András Schiff, "Eurotrash"

pianovirus

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25. März 2014
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Ich glaube gar nicht, dass Tobi was dagegen machen will ;-)

Tobi möchte nur ein wenig Zündstoff anbringen...und das ist ihm gelungen :super::bomb:;-)

hiermit, Zitat aus Andras Schiff's Anmerkungen:

Zitat von Andras Schiff:
Interpreten aller Art – Regisseure, Dramaturgen, Dirigenten, Instrumentalisten – sind re-kreative, also nachschaffende Künstler im Dienste der kreativ-schöpfenden Autoren und Komponisten. Das ist nicht weniger als die Conditio sine qua non der Kunst. Alte Meisterwerke neu beleben zu wollen, ist eine innere Notwendigkeit und ein lobenswertes Bestreben. Der Interpret darf dabei aber nicht über das Ziel hinausschiessen, er sollte sich stets an den Werkrahmen halten und dessen Parameter erkennen und respektieren.
bin ich nicht so ganz einverstanden...
Es liegt nämlich ein wenig Zündstoff darin, ob man lediglich re-kreativ ist, oder seinen eigenen Ideen den Vorrang gibt, wenn es um die Beschäftigung und Darbietung eines Stückes geht. Von wem diese Stücke sind, ist völlig gleichgültig: Ob vom Pianisten selbst ( Pianist-Composers des 19. Jhdts., aber auch mehrere heutige ), oder von wem anders. Schiff schiebt die Interpreten fremder Stücke ( andere scheints nicht zu geben für ihn ) in eine Marionetten-Ecke: So nicht!!! ( Übrigens war er mir bereits 2 Mal als "eher mäßig", von seinen Ansichten her, aufgefallen: zum einen in dem Thread wegen seiner Aussagen in seinen Vorträgen zu Beethovens Klavier zur Zeit der Mondscheinsonate ( den Broadwood hatte Beethoven da noch nicht. Suchbegriffe für den Thread über Forum Suchfunktion, evtl. Schiff - Broadwood - Mondscheinsonate -, habs ausm Kopf ) , und zum Zweiten wegen seines Verhaltens bei irgendeinem Konzert, das Marlene beschrieben hatte, erinnere ich mich ebenfalls.

Der Grund für meine Widerwilligkeit ist: Am wichtigsten ist der Interpret. Er hat im Saal das Sagen zu haben. Davon gab es welche, die laut Berichten, wie entfesselte Urgewalten spielten. Die sollen sich also laut Herrn Schiff in Demut zurückhalten und nur im Dienste anderer sich im Gefängnis des "Werkrahmens" bewegen? Nein, nein, das geht leider nicht, finde ich. Zumal es NICHT MACHBAR IST, ein Klavierstück 2 mal exakt gleich zu spielen, und schon gar nicht, wenn es von verschiedenen Interpreten gespielt wird.

Und hiermit bin ich ebenfalls nicht so ganz konform:

Zitat von Andras Schiff:
Auf dem Plakat der Uraufführung von Mozarts «Don Giovanni» (am 29. Oktober 1787 in Prag) stehen neben dem Komponisten und Dirigenten Mozart sowie dem Librettisten Lorenzo da Ponte die Namen der gesamten Sängerbesetzung.
Nach dem Spielleiter sucht man umsonst. Damals standen das Werk und seine musikalische Wiedergabe eindeutig im Mittelpunkt, nicht die szenische Realisation. Liest man heutzutage Rezensionen einer «Don Giovanni»-Aufführung, blickt man in eine verkehrte Welt. Der Rezensent widmet seine Schreibe hauptsächlich der Inszenierung und der Bühnentechnik; Dirigent, Sänger und Orchester finden lediglich am Rande Erwähnung, noch stiefmütterlicher wird der arme Komponist behandelt.
Da hat er aber das Plakat der Uraufführung der Zauberflöte noch nicht gesehen. Ich hatte es vor kurzem in einem anderen Thread beschrieben. Da wird Mozart ebenfalls stiefmütterlich behandelt. Und zwar so, dass es sogar mir auf den Keks fällt.

Zur Einschätzung, dass HEUTZUTAGE der Komponist stiefmütterlich behandelt wird: Das kann ich mir gut vorstellen. Denn z.B. im Fall von Don Giovanni kennt jeder Opernfreund doch schon alles. Alles schon 17000 Mal gehört, die Orchester spielen dasselbe, sind alle gleich gut, und es ist eben nix, was man als bahnbrechend neu ansehen könnte, in der Musik vorhanden. Wozu also NOCHMAL die gehörte Musik in Don Giovanni analysieren, werden sich die Rezensenten denken. Nicht?

