Konzertprogramme für Klavierabende

(mit empörtem Unterton) da sieht man´s mal wieder, diese kulturlosen Russen... statt eines edlen Bachschen Praeludiums gleich so ein langes virtuoses Showstück... degoutant sowas :D:D

Eines sollte man nicht vergessen, Kultur hin oder her. Wenn ein Virtuos es schafft, ein älteres Publikum gleich mehrfach von den Sitzen und zu anstrengenden Jubelstürmen hinzureißen, dann ist das ein ganz hervorragendes Herz-Kreislauf-Training. Die SWICA wird's danken!

Die sonntägliche Sitzen-Stehen-Knien-Übung wird ja leider immer weniger gewissenhaft wahrgenommen. :mrgreen:
 
Ich will nochmal klarstellen, dass ich absolut gar nichts gegen virtuose Zugaben habe - ganz im Gegenteil, ich finde sie ganz hervorragend!
Mir gehts lediglich um die Zugabe bei diesem speziellen Programm. Da fände ich sie - vielleicht - nicht so geeignet.
 
...dass Rachmaninovs d-Moll Konzert kein Soloabend ist, brauchen wir sicher nicht weitschweifig diskutieren ;)

Was ist ein virtuoses Soloprogramm? Wann ist ein Programm so virtuos, dass danach Zugaben wie Skrjabins patetico oder Liszts La Campanella wirkungslos verpuffen?

...also ganz ehrlich: mich wundert die hier vorgebrachte quasi moralisierende Scheu davor, dass das Integrieren kurzer hochvirtuoser Stücke in Zugabenfolgen mehr oder weniger Usus geworden ist (und zwar seit langem) - - am Ende ist man gar noch so weit, dass die Programme selber nur noch aus dem Album für die Jugend bestehen, damit auf keinen Fall unzüchtige Verdachtsmomente aufkommen... ...

Ei Rolf,

ich habe nach wie vor nichts gegen virtuose Zugaben, was ich bereits geschrieben und hier noch einmal betonen möchte. Daher beziehe ich die von dir als "moralisierende Scheu" betitelte Einstellung nicht auf mich. Du musst hier die Virtuosität nicht verteidigen, ich habe ihre Existenzberechtigung in Zugaben nie in Frage gestellt ;)

Dass Rach 3 kein Soloabend ist, ist klar - es stand nur beispielhaft für die Art von Stücke, die ich meine.

Natürlich kann man jederzeit die Campanella bringen (sofern man sie denn so beherrscht, dass sie wirken kann ;)) - "wirkungslos verpuffen" wird sie NIE, da bin ich mir ebenfalls sicher. Aber sie kann viel von ihrem Glanz einbüßen, wenn sie, sagen wir es mal als übertriebens Bsp., nach einem Soloabend als Zugabe gespielt werden würde, in dem alle 24 Chopin Etüden gespielt wurden. Nicht, dass die Campanella dann als Stück weniger wert wäre, um Gottes Willen nein - vielmehr ist der normale Zuhörer dann schon übersättigt an Stücken dieser Art und sie würde viel besser wirken, wenn sie hinter einem nicht so virtuosen Programm gespielt werden würde. Den 24 Chopin Etüden gegenüber würde meiner Ansicht nach beispielsweise ein viel ruhigeres Stück als Kontrast dazu besser wirken.

Bei Blütes Programm könnte sie meiner Ansicht nach durchaus auch eine virtuose Zugabe geben - aber nur, wenn sie sich damit wohl fühlt. Wenn sie es so nicht empfindet, sondern ein ruhigeres Stück dahinter "braucht", dann soll sie ein Stück anderer Art spielen, da sie ja nur das ins Publikum wirklich gut tranportieren kann, was sie auch empfindet.

Liebe Grüße,
Partita
 
...wie schön, dass alles einhellig keinerlei Bedenken gegenüber der gängigen Praxis virtuoser Zugaben hat - - sicherlich war es ein böser Teufel, ein Dämon, ein Djinn, ein Nachtmahr, der in diesen Faden die innovative Wortkombination "musikalische Selbstbefriedigung" eingeschmuggelt hatte...
:mrgreen::mrgreen::mrgreen::mrgreen:
(und bitte: nicht nachträglich selbstzensieren bzw. retouschieren/löschen)

La Campanella wirkt auch nach 24 Choptinetüden noch - die ist nämlich ziemlich anders, und damit eine Abwechslung.
 
