Bach interpretieren

Haydnspaß.
Interessiert dich vielleicht.
Erbauliche Gedanken eines Tabakrauchers von J.S.Bach.
Recht breit, behaglich
1. So oft ich meine Tabakspfeife mit gutem Knaster angefüllt, zu Lust und Zeitvertreib ergreife, so gibt, sie mir ein Trauerbild.

Gruß Chief
 
Haydnspaß.
Interessiert dich vielleicht.
Erbauliche Gedanken eines Tabakrauchers von J.S.Bach.
Recht breit, behaglich
1. So oft ich meine Tabakspfeife mit gutem Knaster angefüllt, zu Lust und Zeitvertreib ergreife, so gibt, sie mir ein Trauerbild.

Gruß Chief


Der letzte Vers geht folgendermaßen ;)

Ich kann bei so gestalten Sachen
Mir bei dem Toback jederzeit
Erbauliche Gedanken machen.
Drum schmauch ich voll Zufriedenheit
Zu Land, zu Wasser und zu Haus
Mein Pfeifchen stets in Andacht aus.
 
Wieso immer so Brocken?;)


Sooft ich meine Tabakspfeife
BWV 515a

Sooft ich meine Tabakspfeife,
Mit gutem Knaster angefüllt,
Zur Lust und Zeitvertreib ergreife,
So gibt sie mir ein Trauerbild -
Und füget diese Lehre bei,
Dass ich derselben ähnlich sei.

Die Pfeife stammt von Ton und Erde,
Auch ich bin gleichfalls draus gemacht.
Auch ich muss einst zur Erde werden -
Sie fällt und bricht, eh ihr's gedacht,
Mir oftmals in der Hand entzwei,
Mein Schicksal ist auch einerlei.


Die Pfeife pflegt man nicht zu färben,
Sie bleibet weiß. Also der Schluss,
Dass ich auch dermaleinst im Sterben
Dem Leibe nach erblassen muss.
Im Grabe wird der Körper auch
So schwarz wie sie nach langem Brauch.


Wenn nun die Pfeife angezündet,
So sieht man, wie im Augenblick
Der Rauch in freier Luft verschwindet,
Nichts als die Asche bleibt zurück.
So wird des Menschen Ruhm verzehrt
Und dessen Leib in Staub verkehrt.


Wie oft geschieht's nicht bei dem Rauchen,
Dass, wenn der Stopfer nicht zur Hand,
Man pflegt den Finger zu gebrauchen.
Dann denk ich, wenn ich mich verbrannt:
O, macht die Kohle solche Pein,
Wie heiß mag erst die Hölle sein?


Ich kann bei so gestalten Sachen
Mir bei dem Toback jederzeit
Erbauliche Gedanken machen.
Drum schmauch ich voll Zufriedenheit
Zu Land, zu Wasser und zu Haus
Mein Pfeifchen stets in Andacht aus.
 
Bravo, bravo, ihr seid wirklich gut.

Wenn man gleich alles verrät kommt es nicht zur Diskussion.

Gruß Chief
 
Hallo Christoph,

vielen, vielen Dank für die tolle Youtube-Fundstelle. Ich kenne solche Hör-Erfahrungen aus Zeiten, als ich während meines Studiums Geiger und Cellisten im Unterricht begleitet habe. Und dabei wird einem schnell klar, mit welchem Tunnelblick man als Pianist auf Bachs Musik (und der anderer Komponisten) schaut, bzw. an der Musik vorbeischaut.

Eine wunderbare Demonstration, wie man Bach wirklich zum Leben erwecken kann!

Gruß
Haydnspaß
 
Nehmen wir doch einfach das Video als Ansporn!

Ich glaube übrigens nicht, daß Pianisten generell unter einem Tunnelblick leiden, jedenfalls nicht mehr als andere Musiker auch. Für den "normalen" Hobbypianisten ist aber leider oft die Technik im Vordergrund, da sind die Lehrer wirklich gefragt, ihren Schülern mal entsprechendes zu vermitteln oder genauer gesagt, diesen "Weitblick" fest in den Unterricht zu integrieren.

