Anfänger: nach Noten oder auswendig spielen???

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Debbie digitalis

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3. Apr. 2009
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Hallo miteinander,

zwar bin ich kein wirklicher Klavieranfänger mehr (habe mittlerweile ca. 5 Jahre Klavierunterricht auf dem Buckel) - dennoch finde ich es sinnvoll, sich mit obiger Frage, die ich mir nicht nur zu Anfang sondern auch in späteren Stadien des Klavierlernen-Prozesses stellte einmal intensiver zu befassen!

Aus meiner Sicht und Erfahrung:
Zunächst erscheint es für den Anfänger mal verlockend, die ersten Stücke voll auswendig (d.h. ohne jeglichen Kontakt zum Notentext) zu spielen!
Warum???

Es gibt ja zahlreiche professionelle Vorbilder (sowohl im Bereich der Klassik/Kunstmusik, des Jazz, Rock und Pop) die ja alle ohne Notenblatt Hervorragendes leisten!

Daraus folgender Trugschluss:
Wer seine ersten "Stücke" ohne Notenblatt spielen kann ist gut, begabt und hat es irgendwie drauf!

Nun - was heißt genau "ohne den Notentext spielen"???

Es heißt zunächst nur einmal, dass man ein bestimmtes Stück ohne die Vorlage eines Notenblattes auf dem Klavier spielen (oder besser gesagt: auditiv erkennbar machen!) kann.

Was wird in diese Fertigkeit vom Anfänger hineininterpretiert???

Meines Erachtens häufig:

Ich brauche keine Noten, spiele das Stück richtig gut nach Gehör, folge meiner Musikalität!

Ich meine, dass man dies als Anfänger auch mal in Frage stellen sollte! Natürlich gibt es Menschen, die wirklich hervorragend nach Gehör spielen! Das ist aber nicht das Gleiche, wie ein Spiel, das lediglich auf die Vorlage des Notentextes verzichtet!

Klavieranfänger müssen zuerst noch mal die Notenschrift der Musik lesen lernen - und zwar in zwei Systemen - und in beiden schnell, flüssig und simultan.
Wer nur "auswendig" d.h. ohne Notenblatt spielt, spielt noch längst nicht "inwendig"!
Ein Spiel, das allein dem aus der Tastenaufsicht entspringenden Gedächtnis folgt ist noch längst nicht musikalisch (sinnvoll)!

Auswendig bedeutet m.E. nicht allein "ohne Noten", sondern wirklich ohne jedwede Hilfsmittel die Musik selbst erzeugen zu können - d.h. auch ohne das Hilfsmittel der Tastenaufsicht! - Wer sich an Tastenbildern weiterhangelt betreibt möglicherweise eine Art "Malen nach Zahlen" ???

Was ist eure Meinung??

LG

Debbie digitalis
 
ungeteilt auswendig

Liebe Debbie accustica (verzeihe mir bitte diese Anrede, es verführt einfach dazu, nach deinem Umstieg auf akkustisches Klavier)

Deinen Überlegungen und Schlüssen kann ich irgendwie nicht so recht folgen - ich versuche es mal entsprechend zu erwidern:

"Zunächst erscheint es für den Anfänger mal verlockend, die ersten Stücke voll auswendig (d.h. ohne jeglichen Kontakt zum Notentext) zu spielen!"
...Es ist doch keine Frage der Verlockung für Anfänger auswendig zu spielen, sondern oft der erste Zugang zum Instrumend, eben nach Gehör zu spielen. Das Notenlesen lernen und können kommt dann parallelel/später oder auch nie dazu.

"Es gibt ja zahlreiche professionelle Vorbilder (sowohl im Bereich der Klassik/Kunstmusik, des Jazz, Rock und Pop) die ja alle ohne Notenblatt Hervorragendes leisten!

Daraus folgender Trugschluss:
Wer seine ersten "Stücke" ohne Notenblatt spielen kann ist gut, begabt und hat es irgendwie drauf!"


Diesen Schluss von Dir kann ich nicht logisch nachvollziehen.


"Ich brauche keine Noten, spiele das Stück richtig gut nach Gehör, folge meiner Musikalität!"

