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Stilblüte

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...Und damit wollen "alle den gleichen Erfolg haben".
Es gibt so viele andere Möglichkeiten! Dafür sollte man seine Augen öffnen und darauf sollte man auch die Aufmerksamkeit seiner Studenten richten.
Jetzt wirds spannend... kannst du diese Möglichkeiten mal genauer darlegen? ;)
Es ist ja in der Tat nicht so abwegig, dass man Wettbewerbe gewinnen und CDs haben möchte. Denn das Ziel beim beruflichen Klavierspielen besteht doch aus drei Teilen (jetzt mal wertungsfrei nacheinander aufgereiht)
- gut klavierspielen können, ganz banal ausgedrückt, auch und besonders zur persönlichen Befriedigung
- ein Publikum erreichen, das die Begeisterung für die Musik teilt, die eigene Arbeit schätzt, födert, liebt, interessiert ist. Was ist ein Musiker ohne Publikum?
- Geld verdienen. Traurig, aber wahr, vom Klavierspielen, Luft und Liebe lebt sichs nicht so angenehm.
Da nr 2 und 3 von den ersten beiden abhängen und nr 1 oft (nicht immer) CDs und Wettbewerbsgewinne bedingt, sind die genannten Ziele und Wünsche ja verständlich, oder?

gespannte Grüße :D
Stilblüte
 
Hallo Stilblüte,
ich folge Dir in den drei Punkten, die Du beschrieben hast. Ich folge Dir nur nicht in der Schlussfolgerung, dass das ein Kreislauf sei, wo das Geld verdienen, das Wettbewerbe gewinnen voraussetze.

Die Realität ist - und darüber bin ich sehr froh - vielschichtiger und vor allem auch durchlässiger.
Ich halte mich mal an Deine Punkte: Ein Publikum erreichen.
Welches Publikum? Sucht sich das Publikum die Künstler oder die Künstler das Publikum?

Es ist schon richtig, es gibt ein Publikum, dass man erreicht, wenn man Wettbewerbe gewinnt und Konzerttourneen organisiert bekommt. Es gibt auch ein Fachpublikum das man auf diesem Wege erreicht. Dafür gelten dann bestimmte "Maßstäbe", die die Fachwelt scheinbar objektiviert inne hat.
Wer in diesem Bereich erfolgreich sein will, muss einen bestimmten Weg einschlagen, an dessen Ende Erfolg stehen kann.
Das ist aber nicht der einzige Weg den es gibt und es ist auch nicht so, dass man für das Streben nach diesem Erfolg nicht einen gewissen Preis bezahlt.

Es gibt aber auch Publikum, das man erreichen kann, ohne Wettbewerbe gewonnen zu haben und ohne die "Maßstäbe" der Fachwelt zu erfüllen.
Ich beschreibe Dir jetzt nur einen Weg von vielen, die ich kenne und sehe und selbst praktiziere:

Sich selbst erfolgreich managen.

Du willst also konzertieren:
Um einen Konzertsaal gleich welcher Größe anzumieten, bedarf es keines gewonnenen Wettbewerbs. Genauso verhält es sich mit der Werbung, Plakatierung, Einladung von Gästen... und mit der Fähigkeit Menschen zu begeistern.
Der Weg, den ich beschreibe, heißt: Vom Kleinen ins Große.
Such Dir einen Ort, wo es ein Publikum gibt, das Du erreichen kannst. Geh auf Leute zu und organisiere Dir selbst ein Konzert. Ich spreche nicht von einer Veranstaltung für 25 Leute sondern von einer geschäftlichen Unternehmung, die Gewinn abwerfen kann.
Suche nach einer Idee für Deine Veranstaltung, überleg Dir Dein Programm, suche nach Unterstützung, geh auf Leute zu, bau ein Netzwerk auf, verkaufe Dich und Dein Können gut.
Spiele ein gutes Konzert und freue Dich über die Gage, die Du Dir selbst zahlen kannst.
Das muss man natürlich erst mal können und Risiken und Schwierigkeiten gibt es auch viele; aber einen Wettbewerb muss man auch erst mal gewinnen können!
Ich will damit auch nicht sagen, dass man auf diesem Wege sofort eine Welttournée organisieren wird. Aber ein Erfolg in einem kleinen Radius zieht immer neue Möglichkeiten in einem etwas größeren Radius nach sich.
Ziele definieren, Wege suchen, Wege finden, Ziele erreichen. Neue Ziele definieren, auf bekannte Wege zurückgreifen, neue Wege suchen usw...

Ich hoffe Du kannst mit meinen Ausführungen etwas anfangen. Es ist natürlich nur der grobe Entwurf einer Möglichkeit.
Das sind nicht unbedingt die Wege, die einem während eines Studiums aufgezeigt werden. Deshalb gibt es im freien Markt eben Leute wie mich, die andere Angebote machen als die Hochschulen.

