Analyse klassischer Stücke

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Wu Wei

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Moin,

in verschiedenen Beiträgen habe ich lesen können, dass ihr allein oder mit Lehrer auch die zu spielenden Stücke analysiert. Das finde ich sehr interessant. Ich habe aber keine Ahnung, wie man das betreibt, da ich mich bisher nur langsam in die Jazz-Harmonielehre einlese.

Wie wäre es denn, wenn sich mal einer findet und exemplarisch ein einfacher strukturiertes Stück zerlegt? Am besten eins, das für alle leicht zugänglich ist (z.B. von hier), so dass wir es diskutieren können. Vielleicht entwickelt sich ja noch eine eigene Theorie-Ecke draus.

Tschüss
Wu Wei
 
Zerlegt in was? In Harmonien? Fingerbewegungsabläufe? ...?
Für ersteres: Diether de la Motte, Harmonielehre. Zweiteres: Chang (aber den kennst Du ja schon). Sonst: erklär Dich bitte bissel genauer :-)
 
Ein Stück zu analysieren heißt ja etwas mehr als einfach die gespielten Harmonien zu benennen. Um den musikalischen Inhalt zu erfassen muss ich ein Verständnis dafür entwickeln, in welcher Beziehung die Harmonien zueinander stehen und welchen musikalischen Sinn sie haben. Einfaches Beispiel: der Dominant- Sept- Akkord erzeugt starke Spannung und verlangt nach einer Auflösung zur Tonika. Manchmal erfolgt diese Auflösung nicht; z. B. im Blues erzeugt die permanente Weigerung, diese Spannung aufzulösen eine gewisse Traurigkeit (zusammen mit einer Mischung aus Dur und Moll), usw. Meistens ist das sehr interessant, mit welchen Mitteln der Komponist bestimmte Ziele verfolgt und Stimmungen erzeugt.
Schlag doch mal ein Stück vor, ich bin gespannt, was wir zusammentragen können.

Der Hartmut
 
Ja Hartmut, so in etwa habe ich mir das vorgestellt. Weiß ja auch nicht, was diejenigen, die davon schrieben, mit ihren ehrenwerten Lehrern analytisch so treiben. Ein Stück vorzuschlagen fällt mir nicht leicht, da ich nicht beurteilen kann, was sich für den Anfang gut eignet. Vielleicht sollten wir uns chronologisch durch die Epochen bewegen, so wie auch allmählich die Kompositionsregeln freier wurden?
 
also eigentlich ist analysieren, wenn man die einzelnen achorde benennt

zuerst muss man die tonart bestimmen
dann gibt es zum Benennen verschiedene möglichkeiten
1. man geht nach Tonika, Subdominante, Dominante und ihren Parallelen
2. Primäre/ Sekundäre/ Terziäre/ Terzafinale/ Peregrine Kadenz u.s.w
3. Man bezeichnet die Stufen (I, II, III, IV,...)
4. man kann glaub ich auch einfach G.Dur, a.moll,... schreiben
und man muss noch schreiben welche umkehrung das ist bzw. ob es vielleicht sowas wie ein verkürzter dominant-spept-nonen-achord mit quinte im bass ist

aber ich mauss dazu sagen, dass ich keine wirkliche Ahnung hab was das Analysieren angeht
also nicht auf das verlassen was hier steht
 
Zitat von Wu Wei:

Diether de la Motte, Harmonielehre, dtv/Bärenreiter, 7.Aufl. 1990, DM 14.80
ISBNs 3-423-04183-8 und 3-7618-4183-3
behandelt stellvertretend für die Epochen:
Lasso-Palestrina-Lechner-Cavalieri (1600)
Bach-Händel-Vivaldi-Telemann (1700-1750)
Haydn-Mozart-Beethoven (1770-1810)
Schubert-Beethoven (1800-1828)
Schumann (1830-1850)
Oper (1600-1900)
Wagner (1857-1882)
Liszt (1839-1885)
Debussy (1900-1918)
Schönberg bis Gegenwart (ab 1914; Gegenwart = Erstauflage 1976)
 
Ich finde die Idee ganz gut!
Aber ich finde es sollten auch das Thema eines Stücken, Ablauf etc. analysiert werden. Wie wärs wenn ein Stück, dass es in MP3 zb. auf http://www.classiccat.net/ gibt, ausgewählt wird und jeder dann seinen Senf dazu gibt??
 
Auf der Suche nach dem de la Motte bin ich gestern auf ein Buch von Clemens Kühn gestoßen – "Gehörbildung im Selbststudium" – und habe darin gelesen, dass er auch eine Anleitung zur Stückanalyse geschrieben hat: "Analyse lernen". Hat jemand schon mal damit gearbeitet und kann es empfehlen?
 
mittlerweile kann ich ganz gut einfache stücke analysieren.
wenn ihr immernoch wollt, dann stell ich hier mal ein beispiel rein und dann könnten wir viellleicht mal eins zusammen machen.
Eigentlich ist es nur benennen der Akkorde (Tonika, Tonikaparallele usw.)
 
Hi keyla,

klar, mach mal den Anfang. Sehr schön.

Wu Wei
 
Ja, mich würde das auch interessieren.

Kann aber nur "zugucken", weil ich (bis jetzt) keine Ahnung von dieser Theorie habe.
Ich spiele immer "nur", das ist mir schon anstrengend genug :D

Liebe Grüsse
Astrid
 

Das Wort Analyse klingt ja furchtbar gelehrt und abstrakt.

Dabei bedeutet es nichts anderes, als nachschauen, wie etwas gemacht ist.
Welche Akkorde und Akkordverbindungen kommen in dem Stück vor, welches sind die musikalischen Themen und was sind nur Überleitungsfiguren, orientiert sich der Komponist an einer traditionellen Form usw usw.