...sicherlich war es ein böser Teufel, ein Dämon, ein Djinn, ein Nachtmahr, der in diesen Faden die innovative Wortkombination "musikalische Selbstbefriedigung" eingeschmuggelt hatte...
(und bitte: nicht nachträglich selbstzensieren bzw. retouschieren/löschen)

Rolf!! :)

Erstens lösche ich meine Beiträge nicht, da ich mir bereits während des Schreibens über das Gedanken mache, was ich gerade schreibe und somit keinerlei Notwendigkeit sehe, es zurückzunehmen. Zweitens bist du gerade dabei, mich aufs Korn zu nehmen, das habe ich sehr wohl bemerkt. :mrgreen:

"Musikalische Selbstbefriedigung" war selbstverständlich nicht das Werk irgendeines Teufels (es sei denn, du meintest mich damit! ha!), nein, sondern es ist meine eigene Wortkreation, zu der ich gerne stehe. Dass in mir Dämonen walten, wage ich zu bezweifeln, kann dies aber nicht völlig von mir weisen. Man muss für manche Dinge auch sehr verrückt sein und das bin ich dann durchaus auch einmal sehr gerne.

Kurzum: Für manche mag eine sehr virtuose Zugabe nach virtuosem Programm wie musikalische Selbstbefriedigung wirken - schade wäre es, würde das Publikum dies aus der Zugabe heraushören anstatt deren Schönheit. Nur darum ging es mir und das wirst du mir zubilligen müssen, wenn du nochmal genau meine Beiträge nachliest. Aber ich gestehe es dir ebenso zu, dich darüber zu amüsieren - bin ich doch höchst erfreut, Leute noch aufs Höchste erfreuen zu können. Es wäre schade, wenn ich dazu nicht mehr taugen könnte.

herzliche Grüße,
Partita, für die du sicher jederzeit die Campanella spielen darfst, auch nachdem du mir 24 Chopin-Etüden gespielt hast :)
Von mir aus kannst du auch gerne noch die restlichen Liszt Etüden und die Chopin Scherzi hinterher spielen, ich kann damit bestens umgehen :)
 
"Musikalische Selbstbefriedigung" war selbstverständlich nicht das Werk irgendeines Teufels (es sei denn, du meintest mich damit! ha!), nein, sondern es ist meine eigene Wortkreation, zu der ich gerne stehe.
also wenn das nicht durch dämonische Mächte in Deinen Beitrag geschmuggelt worden ist, sondern tatsächlich und wohlüberlegt von Dir stammt und bewußt so formuliert worden ist... hm... ja, auf sowas muss man erst mal kommen oder anders gesagt: solche innovativen Wortkombinationen gelingen nicht jedem :mrgreen::mrgreen::mrgreen:
 
Hallo Stilblüte,
Ich habe erst jetzt Deinen Faden gesehen, weil ich nur wenig im Forum unterwegs bin.

Die vier Chopin-Balladen hintereinander sind o.k. - Dann Pause.
Dann den Ravel - ebenfalls prima. Viel Romantik, ist auch o.k.

Die Sache mit der Zugabe - meines Erachtens sollte der Interpret des Abends in seinem progammmäßig abgesteckten Rahmen bleiben.
Ich finde von der Geschlossenheit des Vorgetragenen den Bach programmfremd.

Will heißen: Du hast den Polen Chopin und den Franzosen Ravel. Da wäre ein Couperin, Rameau, Debussy etc. angebrachter, auf der anderen Nationalitätenseite ein Moszkowski o.ä. Hattest Du nicht mal an einem (spanischen) Moszkowski gearbeitet? - Das wäre ein echter Kracher. Es gibt da noch die Carmen-Fantasie von Moszkowski - beides zusammen, und ein Erz-Kracher. - Von Saint-Saens gibt es hübsche Etüden für die linke Hand, wäre auch mal was.

A propos Kracher: nach einem so anspruchsvollen und (trotz aller "Leichtigkeit" und "entspanntem Spiel") anstrengenden Programm sich noch auf einen richtigen Kracher zu stürzen würde ich mir nicht unbedingt antun.
Möglicherweise geht es Dir dann so wie mir einmal: ich war heilfroh, das reguläre Programm ansprechend über die Bühne gebracht zu haben und hatte nur noch Kracher als Zugaben vorbereitet. Die hatte ich mir nicht mehr getraut zu spielen und der Abend blieb ohne Zugaben.

Kalkuliere auch einen schlechten Tag ein. - Hast Du unmittelbar vor der Zugabe nicht die Toccata zu spielen? Motorik und Konzentration der Oberklasse. Als erste Zugabe unbedingt was Ruhiges!

Ich wünsche Dir eine gute Hand beim Zusammenstellen, bei der Organisation des Konzerts und nicht zuletzt beim Vorspiel!

Du hältsts "uns" doch auf dem Laufenden!?

Viele Grüße

Walter
 
Die Sache mit der Zugabe - meines Erachtens sollte der Interpret des Abends in seinem progammmäßig abgesteckten Rahmen bleiben.
Ich finde von der Geschlossenheit des Vorgetragenen den Bach programmfremd.