Ok, so machen es doch insbesondere Kinder, die ohne irgendwelche Notenkenntnisse neugierig (und ggf begabt) ans Klavier herangehen. Was ist daran falsch? Ich würde daraus aber nicht (wie Du es machst) gleich schließen, dass (erwachsene) Anfänger ihr Spiel nach Gehör n i c h t in Frage stellen.

"Klavieranfänger müssen zuerst noch mal die Notenschrift der Musik lesen lernen - und zwar in zwei Systemen - und in beiden schnell, flüssig und simultan."

...müssen sie das wirklich?

"Wer nur "auswendig" d.h. ohne Notenblatt spielt, spielt noch längst nicht "inwendig"!
Ein Spiel, das allein dem aus der Tastenaufsicht entspringenden Gedächtnis folgt ist noch längst nicht musikalisch (sinnvoll)!"


Ja und?

"Auswendig bedeutet m.E. nicht allein "ohne Noten", sondern wirklich ohne jedwede Hilfsmittel die Musik selbst erzeugen zu können - d.h. auch ohne das Hilfsmittel der Tastenaufsicht! - Wer sich an Tastenbildern weiterhangelt betreibt möglicherweise eine Art "Malen nach Zahlen" ???"

Ich befürchte, Du kontruierst hier eine einseitige Auslegung von "Auswendigspielen" bedeutet für Anfänger ausschließlich "ohne Noten Spielen".
Insofern weiß ich nicht so ganz, worauf Du eigentlich hinaus möchstest?

Gruß

Klimpertante
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Es gibt ja zahlreiche professionelle Vorbilder (sowohl im Bereich der Klassik/Kunstmusik, des Jazz, Rock und Pop) die ja alle ohne Notenblatt Hervorragendes leisten!

Daraus folgender Trugschluss:
Wer seine ersten "Stücke" ohne Notenblatt spielen kann ist gut, begabt und hat es irgendwie drauf!
Dabei wird aber einfach nicht berücksichtigt, daß man nicht weiß (und im allgemeinen nicht wissen kann), wie viel der Vorbereitung mit und wieviel ohne Noten stattgefunden hat.

Persönlich habe ich eher die Erfahrung gemacht, daß ich Stücke, sobald ich soweit daran gearbeitet habe, daß ich sie halbwegs passabel spielen kann, der Notentext im Gedächtnis sitzt. Insofern bleibe ich ganz entspannt und lasse die Noten immer vor mir. Ganz cool fand ich ja die Erfahrung, daß während ich durch die Straßen ging auf einmal eine harmonische Analyse des C-Dur-Präludiums (aus op.87 von Schostakowitsch) im Kopf ablief. Das wäre wahrscheinlich nicht passiert, wenn ich nur nach Tastenbildern gespielt hätte.
 
Liebe Debbie accustica (verzeihe mir bitte diese Anrede, es verführt einfach dazu, nach deinem Umstieg auf akkustisches Klavier)

Deinen Überlegungen und Schlüssen kann ich irgendwie nicht so recht folgen

Ich versuche hiermit, mich noch mal deutlicher verständlich zu machen:

Was ich sagen möchte ist:

1) ein Spiel ohne Notentext ist nicht zwangsläufig ein Spiel nach dem Gehör! Wenn ein Notentext dem Erlernen zugrunde lag hat das darauffolgende Auswendigspielen eigentlich gar nichts (bzw. äußerst wenig) mit dem Spielen nach Gehör zu tun!


"Klavieranfänger müssen zuerst noch mal die Notenschrift der Musik lesen lernen - und zwar in zwei Systemen - und in beiden schnell, flüssig und simultan."

...müssen sie das wirklich?

"Wer nur "auswendig" d.h. ohne Notenblatt spielt, spielt noch längst nicht "inwendig"!
Ein Spiel, das allein dem aus der Tastenaufsicht entspringenden Gedächtnis folgt ist noch längst nicht musikalisch (sinnvoll)!"


Ja und?

"Auswendig bedeutet m.E. nicht allein "ohne Noten", sondern wirklich ohne jedwede Hilfsmittel die Musik selbst erzeugen zu können - d.h. auch ohne das Hilfsmittel der Tastenaufsicht! - Wer sich an Tastenbildern weiterhangelt betreibt möglicherweise eine Art "Malen nach Zahlen" ???"