Ist schon ganz interessant, sich mal drüber Gedanken zu machen.
Ich persönlich finde, daß sich das Verständnis für ein Musikstück beim Üben ganz von allein immer mehr verbessert und daß man keine "analytische Vorarbeit" braucht. Vieles in der Musik läßt sich auch auf dem analytischen Wege garnicht erfassen. Man braucht ein gewisses "Gespür" dafür, wie diese oder jene Stelle zu spielen ist, damit sie überzeugend klingt. In der Musik ist eben nicht alles rein logisch und aus der Struktur heraus erklärbar.
 
C. Kühn

Hallo,

die Bücher von Kühn kann ich sehr empfehlen, fachlich gut und angenehm zu lesen. "Analyse lernen" und "Musikgeschichte in kommentierten Beispielen" sind klasse.

Ansonsten finde ich statt mechanischer Auflistung (Tonika, Dominante oder Figuren etc.) immer spannend, Fragen an ein Stück zu stellen. Also zu sehen, wie geht der Komponist mit der Sonatenhauptsatzform um? Löst er Erwartungshaltungen ein oder gerade nicht?
Wenn man das Besondere an einem Stück herausarbeiten kann, macht Analyse Sinn und Spaß.
Sorry, heute wenig Zeit, aber ich gebe gerne mal ein paar Beispiele...

Viele Grüße
Axel
 
ok. ich schreib heut mal nen leichten satz und analysiere ihn ;)
kann allerdings erst morgen einscannen.

@Haydnspaß: wir brauchen dann deine hilfe. mehr als akkorde bestimmen kann ich nicht

also bis morgen
 
ich habs nicht hingekriegt, dass man das bild direkt sieht...
aber so muss es auch gehen:

erst mal sielt man das es keine vorzeichen gibt und daraus schließt man, dass es a-moll oder C-Dur ist.
da der letzte akkord c-dur ist weiß man, dass es c-dur ist.

dann macht man sich hilfreicher weise son akkordchema wie oben im bild:
T: Tonika
S: Subdominante
D: Dominante
die 3 müssten klar sein, wenn nicht einfach mal nachfragen
Tp: Tonikaparallele ...
eine Parallele ist die Tonart mit dem anderen Tongeschlecht (dur - moll)aber gleichen Vorzeichen
jetzt hat jeder ton der C-Dur Tonleiter einen akkord zugewiesen außer der auf dem 7. Ton. weil der vermindert ist geht man davon aus, dass der grundton fehlt und denkt sich den- das wäre dann ein g also die Dominante. da der grundton fehlt streicht man das D durch und die 7 schreibt man dazu, da die septime mitgesielt wird. das ganze nennt sich dann verkürzter dominant-sept-akkord (ob er so geschrieben wird weiß ich nicht).

jetzt muss man nur noch im satz nachgucken welcher akkord dasteht und die entsprechende bezeichnung hinschreiben

wenn irgendwas unklar ist, dann bescheid sagen/ fragen ansonsten gahen wir mal zu was schwererem über bzw. ich geb euch nen satz und ihr analysiert

P.S.: den satzfehler am schluss bitte übersehen!
 

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Das mit der Dominantparallele kommt mir immer sehr dubios vor.
Wie wir es an der Hochschule gelernt haben gibt es keine Dominantparallele.
Der e moll Dreiklang wäre ein Tonikagegenklang, von der Funktion her kann er nicht als Ersatz für die Dominante dienen aber als Ersatz für die Tonika.
Vom Akkord Nr. 4 zu 5 und Nr. 8 zu 9 ist die Stimmführung nicht so ganz glücklich, Gegenbewegung von Melodie und Baß wäre hier dringend angesagt :p

Also von Akkord 4 zu 5 ist es natürlich eine Gegenbewegung, aber der Baßsprung geht so nicht. Also das Bass-C lieber eine Oktav tiefer und beim Akkord 5 den Melodieton d streichen (das a dient dann als Sopran UND Alt)
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Das mit der Dominantparallele kommt mir immer sehr dubios vor.
Wie wir es an der Hochschule gelernt haben gibt es keine Dominantparallele.)

Da sind die Professoren nicht immer einer Meinung.
Im dtv-Atlas Musik und in Wiki wird der Dreiklang der 3. Stufe (bezogen auf Dur) als Dp bezeichnet. In einer Prüfung wäre keylas Bezeichnung korrekt.

Der e moll Dreiklang wäre ein Tonikagegenklang, von der Funktion her kann er nicht als Ersatz für die Dominante dienen aber als Ersatz für die Tonika.

Von der musikalischen Praxis aus betrachtet, hast du völlig recht, ein Tonikagegenklang macht mehr Sinn.

Dass dem Dp zuweilen der Vorzug gegeben wird liegt wohl daran:
In Dur enthält der Tonikagegenklang Tg (im Gegensatz zur Tonikaparallele Tp) nicht den Grundton der Hauptfunktion, in Moll ist das Gegenteil der Fall. (http://de.wikipedia.org/wiki/Gegenklang)

Aber das alles ist schon sehr spitzfindig und es stellt sich die Frage, in wie weit es dem ausübenden Musiker hilft?
 
Aber das alles ist schon sehr spitzfindig und es stellt sich die Frage, in wie weit es dem ausübenden Musiker hilft?

Ja, da hast du recht, es ist total spitzfindig.

Aber deshalb ist es ja so interessant :D

Also nehmen wir einmal an, es gibt die Dominantparallele.
Dann muß es die auch in Molltonarten geben.
Was ist die Dominantparellele in c-moll? Siehst du, das ist das Problem :p
 

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