Will heißen: Du hast den Polen Chopin und den Franzosen Ravel. Da wäre ein Couperin, Rameau, Debussy etc. angebrachter,
Wieso passen Couperin und Rameau, aber Bach nicht? Barockmusik zeichnet sich doch durch einen recht internationalen Stil aus.

Ansonsten darf man mit Zugaben alles machen, außer das Publikum zu langweilen - es gibt keinen notwendigen Grund, bei einem Chopin-Ravel Programm auf eine Skrjabinetüde als Zugabe zu verzichten.

Und erst eine ruhigere, danach eine aufwändigere Zugabe - das ist immer ok.
 
Hallo,

jetzt noch in aller Kürze:

nach Ravels Le Tombeau de Couperin einen originalen Couperin zu spielen hat doch was!
Stilblüte muss sich doch bestimmt auch mit Couperin beschäftigen, wenn sie den Ravel einstudiert!

Walter

P.s.:

Man kann zwei Extremen nachhängen:
Entweder spielt man Stücke, die man mehr oder weniger zufällig gelernt hat und die zeigen, wie gut man doch spielen kann - ein buntscheckiges Programm,
oder man lernt seine Stücke gezielt für ein thematisch abgeschlossenes Programm, vielleicht auch zwei für sich abgeschlossene Programmteile.
Die meisten konzertierenden Pianisten finden sich da irgendwo zwischen drin.
Die Frage, an welcher Stelle dieses Spektrums heute ein Solo-Programm anzusiedeln wäre, wäre mal einen extra Faden wert - oder gab es schon mal so einen?
 
Man kann zwei Extremen nachhängen:
Entweder spielt man Stücke, die man mehr oder weniger zufällig gelernt hat und die zeigen, wie gut man doch spielen kann - ein buntscheckiges Programm,
oder man lernt seine Stücke gezielt für ein thematisch abgeschlossenes Programm, vielleicht auch zwei für sich abgeschlossene Programmteile.
Die meisten konzertierenden Pianisten finden sich da irgendwo zwischen drin.
Die Frage, an welcher Stelle dieses Spektrums heute ein Solo-Programm anzusiedeln wäre, wäre mal einen extra Faden wert - oder gab es schon mal so einen?
schwingt da nicht eine leicht vorurteilsbehaftete Wertung mit? Für mich liest sich das so, als ob das erste "Extrem" etwas unseriöser, das zweite hingegen seriöser seie - beidem kann ich nicht zustimmen.

...irritierend ist die Formulierung "die zeigen, wie gut man doch spielen kann"... lieber Walter, tut man das denn nicht gemeinhin ohnehin schon mit dem Konzertprogramm selber??... wie gut man spielen kann, das kann man mit aufwändigen und schlichten Klavierwerken tun.

...die Tatsache, dass manche beliebte schwierige Konzertetüde oft in Zugaben Verwendung findet, sagt über die musikalische Qualität dieser Zugabe gar nichts aus - aber erfeulicherweise befinden sich unter solchen Zugabe-Zugpferden Musikstücke von höchster musikalischer Qualität: z.B. die Etüde op.8 Nr.12 von Skrjabin (die nicht grundlos mit einem Gedicht von Alexander Blok assoziiert wurde). Und mit dieser Etüde zeigt man hinterher nicht als Hauptanliegen, wie gut man spielen kann (denn das ist doch platte Vorausestzung, um überhaupt Zugaben zu spielen), sondern man bietet den Hörern ein kurzes, hoch expressives und leidenschaftliches Musikstück.
Und auch bei Zugaben, so mehrere durch entsprechenden Beifall gefordert werden, ist eine ganz normale Spannungssteigerung allgemeiner Usus. Ich kann nichts, aber auch absolut nichts Verwerfliches daran finden, dass nach einem Nocturne eine Etüde und evt. ein russischer Tanz gespielt werden - - aber das quasi musikmoralisiernde Abwerten, welches zumeist mit bestenfalls diffusen Gründen virtuose Stücke betrifft, das halte ich für verwerflich.

Ansonsten: wer Zugaben spielt bzw. spielen darf und kann, der wird diese zumeist aus kürzeren Stücken, die man schon lange und darum auch sicher kann, rekrutieren.
 
Hallo!

Wie bereits mehrfach erwähnt ist nichts dagegen einzuwenden, alle vier Balladen hintereinander zu spielen. Kissin hat das nicht nur letztes Jahr, sondern bereits in den 90ern (und natürlich viele andere vor ihm) gemacht. Da spielte er unter anderem La Campanella als Zugabe, was er letztes Jahr spielte wurde ja bereits geschrieben.

