Fingersatz Chopin Op.25 No. 12

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Du wolltest wissen, ob es üblich ist, frei zu spielen oder ob absolute Texttreue angesagt ist.

Meine sachliche und präzise Antwort: in der Kunst ist alles möglich, üblich und hat auf die ein oder andere Weise seine Gültigkeit - wenn überzeugend rübergebracht und sinnvoll.
Alles andere ist einfach eine Frage des persönlichen Geschmacks. Also: wenn's gefällt, ist's gut ansonsten nicht.

LG, Joh
 
Zuletzt bearbeitet:
@rolf :

ich habe vor etwa zwei Wochen ebenfalls begonnen, diese schöne Etüde zu üben.
Zufällig bin ich auf diesen alten thread gestossen und habe deine Übungsbeispiele gelesen.
Mein Feed- Back: ich finde die Übungen hervorragend und wirklich hilfreich, insbesondere die erste. Ich stelle den Effekt fest, dass sich die Hände an ein stressfreies Spiel der Arpeggien gewöhnen, da die zusätzliche Schwierigkeit des Lagenwechsels wegfällt. Was sie ebenfalls tun ist, sich an ein gleichmäßiges Metrum zu gewöhnen ohne, auch zwischen den Tönen, bei denen später der Lagenwechsel dazu kommt.

Besten Dank dafür!

Eine Frage habe ich dennoch dazu:
Es lässt sich ja leider nicht vermeiden, dass der Lagenwechsel dann doch irgendwann dazu kommt und man sich irgendwie orientieren muss.
Ich sehe mehrere Möglichkeiten:
  • 1 und 5 "übergeben" sich jeweils die Taste (Cortot schlägt ein paar Übungen vor, die darauf abzielen)
  • visuelle Orientierung (so mache ich das: ich visiere jeweils die beiden Noten, die mit dem Daumen gespielt werden in der jeweils nächsten Lage an)
  • gänzlich irgendwie nach Gefühl (da kommt bei mir nix raus)
Bei meiner Methode wird es dort schwierig, wo die beiden Daumen ein großes Intervall beschreiben, weil sich die beiden Noten nur noch schwierig gleichzeitig anvisieren lassen. Die schwierigste Stelle ist für mich C- Dur in Takt 64, da gelingt mir die Orientierung beim Lagenwechsel nicht. Gibt's dazu einen Tipp?

Der Hartmut
 
[Die schwierigste Stelle ist für mich C- Dur in Takt 64, da gelingt mir die Orientierung beim Lagenwechsel nicht. Gibt's dazu einen Tipp?
Du meinst das hier:
op.25 fieser C-Dur Takt.jpg
und tatsächlich fällt vielen bei diesem C-Dur Takt zunächst die Orientierung schwer.

Du beschäftigst dich erst seit ungefähr 14 Tagen mit der "Ozeanetüde", und ich nehme an, dass du das 1. nicht 5-6 Stunden täglich machst und 2. nicht dieselben spieltechnischen Erfahrungen wie Klavierstudenten mitbringst. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass dir manches in der Etüde noch schwierig vorkommt.

Schau dir alle Übungsmuster (waren mehrere Beiträge mit Notenbeispielen) an, die ich vorgeschlagen hatte. Und das wird noch einige Gewöhnungszeit benötigen.

Was isoliert den fiesen C-Dur Takt betrachtet, so ist der Sextenabstand zwischen beiden Händen das scheinbar ungewöhnliche: der plötzlich weitere Abstand wirkt irritierend, zumal da man nur auf weißen Tasten spielt. Falls dich der Abstand unsicher macht: spiel doch einfach mal die beiden Takte oben einen Halbton höher (cis-Moll und nachfolgend Cis-Dur) - vermutlich wirst du feststellen, dass das gar nicht so schlimm ist (jetzt sieht mans etwas besser und Hände haben mehr Platz, ist bequemer) ---- tatsächlich ist es gar nicht der Sextenabstand, der hier zu Problemen führt, denn man spielt ja keine anderen Grifffolgen als vorher (es-c-es hat die l.H. schon ein paarmal gespielt, die r.H. hat schon mehrmals f-c-f gespielt was c-g-c entspricht!) Beim Wechsel von Takt 63 zu Takt 64 passiert bei vielen eine Art Unwucht in der rechten Hand, was dann den C-Dur Takt ins schleudern bringt. Mach eine Zeitlang oft Takt 63-66 mit den Übungsmustern und achte darauf, dass rechts bei der Tonrepetition auf c mit 2 und 1 keine ruckartige Bewegung stattfindet.

Das könnte helfen.
 
Zuletzt bearbeitet:
nicht 5-6 Stunden täglich machst und 2. nicht dieselben spieltechnischen Erfahrungen wie Klavierstudenten
1. das stimmt. Aber immerhin ca. 2h täglich, davon entfällt die Hälfte auf die 1. Partita, und die andere Hälfte auf diese Etüde. Finde ich schon ziemlich viel; ich glaube, mehr würden meine Hände und auch mein Kopf nicht mitmachen, auch wenn ich die Zeit hätte
2. stimmt leider auch. Hält mich aber nicht davon ab, ambitioniert zu sein;-)

genau diesen Sextenabstand kann ich mit dem Auge nicht mehr gleichzeitig erfassen, deswegen schwimme ich.

Deine sonstigen Erklärungen klingen interessant - ich mache mir Gedanken drüber und probiere es so aus...
Vielleicht stelle ich bei Gelegenheit mal den Übungserfolg hier ein.

