Konzertierenden hier: wie laufen Programm"verhandlungen" zwischen Künstler und Veranstalter ab? LG, Sesam
 
Wahrscheinlich denkst Du sowieso genauso.
Ich meinte es so wie ich es sagte!
Ist es eine Sportveranstaltung, oder ist es ein Konzert? Manche Menschen verirren sich ja auch und wollten vielleicht ein Fußballmatch besuchen - doch selbst diese werden vom Chef der Bühne abgeholt.
Ich habe mich auch schon mal verirrt (jetzt kein klassisches Konzert) und war dann ganz froh darüber, dass ich da hinein geraten war.

LG
Michael
 
Ich meinte es so wie ich es sagte!
Ist es eine Sportveranstaltung, oder ist es ein Konzert? Manche Menschen verirren sich ja auch und wollten vielleicht ein Fußballmatch besuchen - doch selbst diese werden vom Chef der Bühne abgeholt.
Okay ;)

Im übrigen, passiert dies vor allem dann, wenn der Musiker wirklich in der Lage ist, Musik mit der zu ihr passenden Ästhetik umzusetzen, kurz, in der Lage ist, schöne Musik zu machen.

Dann wird er alle (die meisten) Menschen damit abholen können. Auch die weniger "musikalischen", auch die weniger "musikalisch gebildeten", sogar die "eher weniger musikalisch Interessierten".

Ist natürlich nur eine persönliche Beobachtung von mir - die sich aber schon oft bestätigt hat.

(und vorsichtshalber schränke ich diese Aussage mal auf Kunstmusik-Konzerte ein - es gibt ja auch noch jede Menge andere Konzerte).

Man kann auch sagen: wenn Frau Musica eingeladen wurde, und auch bereit ist, zu bleiben, kann es eigentlich nur ein gelungener Abend werden.
 
Lieber Destenay,

Danke für deine Ausführungen, du weißt ja, wovon du sprichst :-)

Ich nehme mal an, dass die finanziellen Gründe und die Erwartungshaltung des Publikums am schwersten wiegen. Kann ich mir schon vorstellen, wenn nach 60 Minuten im Saal die Lichter ausgehen, da fühlen sich viele wahrscheinlich um ihr Geld betrogen. Das ist so eine gewisse Mentalität.

Nicht zu unterschätzen so profane Dinge wir Hunger. Auch ich habe mich dabei schon ertappt, wie ich vom Fokus auf die Bühne zur imaginäre Speisekarte abgetriftet bin. Passierte aber wirklich nur in langweiligen Konzerten.

Gestern war ich in München in einem Konzert (allerdings Kammermusik) mit UNTER ANDEREM einer Uraufführung von Vladimir Genin. Das alleine hätte mir schon gereicht. Mit auf dem Programm standen aber noch Beethoven, Bartok und Ravel. Uff!! Es war toll, aber ganz schön viel. Mir hat es gereicht und ich wäre schon mit der Hälfte des Programms happy gewesen.
Morgen bin ich in Berlin, da sieht es etwas anders aus. Auch wieder ein Klavierabend mit vom Veranstalter vorgegebener Länge. Die Programmauswahl wurde aber so gestaltet, dass ein impliziter roter Mottofaden , das Konzert durchzieht (Variationen oder Variationenähnliches von Mozart, Brahms, Haydn und Schumann), man also die Stücke in ihrer Abfolge besser fassen kann und sie nicht miteinander konkurrieren.

Bin ich eigentlich die einzige hier, die mit der Länge oder manchmal auch Kürze von Konzerten hadert?

LG, Sesam

Servus Sesam, hat da eigentlich Vladimir auch selber gespielt? Das hätte auch gereicht, um ein Konzert beliebiger Länge durchzuhalten :). Vor allem weil, meines Wissens, seine Auftritte extrem selten sind, oder?

Aus Deinem Beitrag kann ich entnehmen, dass Du wohl auch einen langen Weg zurücklegst, um Elisso Konstantinovna live zu hören. Hast Du morgen Lust mal vor dem Konzert irgendwo zu treffen?

Zu dem Thema fällt mir gerade eine schöne Erinnerung ein: Ich war mal bei einem Konzert der Klavierklasse von Elisso Virsaladze, das irgendwie um 7pm oder so losging, und als letztes hat damals noch Alexei Zuev um halb eins in der Nacht Petruschka, noch irgendwas krasses und Liszt's 15. Hungarische Rhapsodie gespielt. Ich habe das gesamte Programm total genossen, obwohl ich damals direkt von der Arbeit hingekommen bin (um ca. 30 min verspätet). Und 3 Stunden nach dem Konzert musste ich wieder zur Arbeit aufstehen. Wenn die Musik gut ist, verläuft die Zeit auch etwas anders.
 