2) Liebe klimpertante,

es wundert mich wirklich, dass du meine obigen Aussagen in Frage stellst! - Reicht es deines Erachtens aus, dass ein Klavieranfänger irgendwie wiedererkennbare Tonfolgen auf einem Klavier erzeugen kann, indem er einem optisch vorgegebenen Tastenaufsichtsmuster folgt??? Nennst du das dann Musik oder musikalisches Spiel???

LG

Debbie digitalis
 
Hallo Debbie
ich denke, als Anfänger gibt es nur einen einzigen Grund nach Noten zu spielen: Das ist das Lernen des Notenlesens selbst.
Stücke, die man präsentabel vorspielen möchte, sollten innerlich abrufbar sein.
Begründung: Das Notenlesen verbraucht Ressourcen, die besser auf die musikalische Gestaltung gelenkt werden sollten.

Ein sinnvolles Auswendiglernen beinhaltet eine Analyse des Stückes. Oft reicht es, die Struktur zu memorieren; ein Lernen von Einzelnoten ist dann nicht erforderlich.
Je öfter man Stücke analytisch lernt, desto leichter fällt es.

Ein großer Vorteil der Analyse ist, dass man ein Stück mental jederzeit/an jedem Ort innerlich durchgehen kann.
Anfangs benötigt man mit einer "Blaupause" im Kopf noch Noten parallel zur Sicherheit.

Da ich als Autodidakt begonnen habe, und Noten keine Hilfe waren:D, war ein Spielen nach Gehör und Gedächtnis über lebensnotwendig.
Möglicherweise gehe ich deshalb gerne diesen bequemen Weg.:p

Stücke, die ich strukturiert gelernt habe, sind zwar auch nach wenigen Wochen "verschwunden".
Die Reaktivierung mit Notenhilfe geht dann aber sehr schnell.

Lieber Gruß, NewOldie
 
Dabei wird aber einfach nicht berücksichtigt, daß man nicht weiß (und im allgemeinen nicht wissen kann), wie viel der Vorbereitung mit und wieviel ohne Noten stattgefunden hat.

Persönlich habe ich eher die Erfahrung gemacht, daß ich Stücke, sobald ich soweit daran gearbeitet habe, daß ich sie halbwegs passabel spielen kann, der Notentext im Gedächtnis sitzt. Insofern bleibe ich ganz entspannt und lasse die Noten immer vor mir. Ganz cool fand ich ja die Erfahrung, daß während ich durch die Straßen ging auf einmal eine harmonische Analyse des C-Dur-Präludiums (aus op.87 von Schostakowitsch) im Kopf ablief. Das wäre wahrscheinlich nicht passiert, wenn ich nur nach Tastenbildern gespielt hätte.

Hallo Anatol,

vielen Dank für diesen aufschlussreichen Erfahrungsbericht!

LG

Debbie digitalis
 
Daraus folgender Trugschluss:
Wer seine ersten "Stücke" ohne Notenblatt spielen kann ist gut, begabt und hat es irgendwie drauf!...

Auswendig bedeutet m.E. nicht allein "ohne Noten", sondern wirklich ohne jedwede Hilfsmittel die Musik selbst erzeugen zu können - d.h. auch ohne das Hilfsmittel der Tastenaufsicht! - Wer sich an Tastenbildern weiterhangelt betreibt möglicherweise eine Art "Malen nach Zahlen" ???

Was ist eure Meinung??
Hi Debbie,
geht ein bißchen querbeet, es draufhaben (und das präsentieren) zu wollen und hangeln an Tastenbildern sind irgendwie Anfängermarotten, da stehen wir jetzt drüber.

Aber trotzdem finde ich Deine Frage interessant und möchte sie vergleichen mit Gedichtvortrag. Früher hatte ich eine Phase wo ich Gedichte sehr mochte und als (öffentlicher) Stotterer gerne im stillen Kämmerlein (fließend) theatralisch vortrug, nix dolles, Ringelnatz, Kästner und so. Keine Ahnung ob das viele Pubertierende tun, aber vielleicht hast Du auch diese Erfahrung oder kannst sie nachvollziehen:

Kurzum, der Text war inhaltlich bekannt, auch die highlights, Stimmführung, Dramatik, Pausen - ich konnte sie vortragen so wie ich sie wollte. Ich konnte sie aber nicht auswendig sondern brauchte den Text. Nicht um ihn Buchstabe für Buchstabe zu entziffern oder auch nur Wort für Wort zu lesen, das Identifikationsmuster war noch umfassender aber weniger detailliert.