Beste Grüße
Claudius


Piano.Aktiv
http://www.pianoaktiv.de
 
In bestimmten Dingen bin ich einfach ganz Optimist und wünsche jedem, dass er für sich etwas erreichen kann.
In meinen Augen lassen sich viele begabte Menschen viel zu schnell von scheinbaren "Realitäten" entmutigen. Es ist nicht leicht, seine Augen für andere Wege zu öffnen, aber es ist möglich.

hallo,

da stimme ich Dir zu! Man kann Musiker werden, ohne deswegen die Hälfte der Zeit von zu Hause weg zu sein (Konzertkarriere).

Wenn aber - und das kommt ja oft vor - die Absichten oder Wünsche genau darauf gerichtet sind, eines Tages herumzureisen und oft aufzutreten, dann ist warnen vor einigen ernüchternden Realitäten (die es nun mal auch gibt) sicher nicht falsch. Wo man vom Klavier spielen allein lebt, ist die Luft recht dünn.

In diesem Sinne bin ich durchaus für Optimismus und Enthusiasmus - aber freilich "geerdet" mit Realitätssinn :) - - und ich bin ziemlich sicher, dass das auch für Dich gilt.

Ich habe im Unterricht sowohl mit Schülern (das mache ich alle 14 Tage) als auch mit Studenten die Erfahrung gemacht, dass man über manuelle Hürden besser hinweg kommt, wenn man sich nicht dauernd fragt "wie geht das?, sondern wenn man sich mehr auf die Frage warum muss es genau so sein bzw. was bedeutet das? konzentriert. Das klappt natürlich nicht immer und es ist auch recht allgemein (sinngemäß: erst verstehen, dann tun) - aber es ist auch eine Haltungsfrage sich selbst, dem Instrument und der Musik gegenüber. Es geht oft doch sinnvoller voran, wenn man weiss, warum man etwas so oder so üben soll. Für mich ist dieses Warum bezogen auf Musik interesanter als bezogen auf motorische Vorgänge - ich meine, letztere ergeben sich oft aus der musikalischen Bewegung und aus dem jeweiligen musikalischen Sinngehalt.

herzliche Grüße,
Rolf
 
Hallo Claudius,

danke für deine Antwort auf meine Frage.
Natürlich kann man sich selbst Konzerte organisieren. Dabei gibt es aber zwei Probleme: Erstens sind die Kosten nicht gering, wenn man eine wie auch immer geartete Veranstaltung mit Saalmiete, ggf Heizung, Reinigung, Hausmeister, Werbung (!!), Klavierstimmung und vielleicht weiteren Faktoren organisiert. Und das zweite Problem sehe ich in einem nicht vorhandenen Publikum...
Ich hab zwar schon ein paar Konzerte gespielt, habe da auch ein gewisses Publikum, das kommt, wenn ich in meiner Region spiele.
Das ist immer sehr schön und macht Spaß und Freude, aber das ist auch im Prinzip der einzige Grund, so etwas zu machen, denn lukrativ steht so ein Konzert natürlich in keiner Weise im Verhältnis zum zeitlichen Aufwand.
Das macht auch überhaupt nichts, denn ich spiele ja nicht fürs Geld ;)
Um zu (über)leben braucht man aber natürlich ein festes Einkommen, das wie auch immer geartet sein mag; als Klavierspieler gibt es da in meinen Augen hauptsächlich zwei Möglichkeiten, die da heißen: Klavier unterrichten (Privat / Musikschule / Hochschule) oder in den Schulbetrieb einsteigen.
Konzerte können da nebenbei noch "hobbymäßig" betrieben werden und die finanzielle Situation leicht versüßen :D
Ich verstehe ehrlich gesagt nicht so richtig, was du da für viele Alternativen siehst. Kannst du da nicht noch ein paar mehr aufzeigen? ;)
Du hast nun eine kleine Lücke im Musikerbetrieb gefunden, in die du super hineinpasst und bei der du offenbar "Kunden" (sehr unpassendes Wort, sorry) hast und Geld verdienen kannst. Aber allzu viele solche Möglichkeiten gibs doch nicht, oder?

liebe Grüße!
Stilblüte
 
Hallo Stilblüte,
Du siehst das alles aber sehr geerdet. Beruht das wirklich auf eigener Erfahrung oder gibst Du eine Denkweise wieder, die Menschen haben, die an irgendeiner Stelle nicht weiter kommen oder Angst haben zu scheitern...?
Denn die Möglichkeit, die ich beschrieben habe, hast Du ganz schön schnell verworfen.
Aber zu Deinen Argumenten:
1. Die Kosten sind nicht gering.
Das stimmt. Aber wer Geld verdienen will, muss Geld investieren. Klar mit 100€ Investition kann ich keinen Umsatz von 10.000 Euro erwarten.
Wenn Du mehr Geld brauchst, such Dir Förderer, steig in bestehende Projekte ein, arbeitete Dich heran und spar Dein Geld...

