Denkst du, dass die relative Solmisation fürs Klavierspielen wichtig ist? Weil du schreibst geschadet hat es mir nicht.
Wichtig ist relativ...

Sagen wir so: Wenn die Solmisation einem dabei hilft, ein besseres relatives Gehör und bessere Klangvorstellung zu entwickeln, dann ist das sehr nützlich. Allerdings halte ich persönlich es nicht für absolut notwendig, diese Fähigkeiten gerade über die Solmisation zu erlangen, das erscheint mir ein bisschen "von hinten durch die Brust ins Auge". Vielleicht ist es aber für manche tatsächlich die effektivste Methode? Alle in meinem Kurs konnten am Ende der Zeit sechsstimmige Akkorde hören, singen, Silben benennen, bestimmen und sagen, ob und wo z.B. eine 9 oder 11 drin enthalten war und an welcher Position. Das ist schon eine Leistung und durch systematisches Lernen der Solmisation gerade denen erleichtert worden, die sich mit Gehörbildung etwas schwerer getan haben.
Ich habe von Natur aus ein gutes relatives Gehör, weshalb ich dies nicht unbedingt gebraucht hätte, trotzdem habe ich sicher einiges gelernt.
Wie ist das eigentlich bei dir, wenn du etwas von einem Blatt spielst. Ich verstehe noch nicht ganz, was bei einem guten Blattspieler im Kopf passiert.

Siehst du da den Takt und hörst ihn sozusagen innerlich und weist dann genau, was zu spielen ist. Oder siehst du den Takt, erkennst ein Muster und dein Gehirn ordnet es gleich einem Muster zu, das bereits abgespeichert ist?
Zunächst: Ich bin kein sehr guter Blattspieler und war früher ein grauenhaft schlechter Blattspieler. Aber ich habe das viel geübt und inzwischen ist es in Ordnung. Beides was du schreibst kann zutreffen - wenn die Musik unkompliziert ist, habe ich eine Klangvorstellung, die ich entweder direkt motorisch umsetze oder quasi relativ von meinem inneren Ohr abspiele. Wenn es komplizierter wird oder ich z.B. mit mehreren Instrumenten Blattspiele, die ich nicht überblicke, weiß ich nicht genau, wie es klingt. Ich habe aber eine grobe Ahnung davon, denn ich sehe einige Takte voraus und kenne ja fast alle Pattern, Motive, Rhythmen etc. die es schematisch gibt.
Dieses Vorausdenken kann man vielleicht mit Gedanken vergleichen. Gedanken haben immer einen Inhalt, auch wenn der vielleicht nicht sprachlich ausformuliert ist. So kann ich auch den Inhalt einer Musik erfassen, ohne immer jedes Detail innerlich schon gehört zu haben.
Achtet man da besonders auf die Intervalle [...] mal beschreiben könnten, was da in deinem/seinem Kopf vorgeht, sofern man es überhaupt beschreiben kann.
Man liest im Idealfall nicht flüssig in den Notenzeilen während man sie spielt (wie Melodieinstrumente das oft tun), sondern erfasst immer ganze Bereiche auf einmal, z.B. drei Takte oder mehr im Voraus, damit man sich frühzeitig einstellen kann und v.a. beide Hände gleichzeitig lesen kann. Dabei orientiert man sich an Dingen, die man gut erkennt: Sind es Skalen (Anfangs/Endton?), Akkorde, Sprünge, Melodie, welche Begleitfigur (Albertibass, Walzer etc.), welche Harmonien herrschen vor. Ob man exakt das spielt was da steht ist beim Blattspielen unwichtig, die Geste und Gesamtklang muss stimmen.
Das verstehe ich jetzt nicht ganz. Wenn ich spontan ein "do" singe, kann das mal ein g, mal ein f oder auch sonst ein Ton sein. Da ich ja kein absolutes Gehör habe brauche ich einen Referenzton, um überhaupt zum c zu kommen.
Wenn man als Relativhörer in einer absolut festgelegten Tonart singen soll, braucht man immer einen Referenzton. Anders geht es nicht. Das hat mit der Solmisation nichts zu tun
