Auswendig lernen

Interessante Diskussion! Diese drei Begriffe "Blatt, auswendig, blind" stehen doch recht komplex zueinander und beschäftigen mich immer wieder.

Grundsätzlich spiele ich bei neuen Stücken natürlich vom Blatt (wenn auch beliebig langsam), mit möglichst wenig Kontrollblicken auf die Tastatur.

"Leider" lerne ich Stücke oft zu schnell auswendig und dann spiele ich mit permanentem Blick auf die Tasten. Das ist bequem, aber mein Eindruck ist inzwischen, dass die Kopplung (Auge)-Note-Taste besser (unmittelbarer) funktioniert als der Weg Gedächtnis-Auge-Taste. Kommt aber auch auf die Situation an.
Regelmäßig übe ich auch auswendig und blind (also Gedächtnis-Taste), z.B. für ungewohntere Akkorde und größere Wechsel (oder auch nur zur Kontrolle), dabei ertaste ich mit genügend Zeit (und Geduld, was nicht immer leicht fällt), bis ich mir sicher bin. Man kann das aber ganz gut systematisieren. Der Bezug zwischen dem "Griff", der Erwartung und dem was man schließlich hört, ist dann besonders prägnant.

Bei Stücken, die ich eigentlich auswendig kann, übe ich dann bewusst vom Blatt in einem Tempo, das ich kontrolliert mitlesen kann (auch damit sich keine Ungenauigkeiten bei den Anweisungen einschleichen). So gesehen könnte ich ja auch auf auswendig-blind verzichten, aber die gelegentliche volle Konzentration auf Fühlen und Gehör gefällt mir als Training ganz gut.
 
Blind zu spielen, hat mir Stephan (pppetc) mal geraten (mit Vehemenz). Ich mache das manchmal :heilig:, wenn ich ein Stück so gut wie fertig habe, Augen zu und durch. Das ist dann nochmal ein Prozess, bis das wieder läuft - ohne Schummeln!!! Aber das fühlt sich sowas von geil an! :-)
 
Blind zu spielen, hat mir Stephan (pppetc) mal geraten (mit Vehemenz). Ich mache das manchmal :heilig:, wenn ich ein Stück so gut wie fertig habe, Augen zu und durch. Das ist dann nochmal ein Prozess, bis das wieder läuft - ohne Schummeln!!! Aber das fühlt sich sowas von geil an! :-)

Dank deines Beitrages hab ich jetzt den Faden gefunden, den ich die ganze Zeit im Kopf hatte, als Monique diesen hier gestartet hat.

https://www.clavio.de/threads/wie-lerne-ich-am-besten-die-klaviatur-kennen.17684/page-8

Ich find ihn lehrreich, und mit einer ordentlichen Portion Schmiss und Vehemenz gewürzt! :bye:
 
Das glaube ich nicht. Wenn man vom Blatt spielt schaut man ja nicht auf die Tastatur, hat aber immer noch die gewohnte visuelle Komponente. Das vom Blatt spielen kommt mit der Zeit automatisch, blind zu spielen ist nochmals ne andere Hausnummer.

Also ich habe immer sobald der erste Notentext gespielt war NUR noch auf die Hände geschaut. War damit so sehr beschäftigt, dass ich nicht wirklich sicher Musik gemacht habe. Habe ich mich einmal vergriffen, war ich raus. Und kam auch gar nicht wieder rein. Keine Chance. Nun daraufhin hat mein Lehrer gemeint, mach die Augen zu beim Üben sobald du es "auswendig kannst". Zusätzlich habe ich ein haufen Notenmaterial vom Blatt verschlungen um besser Noten lesen zu lernen. Heute nach einem 3/4 Jahr schaue ich beim Spielen in die Noten, einige Takte voraus. Selten auf die Hände als "Kontrolle" (alles gut da unten:puh:). Wenn ich mich verspiele fliege ich nicht mehr komplett raus. ABER witzig ist, dass je nach Stelle ich dann panisch meine Hände anstarre statt die Noten :angst::lol: (was macht ihr denn da????!!!!) Ich konnte mich nur über das blind spielen von meinem Mechanismus des permanent auf die Hände starrens lösen. Habe davor so einiges versucht darin, aber schlussendlich immer auf die Hände gestarrt. Manchmal braucht man vielleicht auch dieses Komplett Ausschalten der Augen.
Seit ich das geübt habe, kann ich mir die Musik auch besser vorstellen wenn ich in die Noten schaue. Ein Notenbild klingt für mich schon ein wenig ohne es angespielt zu haben (aber das ist noch ein weiter Weg, eh es komplett klingt :lol:)
 
Meine Erfahrungen sind sehr verwandt, aber doch in Nuancen anders. Und sie bestätigen Moderators These:

Vielleicht ist eine Vorstufe zum Spielen ohne auf die Tasten zu schauen das Spielen nach Noten ohne auf die Tasten zu schauen. Dann braucht man es nicht auswendig zu lernen spielt aber nicht wie viele nach Tastenbild. Aber es schult das Gefühl für das Tastengelände, was Du unbedingt brauchst beim Blindspielen.

Ich habe immer recht schnell vermeintlich„auswendig“ gespielt; heißt: Augen auf den Tasten, den Notentext brauchte ich nicht mehr. Inzwischen vermute ich, dass ich dadurch die Lage der einzelnen Töne sowie die Intervalle nie außerhalb der visuellen Kontrolle kennengelernt habe.

Eine gänzlich neue Erfahrung brachten mir hier meine ersten beiden Bach-Inventionen (f-moll und g-moll – beide ein Genuss :-)). Hier hat das mit dem schnellen „Auswendiglernen“ so gar nicht funktioniert, so dass ich hier mal einen gänzlich neuen Weg probiert habe: In die Noten schauen und nur in ganz wenigen Ausnahmefällen bei größeren Intervallen mal ganz kurz auf die Tasten und sofort zurück zum Notentext.

Was ich dabei nur durch Zufall entdeckt habe, weil ich eines Sommerabends in der Dämmerung anfing zu üben und wegen der Stechtierchen kein Licht machen wollte: Dieser Weg führt mit zunehmender Übung offenbar ganz automatisch zum Blindspielen (und nebenbei zum flüssigeren Notenlesen). Jedenfalls war es dann bald zu dunkel, um die Noten noch lesen zu können, was ich aber zunächst gar nicht bemerkt hatte, also weiterhin gebannt dorthin gestarrt. Die Erleuchtung kam dann nach einer kurzen Zigarettenpause, als mir dann endlich doch deutlich wurde, dass ich eigentlich gar nichts mehr sehe. Zunächst ungläubig habe ich es dann mit geschlossenen Augen probiert: Ein ganz wunderbares Erlebnis :-)

Ich werde das jetzt konsequent weiterverfolgen und bin gespannt, ob mir das irgendwann bei Stücken mit regelmäßig größeren Intervallen auch gelingt.

Aber vor allem hoffe ich, dir @Monique damit ein wenig Mut zu machen.
 

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