2.Ich hab zwar schon ein paar Konzerte gespielt, habe da auch ein gewisses Publikum, das kommt, wenn ich in meiner Region spiele.
Das ist sehr gut. Das lässt sich immer ausbauen. Pflege Dein Publikum, mach schöne Aktionen für Sie. Damit kannst Du kontinuierlich ein wenig Geld verdienen, dass Du sparen kannst für Punkt 1.
Natürlich funktioniert mein Vorschlag zunächst besser in Ballungzentren, wo viele Menschen und finanzstarke Instituitonen sind. Wenn man da nicht ist, muss man da eben hin.

3.denn lukrativ steht so ein Konzert natürlich in keiner Weise im Verhältnis zum zeitlichen Aufwand
Das ist auch eine Frage der Dimensionen, in denen man denkt. Aber Du musst mein Prinzip im Auge behalten: Vom Kleinen ins Große. Natürlich ist die erste Unternehmung, gleich welcher Art sie ist, nie die effizienteste. Aber die Effizienz steigt mit jeder Unternehmung. Deshalb ist es gut, frühzeitig anzufangen sich etwas aufzubauen, solange man noch keine hohen Kosten hat und man auch mit wenig Geld agieren kann.
Aber ein gemachtes Nest, darf man in keiner Geschäftswelt erwarten.

4.Um zu (über)leben braucht man aber natürlich ein festes Einkommen
Ist das so? Das wünschen sich zumindest die meisten Menschen. Ich stimme dem aus meiner Erfahrung nicht zu. Wenn Du einmal einen großen Verdienst erzielt hast, kannst Du davon auch mehrere Monate zehren und die nächsten Projekte angehen.
Das ist eine Frage, der Dimensionen, in denen man denken und handeln kann.
Natürlich braucht man eher ein festes Einkommen, wenn man eine Familie mit drei Kindern, ein Haus, einen Hund und ein Auto haben möchte.
Das ist aber eine Frage der eigenen Ziele. Man kann leider nicht alles haben.

Ich sehe die Möglichkeit, die ich Dir beschrieben habe, nicht wiederlegt. Alle Argumente, die Du genannt hast, treffen nur unter bestimmten Bedingungen oder auf den ersten Blick zu.
Das wichtigste ist und bleibt: Offenheit.

Hier noch zwei Dinge, die Du geschrieben hast:

als Klavierspieler gibt es da in meinen Augen hauptsächlich zwei Möglichkeiten, die da heißen: Klavier unterrichten (Privat / Musikschule / Hochschule) oder in den Schulbetrieb einsteigen.
Das ist zwar kein Argument für oder gegen etwas, mehr eine Tatsachenbehautung.
Um Himmels Willen, bitte nicht. Es gibt schon genug Leute, die unterrichten, weil sie unterrichten müssen und nicht weil sie es wollen. Die wenigsten können es darüber hinaus. Das ist in meinen Augen das größte Übel unseres Metiers, das jeder glaubt unterrichten zu können, weil er selbst mal Unterricht gehabt hat. Natürlich kann man, wenn man so eine Entscheidung rechtzeitig trifft zu einem guten Lehrer werden.
Aber diese scheinbar objektiven Gegebenheiten sehe ich nicht. Geh lieber die
Wege, die Du noch nicht gegangen bist und die nicht jeder sieht.

Du hast nun eine kleine Lücke im Musikerbetrieb gefunden, in die du super hineinpasst und bei der du offenbar "Kunden" (sehr unpassendes Wort, sorry) hast und Geld verdienen kannst
Ich empfinde das als eine sehr unschöne Beschreibung, von dem was ich mache, die überdies nicht zutrifft. Ich mache das, worin ich wirklich gut bin, woran ich Freude habe. Meine Tätigkeit ist nicht Mittel zum Zweck sondern Ausdruck meines Könnens und meiner Hingabe an mein Tun und die Menschen, mit denen ich arbeite.
Das, was man ist, hat man selbst in der Hand. Ich bin Musiker.

Beste Grüße
Claudius
 
(...)
Du hast nun eine kleine Lücke im Musikerbetrieb gefunden, in die du super hineinpasst und bei der du offenbar "Kunden" (sehr unpassendes Wort, sorry) hast und Geld verdienen kannst
Ich empfinde das als eine sehr unschöne Beschreibung, von dem was ich mache, die überdies nicht zutrifft. Ich mache das, worin ich wirklich gut bin, woran ich Freude habe. Meine Tätigkeit ist nicht Mittel zum Zweck sondern Ausdruck meines Könnens und meiner Hingabe an mein Tun und die Menschen, mit denen ich arbeite.
Das, was man ist, hat man selbst in der Hand. Ich bin Musiker.

Beste Grüße
Claudius


Hallo Claudius,
"Einnischen" klingt ja immer etwas nach notgedrungen eine Lücke besetzen.