_________

Hiermit ebenfalls nicht völlig:

Zitat von Andras Schiff:
Die möglichst treue Befolgung des (Noten-)Textes und die philologische Genauigkeit gelten als wichtigste Tugenden der Musikwissenschaft und der Kunst der musikalischen Interpretation. Die Musiker bemühen sich mit Fleiss und Hingabe, die Instruktionen der Komponisten minuziös zu berücksichtigen, dynamische Vorschriften, Akzente, Artikulationszeichen sehr genau einzuhalten.

Dazu ist a ) zu sagen, dass im 19. Jhdt. durchaus Leute ( Pianisten ) da waren, die Stücke jedes Mal anders darboten, und b ) sogar improvisatorische Elemente einbauten oder gar Stücke GANZ improvisierten. Und c ) gibt es Stücke, bei denen Instruktionen äußerst rar sind.

Bedaure, die Aussagen von Andras Schiff sind mir zu dünn. Der Interpret ist m.E. am wichtigsten.

Doch in einem Punkt muss man aufpassen: Der Pianist ist N I C H T so wie der Regisseur in einem Theater. Der Pianist hat den UNMITTELBAREN DRAHT von seiner Person, seinem Auftreten, seinem Können direkt zum Publikum. Man sieht und hört IHN spielen.

Den Regisseur irgendeines neumodischen "Faust", wo gelbe Kettensägenmänner das Gretchen auf einer Lustbank im Folterkeller zersägen, und dazu 5 Prostituierte Hexen "oh Mephistoooo, zeig uns Deinen Pudel!!" kreischen, den sieht man und hört man nicht, und den kennt man auch nicht. :teufel::teufel::teufel:

LG, Olli.:super:
 
Ich glaube gar nicht, dass Tobi was dagegen machen will ;-)

Tobi möchte nur ein wenig Zündstoff anbringen...und das ist ihm gelungen :super::bomb:;-)

hiermit, Zitat aus Andras Schiff's Anmerkungen:


bin ich nicht so ganz einverstanden...
Es liegt nämlich ein wenig Zündstoff darin, ob man lediglich re-kreativ ist, oder seinen eigenen Ideen den Vorrang gibt, wenn es um die Beschäftigung und Darbietung eines Stückes geht. Von wem diese Stücke sind, ist völlig gleichgültig: Ob vom Pianisten selbst ( Pianist-Composers des 19. Jhdts., aber auch mehrere heutige ), oder von wem anders. Schiff schiebt die Interpreten fremder Stücke ( andere scheints nicht zu geben für ihn ) in eine Marionetten-Ecke: So nicht!!! ( Übrigens war er mir bereits 2 Mal als "eher mäßig", von seinen Ansichten her, aufgefallen: zum einen in dem Thread wegen seiner Aussagen in seinen Vorträgen zu Beethovens Klavier zur Zeit der Mondscheinsonate ( den Broadwood hatte Beethoven da noch nicht. Suchbegriffe für den Thread über Forum Suchfunktion, evtl. Schiff - Broadwood - Mondscheinsonate -, habs ausm Kopf ) , und zum Zweiten wegen seines Verhaltens bei irgendeinem Konzert, das Marlene beschrieben hatte, erinnere ich mich ebenfalls.

Der Grund für meine Widerwilligkeit ist: Am wichtigsten ist der Interpret. Er hat im Saal das Sagen zu haben. Davon gab es welche, die laut Berichten, wie entfesselte Urgewalten spielten. Die sollen sich also laut Herrn Schiff in Demut zurückhalten und nur im Dienste anderer sich im Gefängnis des "Werkrahmens" bewegen? Nein, nein, das geht leider nicht, finde ich. Zumal es NICHT MACHBAR IST, ein Klavierstück 2 mal exakt gleich zu spielen, und schon gar nicht, wenn es von verschiedenen Interpreten gespielt wird.

Und hiermit bin ich ebenfalls nicht so ganz konform:


Da hat er aber das Plakat der Uraufführung der Zauberflöte noch nicht gesehen. Ich hatte es vor kurzem in einem anderen Thread beschrieben. Da wird Mozart ebenfalls stiefmütterlich behandelt. Und zwar so, dass es sogar mir auf den Keks fällt.