Ich vermute, dass dies auch mein Ziel für das Blattspiel sein kann. Noch hänge ich zu sehr an den Buchstaben und Worten, so dass mein Blattspiel - angesichts der geringen Prozessorleistung - nicht flüssig ist. Aber mit umfassenderen und geläufigeren Identifikationsmustern könnte es mir vielleicht auch mit diesem Hirn noch gelingen, das eine oder andere nette Stückchen aus der Notenschublade zu präsentieren wie weiland Ringelnatz oder Kästner.
 
ich wieder, der Gitarrist,

eigentlich bin ich nie zufrieden ...

in den ersten Jahren habe ich Stücke immer auswendig gelernt. Mit der Gitarre "unter Freunden/dinnen" vom Blatt spielen ist und war immer schon uncool.

Fürs auswendig Spielen habe ich mehr oder weniger immer die gleiche Zeit aufgewendet. Die Stücke wurden allerdings immer anspruchsvoller (Länge, Schwierigkeitsgrad, neue Techniken etc.), der Aufwand blieb aber mehr oder weniger konstant.

Dann habe ich mich mit jemanden zusammen getan der "nur" vom Blatt spielen konnte - das aber richtig gut. Ohne Blatt war er aber verloren und konnte fast nichts auswendig spielen.
Heute spielen wir Stücke zusammen (vom Blatt) die ich nie auswendig lernen werde - ich kann die ja vom Blatt spielen.
Ich kann jetzt schneller mehr Stücke, auch mit anderen, vom Blatt spielen, die lerne ich aber nicht mehr auswendig da ich diese Stücke wesentlich weniger üben muss um die spielen zu können.

eigentlich war ich damit auch nicht zufrieden ... (siehe oben, cool spielen, Mädels etc. :) )

In den letzten Jahren habe ich immer Stücke in Arbeit, die ich versuche auswendig zu lernen. (das kann schon mal 1-2 Jahre dauern, manchmal auch schneller), zusätzlich spiele ich mit anderen Stücke vom Blatt (die ich mir immer noch nicht merken kann).

Irgendwann eine gesunde Mischung aus beiden finde ich zumindest heute sinnvoll, ob man zuerst mit dem Blattspiel oder dem auswendig Spielen beginnt, mag von den eigenen Vorlieben abhängen.
 
Ich spiele seit September 2011 Klavier und spiele eigentlich kaum nach Noten. Flüssig könnte ich das auch garnicht, da ich nicht im Bruchteil einer Sekunde aus mehreren Noten auf der rechten und der linken Hand Griffe erzeugen kann (in meinem Gehirn). Die Melodie spiele ich immer nach Gehör und sehe mir dabei die Tastatur nicht an, (momentan geht es bis zu einer zweistimmigen polyphonie nach Gehör bei mir), die muss ich auch nicht auswendiglernen (ich muss nur bei sehr großen Abständen ein bisschen mit dem Gedächtnis nachhelfen), die Begleitung allerdings ist für mich um vieles schwieriger, die muss ich tatsächlich auswendiglernen. Ich spiele seit zwei Wochen Debussys "Clair de lune", was bis auf den 9/8 Takt zugegeben nicht sehr schwer ist, trotzdem brauchte ich mit meiner Methode immerhin 3-4 Tage bis ich es ganz auswendig konnte und ich bin erst vor ein paar Tagen bei der Originalgeschwindigkeit angekommen. Es stellt sich natürlich die Frage, wie viel Sinn es macht mehr als einen Tag in ein einzelnes Lied zu investieren, es wird ja irgendwann doch langweilig. Aber es war ja auch erst das dritte Stück, das ich nach Noten gespielt habe, für das Fantasie Impromptu von Chopin habe ich fast einen Monat gebraucht bis es mir dann endgültig zum Hals herausgehangen ist. Ich könnte allerdings demnächst wieder damit anfangen... inzwischen spiele ich ja schon doppelt so lange^^

