Gegenfrage, möchtest Du mich vielleicht provokativ falsch verstehen? Ich hatte für was jung Gebrauchtes Europäisches votiert - ein Klavier von Bechstein oder Petrof, so bis etwa 20 Jahre. Dann hätte man die nächsten 15-20 Jahre einigermaßen Ruhe, bevor die Mechanik langsam klapprig wird und der Klang, wie bei den allermeisten "originalen" Instrumenten, sich dann immer mehr Richtung Drahtkommode wandelt.
Ganz ehrlich: Ich frage mich inzwischen, ob Dich vielleicht in früher Kindheit mal ein altes Klavier unzüglich angegangen ist oder ob Du nur einfach irgendwann mal gegen ein solches mit voller Wucht aus eigener Kraft gerannt bist.
Mechaniken werden nicht einfach klapprig, egal bei welcher Marke. Sie werden dann klapprig, wenn ein Instrument regelmäßig gespielt wird, aber vielleicht einmal im Jahr vom 60EUR-Schnellstimmer mit Stimmgerät gestimmt werden, ihm aber ansonsten keinerlei Wartung zugekommen lassen wird.
Ist wie mit einem Auto. Wenn man da nicht nicht regelmäßig die entsprechenden Wartungsintervalle einhält, dann gibt's halt irgendwann mal kein Pickerl (vulgo TÜV-Plakette) mehr. Gäbe es einen Klavier-TÜV, würden vermutlich 95% der geprüften Klaviere eine Fahrt in die Werkstatt antreten dürfen.
Ein gut gewarteter Audi S2 von 1994 ist übrigens ein Traum.
(Hör Dir mal 40 jährige unrestaurierte Yamahas oder Kawais an mit ihren gealterten japanischen Stahlqualitäten.
Da fehlt noch ein 'an' im Satz, aber gerne höre ich - und vielleicht auch der oder die eine andere - diesen über 40 Jahre alten Yamaha CF 275 an:
Ja, dieser Stahl hat Qualität! Kein Riß in der Gussplatte (was ja inzwischen eine Seltenheit ist, traut man der Expertise einige Experten hier), originale Saiten, Elfenbeinklaviatur (nicht mehr zertifizierbar). Der Flügel ist nie generalüberholt worden, sondern genoss im Laufe seines Lebens (in dem er drei Jahre bei mir verbrachte) gute, regelmäßige Wartung.
Ist also ein Instrument mit gealterten japanischen Stahlqualitäten. Ich hoffe es gefällt.
Jenseits der 30 geht das bei denen dann meist sehr rapide - na ja, wem's gefällt...Bei Steinway oder Bösendorfer mag es auch mal gute 60 Jahre währen. Aber bei Bechstein, die mir ansonsten auch sehr gefallen, fand ich schon einen 15 jährigen L-167 klanglich im Vergleich zu zwei Neuinstrumenten enttäuschend schnell gealtert und zwei weitere "originale" aus den 70er und 80er Jahren zum Davonlaufen.)
Tja, so ist das halt, wenn man mal alle zwei Jahre zu einem Händler geht, die Kisten dort kurz anspielt und daraufhin die Qualität einer Marke souverän extrapolieren kann. Mit ein wenig mehr Ahnung und Spitzengefühl bekäme man vielleicht auch einmal Gelegenheit, gut gewartete Instrumente von Bechstein zu spielen, idealerweise sogar nebeneinander drei Instrumente aus verschiedenen Generationen zu haben, die man direkt vergleichen kann.
Vielleicht rufst Du mal in Berlin an und fragst freundlich, ob man Dir einen Termin im kleinen Konzertsaal der Bechstein-Vertretung in Hradec Kralove gibt. Dann kannst Du einen 280 E (ca. 1965), einen EN 280 (ca. 1976) und einen nagelneuen D 282 spielen. Da ist nichts zum Davonlaufen dabei, ganz im Gegenteil.
Dagegen wäre ein vor nicht zu langer Zeit gut restauriertes oder generalüberholtes altes Instrument theoretisch zwar auch eine Option, aber da eine gute Restaurierung locker die Budgetgrenze 10.000 erreicht oder auch deutlich übertreffen kann, dürften entsprechende Gelegenheiten rar sein. Was an diesen ganzen Überlegungen nun "Schwarz-Weiss-Denke" sein soll verstehe ich nicht.
Oh, das ist einfach. Die "Schwarz-Weiss-Denke" in Deinen Beiträgen ist deutlich sichtbar, weil konsequent Alt=Scheiße und Neu=Gut zu lesen ist. Komplett undifferenziert, aber konsequent, allerdings daher auch sofort als laienhaftes Geschwafel zu erkennen.
Deshalb, damit ich nicht wieder von einigen falsch verstanden werde: Ich habe überhaupt nichts dagegen, wenn sich jemand gerne von einer unrestaurierten Klangruine berühren lässt.
Na, da haben wir ja noch einmal Glück gehabt, Deinem Wohlwollen anheim zu fallen!
Natürlich kann davon ein ganz eigener Zauber ausgehen, ähnlich bei Antiquitäten und der untrennbar damit verbundenen Nostalgie und Historie. Und wer diesen Charme erhalten oder mit entsprechendem Aufwand restaurieren möchte, dem mag ein unverpfuschter historischer Originalzustand als ganz besonderes Plus erscheinen. So ein unrestaurierter Schatz ist schliesslich wunderbar geeignet um Geld darin zu versenken.
Genau.
Gottseidank hat der Initiator dieses Fundraising:
https://www.justgiving.com/fundraising/Paul-Smith365 das Ziel um 90 GBP verfehlt, weswegen ich den Flügel in unverficktem Originalzustand übernehmen konnte. Das Ergebnis spricht für sich selbst. Neu sind lediglich die Saiten, Stimmwirbel und saitenführenden Filze. Geld erfolgreich versenkt.
Doch sowas empfehlen als tägliches Gebrauchsinstrument bei wenig Budget? Niemals! Allein schon wegen der latenten Einsturzgefahr. Aber vielleicht wird auch die von manchem als "Plus" gesehen: jeder Anschlag ein spannendes Abenteuer vor dem drohenden Kollaps und so reizvoll wie ein Tänzchen auf dünnem Eis
Ich hoffe, keiner nimmt Deinen Blödsinn hier ernst.
Dieser Steinway von 1886 war über 30 Jahre lang Gebrauchsinstrument eines Profipianisten der sich damit auf Wettbewerbe, Konzerte und Aufnahmen vorbereitet hat. Man kann von täglich locker 5-10 Stunden Übezeit ausgehen. Wo da der drohende Kollaps sein soll, erschließt sich wohl nur Dir selbst; vermutlich bist Du - einem absurden Zufall geschuldet - mal unvermutet mit voller Wucht gegen genau dieses Instrument geprallt.
Die Aufnahme ist von gestern.
Magst Du vielleicht auch mal eine Aufnahme von Deinem aktuellen Instrument posten, zeitnah?