Es mag unschön klingen, ist aber von Stilblüte gewiss nicht unschön gemeint.:) Und sicher auch nicht abwertend, so weit wir unsere Stilblüte kennen.^^

Ich finde sehr schön, dass Du andere Wege aufzeigst, auf die man als "normaler" Pianist nicht kommt, es gibt Wege abseits der normalen ausgetretenen Pfade, so versteh ich Deine Botschaft. Realistisch sein schadet ja nicht, wenn man so einen Beruf wie Pianist anstrebt.:wink:
Es kommt auch sicher darauf an, was für ein Typ Mensch man ist, ob man mit einer gewissen Unsicherheit leben kann. Selbstständig sein ist sicherlich nicht jedermans Sache. Für manche Menschen eine Option, für andere keine.
Die Botschaft "versuche Deine Träume zu realisieren, aber fang es planvoll an" ist auch ein sehr guter Ansatz, der einem viel Mut machen kann.
Danke dafür.

LG
violapiano
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hallo Violapiano,
ich hoffe, ich bin da nicht zu geradlinig gewesen.
Ich habe Stilblütes Kommentar gar nicht negativ verstanden, wollte nur deutlich machen, dass ich mich ganz anders sehe.
Ich hoffe, sie nimmt mir das nicht übel.

In dem was Du sagst, stimme ich Dir vollends zu. Es ist nicht jedermanns Sache, selbständig zu arbeiten oder eigene Projekte im Sinne von eigenen Geschäften nach vorn zu treiben.
Ich habe es oft mit Pianisten und Klavierstudenten zu tun, die mir genau diese Fragen stellen und mir auch bestimmte Denkweisen vortragen, die ich für Leute, die gerade erst anfangen wollen, schon recht eingefahren finde.
Es gibt natürlich keine Wundermittel oder Geheimrezepte, aber ich finde es spannend, sich mit den Möglichkeiten zu beschäftigen, die man selbst hat und auch andere Musiker dazu zu inspirieren, ihren beruflichen wie musikalischen Horizont immer wieder zu erweitern und die eigenen Möglichkeiten auszuloten.
Solche Angebote zu schaffen, würde auch den Hochschulen gut tun.
Aber ich will mir nicht selbst das Wasser abgraben...

"versuche Deine Träume zu realisieren, aber fang es planvoll an"
finde ich eine schöne Formulierung.

Beste Grüße
Claudius
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hallo Claudius,

ich nehme dir natürlich nichts übel, wenn mir denn auch nichts übel nimmst :D
Ich meinte die Formulierung natürlich nicht abwertend oder abschwächend oder sonst wie negativ; ich versuchs nochmal zu erklären:
Der gewöhnliche Weg, den Klavierstudenten später im Berufsleben einschlagen, ist nunmal der des Klavier- oder Schullehrers. Davon gibt es dann ein paar Ausnahmen: Manche haben das Können und das Glück, vom Konzertieren leben zu können, und einige arbeiten in einem etwas ungewöhnlicheren Berufsfeld und finden eine Möglichkeit, mit andern "Leistungen" als gewöhnlichem Klavier-/Schulunterricht oder Konzerten Geldverdienen. Da das nicht die Norm ist, bezeichne ich einen solchen Beruf als "Nische", denn eine Nische ist etwas kleines, was man nicht sofort sieht oder auf das man nicht sofort kommt. Das hat für mich überhaupt nichts mit Lückenfüller zu tun.
Mir ist ehrlich gesagt immer noch nicht ganz klar, was für Alternativen ein Klavierstudent zu Konzertieren und Unterrichten hat.
Ich finde es auch nicht gerade toll, wenn man sich zwischen "langweiliger" Festanstellung mit Familie oder interessanter, freiberuflichen Tätigkeit und Alleinsein entscheiden muss. Vielleicht meintest du das so nicht, aber ein bisschen so klingt es.
Die Frage ist jetzt nicht unbedingt, wie ein sehr guter Pianist, der leider kein Publikum findet, überleben kann, sondern wie der Durchschnitts-Klavierstudent, der nun leider oft austauschbar und ersetzbar und am Klavier beschränkt ist, eine spannende Arbeit findet.

Ich glaube, meine Beiträge klingen einigermaßen pessimistisch, herausfordernd und provozierend ;)
Mach dir da mal nichts draus, ich möchte nur genau wissen, was du denkst :D

besten Gruß
Stilblüte
 
Hallo Stilblüte,
ich hoffe, Dir etwas Pessimismus habe nehmen können mit meinem kleinen Erfolgsplan und die Vorstellung, dass es so funktionieren kann, würde mich an Deiner Stelle unheimlich motivieren. Probier es mal aus und schau, ob Du von einem kleinen Erfolg zu einem größeren kommst. Und dann schickst Du mir eine Nachricht.
Dann wärst Du auch kein "Durchschnitts-Klavierstudent, der nun leider oft austauschbar und ersetzbar und am Klavier beschränkt ist" mehr.
Das ist auch meine Antwort auf Deine Frage:
Hör auf Durchschnitt zu sein. (Ich spreche Dich an, auch wenn Du das vielleicht gar nicht auf Dich bezogen hast.) Wer sich als Durchschnitt wahrnimmt, ist entweder gescheitert und braucht einen neuen Anfang oder fängt gerade erst an und hat noch keine Idee und kein Profil.
Gerade die Profil-Bildung ist für einen Musiker sehr wichtig. Aber hier müssen wir uns entscheiden, in welche Richtung wir das Gespräch führen wollen:
A) Wie entwickele ich ein musikalisches Profil und bilde, höre und spiele mich über den Durchschnitt
oder
B) Wie entwickele ich ein geschäftliches Profil, das mich aus dem Durchschnitt der Musiker und Instrumentallehrer heraushebt. Inwieweit kann ich einen Erfolg planen.