Vermutlich ist eben diese umfassende Ausbildung mal der Grund dafür gewesen, daß Musikunterricht als wertvoll angesehen wurde. Da aber heute in manchen Kreisen spektakuläre Auftritte mehr "adeln" als ein Gespür für Zwischentöne, leidet der Musikunterricht zwangsläufig an mangelndem Interesse.

Vielen Dank übrigens für den Link!
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Die Interpretation

Es haben sich bisher wenige oder eigentlich niemand zur Intepretation geäussert. Deshalb möchte ich feststellen, dass die eine hervorragende und für mich stimmige Einspielung ist. Die Fantasie ist durchaus im Stile der Improvisationstechnik gehalten. So viel ich weiss, gibt es Ausgaben dieser Fantasie, die auf Handschriften beruhen, wo dem Interpreten grosse Freiheit bei der Ausgestaltung eingeräumt wird. Leider habe ich zur Zeit keine Quellen, meine mich aber zu erinnern, solches während meines Studium kennengelernt zu haben. Vielleicht weiss einer mehr, ich habe jetzt noch nicht recherchiert.

Die gesamte Fuge ist in ihrem aufbau auch schlüssig vorgetragten, allerdings neige ich wegen der Dichte des Materials dazu, diese etwas durchsichtiger zu spielen. Das Notenmaterial ist schon bombastisch genug und das kann schnell zu viel werden. Aber ich fand es trotzdem hervorragend .

Zur Frage des Pedals schliesse ich mich den klugen Vorrednern an, das Pianisten wohl wissen sollten, wie das Pedal einzusetzen sei. Wenn Funktionswechsel übergeblendet werden sollen, so steht eine Absicht dahinter und wer den Klang bei Arpeggien und stehenden Funktionen verstärken will, soll dies tun. Das Pedal gehört zum KLang des modernen Flügels und ist nicht separat zu betrachten. Bach-Puristen mögen ihre eigenen Einspielungen favorisieren, die man ja auch gut finden kann. Bach klingt auch toll auf einem Marimba- odeer Xylophon. Mir gefällt Bach mit verständigem Pedalgebrauch immer besser als ganz trocken.

Insofern war deine Einspielung für mich auch hörenswert.

Eine Frage zur Aufnahme: Der Klang des Instruments war etwas seltsam - wie ist die Aufnahem entstanden?
 
Es haben sich bisher wenige oder eigentlich niemand zur Intepretation geäussert.

Hallo Klavigen,

ich wußte zuerst garnicht, worauf sich diese Bemerkung bezieht und hab jetzt erst die Aufnahme der Chromatischen Fantasie & Fuge am Anfang dieses Threads entdeckt.

Der Klang der Aufnahme ist wirklich etwas merkwürdig, ich dachte zuerst, mein Mediaplayer spielt verrückt. Ich finde, es ist viel zu schnell gespielt, insbesondere die Fuge, wirkt auf mich Mickey Mouse - artig.

Daß in der Einspielung besonders viel Pedal benutzt worden ist, ist mir eigentlich nicht aufgefallen. Je nachdem, in was für einem Raum die Aufnahme gemacht wurde, verschwimmt es ja auch selbst wenn man es ganz ohne Pedal spielt. Ob mit oder ohne Pedal - der musikalische Ausdruck muß stimmen, und der ist abhängig von vielen Sachen (Dynamik, Artikulation, Tempo, Rubato jeweils angepaßt an Instrument und Raum)

Gruß
Haydnspaß
 
"Ca, ca n'est plus un Bach a la gloire de Dieux ou la nature, c'est un Bach a la gloire de metronome" ;)

Zur Fuge:
Ich bin zwar nicht unbeding ein Bachpurist aber diese Einspielung... "c'est une caricature". Völlig überladen und verzerrt. Hab sie mir nicht bis zu Ende angehört.
 
Irrtum

"Ca, ca n'est plus un Bach a la gloire de Dieux ou la nature, c'est un Bach a la gloire de metronome" ;)

Zur Fuge:
Ich bin zwar nicht unbeding ein Bachpurist aber diese Einspielung... "c'est une caricature". Völlig überladen und verzerrt. Hab sie mir nicht bis zu Ende angehört.

ich dachte zuerst, dass du das eingespielt hast und deshalb fragte ich nach der Aufnahmetechnik. Pardon, aber am anfang des Threads hätte das ja sein können.

