Chopin Nocturne No. 2

M

Michael S.

Dabei seit
20. Aug. 2017
Beiträge
14
Reaktionen
17
Hallo.
Ich habe mich gerade erst registriert. Ich finde es super, dass es so viele freundliche Menschen gibt, welche die Klaviermusik ebenso lieben wie ich.
Kurz etwas zu meiner Person: Ich bin studierter Klavierlehrer. Aber wie es oftmals so ist, (zumindest bei mir) vergehen die Jahre nach dem Studium sehr schnell mit wenig üben.
Jedenfalls möchte ich jetzt wieder loslegen und habe in den Sommerferien ein paar Aufnahmen gemacht.
Bitte schreibt mir Verbesserungsvorschläge (ich bin sehr Kritikfähig) in Bezug auf Tempowahl, Interpretation und Aufnahmetechnik.
Hier mal mein Video.

View: https://youtu.be/HP2LZ2DBGbM


Viel Spass und Danke schonmal.
Michael S.
 
Hallo Michael,
ich bin kein studierter KL, kann also nur meine subjektive Meinung äußern. Mir gefällt es ingesamt sehr gut, ich würde aber das Grundtempo ein klein wenig zügiger wählen (nur minimal), dafür etwas mehr rubati einbauen. Insbesondere das Ritardando am Ende der Kadenz noch etwas stärker. Auch zwischen vermeintlichen Abschnitten (z. B. 2:58) würde ich vielleicht versuchen, den farblichen Unterschied etwas stärker herauszuheben. Hier beginnt nochmal etwas "Neues", und ich finde, dass man das als Hörer nochmal merken muss.
Das ist aber nur meine Meinung als Schüler, der das Stück selbst vor Kurzem erst wieder geübt hat ;-)

Gruß
Dominik
 
Hallo Dominik.
Vielen Dank für deine Tips (sie sind sehr gut) und freundliche Antwort. Ich werde sie gleich mal ausprobieren und beachten. Die richtige Tempowahl und rubati bei einer Chopin Interpretation finde ich persönlich am schwierigsten, weil doch sehr vom Augenblick des Spielens und der Situation abhängig sind.
Viele Grüße
Michael
 
Hallo Michael,

schön, dass Du den Weg ins Forum gefunden hat, willkommen! Du scheinst ein Faible für Chopin zu haben, wenn man Deine wenigen bisherigen Einspielungen auf YT anschaut.

Wünsche Dir viel Freude und neue Erkenntnisse im Forum

Viele Grüße
Christian
 
Vielen Dank Christian für die freundliche Begrüßung.
Ja, das hab ich wohl. Mein Faible für Chopin ist schon sehr groß. Aber Bach, Mozart, Schubert und Beethoven sind ebenso wichtig für mich.

Viele Grüße
Michael
 

Hmmm...Mir sind die Temposchwankungen ehrlich gesagt etwas zu groß. Ich habe zu oft das Gefühl, das der Fluss besonders in der linken Hand verloren geht und die Musik etwas ins Stocken gerät, wenn in der rechten Hand Figurationen gespielt werden. Das ist eben eine der Schwierigkeiten bei Chopins Nocturnes. Mick hatte das an anderer Stelle mal schön beschrieben.

Es ist bekannt, dass Chopin den Belcanto sehr geschätzt hat. Man muss sich eigentlich nur gute Opernaufführungen von Rossini, Donizetti, Bellini etc. anhören, dann bekommt man eine Idee davon, wie Chopins Rubato wohl aussieht. Das verhältnismäßige streng spielende Orchester (= linke Hand) begleitet eine Solostimme, die sich sehr viele Freiheiten nehmen darf (= rechte Hand). Also: wer gut Chopin spielen will, sollte oft in die Oper gehen!

...oder auch Rolf...

der Liszt hatte eine Chopinbiografie geschrieben (wohl mit Hilfe von der Sayn/Wittgenstein), dort jedenfalls findet sich die berühmte Metapher vom Baum als Chopins rubato (der Stamm ist die l.H. und bewegt sich im Wind kaum, die Äste/Blätter ist Melodie und Verzierungen)[/USER]

Aufnahmetechnisch klingt das für mich ganz ordentlich.