Die Profilbildung ist eine wesentliche Aufgabe der Hochschulen. Da spielt das Fachgebiet gar keine Rolle. Leider geht da viel schief.

Ein einfacher Rat ist, den Kontakt zu Menschen zu suchen, die nicht Durchschnitt sind. Sich von deren Fähigkeiten inspirieren, begeistern und auch ein Stück mitziehen zu lassen. Es gibt auch in dem Metier, von dem wir sprechen sehr profilierte Persönlichkeiten. Wieviele von denen kennst Du?
Und damit meine ich nicht, wieviele Namen kennst Du.
So hat es z.B. für mich auch angefangen.
(Dies möchte ich im Detail über mich dann so öffentlich doch nicht unbedingt breittreten, aber wenn Dich das interessiert, kannst Du mir gern eine persönliche Nachricht schreiben.)
Vorbilder spielen eben auch eine wichtige Rolle. Wer sind denn Deine Vorbilder und in welchen Punkten kannst Du von ihnen lernen?

Das ist jetzt ja schon ein halbes Seminar.
Jetzt bist Du wieder dran.

Beste Grüße Claudius
 
Ich habe im Unterricht sowohl mit Schülern (das mache ich alle 14 Tage) als auch mit Studenten die Erfahrung gemacht, dass man über manuelle Hürden besser hinweg kommt, wenn man sich nicht dauernd fragt "wie geht das?, sondern wenn man sich mehr auf die Frage warum muss es genau so sein bzw. was bedeutet das? konzentriert. Das klappt natürlich nicht immer und es ist auch recht allgemein (sinngemäß: erst verstehen, dann tun) - aber es ist auch eine Haltungsfrage sich selbst, dem Instrument und der Musik gegenüber.

Hallo Rolf,

leider habe ich nicht genau verstanden, was du damit meinst. Kannst du vielleicht mal ein Beispiel geben? Denn grundsätzlich habe ich großes Interesse daran, erst etwas zu verstehen und es dann zu tun :D .


A) Wie entwickele ich ein musikalisches Profil und bilde, höre und spiele mich über den Durchschnitt
oder
B) Wie entwickele ich ein geschäftliches Profil, das mich aus dem Durchschnitt der Musiker und Instrumentallehrer heraushebt. Inwieweit kann ich einen Erfolg planen.

Die Profilbildung ist eine wesentliche Aufgabe der Hochschulen. Da spielt das Fachgebiet gar keine Rolle. Leider geht da viel schief.


Hallo PianoAktiv und Stilblüte,

diese Fragen sind wirklich interessant und werden leider an den Hochschulen in keiner Weise beantwortet (jedenfalls so weit ich weiß). Es stimmt schon, dass man als Pianist(in) eher gewöhnt ist, für Konzerte gefragt zu werden und überhaupt nicht gewöhnt ist, selbst die Initiative zu ergreifen! Selbstmarketing - ein Fremdwort für viele!
Aber wenn man sieht, wie wenig Konzertsääle (richtig geschrieben :confused: ) mit einigermaßen schönen Instrumenten es gibt und selbst in Altenheimen nur noch ARD - Wettbewerbspreisträger u.ä. spielen, kann es einem schon mal mulmig werden :( , gelinde gesagt. Es gibt eben sehr! viele Pianisten.

Ich glaube, Chancen bestehen ganz besonders neben den vielen Möglichkeiten der Kammermusik ( gute Begleiter etc. werden immer gesucht) im gesamten Bereich der Musikvermittlung. Kinderkonzerte, Konzerte für Jugendliche (gibt es fast überhaupt noch nicht!), Gesprächskonzerte .... - unserer jüngeren und manchmal auch älteren Generation gefällt doch der Ablauf und das "Ambiente" eines klassischen Konzerts überhaupt nicht. Deswegen mache ich schon seit längerem nur noch Gesprächskonzerte, wenn ich mal eines habe. Ich stelle fest, dass das Publikum regelrecht dankbar! ist, eine persönliche Einführung in die einzelnen Werke zu bekommen. Ich finde es nur für mich sehr! anstrengend, aber auch befriedigend. Man muß ja erst mal vor Leuten reden können :D! Klavierspielen geht immer, aber Reden ... (Haare rauf'!). Dazu könnte man ja auch einen eigenen Thread aufmachen. Wie macht ihr das denn? Bei dir, Rolf, könnte ich mir Gesprächskonzerte super vorstellen, so schön, wie du immer über Musik schreibst.

