Clavierspielen bei offenem Fenster... altes Ärgerniß ...

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Musik wird oft nicht schön gefunden,
Weil sie stets mit Geräusch verbunden.

Sein Prinzip ist überhaupt:
Was beliebt ist auch erlaubt.

(Wilhelm Busch)

Als ich als Student vor vielen Jahren durch die Straßen ging, hörte ich aus den Häusern häufig Klaviermusik, auch aus offenen Fenstern. Wenn ich da jetzt mal wieder gehe: Stille oder ''Bum-bum'' irgendwelcher Popmusik.
 
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Ich dachte "Da's Deppenapo'stroph"! Jetzt bin ich verwirrt...
 
Also mich hat überras'cht, das's' diese Jugendzeits'chrift mit Beratung durch Dr. S'ommer s'chon 1881 exis'tierte...

... und über Kulturapplicirung und Lokalges'etze informierte...
 
Das Deppenapostroph gab es also auch schon damals.
Ich muß Dich leider enttäuschen: Die zahlreichen Schreibungen mit Apostroph waren im 19. Jahrhundert durchaus üblich und sind erst der Rechtschreibreform von 1905 zum Opfer gefallen. Das war die Reform, die auch der Thür und dem Thor den Garaus gemacht haben. Der Thron blieb verschont, weil sich Kaiser Wilhelm II. weigerte, sich auf selbigen ohne „h“ niederzulassen. Hätten die Reformer sich doch durchgesetzt! Der Welt wäre manches erspart geblieben!
 
Weiß ich doch. Ich hatte bloß Bock, einen blöden Spruch zu machen.
 
Zurück zum offenem Fenster: Dabei sollte jedem klar sein, dass sein Spiel, sei es noch so gut, nicht jeder gut findet- und gerne anhört. Der Eine empfindet Klassik als Zumutung, wenn nicht gar als Folter, der Andere fühlt sich bei Schlagermusik, oder was auch immer, ins Klo gesperrt. Also lass ich das Fenster zu - ohne aber ein angesagtes Fortissimo zu dämpfen. 😉
 
Ein Ärgernis für die Nachbarn ist wahrscheinlich der Tonleitern und Hanon spielende Anfänger. Bei einem übenden Profi oder weit fortgeschrittenem Spieler ist es vermutlich weniger bis nicht nervend. Nicht zu üben, sondern Stücke bei geöffnetem Fenster zu spielen, kann durchaus gegen Vorspielangst helfen.
 
Ich glaube, dass das Ärgernis sch nicht so sehr darauf bezieht, was gespielt wird, sondern darauf, dass es beim Üben ja doch ein und das selbe immer und immer wieder ist.

Auch mein absolutes Lieblingsstück fängt irgendwann zu nerven an, wenn ich nichtmal entscheiden darf,. OB ich das jetzt hören möchte und es dann noch im Übemodus gespielt wird (Stellen wiederholen, mal schnell, mal langsamer, mit abrupten Abbrüchen, weil eine Stelle noch nicht ganz so war, wie gewünscht).
Das kann Nachbarn, die nicht wissen, dass sie ihre eigenen Fenster schließen können, durchaus nervig werden ... ich weiß das aber nicht aus eigener Erfahrung ... ich bin in unserem Hinterhof das einzige, das mal bei offenem Fenster übt :007:

Es ist bei vielen Musikstücken tatsächlich nicht nur Schade, dass sie irgendwann zuende sind. Das hat auch nichts mit der Qualität ds Stückes oder des Pianisten zu tun ... ich finde z.B. die Mondscheinsonate wunderschön ... aber den ersten Satz in Endlosschleife würde ich mir höchstens zum Einschlafen antun, der zweite und dritte würden mir bei endlosschleife einfach nur auf den Sack gehen ... ein mal reicht. Ein mal finde ich das schön und stimmig, aber danach darf auch gerne wieder was anderes kommen.

Ich glaube, die meisten üben einfach zu wenig abwechslungsreich für Publikum.

Wenn ihr deswegen Probleme mit Nachbarn habt, vielleicht hilft das:
Hängt einen Wimpel mit der Aufschrift "seid froh, dass ich nicht Trompete spiele" aus dem offenen Fenster.
 

Am Hamburger Hbf hat man lange Zeit versucht, die Dealer und Taschendiebe durch Beschallung mit Mozart und Vivaldi zu vertreiben. Ich glaube, das hat nicht viel gebracht. Die Klientel ist ziemlich abgestumpft.
 
