Ich finde es gar nicht mal verkehrt, ab und dann auch etwas zu Schweres zu spielen.
Ich habe beispielsweise auch sogar auf Rat meiner Klavierlehrerin recht früh die Revolutionsetüde gespielt.
Ich habe daran eine Menge gelernt und sie deutlich besser gespielt als von ihr und mir gedacht.
Trotzdem hat sie mir verboten, das Stück beim Klassenvorspiel zu präsentieren.
Das habe ich zu der Zeit nicht richtig verstanden, weil andere leichtere Stücke wesentlich schlechter gespielt haben und war darüber fast ein bisschen sauer.
Eine Musikstudentin hat mit mir auch an dem Stück gearbeitet und das dann in einer Lehrprobe in der Musikhochschule präsentiert.
Die wurde von einem Lehrbeauftragten, der gleichzeitig Leiter meiner Musikschule war, abgenommen. Diese Musikschule hat einen eigenen Wettbewerb, dort hat er zwei seiner Schüler, die auf Jungstudentenniveau spielten, teilnehmen lassen.
Am Ender der Lehrprobe spielte ich dann ähnlich wie bei einem Vorpiel den Studenten die Revolutionsetüde vor, seine zwei Schüler durften diese Lehrprobe als Generalprobe für den Wettbewerb nutzen. Ich habe einen recht guten Tag erwischt und die beiden eigentlich deutlich besseren Schüler haben die Variationen über ein Volkslied von Szymanowski bzw. einen Beethovensatz ziemlich in den Sand gesetzt, obwohl die das Programm eigentlich richtig drauf hatten.
Er hat hinterher auch gesagt, dass er eigentlich der Meinung war, dass ich dieses Stück noch nicht vor Publikum vorspielen sollte, aber auch einen Kommentar zur Leistung seiner beiden Schüler gemacht.
Ich war halt motiviert und dachte, seine super Streberschüler versemmeln schon ihr Wettbewerbsprogramm und ich darf nichtmal bei dem Klassenvorspiel vor hauptsächlich lauter Stümpern meine Chopin-Etüde spielen.
Lange Rede kurzer Sinn, ich habe dann die Rumänischen Volkstänze von Bartók auf dem Klassenvorspiel gespielt.
Der pädagogische Sinn darin lag, den Größenwahn abzuerziehen, bzw. nicht anzuerziehen, zumal ich mit Sicherheit von den anderen die gleiche Anerkunnung für die Revolutionsetüde bekommen hätte, die ein Profi bekommen würde, weil denen die Mängel wahrscheinlich nicht aufgefallen wären.
Gerade bei jemandem wie mir mit einem teilweise etwas zu großen Ego bestand die Gefahr,
dass ich dann denke, ich bin der große Macker und ich muss Henle 8-Niveau spielen, 6 abwärts muss ich nicht ernst nehmen.
Und man sollte halt die einfacheren Sachen, die man spielt genau so ernst nehmen wie die schweren und sich seines Nichtkönnens und seiner Mängel bei den eigentlich zu schweren Sachen bewusst sein.
Dann kann es auch lehrreich und sinnvoll sein, mal über sein eigentliches Niveau hinaus zu gehen.