Viele Grüße

chiarina
 

Hallo Franz,
unsere Zunft täte in meinen Augen gut daran, sich diesem Zauberwort mehr zuzuwenden, sonst ignoriert man nämlich einen ganz wesentlichen Teil Lebensrealität. Wobei ich sowieso lieber von Möglichkeiten als von Realitäten spreche.
Das Ergebnis sind lauter frustrierte und enttäuschte Menschen, die darauf warten irgendwo mal eine Chance zu bekommen, als selbst aktiv zu werden.

Beste Grüße
Claudius
 
Ja, die meisten Künstler haben keinen blassen Schimmer vom Marketing. Wir wundern uns z.B., dass uns noch nicht 1 Pianist angefragt hat, ob wir für ihn Werbung machen können. Ich bin da wirklich fassungslos.

Das Gute daran ist: Wenn jemand sich darum kümmert hat er beste Chancen sich deutlich von der Konkurrenz abzusetzen.

Ich bin auch der Auffassung, dass man sein Publikum, seine Fans finden muss. Und es gibt dazu einen interessanten Artikel, der besagt, dass man nur 1.000 wahre Fans braucht, um gut davon leben zu können.

Hier der Artikel:
http://www.kk.org/thetechnium/archives/2008/03/1000_true_fans.php

In der Realität sieht es aber bei den meisten so aus, dass sie das Künstler sein mit einem Leben an oder unter der Armutsgrenze bezahlen.

Herzliche Grüße,
 
Hallo Fabian,
der Artikel, den Du verlinkt hast, ist so herrlich amerikanisch in seiner Denkweise, aber ich bin dem ja eher zugeneigt. Auch wenn die Rezepte am
Ende etwas komplizierter sein sollten, ohne Marketing setzt heute kein
erfolgreicher Künstler mehr einen Schritt nach vorn. Nur dass die Wenigsten das selbst in die Hand nehmen oder koordinieren, geschweige denn denken können. Deswegen findet das Marketing in unserem Metier in der Regel auch erst auf den oberen Ebenen statt, wo große Konzerne mit ihren Strukturen, Möglichkeiten und Zielen ins Spiel kommen.
In meinen Augen ist da noch viel Entwicklungspotential.

Natürlich muss eine Werbung auch einen Erfolg bringen können. Ich habe z.B. bis jetzt immer die Finger von Anzeigenschaltungen in Printmedien gelassen. Gar nicht mal wegen der Kosten, mehr, weil ich den Nutzen einfach (noch) zu schlecht nachvollziehen, steuern und kontrollieren kann.
Denkst Du denn, es gäbe für einen Pianisten einen Mehrwert der Werbung auf euren Seiten?

Beste Grüße
Claudius
 
Eine ganz ganz persönliche Meinung, aus eigener Erfahrung (ich wollte nie diesen Beruf ergreifen, war mir zu unsicher).
1. man sollte eine seriöse Ausbildung an einem angesehenen Konservatorium oder Musikhochschule machen.
2. Wenn man gut ist, wird man gefördert, von Menschen die im Metier tätig sind, oder die immense finanzielle Mittel haben, oder die entsprechende Beziehungen haben und von einem begeistert sind.
3. Diese Leute vermitteln einem die richtigen Konzertsääle, weil sie von einem überzeugt sind.
Sonst geht meiner Meinung nach nichts, Lisa della Casa sagte für Ihr Metier: man müsse was "taugen", sonst ginge da nichts.
micha:)
 
Ja, die meisten Künstler haben keinen blassen Schimmer vom Marketing. Wir wundern uns z.B., dass uns noch nicht 1 Pianist angefragt hat, ob wir für ihn Werbung machen können. Ich bin da wirklich fassungslos.

Vielleicht liegt es daran, dass angehende Pianisten fürchten, es könnte Geld kosten. Vielleicht solltet Ihr Marketing machen und einen Service anbieten der erfolgsorientiert honoriert wird. (Prozentsatz von den Konzerteinnahmen) Vielleicht ist bisher einfach niemand auf die Idee gekommen, Ihr könntet Agentur Aufgaben übernehmen.

Das Gute daran ist: Wenn jemand sich darum kümmert hat er beste Chancen sich deutlich von der Konkurrenz abzusetzen.

Das stimmt und ich fürchte, das wird immer so bleiben.
Wer auch die "Klaviatur" des Marketing beherrscht, auch das erfordert Wissen und Übung, und sich darum kümmert wird wesentlich bessere Erfolgsaussichten haben.

Ich bin auch der Auffassung, dass man sein Publikum, seine Fans finden muss. Und es gibt dazu einen interessanten Artikel, der besagt, dass man nur 1.000 wahre Fans braucht, um gut davon leben zu können.

Hier der Artikel:
http://www.kk.org/thetechnium/archives/2008/03/1000_true_fans.php

In der Realität sieht es aber bei den meisten so aus, dass sie das Künstler sein mit einem Leben an oder unter der Armutsgrenze bezahlen.

Das liegt daran, dass es in der Praxis doch nicht so einfach ist, wie es mit "amerikanischem Optimismus" leicht zu formulieren ist.

Zunächst stellt sich die Frage, was muss ich tun, um wirklich zu diesen 1000 Fans zu kommen.