Wir haben eine sehr freundliche und verträgliche Nachbarschaft mit aber unterschiedlichen Musikpräferenzen. So möchte ich meinen Nachbarn, der vielleicht sein Radio mit WDR 4- Unterhaltung für meinen Geschmack zu laut plärren lässt, bitten können, einen Gang runterzuschalten. Wenn ich aber selbst keine Rücksicht nehme, wäre das schwer.
Einmal hatten wir ein Hauskonzert und wussten, dass der Klang bei den Liebesliederwalzern von Brahms, (zwei Pianisten und vier Solisten) auch bei geschlossenen Fenstern weit trägt. Also: Nachbarn eingeladen und das war gut.
Einer sagte nachher: "Ich hör ja sonst ganz andere Musik, aber das hat mir auch gefallen, war mal was Anderes."
Was will man mehr?:musik064::trinken321:
 
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Um genau diesen evtl. Ärger auszuschließen habe ich mich für ein Digitalpiano entschieden und werde auch dabei bleiben.
 
Am Hamburger Hbf hat man lange Zeit versucht, die Dealer und Taschendiebe durch Beschallung mit Mozart und Vivaldi zu vertreiben. Ich glaube, das hat nicht viel gebracht. Die Klientel ist ziemlich abgestumpft.
Das gleiche wurde bei uns versucht ... ich habe mit einigen der "Opfer" gesprochen, die natürlich trotzdem da rumgelungert haben.
Die häufigste Antwort war eigentlich, dass es nur einen einzigen nervigen Aspekt gäbe ... ein viel zu kurzer Loop.
Würden die komplette Werke spielen, wäre das wohl eher ein Publikumsmagnet.

Dass Junkies und Dealer auf klassische Musik allergisch reagieren, ist ein reines Vorurteil. Das ist genauso zum Scheitern verurteilt, wie der Versuch, einen Platz "schön" zu gestalten und dann zu erwarten, dass die Szene das doof findet ... auch darüber wird sich in der Szene eher gefreut.
Egal wo das bisher versucht wurde ... es ist eigentlich immer gescheitert. Eventuell freuen sich einige Dealer sogar über ein bisschen "Einkaufsmusik".

Vielleicht funktionieren moderne Komponisten ja besser?
30 Sekunden Stockhausen, Schönberg oder Ligeti im Endlosloop könnten allerdings auch die zahlenden Kunden der Geschäfte am Bahnhof vertreiben.
Gut sichtbare Überwachungskameras sind wahrscheinlich effektiver und billiger ... niemand dealt gerne vor laufender Kamera ... aber auch das verschiebt nicht den Treffpunkt, sondern ziwngt lediglich dazu, den eigentlichen Deal woanders durchzuführen.
Mit diesem Klientel werden wir wohl oder übel leben müssen, bis uns etwas einfällt, was den Betroffenen hilft, sich aus der Szene zu lösen (oder erst garnicht in der Szene isoliert zu werden ... mMn das Hauptproblem).

Egal. Lange rede kurzer Sinn: So abgestumpft ist dieses Klientel garnicht ... da sind sogar ganz passable Musiker dabei, die eher dankbar sind, wenn sie aus den öffentlichen Musikquellen (meist Ladenlokale) mal was anderes zu hören bekommen, als die immergleichen Hits.
Wenn man die vertreiben möchte, dann muss man ihnen das Lokalradio um die Ohren hauen. Allerdings wird sich der Szeneschwerpunkt dann nur verlagern ... man schiebt den "schwarzen Peter" damit also einfach nur weiter und das ist eben nur eine Lösung für ein lokal stark begrenztes Problem ... das ist dann eben woanders lokal stark begrenzt, aber auch da kann es ein Problem sein (dann ist es allerdings ein "PAL" ... ein "Problem anderer Leute").
 
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Ein professioneller Musiker...oder jemand, der...die oft und lange spielt, soll seinen Raum dämmen...ein offenes Fenster geht gar nicht..
Wer tausende Euro in sein Instrument investiert...sollte auch tausende Euro in Lärmschutzmaßnahmen investieren.
In all den Diskussionen werden immer die Menschen in der Nachbarschaft vergessen, die in Schichten arbeiten..natürlich gibt es bestimmte notwendige Lärmquellen, z.B. eine Baustelle...aber der/die musizierende/r NachbarIn gehört nicht dazu.
Immer auf die tolerante Nachbarschaft zu setzten ist asozial.
 
Einst war Konzerterchen noch besser bei Kräfften...
(..analog des sehr lesenwerthen Buches "Wie man ein toitsches Mannsbild bey Kräfften hält")

Da kam Madame heim vom Bahnhof. Wie gehts, wie stehts, ich sagte ihr, habe Beethoven geübt.

Ja, sagt sie, hab ich gehört. Ich stieg aus dem Zug aus, und hörte Beethoven...

300 Meter weg ist der Bahnhof..., und eine laute Straße dazwischen.
Was war? Küchenfenster auf Kipp, und ich lustvoll das Andante der Pathetique...
Habe da ungewollt knapp die halbe Kleinstadt beschallt.
 

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