Deine Aussage mit den Griffmustern verstehe ich allerdings nicht. Die gibt es ja auch wenn man nicht auf die Tastatur sieht. Du kannst mir nicht allen Ernstes sagen dass du wenn du das erste mal die Noten eines neuen Liedes vor die Nase gestellt bekommst jeden drei oder Vierklang der in dem Stück von deiner rechten Hand gespielt wird direkt triffst und damit meine ich alle vier finger einer einzelnen Hand gleichzeitig, während deine andere Hand die Begleitung spielt oder sonstiges. Hinsehen muss man nicht gezwungenermaßen, aber derjenige der einen vierstimmigen Akkord während des Spielens anhand der Noten selbst zusammenbastelt ohne jeglichen Bezug, ohne das Griffbild schon zu kennen muss ein extremer Profi sein, und bei denen kommt das natürlich nicht vor weil die schon jede Notenkonstellation memoriert haben oder aus bekannten erschließen können. Ich wüsste nicht wie ein Anfänger es bewerkstelligen sollte frei nach Noten zu spielen. Man muss die Stücke auswendiglernen. und wenn du Stücke meinst die Kleinkinder spielen, Stille Nacht Heilige Nacht oder Yankee Doodle oder sowas, dafür braucht doch niemand Noten xD Das spielt man gleich frei nach Gehör ohne auch nur irgendwas zu üben xD
 
Ich spiele seit September 2011 Klavier ... seit zwei Wochen Debussys "Clair de lune", was bis auf den 9/8 Takt zugegeben nicht sehr schwer ist, trotzdem brauchte ich mit meiner Methode immerhin 3-4 Tage bis ich es ganz auswendig konnte und ich bin erst vor ein paar Tagen bei der Originalgeschwindigkeit angekommen.

Also, ich weiss nicht, bin ich hier unter Genies oder was? Wenn man seit so kurzer Zeit erst spielt, wie kann man dann so ein Stück nach ein paar Tagen schon spielen oder gar auswendig können? Oder ist das ein sehr vereinfachtes Arrangement?
 

Also, ich weiss nicht, bin ich hier unter Genies oder was? Wenn man seit so kurzer Zeit erst spielt, wie kann man dann so ein Stück nach ein paar Tagen schon spielen oder gar auswendig können? Oder ist das ein sehr vereinfachtes Arrangement?

Ich weiß nicht ob es das Original ist, es ist aus dem Buch, das ich mit meinem Klavier bekommen habe (50 greats for the Piano von Yamaha).
Es ist aber eigentlich genau diese Version: Debussy, Clair de lune (piano music) - YouTube von der ich dieses Lied auch kenne, es hat 6 Seiten.
Aber es ist schonmal um vieles leichter als das Fantasie Impromptu, alleine um herauszufinden wie man die Triolenbegleitung spielt habe ich einen ganzen Tag gebraucht. außerdem ist es in einer Geschwindigkeit gespielt zu der ich mir garnicht vorstellen kann jemals fähig sein zu können, doch es scheint ein Standard für Pianisten zu sein insofern... Die einzige Schwierigkeit an Clair de Lune ist der Takt, an den muss man sich eben mal gewöhnen. Was mir zusätzlich geholfen hat ist, dass ich das Lied ja schon vorher kannte und da die Melodie im Gegensatz zum Fantasie Impromptu auch konkret heraushörbar ist kann man die ja ganz einfach nach Gehör spielen (sie besteht ja meistens nur aus einem zweiklang, das kann ich gerade noch mit ein wenig Gedächtnishilfe). Wie gesagt, nur fürs Auswendigmerken brauchte ich 3-4 Tage, flüssig spielen in beinahe Originalgeschwindigkeit konnte ich es erst ca. 10 Tage später.
Das Auswendigmerken mache ich systematisch, ich lerne zwei Takte auswendig und übe sie bis sie (halbwegs) sitzen, das dauert 10-15 Minuten, dann lerne ich die nächsten zwei Takte auswendig und tue dasselbe, das dauert wieder 10-15 Minuten, dann übe ich von anfang bis zum letzten Takt den ich gelernt habe usw. Und das tue ich dann bis zum Schluss. Der Vorteil an speziell diesem Stück war, dass alles relativ linear angeordnet ist, das macht das merken um vieles leichter.