Wenn man vom Paretoprinzip ausgeht, was meiner Erfahrung nach durchaus zutrifft, werden nur 20% meiner Fans 200 Meilen reisen um mich zu hören oder mein neu aufgelegtes Box-Set in der hochauflösenden Super Deluxe Version kaufen.

Um 1000 "True Fans" zu finden brauche ich also per 80-zu-20-Regel 5000 Fans, die gelegentlich meine Konzerte besuchen und hin und wieder etwas kaufen. Um diese 5000 zu erreichen sind wahrscheinlich mindestens 25000 nötig, die wenigstens einmal etwas von mir kaufen. Daraus kann man wiederum berechnen wie viele potentielle Kunden man durch Werbung ansprechen muss, um diese 25000 wenigstens einmal in den Laden zu bekommen.

Ich denke schon, dass das prinzipiell möglich ist, aber man muss die Quantitäten richtig einschätzen, d.h. man braucht einen langen Atem und darf nicht nach dem 3. Konzert vor 20 "Fans" (Freunde und Bekannte") aufgeben. Allerdings stellt sich häufig das Problem, dass man auch in der Aufbauphase irgendwie den Lebensunterhalt verdienen muss, es sei denn, der Papa springt ein.

Eine wichtige Voraussetzung, die in dem Artikel nicht besprochen wurde heißt: Bedarf

Um Claudius' Anglergleichnis aufzugreifen: Ich muss einen Teich finden, wo am besten noch niemand angelt und (Letzteres wird oft übersehen) wo tatsächlich Fische drin sind, sonst kann ich angeln bis ich schwarz werde - unser Fisherman kann das bestimmt bestätigen. ;)

Es ist also notwendig irgendetwas anzubieten, was ein potentieller Kunde brauchen kann oder wenigstens haben möchte. Sicher läßt sich "Bedarf" auch durch Werbung "kreieren", im Fernsehen kann man täglich beobachten, wie Millionen verbraten werden, um Bedarf für Nutzloses zu wecken. Dem Musikstudenten stehen solche Werbebudgets in aller Regel nicht zur Verfügung.

Wenn man sich also die 197. Einspielung der Chopinballaden vorgenommen hat, muss man sich darüber klar werden, dass man in direkter Konkurrenz zur Weltelite steht und deshalb der Bedarf sehr wahrscheinlich gedeckt ist, außer, man läßt sich irgend etwas ganz besonderes einfallen - z.B. für die Damen ein wirklich ganz, ganz supertolles Kleid. ;)

Erfolgversprechender wäre da bestimmt, die Einspielung Wagners Albumsonate As-Dur.

- im besten Sinne "unpianistisch", aber bis heute noch nicht wirklich angemessen aufgenommen --- dabei ist das Stück weder schwierig, noch musikalisch schlecht...

Jetzt könnte man einwenden, die kennt doch keiner. Richtig, aber warum liest man auf jedem zweiten Werbefaltblatt "Jetzt neu"?
"Neues" läßt sich leichter vermarkten, das kann man schön sehen, wenn man eine Pressemitteilung an ein Lokalblatt schickt. Wenn da nichts "Neues" oder "Außergewöhnliches" angeboten wird, gehts sofort in den Mülleimer.

Noch ein Vorteil: Man ist uneingeschränkter Meister, bis ein besserer kommt, spätestens dann sollte die Erstauflage verkauft sein. ;)

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Zum Schluss: Das alles nützt nichts, wenn man nicht erstklassig spielt. Die Luft ist dünn im Olymp der Konzertpianisten. (So ähnlich hat Rolf mal geschrieben.)

Unseren Klavierstudenten würde ich raten: Konzentriert Euch zunächst mal vollständig auf die Ausbildung und macht Euch nicht zuviel Sorgen um die Zukunft. Die Grundlagen des Marketing lernt man leichter als Klavierspielen.

Noch eine gute Nachricht: Niemand muss verhungern, selbst ich habe es geschafft, manchmal auf abenteuerlichen Wegen, meine Familie und mich zu ernähren.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Ich finde den Artikel gar nicht so amerikanisch. Oder anders gesagt funktioniert das in Deutschland genauso. Meine Mutter (Bildhauerin) hat sich vor einigen Jahren mit dem Konzept ein Jahr in Südfrankreich finanziert. Und dazu brauchte es nur 10 Fans. Sie hat von jedem monatlich 100€ bekommen. Dadurch hatte sie 1.000€ monatlich zur Verfügung. Damit kann man zwar nicht auf großem Fuß leben, aber es reichte locker, um Miete, Essen und Wein zu finanzieren. Und sie hatte ein Jahr lang Zeit, sich nur auf ihre Kunst zu finanzieren. Am Ende des Jahres bekam jeder der Fans eine Skulptur, was dementsprechend einem Verkaufpreis von 1.200 € entspricht.

Meine Mutter hatte nicht vor, dies auf Dauer zu ihrem Gelderwerb zu machen. Wer das aber möchte, kann einfach sich darum bemühen, 20 x 100€ = 2.000€ zu bekommen. Oder 30 x. Dann kommt man doch schon in einen interessanten Bereich.
 