2006 spielte Kissin (ja, ich bin Kissin-Fan) alle vier Scherzi hintereinander. Die Zugabenserie hat mir bei diesem Konzert sehr gut gefallen und könnte auch nach deinem Konzert passen.

1. Schostakovich - Etüde in b-moll Op.4 No.3 (wunderschön und selten zu hören)
2. Chopin - Etüde Op.10 No.4
3. Liszt - Ungarische Rhapsodie No.10

Letztere hat die Vorteile, dass sie eine der kürzeren Rhapsodien ist und nicht ganz so oft gespielt wird, wie die zweite oder die sechste. Sie hat etwas Lockeres und Heiteres. Ich muss bei den Glissandi immer wieder schmunzeln. Außerdem ist es ein anspruchsvolles und virtuoses Stück mit Show-Effekt das einen schönen Abschluss für ein Konzert gibt.

Eine schöne Zugabe finde ich auch die Liszt-Transkription von Schumanns Widmung. Dieses Stück ist im Vergleich zu vielen anderen typischen Zugabestücken technisch nicht ganz so fordernd. Trotzdem hat das Stück einen tollen Klang, eine rührende Melodie und einen beeindruckenden Mittelteil, der schwerer klingt, als er ist.

Wenn du keine Mühe mit schnellen und weiten Sprüngen hast und auch sonst technisch sattelfest bist (wenn du die vierte Ballade spielen kannst, bist du das wohl), könntest du ein paar Ungarische Tänze von Brahms als Zugabe spielen. No. 1,2 und 6 würden sich zum Beispiel sehr gut eignen, da sollte man aber vielleicht noch etwas ruhiges von Chopin vorher spielen. Schubert/Liszt Soiree de Vienne No.6 fällt mir noch spontan als schöne Zugabe ein. Die bereits erwähnte Skrjabin-Etüde passt auch sehr gut.

Das ist übrigens mein erster Beitrag hier im Forum! Ich werde mich noch separat vorstellen!

Viele Grüße!
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:

Mir ist jetzt noch was eingefallen, mit dem ich mir auch noch vorstellen könnte, die zweite Hälfte des Konzertprogrammes zu ergänzen - die Visions fugitives von Prokofiev.
Oder aber ich könnte ein, zwei daraus als Zugabe spielen. Die Nummer 9 gehört zur schönsten Musik, die ich je im Leben gehört habe... und wirkt noch bessser, wenn die 8. davor und die 10. danach erklingt, am besten aber natürlich im gesamten Zyklus.

Ich kann mich grad irgendwie nicht wirklich damit anfreunden, ein Bravourstück als Zugabe zu spielen... Aber wer weiß, was ich darüber denke, wenn ich das Konzert spiele - das wird eh noch etwas dauern :P
 
@Troubadix:
ich habe gerade versucht besagte shostakovich etüde zu finden und bin gescheitert, hast du dich da mit titel/komponist/opus/.. vertan ??
 
Sorry, der Komponist war falsch! Ich meinete die Etüde von Karol Szymanowski op.4 No.3 Andante - In modo d'una canzone! Die Noten sind auf IMSLP!
 
Hallo Stilblüte!

Ich hab mir deine Videos auf Youtube angesehnen und muss meine Formulierung im letzten Absatz ändern in "Da du technisch sattelfest bist,..."! Ich bin begeistert! Ich wollte dir schon empfehlen "Jeux d'eau" gefolgt von einem Chopin-Walzer (op.34 No.1 oder dem pothumus Walzer in e-moll) als Zugabe zu spielen, aber du hast ja schon geschrieben, dass du kein Bravourstück spielen willst! :(

Die Widmung und die Etüde von Szymanowski sind übrigens nicht unbedingt Bravourstücke und könnten dir trotzdem zusagen.

Viele Grüße!
 
Hallo Troubadix,

freut mich, wenns dir gefällt, vielen Dank!
Ich würde mal sagen, "sattelfest" ist hier ein sehr dehnbarer Begriff, es gib wohl vermutlich noch eindeutig festere Sättel :D
Einige Sätze aus dem Ravel und die 4. der Balladen werden mich sicher an meine Grenzen bringen und vielleicht darüber hinaus. Letzteres ist ja gerade das schöne am Klavierspielen ;)
Jeux d'eau ist auch gar keine so schlechte Idee als zugabe, ich finde nicht, dass das ein Bravourstück ist. Wenn man diesem Stück als Zuhörer als erstes die (durchaus vorhandene) Virtuosität anmerkt, hat man es nicht gut gespielt.
Die chopin'sche Entsprechung dazu wäre vielleicht die Berceuse, die wollte ich auch schon immer mal können und die ist natürlich ein super "Verabschiedungsstück".
Ich werde mir den Kopf endgültig drüber zerbrechen, wenn ich mal den ganzen Rest erst kann... :)
 

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