Aber ich bin autodidakt, ich habe keine Ahnung welche Lerntaktiken Klavierschüler anwenden. Wieso ist es denn so unwahrscheinlich in 4 Tagen ein Stück im Kopf zu haben? Wie lange brauchen andere dafür? 4 Tage scheint mir persönlich eigentlich schon sehr viel zu sein für ein Stück das 6 Minuten dauert.
Du musst ja auch bedenken, dass es einen Unterschied macht ob man wie ich mit 18 Jahren beginnt oder als 5 Jähriges Kind das mit Musik überhauptnichts anfangen kann. aber man hat mir hier im Forum auch schon gesagt ich hätte kompositorisches Talent, Mein Thread also werd ich da wohl auch spielerisch gewisse Vorteile haben.
Ich spiele eigentlich immer nur für mich selbst insofern tut es mir Leid wenn ich mit Verallgemeinerungen auf Basis meiner eigenen Erfahrungen die vielleicht nur für mich gelten dich verwirrt habe. Es sollte nicht arrogant wirken, und ich möchte dich auch nicht entmutigen...
 
1) ein Spiel ohne Notentext ist nicht zwangsläufig ein Spiel nach dem Gehör! Wenn ein Notentext dem Erlernen zugrunde lag hat das darauffolgende Auswendigspielen eigentlich gar nichts (bzw. äußerst wenig) mit dem Spielen nach Gehör zu tun!

Hallo Debbie digitalis,

ich habe ein wenig Probleme mit deiner Auslegung des Begriffes "auswendig". Daher ist es mir nicht so recht möglich deinen Beitrag zu verstehen. Auswendig spielen bedeutet meines Erachtens eine Vorlage (also Noten) zu lernen um diese exakt aus dem Gedächtnis wiedergeben zu können. Auswendiglernen ist also nur das Aneignen von Inhalten ohne weiteren Zusammenhang (also wie ich es spielen soll). Kann es sein, dass du "auswendig spielen" mit "Spielen nach Gehör" gleichsetzt? Wärst so nett dich noch einmal zu erklären?

Gruß Uli
 
Wieso ist es denn so unwahrscheinlich in 4 Tagen ein Stück im Kopf zu haben? Wie lange brauchen andere dafür? 4 Tage scheint mir persönlich eigentlich schon sehr viel zu sein für ein Stück das 6 Minuten dauert.

Also, wenn du mit 4 Tagen 4x24 Std. Übungsdauer meinst, dann könnte ich mir vorstellen, dass es für einen "Normalbegabten" möglich sein könnte.
Ich hab mich früher mit auswendiglernen schon sehr schwer getan, deshalb wundert es mich nicht, dass ich im rel. hohen Alter (>45) das eine Stück, das ich übe (1 Seite) auch nach 2-3 Monaten noch nicht zuverlässig auswendig kann.
Egal, man sollte andere eh nicht als Massstab nehmen und wenn das bei dir so fix geht, kann man dir nur gratulieren.

Ach, und zum eigentlichen Thema noch was:

Ich hab da 3 Fälle:
1. Die einfachen Stücke aus dem Buch, die ich nur zum Üben spiele, an denen mir aber langfristig wenig liegt: Die bewegen sich alle noch im Fünftonraum und deshalb muss ich nicht auf die Finger sehen, sondern kann auf die Noten schauen, die laufen dann zu 50% aus dem Gedächtnis und zu 50% vom Blatt.

2. Ein längeres Stück (2 Seiten), das eigentlich ncoh über meinem Niveau liegt, aber mir Spass macht. Das kann ich zu 80% auswenig, einfach, weil ich es schon so oft geübt habe. Zur Sicherheit schaue ich aber immer wieder in die Noten.

3. Das oben erwähnte Stück (1 Seite), das noch etwas mehr über meinem Niveau ist, das hat etliche Sprünge drin, da muss ich auf die Tasten sehen, sonst greife ich zu oft daneben. Das geht einfach nur auswendig (irgendwann mal).
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hi Debbie,
geht ein bißchen querbeet, es draufhaben (und das präsentieren) zu wollen und hangeln an Tastenbildern sind irgendwie Anfängermarotten, da stehen wir jetzt drüber.