Ja, die meisten Künstler haben keinen blassen Schimmer vom Marketing. Wir wundern uns z.B., dass uns noch nicht 1 Pianist angefragt hat, ob wir für ihn Werbung machen können. Ich bin da wirklich fassungslos.

hallo,

hier kann ich nur für mich sprechen und Dir zumindest für meinen Fall einen ganz einfachen Grund nennen: wer einen festen Platz im Konzertbetrieb hat, wer von Konzertagenturen etc. vertreten wird, der geht Verträge ein; diese betreffen auch Angelegenheiten wie "marketing" u.a.

wie jammert Wotan doch so ergreifend schön in seinem großen Monolog (Walküre, zweiter Aufzug)?
der durch Verträge ich Herr,
den Verträgen bin ich nun Knecht
(Wagner, Walküre)

Wer ohne vertragliche Bindung(en) frei für sich arbeitet, der kann natürlich jede Art von Selbstmarketing ausprobieren bzw. nutzen - im Prinzip gilt das ja hier schon durch die Teilnahme, wenn man diese nicht (wie ich) in der Anonymität gestaltet.

So gesehen hast Du doch einige Musiker hier schon versammelt - das alte römische do ut des funktioniert also auch hier :)

Gruß, Rolf
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Dieser Text klingt ja sehr vielversprechend und optimistisch.
Ich würde mich mit so einer Position über der Armutsgrenze und unter dem Supperreichtum durchaus zufrieden geben :D

Allerdings stellen sich mir da zwei Fragen:
Erstens: Woher sollte ich 1000 Fans bekommen bzw. wer soll das sein
Zweitens: Warum sollten die gerade von mir unter den tausenden jungen Pianisten so begeistert sein, dass sie alles von mir haben oder mich unterstützen wollen.

Letztlich hängt die erste Frage von der zweiten ab. Und wenn wir beim warum sind, kann man auch gleich eine Antwort geben: Warum will man etwas haben - weil es etwas besonderes, etwas tolles ist.
Also geht diesem Konzept trotz allem wie immer ein Sehr-Gut-Sein, ein Besonders-Sein, ein Abheben von der Masse voraus.
Womit wir wieder bei der Frage von letzter Seite wären - wie hebe ich mich aus dem Gros der Klavierspieler heraus, wie schaffe ich meinen eigenen, reizvollen, unverkennbaren Stil.

Angenommen, man hat das nötige Handwerkszeug und Charisma zusammen, dann geht es darum, 1000 Fans zu finden oder 100 Unterstützer.
Dafür muss man bereits relativ bekannt sein. Denn wenn bereits jeder zwanzigste, der einen hört, so begeistert ist, dass er zu einem "Real Fan" werden würde, müsste man bereits vor 20.000 verschiedenen (!) Menschen gespielt haben.
Was die zahlenden Unterstützer angeht: 100 sind auch nicht gar so wenig, die muss man erstmal zusammenkriegen. Und dann muss man natürlich auch etwas präsentieren können. Als Klavierspieler könnte das z.B. ein Hauskonzert für jeden und eine CD sein. Dann hätte an allerdings im folgenden Jahr 100 Konzerte zu spielen, was ungefähr jeden dritten bis vierten Tag eines wäre. Wenn man aber auch im nächsten Jahr noch überleben möchte, sollte man irgendwann auch Zeit zum Üben haben, um auch im dritten Jahr noch Konzerte mit neuer Literatur geben zu können.
Und es ist ja auch nicht gesagt, dass so ein Förderer ein Leben lang erhalten bleibt. Und wenn plötzlich alle weg sind, steht man auch mittellos da...
Also für ein Jahr mag das möglich sein, wir (ich) sprechen aber hier ja von einem Lebensunterhalt.

Ich glaube, dass sich so wenige Pianisten selbst vermarken, liegt am typischen Pianitsen-Klischee und am eigenen Stolz.
Es fühlt sich eben nicht so gut an, bei einem Orchester selbst zu fragen als gefragt zu werden. Man fühlt sich automatisch schlechter als man möglicherweise ist, denn gute Pianisten werden der allgemeinen Überzeugung nach gefragt und fragen nicht.

Und @Chiarina: Korrepetitor ist oft ein wenig angenehmer Beruf, was ich so höre, man muss alles können und es allen recht machen, hat eine sehr anspruchsvolle Aufgabe, wenn man schwierigste Klavierauszüge vom Blatt spielen (und ggf. noch eine Terz nach unten transponieren) muss, muss zu ganz vielen Proben da sein, darf aber nie im Konzert spielen. Korrepetition kann auch wirklich nicht jeder.

Kammermusik ist sicher was feines, doch es ist bestimmt nicht einfach, geeignete Ensemblepartner zu finden, engagiert werden muss man außerdem genauso.

Ich klinge schon wieder sehr kritisch, aber ich kann mir kaum vorstellen, dass dieser 100(0)-Fans-Text mittel- oder langfristig bei allen funktioniert.
 

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