Viele Grüße und HERZLICH WILLKOMMEN im Forum!
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich schließe mich @Troubadix an, auch mir fehlt der Fluss. Das klingt etwas starr und statisch nach Metronom. Zudem habe ich das Gefühl, dass Du die linke Hand eher als Begleitung ansiehst. Sie ist es aber nicht, sie steckt voller Melodien und ist der Motor des ganzen Stückes....
 
Hallo Troubadix. Vielen Dank für die konstruktive Kritik und das Zitat von Mike oder Rolf.
Ich habe mir zwei Aufnahmen, welche ich sehr schätze, angehört und auf deine Tips untersucht. Claudio Aarrau und Arthur Rubinstein. ( Ich mag die alten Meister ).
Beide Aufnahmen sind in der Verwendung der linken Hand und der Tempowal sehr unterschiedlich. Rubinstein spielt sie ehr sehr zart und weit im Hintergrund, so dass die Melodie sehr frei darüber gestalltet werden kann.
Aarrau dagegen benutzt die Begleitung mehr als Unterstützung der Melodie und somit an vielen Stellen etwas lauter.
Aber was beide Aufnahmen sehr sehr deutlich zeigen ist das von Mike oder Rolf erwähnte Belcanto.
Ich werde versuchen mein Belcanto in den nächsten Interpretationen zu verbessern und natürlich mehr in die Oper zu gehen. :)

VG Michael
 
Hallo Michael, willkommen auch von mir!

Mir ist aufgefallen, dass Du sehr viel mit dem linken Pedal arbeitest. Ich bin da vielleicht ein bisschen ein "gebranntes Kind", denn bei meiner ersten und langjährigen Klavierlehrerin galt die Devise: "Das benutzt man nicht!"

Und während das rechte Pedal bei mir quasi völlig automatisiert ist, hätte ich wahrscheinlich echte Schwierigkeiten, diese Wechsel zu machen wie Du. Ich finde es nicht falsch, aber drückt man sich um den Preis des ständig veränderten Klangs nicht auch um die Aufgabe, schwere und leichte Taktteile zu gestalten? Mich würde auch die Meinung anderer dazu interessieren.

Es grüßt
Die Drahtkommode
 
Hallo Drahtkommode.
Vielen Dank für deine Anmerkung und genau Beobachtung. Wahrscheinlich kommt es bei mir daher, dass ich ehr einen weichen, passiven Klang am Klavier bevorzuge.
Aber ich habe gestern noch einmal viel über den gebrauch der linken Hand bei diesem Nocturne nachgedacht und da ist mir ein schwer Fehler unterlaufen. Ich benutze bei der Aufnahme einen falschen Fingersatz. Der erste Doppelgriff muss mit dem 2 Finger gespielt werden, so dass sich Zählzeit 2 mit 3 Legato verbinden kann. So läuft man nicht Gefahr in einen 3/8 Takt anstatt in einen 12/8 zu verfallen. Ich kann nur jeden empfehlen, wenn es die Handgröße erlaubt, peinlichst genau Fingersätze zu beachte. Gerade bei Chopin ist das ausgesprochen wichtig.

Viele Grüße
Michael
 
Ich koennte mir vorstellen, dasz das Stueck wesentlich poetischer klaenge, wenn die linke Hand in Basz und Mittelstimmen differenziert wuerde. Das heiszt, die Baszlinie von den Akkorden in unterschiedlicher Weise behandelt wuerde (dann klaenge es wahrscheinlichi weniger nach "1,2,3"). Auszerdem koennte ich mir vorstellen, dasz man die Begleitung insgesamt etwas leiser nimmt und die Melodie eine groeszere Lautstaerkenamplitude bekommen koennte. Aber das mag taeuschen, da es stark von der Aufnahemetechnik abhaengen mag.
Jannis
 

Hallo Jannis.
Vielen Dank für die ehrliche Rückmeldung. Ich bin 100% deiner Meinung. Basslinie und Akkorde müssen bei diesem Stück ehr etwas getrennt behandelt werden und das hat auch nichts mit der Aufnahmetechnik zu tun.
Ich würde sagen, da hat sich die Registrierung in diesem Forum schonmal richtig gelohnt. Danke an alle, für die freundliche Kritik. Klavierspielen ist wirklich eine Lebensaufgabe aber macht unheimlich viel spass.
LG
 