Aber trotzdem finde ich Deine Frage interessant und möchte sie vergleichen mit Gedichtvortrag..

Lieber Stümperle,

Gedichtvortrag ist in diesem Zusammenhang ein für mich absolut treffendes Stichwort!!! Ich selbst musste für das damals noch zu erwerbende "große Latinum" im Abi in diesem Fach ins Mündliche. Mein damaliger Lateinlehrer (ein höchst sonderbarer, aber auch äußerst interessanter und geistreicher "Kauz") empfahl mir damals - um im Mündlichen zu reüssieren, ein Gedicht im Versmaß parat zu halten. Diesem Ratschlag bin ich auch gefolgt und musste dann ein Liebesgedicht von Ovid im Hexameter vor mehreren vertrocknet grinsenden (Ober)studienräten rezitieren ...(Vivamus mea Lesbia atquamemus!) ...... dazu kein weiterer comment!!! Glücklicherweise kam eine vergleichbar peinliche Situation in meinem weiteren Leben bisher nicht mehr vor!!!:D:D

Dennoch: liebe ich lateinische Texte und Gedichte und bin höchsterfreut, wenn ich meinen Kindern bei Lateinübersetzungen helfen kann (weil ich nach etlichen jahren nach dem großen Latinum offenbar noch das meiste von dem damals grottenschlechten Unterricht in der Birne habe!!!).

LG

Debbie digitalis
 
Ich versuche hiermit, mich noch mal deutlicher verständlich zu machen:


2) Liebe klimpertante,

es wundert mich wirklich, dass du meine obigen Aussagen in Frage stellst! - Reicht es deines Erachtens aus, dass ein Klavieranfänger irgendwie wiedererkennbare Tonfolgen auf einem Klavier erzeugen kann, indem er einem optisch vorgegebenen Tastenaufsichtsmuster folgt??? Nennst du das dann Musik oder musikalisches Spiel???

LG

Debbie digitalis

Hallo Debbie,

wenn auch verspätet, mochte ich doch noch mal antworten:
ich befürchte, dass ich Dein Ausgangsposting und deine ÜBerlegungen nicht so recht verstanden (hatte) habe. Einiges, von dem, was Du wahrscheinlich meinst, habe ich erst aus den nachfolgenden Beiträgen verstanden.
Was ich nicht nachvollziehen kann, ist Dein Vergleich "Auswendig spielen" entspringt "Tonfolgen erzeugen nach einem optisch vorgegebenen Tastenaufsichtsmuster" - wenn ich mir das so vorstelle, dann müsste ich mir die Ohren zustopfen und meinen Hörsinn völlig ausschalten.
Ein Kind, was sich neugierig dem Klavier nähert, wird seine ersten Versuche möglicherweise völlig ohne Noten machen, kann vielleicht auch noch nicht (Texte) lesen. Es hört, kennt vielleicht eine Melodie, ein Kinderlied, und sucht sich dann (aus dem Gehör heraus) die passenden Töne auf dem Klavier zusammen.
Das ist für mich auch auswendig spielen - es kommt aber von innen, also eigentlich nicht trennbar, das Inwendig oder Auswendig spielen. Und ich hatte nache deinem ersten Beitrag, den Eindruck, dass Du genau auf so eine Trennung hin definiertest.

Liebe Grüße

Klimpertante
 
ich befürchte, dass ich Dein Ausgangsposting und deine ÜBerlegungen nicht so recht verstanden (hatte) habe.....

Was ich nicht nachvollziehen kann, ist Dein Vergleich "Auswendig spielen" entspringt "Tonfolgen erzeugen nach einem optisch vorgegebenen Tastenaufsichtsmuster" - wenn ich mir das so vorstelle, dann müsste ich mir die Ohren zustopfen und meinen Hörsinn völlig ausschalten.

Liebe Klimpertante,

vielen Dank für deine Antwort!

Ich versuche nun mal dir zu erklären, warum ich das Auswendigspielen zur Diskussion gestellt habe!