Ich habe übrigens mal irgendwo gelesen (bin mir aber nicht Sicher, ob das Wahrheit oder ein Märchen ist), dass viele Konzerte des legendären Anton Rubinstein teilweise bis zu 4 Stunden dauerten. Ich glaube das war auch der Fall bei der Serie seiner legendären Konzerte am Moskauer Konservatorium, wo er in 30 Recitalen die gesamte Klavierliteratur beginnend ab Bach vortrug.
 
Ich habe übrigens mal irgendwo gelesen (bin mir aber nicht Sicher, ob das Wahrheit oder ein Märchen ist), dass viele Konzerte des legendären Anton Rubinstein teilweise bis zu 4 Stunden dauerten. Ich glaube das war auch der Fall bei der Serie seiner legendären Konzerte am Moskauer Konservatorium, wo er in 30 Recitalen die gesamte Klavierliteratur beginnend ab Bach vortrug.

Im Anhang von Maurice Hinson "Guide to the Pianist's Repertoire" sind sieben Programme aus dieser Serie (1885/86) abgedruckt; dazu u. a. noch einige Busoni-Programme (Liszt-Reihe in Berlin, Oktober-Dezember 1911). Ich habe jetzt nicht nachgerechnet, aber es waren auf jeden Fall sehr umfangreiche Klavierabende (zu beachten, der Hauptteil von Programm 6 kommt erst auf der dritten Seite oben :-)).

Rubinstein1.jpg Rubinstein2.jpg Rubinstein3.jpg
 
Hallo Alexius, ui noch ein Claviot morgen in Berlin bei Wirssaladze. Ich schreib dir ne PN!
 
Und nein, Vladimir Genin hat nicht selbst gespielt. Seine Komposition war eine Violinsonate. Die ausführenden Künstler waren Valeriy Sokolov (Violine) und Olga Domnina (Klavier). Erste Sahne! Der Komponist war aber zugegen und hat sich sympathischerweise als Umblätterer zur Verfügung gestellt :-)

Tut hier zwar grad nix zur Sache, aber ich habe bei dieser Gelegenheit das erste Mal einen Fazioli 308 zusammen mit einer Stradivari live gehört. Ja, das hat was. Sehr sexy!
 
Zuletzt bearbeitet:

@ Pianovirus: Vielen Dank für diesen Hinweis auf Anton Rubinstein. Das knüpft ja auch ein bißchen an Rolfs Auskunft mit den Akademien noch früher an. Und irgendwie bestätigt das auch mein Gefühl, dass früher natürlich nicht nur alles besser war ;-), sondern die Künstler das Programm noch selbständiger gestalten konnten. Zumindest was den Umfang betrifft. Vielleicht ist es aber auch dem Umstand geschuldet, dass ohne Aufnahme/Wiedergabetechnik der live-act die einzige Möglichkeit war, Musik zu hören. Diese Möglichkeit sollte dann natürlich nicht zu knapp bemessen sein.

LG, Sesam
 
Ich habe übrigens mal irgendwo gelesen (bin mir aber nicht Sicher, ob das Wahrheit oder ein Märchen ist), dass viele Konzerte des legendären Anton Rubinstein teilweise bis zu 4 Stunden dauerten.
manchmal war das auch in Hans von Bülows und Ferrucio Busonis Konzerten so - aber insgesamt waren solche Mammut-Soloveranstaltungen nicht die Regel.
 
Perfekte Beschreibung, was ein gutes Konzert ausmacht und weshalb die Zeit sekundär ist.

die Zeit mag sekundär sein ! spielt aber trotz allem eine grosse Rolle.
Bei der Programmgestaltung wird mit Minuten gerechnet. Ich habe erst vor kurzem wieder erlebt, dass mir die Veranstalter für ein Konzert einer Pianistin mitgeteilt haben, dass Konzert gehe ca. 9 Minuten über die Zeit, das Programm müsse der Zeit angepasst werden.
Ja und dann kommt die Sch.....se. Was machen, wenn der Pianist/in nicht will, diskutieren diskutieren und eine Lösung finden. Das mag lächerlich tönen, läuft aber häufig so.
 
Eine Sportveranstaltung wie Marathon :-D
Ich wusste ja, wir landen beim Sport^^
oh, ich wusste noch nicht, dass die Herren von Bülow, Busoni, Rubinstein nach dem letzten Akkord einen Bändel durchrennen, auf Treppchen steigen (und dort effektvoll phallisch Champagner versprühen) und dann im ZDF-Sportstudio interviewt werden... ;-);-);-) hast du Handyvideos von solchen Klaviersportevents?...
 
Übrigens sollte man das tun, wenn man etwas über Entschleunigung erfahren will. Der Film dauert 4 Stunden. Marathon für Cineasten :-)
 

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