Hi @Michael S. ,
mir faellt noch ein, dasz in der Wiener Urtext Ausgabe eine Version mit authentischen Auszierungen von Chopin enthalten ist. Er hat diese in verschiedener Form in die Exemplare seiner Schueler eingetragen, bzw. seine Schueler haben sie eingetragen. Es gibt an einer Stelle auch eine Auszierung bei der ein as'''' vorkommt. Sonst ist bei Chopin meiner Meinung nach der hoechste vorkommende Ton ein fis'''' (Barcarolle z.B.), aber vielleicht taeusche ich mich auch. Die meisten Auszierungen sind wohl erst Mitte der 1840er Jahre entstanden, also viel spaeter als dieses Nocturne selbst. Offensichtlich hat er es auch da noch unterrichtet. Es koennte interessant sein, einige dieser Auszierungen zu spielen.
Auszerdem glaube ich, dasz die Artikulation der Melodie sehr wichtige Hinweise auf die Interpretation enthaelt (Bogensetzung, Portati).
 
Viele Dank Jannis. Da werde ich mich mal schlau machen.
In der Henle Urtext Ausgabe, welche ich immer sehr gerne benutze stehen ebenfalls ein paar Alternativen bzw. Verzierungen. Weißt du zufälligerweise (ich schreibe jetzt einfach mal "du" obwohl wir uns ja gar nicht kennen) ob das die gleichen sind?
VG. Michael
 
Nein, das weisz ich leider nicht (uebrigens, alle duzen sich hier!), da ich wiederum nur die Wiener-Urtext-Ausgabe und die Petersausgabe besitze. Wahrscheinlich sind es aber schon aehnliche Verzierungen. Allerdings gibts da viele in der Wiener-Urtext-Ausgabe, etwa 16 Takte, die ganz anders gestaltet sind. Ich bin ein paar Tage ohne Internet, also nicht wundern...
Jannis
 
Hallo Michael,

ich habe eine Frage zu deiner Aufnahmetechnik: Wo plazierst du die Kamera und womit?

Die Nocturne finde ich ganz beachtlich! Meine einzige Anregung wäre, in der LH darauf zu achten, dass bei den Akkorden auch alle Töne gleichzeitig erklingen. An vielen Stellen sind da kleine Unsauberkeiten.
 
Hallo Klaus
Vielen Dank für deinen Tip. Ich werde versuchen daran zu arbeiten.
Ich hab meine Bildaufnahmen mit dem Tablet gemacht. Im Internet habe ich mir eine Halterung gekauft, welche auch an einem Mikrofonständer befestigt werden kann.
Ich habe aber auch viel Zeit zum ausprobieren benötigt.
Ich hoffe ich konnte dir helfen.

VG. Michael
 
Der erste Doppelgriff muss mit dem 2 Finger gespielt werden, so dass sich Zählzeit 2 mit 3 Legato verbinden kann.

Nachtrag mit Verspätung:
Die beiden Akkorde der LH lassen sich mit leichter melodischer Betonung der Akkordoberstimme leichter gestalten, wenn man jeweils den Daumen nimmt!
Ein wirkliches Legato ist gerade an Anfang und am vielen anderen Stellen sowieso unmöglich, da man sonst den Akkord auf dem dritten Achtel nicht vollständig anschlagen kann (es' bleibt liegen)!
 
Es sieht für mich aus, als ob Du die Basstöne links mit 2 oder 3 spielst, sehe ich das richtig? Warum das? Ich hätte 5 erwartet?

Und das leitet über zu meiner eigentlichen Kritik: Die LH empfinde ich komplett vertikal, ich empfinde keine Phrasierung über die Bassfigur. Dadurch fehlt der Zusammenhang der Bassfigur innerhalb eines Taktes.
 
Also nochmals (erster Takt, erste Hälfte):
Den Bass mit 5
Den ersten Akkord (g - es) 5-1
leichtes Öffnen der Hand
Den zweiten Akkord (b - es - g) 4-2-1
als Abzug!
Den Bass wieder mit 5
Den dritten Akkord (as - d) mit 5-1
Öffnen der Hand
Den vierten Akkord (ces - d - as) 4-2-1
wieder als Abzug

usw. entsprechend!

Das sichert die Tonwiederholungen, und erlaubt eine geschmeidig sanfte Betonung der kleinen Motive es-g und d-as mit dem Daumen. Bei nicht zu harter Hand, die sich geschmeidig öffnet und zusammen ziehen kann für mich die ideale Lösung!

Übrigens entsprechend auch beim Thema der vierten Ballade!
 

Zurück
Top Bottom