Wie gesagt, ich habe schon mich zu der einspielung geäussert aber anhören kann ich mir viel. Ich würde das Stück mir auch anhören , wenn es auf einer Glasharfe gespielt würde. Es geht nicht darum, was das Optimum wäre, sondern Bach verträgt viele Versionen. Meine Lieblingsversion ist immer noch die auf einem modernen Konzertflügel.

auch bei der Aufführung der Kunst der fuge gehen die Meinungen weit auseinander. Auch wenn ich ein grosser Verehrer von Streichquartetten bin, so finde ich gerade diese Aufführungspraxis problematisch, weil sie nicht so transparent wirkt, wie die auf einem Klavier, die durch ihren mehr perkussiven Charakter, die einzelnen Stimmen besser durchhören lässt. aber dies ist auch nur meine eigene Meinung.
 

Zur Fuge:
Ich bin zwar nicht unbeding ein Bachpurist aber diese Einspielung... "c'est une caricature". Völlig überladen und verzerrt. Hab sie mir nicht bis zu Ende angehört.

Mir war es zu hektisch, gegen Verzerrung hätte ich nichts einzuwenden gehabt ;)

Aber eine Idee: wär die chromatische Fuge nicht mal was für unseren Workshop? :D
 
Mir gefällt die Einspielung der chromatischen Fantasie und Fuge von Mr. Hawley ausgezeichnet.

Dass Bach's "weltliche" Klaviaturwerke, wie unser WTK, auch für Orgel und damit auch für den Hall geeignet bzw. bestimmt sind, sieht man an permanent zu findende Note die über mehrere Takte hinaus gehen, was bei einem Cembalo (oder Klavier) aber wenig Sinn machen würde, also nur für einen lang andauernde Töne gebendes Instrument wie für die Orgel bestimmt sein kann.

Töne, die lange ausgehalten werden müssen, dürfen auf den perkussiveren Instrumenten beliebig oft nachgeschlagen werden, gemäß der damaligen Praxis (siehe "Versuch über die wahre Art...", auch im Vorwort der Peters-Urtext-Ausgabe vom WTK explizit erwähnt).

Daher finde ich dieses Argument nicht stichhaltig. Im Gegenteil, Bach liebte sein Clavichord über alles, und hat sich selbst und anderen das WTK komplett! am Stück durchgespielt, habe ich zumindest in einem Buch irgendwo gelesen.

Bach's WTK klingt auf allen Tasteninstrumenten gut, auf einem Fender Rhodes Piano auch, und auf Orgel ebenso. Jedoch für Orgel hatte Bach anders komponiert, wohl auch manualiter, aber nicht oft. Das WTK ist ursprünglich eher nicht für Orgel gedacht, wohl aber für Spinet, Cembalo und vor allem, Clavichord.
 
Mir gefällt die Einspielung der chromatischen Fantasie und Fuge von Mr. Hawley ausgezeichnet.
Find ich ja lustig dass ausgerechnet dir als Fan der HIP dieser aus unnötigem Protz berstenden, mit übermäßigem Pedal und Tastendruck hemmungslos vergewaltigten und Rhytmisch verhunzten Fuge gefällt:)

Töne, die lange ausgehalten werden müssen, dürfen auf den perkussiveren Instrumenten beliebig oft nachgeschlagen werden, gemäß der damaligen Praxis (siehe "Versuch über die wahre Art...", auch im Vorwort der Peters-Urtext-Ausgabe vom WTK explizit erwähnt).

Daher finde ich dieses Argument nicht stichhaltig. Im Gegenteil, Bach liebte sein Clavichord über alles, und hat sich selbst und anderen das WTK komplett! am Stück durchgespielt, habe ich zumindest in einem Buch irgendwo gelesen.

