Komponieren geht über Studieren
Liebe Clara,
mein Geheimtip:
Thomas Daniel, Zweistimmiger Kontrapunkt/Dreistimmiger Kontrapunkt
Beide Bücher sind im Dohr-Verlag erschienen, leider teuer, aber sehr gut.
Wenn Du sie durcharbeitest, lernst Du ganz prinzipiell, melodisch und
in eigenständigen Stimmverläufen zu denken - ein Schatz fürs ganze Leben,
egal, was für Musik Du komponieren willst. Besorg Dir dazu Aufnahmen von
Renaissance-Musik: Messen, Motetten, Chansons von Josquin des Pres,
Ockeghem, Busnois, Dufay etc., um zu hören, wie die alten Meister
mit ihrem Material gearbeitet haben. Das kontrapunktische Denken
in Stimmen ist wichtiger als der klassische Harmonielehre-Satz.
Da aber letzterer unvermeidlich ist, hier meine nächste Empfehlung:
Thomas Krämer, Harmonielehre im Selbststudium
bei Breitkopf erschienen, nicht ganz so teuer. Und auch sehr gut!
Mit Aufgaben- und Lösungsteil, gut vorallem in der Darstellung
der Stimmführungsregeln und der Art und Weise, wie sie sich je nach
Komplexitätsgrad der Harmonik ändern. Auch dazu würde ich
die passenden Kompositionen spielen und anhören.
Und dann?
Weiter gehen müßte es mit einer Formenlehre und einem Analyse-Buch
- da schließe ich mich den Empfehlungen von Rolf und pppetc an.
Wichtiger als all das ist aber folgendes:
Schnapp Dir Partituren und Spielausgaben von allem, was Dir gefällt,
hör und spiel und analysiere es bis zum Umfallen -
versuch, den Werken Deiner Lieblingskomponisten auf die Schliche
zu kommen, ihr Geheimnis zu ergründen...
Das beste Mittel dazu: Hab keine Scheu, das was Dir gefällt, zu imitieren -
wie Kunststudenten, die in Museen herumsitzen und die Kopie
eines an der Wand hängenden Ölgemäldes anfertigen,
um eine bestimmte Technik zu erlernen!
Hab den Mut zum Plagiat, es ist ja nur zu Übungszwecken,
aber Du lernst dadurch eine Menge von dem,
was in Theoriebüchern nur sehr unzulänglich vermittelt wird.
Können wir irgendwann einmal Musik von Dir zu hören oder zu sehen
bekommen?
Grüße eines Schlaflosen,
Christoph