Zur Einschätzung, dass HEUTZUTAGE der Komponist stiefmütterlich behandelt wird: Das kann ich mir gut vorstellen. Denn z.B. im Fall von Don Giovanni kennt jeder Opernfreund doch schon alles. Alles schon 17000 Mal gehört, die Orchester spielen dasselbe, sind alle gleich gut, und es ist eben nix, was man als bahnbrechend neu ansehen könnte, in der Musik vorhanden. Wozu also NOCHMAL die gehörte Musik in Don Giovanni analysieren, werden sich die Rezensenten denken. Nicht?

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Hiermit ebenfalls nicht völlig:



Dazu ist a ) zu sagen, dass im 19. Jhdt. durchaus Leute ( Pianisten ) da waren, die Stücke jedes Mal anders darboten, und b ) sogar improvisatorische Elemente einbauten oder gar Stücke GANZ improvisierten. Und c ) gibt es Stücke, bei denen Instruktionen äußerst rar sind.

Bedaure, die Aussagen von Andras Schiff sind mir zu dünn. Der Interpret ist m.E. am wichtigsten.

Doch in einem Punkt muss man aufpassen: Der Pianist ist N I C H T so wie der Regisseur in einem Theater. Der Pianist hat den UNMITTELBAREN DRAHT von seiner Person, seinem Auftreten, seinem Können direkt zum Publikum. Man sieht und hört IHN spielen.

Den Regisseur irgendeines neumodischen "Faust", wo gelbe Kettensägenmänner das Gretchen auf einer Lustbank im Folterkeller zersägen, und dazu 5 Prostituierte Hexen "oh Mephistoooo, zeig uns Deinen Pudel!!" kreischen, den sieht man und hört man nicht, und den kennt man auch nicht. :teufel::teufel::teufel:

LG, Olli.:super:
Lieber Olli, sehr schade, dass du keine Gelegenheit bekommen hast, Theater oder Oper zu inszenieren, bei deiner Intelligenz, Gedächtnis und Phantasie.
 
Den Regisseur irgendeines neumodischen "Faust", wo gelbe Kettensägenmänner das Gretchen auf einer Lustbank im Folterkeller zersägen, und dazu 5 Prostituierte Hexen "oh Mephistoooo, zeig uns Deinen Pudel!!" kreischen, den sieht man und hört man nicht, und den kennt man auch nicht. :teufel::teufel::teufel:
:-D:-D:-D:-D
die gelben Kettensägenmänner sind köstlich, nuttige Hexen schreibt Goethe sogar vor ("ich biete meinen besten Gruß / dem Ritter mit dem Pferdefuß" usw), das Gretchen zersägen ist innovativ, würde das Stück aber erheblich kürzen...
---- wie dem auch sei: wo hast du das
her? Empirie? tägliche Praxis? Erbstück?
:-D:-D:-D:-D

übrigens großen Erfolg hatte ein ulkig Strapse tragender Klingsor im Parsifal (Bayreuth, Regie: Herheim)
 
Hier trifft der Allgemeinplatz "Die Geschmäcker sind verschieden". Beim Woyzeck gebe ich Schiff recht, der war - gelinde gesagt - merkwürdig. Wenn man sich aber die Einführung zu der Inszenierung anhört, weiß man warum - nicht dass das etwas entschuldigt. Aber wenn ein paar Tage vor der Premiere alles umgeworfen wird - warum auch immer - wirds nun mal komisch. Kabale und Liebe dagegen fanden wir dagegen aber gelungen und die Schauspieler klasse.

Ich kann mich auch an eine "Entführung" in der Komischen Oper in Berlin erinnern, wo die (meist weißköpfigen) Besucher in Scharen, türenknallend und brüllend ("das hätte Mozart nicht gewollt") rausgerannt sind. Kann man so sehen, wenn man ein romantisches Märchen sehen möchte. Kann man aber auch ganz anders sehen, wenn man sich die Texte und die Geschichte einmal genauer ansieht .... Die Frage ist doch, ob Theater und Oper in der Vergangenheit stehen bleiben müssen. Schiff spielt sicher auch nicht mehr wie Pianisten vor 100 Jahren und nimmt sich die Freiheit, seine Interpretation der Musik vorzubringen.

Will sagen: nicht alles Neue muss schlecht sein. Aber man muss sich auch drauf einlassen. Dann gibt es durchaus unerwartete Abenteuer.

lavendel
 

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