Grundsätzlich habe ich überhaupt nichts dagegen, wenn man auswendig spielen kann - das ist im Gegenteil wünschens- und erstrebenswert! Allerdings kann es sein, dass sich zu erlernende Stücke recht rasch in das Fingergedächtnis einprägen und damit die Verfolgung des Notentextes beim Spielen überflüssig machen. Das ist dann insbesondere für Anfänger ein tolles Erfolgserlebnis. Allerdings ist diese vermeintliche Unabhängigkeit vom Notentext ebenso trügerisch wie das Fingergedächtnis selbst.

Durch kleinste Irritationen kann der Anfänger aus so einem auswendig gespielten Stück herausfliegen, ohne nahtlos wieder einen Einstieg zu finden. Wirklich auswendig gekonnt ist ein Stück m.E. nur, wenn zu dem Auswendigspielen aus dem Fingergedächtnis noch etliche andere Dinge hinzukommen. Das ist nicht nur eine klare gedankliche Vorstellung der Melodie (bzw. der verschiedenen, in einem Stück enthaltenen Stimmen und Akkorde), sondern auch eine klare Vorstellung der Abfolge der einzelnen Teile eines komplexeren Stücks sowie ein wenig harmonisches Verständnis - und nicht zuletzt die Fähigkeit, in das Stück an jeder Stelle (d.h. in jedem Takt) problemlos und sofort wieder hineinzufinden.

Ein Kind, was sich neugierig dem Klavier nähert, wird seine ersten Versuche möglicherweise völlig ohne Noten machen, kann vielleicht auch noch nicht (Texte) lesen. Es hört, kennt vielleicht eine Melodie, ein Kinderlied, und sucht sich dann (aus dem Gehör heraus) die passenden Töne auf dem Klavier zusammen.
Das ist für mich auch auswendig spielen - es kommt aber von innen, also eigentlich nicht trennbar, das Inwendig oder Auswendig spielen.

Bezogen auf das Kind ist solch ein Vorgehen völlig in Ordnung und sicher eine gute Grundlage für weiteres musikalisches Lernen. Allerdings ist die Vorgehensweise im Klavierunterricht auf einer etwas fortgeschritteneren Ebene i.d.R. eine andere. Kinder und auch Spätanfänger setzen sich i.d.R. mit ausnotierter Klavierliteratur auseinander und bemühen sich, diese am Klavier umzusetzen. Hören und Töne suchen ist schön, reicht hier aber nicht.;)

LG

Debbie digitalis
 
Entscheidend ist, was an Musikalität rauskommt - egal ob auswendig oder mit Hilfe des Notentextes bzw. im Extremfall sogar prima vista vorgetragen. Ideal finde ich, wenn man ohne Noten vortragen kann und alles verinnerlicht hat, weil das Ablesen immer einen Teil der Aufmerksamkeit beansprucht. Wenn ich etwas intensiv geübt habe, kann ich es sowieso immer auch auswendig spielen. Ich würde aber jetzt auch nicht behaupten, dass die Noten hinderlich sind oder beim Spiel mit Noten nicht auch der gleiche Level an Musikalität erreicht werden kann. Umgekehrt kann der Vortrag ohne Noten auch unbefriedigend sein, wenn wichtige Anweisungen in den Noten nicht verinnerlicht wurden oder z. B. nach längerer Zeit wieder vergessen wurden.
 
Liebe Debbie,

danke, dass Du dir noch einmal die Mühe gemacht hast, meine Antwort zu erwidern. Ich fürchte, ich kann auch mit dem "Fingergedächnis " nicht alzu viel anfangen, das wird mir so langsam klar. Und ich merke auch, dass Deine Aussage...
...Allerdings ist die Vorgehensweise im Klavierunterricht auf einer etwas fortgeschritteneren Ebene i.d.R. eine andere. Kinder und auch Spätanfänger setzen sich i.d.R. mit ausnotierter Klavierliteratur auseinander und bemühen sich, diese am Klavier umzusetzen"
für mich nicht so zutrifft: Für mich ist es ganz wichtig, ein Stück, das ich einübe, vorher und auch zwischen drin, immer wieder mal zu hören. Ich bin halt vom Typ her eher ein "Hörmensch" als ein visueller Typ. Das Ganze ist dann bei mir aber nicht auf "Hören und Töne Suchen" reduziert, sondern läuft parallel mit den Noten.

Viele Grüße
Klimpertante
 

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