Bach's WTK klingt auf allen Tasteninstrumenten gut, auf einem Fender Rhodes Piano auch, und auf Orgel ebenso. Jedoch für Orgel hatte Bach anders komponiert, wohl auch manualiter, aber nicht oft. Das WTK ist ursprünglich eher nicht für Orgel gedacht, wohl aber für Spinet, Cembalo und vor allem, Clavichord.
Da hast du ausnahmslos recht, aber das ist doch kein Wiederspruch zu dem was ich geschrieben hab. Hast ja selber geschrieben, dass das WTK auch auf der Orgel gut klingt. Der Unterschied zwischen Orgel und Cembalomusik ist glaube ich eh fließend, z.B. musst Bach notgedrungen seine Orgelwerke am Cembalo komponieren, da für die Orgel ein Heer von "Pumpsklaven" nötigt war. Da haben wir es heutzutage mit unserem Elektomotor doch erheblich leichter .
 
Da hast du ausnahmslos recht, aber das ist doch kein Wiederspruch zu dem was ich geschrieben hab.

Naja, ich meinte deine Schlussfolgerung, dass das WTK wegen der oft anzutreffenden langen Noten nur für ein langes Sustain gebendes Instrument wie die Orgel bestimmt sein kann. Und das ich diese Schlussfolgerung nicht teile, aus genannten Gründen.

Es stimmt schon, dass die Hawley-Einspielung nicht gerade "HIP" ist, aber sie ist schon allein vom technischen her wirklich toll. Und auch von der Interpretation in sich schlüssig. Das heißt nicht, dass ich den Stil nachahmen würde. Aber ich respektiere das hohe Niveau. Ich kann mir auch Gould und Barenboim's WTK Einspielungen anhören (bei Gould fällts mir schwerer) und mich am technischen Topniveau erfreuen. Näher liegt mir allerdings das, was Andras Schiff oder vor allem S. Richter abgeliefert haben.

Das für mich so merkwürde ist, ich habe bisher noch keinen Interpreten gehört, der das WTK auf dem Klavier versucht hat, in "HIP"-Manier zu interpretieren, was z.B. gezielte Artikulation entlang des Metrums angeht. Bzgl. b-moll P&F WTK1 werde ich einen Versuch in dieser Richtung wagen, und es hier vorstellen (wo ich schon sehr gespannt auf Meinungen bin). Wird erst im November oder so passieren, nach erfolgter Flügelstimmung und anschließenden Aufnahmesessions.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Ich weiß ja nicht wie es in dem Buch formuliert war, aber wenn es wirklich "dürfen" hieß, dann kann man das mehrmalig Anschlegen der Note als nur notwendiges Mittel sehen um wenigsten ungefähr an die eigentliche, aber mit so einem Instrument nicht durchführbare, Notation herranzureichen.
Dass es nur für die Orgel gedacht sein kann ist etwas unglücklich ausgedrückt, aber immerhin ist sie das einzige Soloinstrument mit dem sich die Musik wie geschrieben umsetzen lässt.
 
Ok, aber dann dürfte man ja strnggenommen nichtmal auf dem Klavier sowas wie WTK1 D-Dur Präludium oder b-moll P&F spielen, wo z.T. Noten über -zig Takte ausgehalten werden. Das Klavier ist zwar im Laufe der Zeit immer weiter weg vom perkussiven zum Instrument mit besserem Nachklingverhalten geworden, aber verglichen mit Orgel oder anderen Instrumenten außer Schlagzeug doch immer noch ziemlich perkussiv.

Ich glaube, man hat es in der Barockzeit nicht so verbissen gesehen mit legato-Spielen generell (siehe Fingersatzusus vor Bach) als auch was lange Töne aushalten angeht. Auch auf dem Klavier schlage ich den langen über mehrere Takte gehenden Baßton im WTK1-D-Dur-Präl. mehrfach an, dass tut dem überhaupt keinen Abbruch, man würde den Ton sonst auch nicht mehr hören.

Bach hat so grandiose Werke speziell für Orgel geschrieben, und auf der anderen Seite so gerne auf seinem Clavichord gespielt, das spricht m.E. schon dafür, dass er unterschieden hat im Verwendungszweck. Selbst auf einem gebundenen Clavichord (wo manche benachbarten Töne nie gleichzeitig klingen können) ist praktisch das gesamte WTK spielbar, im Tonumfang von nur etwas mehr als lediglich 4 Oktaven!
 
Danke für die Info, kannte zwar die Einzelanalyse der Präludien und Fugen von S. Bruhn schon vorher, aber noch nicht das Vorwort und ihre Darstellungen zur Interpretation. Sehr interessant!
 

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