Besten Dank!

Der Hartmut
 
kannst du normal an den Klaviatur sitzend keine Sexte sehen?
doch, statisch geht das schon. Ich habe nur Probleme damit, wenn es sehr schnell gehen muss. Man hat ja eine kurze Latenzzeit, bis sich das Auge in der neuen Lage orientieren kann. Und wenn es sehr schnell geht, dann schaffe ich es eben nicht mich rechtzeitig zu orientieren. Ich kann das mit dem C, aber dann liegt meist das E meilenweit daneben (und umgekehrt).
Bin gerade dabei deine Übungen mit dem einseitigen Lagenwechsel zu machen, das sollte mir weiterhelfen um pro Hand ein Gefühl für den richtigen Lagenwechsel hinzubekommen. Mit dem verbesserten Automatismus und einer Orientierung vielleicht nur am C funktioniert's dann hoffentlich...

Der Hartmut
 
@rolf:

ich habe jetzt mal eine Zeit lang deine Übungsmuster mehr oder weniger konsequent angewendet, und ich finde sie waren hilfreich. Dennoch bin ich jetzt an einem Punkt, an dem es nur noch homöopathisch besser wird.
Abgesehen von den gelegentlichen Gedächtnis- Aussetzern oder sonstigen Verspielern bin ich halt auch noch zu langsam. Bei Temposteigerung wird es aber sehr schnell noch unsauberer.
Von daher neige ich dazu das Stück mal eine Weile wegzulegen und zu einem späteren Zeitpunkt wieder in Arbeit zu nehmen, oder sieht jemand eine Möglichkeit das Stück auf direktem Weg zu verbessern?

Ich habe mal eine Übungs- Session aufgenommen:


View: https://www.youtube.com/watch?v=1qOJ1-qWa0w&feature=youtu.be


Der Hartmut
 
Dennoch bin ich jetzt an einem Punkt, an dem es nur noch homöopathisch besser wird.
@Hartmut
dieses Schicksal erleiden irgendwann alle: man übt unermüdlich an einem schwierigen Stück und kommt nur ganz ganz langsam voran (anfangs gings flotter mit dem Voranschreiten, aber dann...) ---- da musst du durch, wenn du die Etüde können willst.

Und jetzt erstmal Schelte:
1.
du machst einen ganz gräßlichen Laien- oder Anfängerfehler: dort, wo es leicht ist, schnell spielen und prompt dort, wo es nicht mehr leicht ist, verkrampft und hektisch-eckig herumpatzen
=> das bringt dir nichts!
2.
was dir noch gar nicht gelingt:
- die große Steigerung im Mittelteil (Text- und Griffunsicherheiten)
- der komplette letzte Teil
- fast nie ist die Melodie zu hören
- fast alles ist irgendwie monoton laut (kein Unterschied zw. p und f)
3.
...trotzdem versuchst du, schnelles durchspielen zu erzwingen...
4.
wie das pedalisiert werden muss, ist dir noch nicht klar
______________________

Dass du mit dem gezeigten Zwischenergebnis unzufrieden bist, kann dir niemand verdenken!

...so la la halbwegs ok (wenn auch noch lange zu unmelodiös und viel zu wenig cresc. und dim., viel zu wenig Unterschied zw. f und p*)) ist es vom Anfang bis zum Ende des As-Dur Abschnitts - - - ganz deutlich ist ersichtlich, dass du da versuchst, so zu spielen, wie du es gerne überall hättest. Dazu eine herbe Mitteilung: gerade das musst du langsamer spielen und auf den Klang achten (du bist viel zu sehr mit treffen und schnell sein beschäftigt)

Den Mittelteil hast du offensichtlich bis jetzt weder melodisch noch harmonisch (und grifftechnisch) verstanden - er ist jeweils viertaktig geordnet: mach die Übungen unermüdlich und monatelang, aber nicht alles stur hintereinander, sondern jeweils die Viertaktperioden für sich!

Das Stück ist eigentlich noch zu schwierig für dich - das ist aber kein Grund, nach der bisherigen Arbeit daran es einfach weg zu legen oder aufzugeben. Mach weiter (die Übungsmuster kennst du ja jetzt) und hab Geduld, üb aber zwischendurch an leichteren Sachen (irgendein Schubert Impromptu oder die leichteren von den Preludes und Nocturnes)

Benutz die Übungsmuster auch dafür, klanglich besser zu werden!
- r.H. Daumenmelodie forte und immer ein wenig liegen lassen (!), danach alle 16tel p locker laufen lassen, nur im Diskant ein Spitzentonakzent
- l.H. Bass nicht akzentuieren, aber auch bissel liegenlassen, alle 16tel pp
=> auch bei den Übungsmustern!!
Wenn keine ruhige Choralmelodie mit cresc.-dim. zu hören ist, dann ist es noch nicht gut genug ausbalanciert - daran muss gearbeitet werden.

Wenn du den Originaltext spielst, dann tu das vorerst viel langsamer (allerdings rate ich dir davon ab, das jetzt schon überhaupt zu spielen) - da dürfen keine Fehler, keine Unsicherheiten, kein Tastensuchen, kein klanglicher Fauxpas drin sein (also so langsam, dass du entspannt und gelangweilt mit gutem Klang und Choralmelodie alles richtig machst - vermutlich klappt das mit Halbe = 40) --- die Übungen dürfen gerne schnell sein (sie sind ja leichter als das Original und dienen dazu, die Orientierungen zu automatisieren)

Also als Antwort auf deine Frage, was dich jetzt weiter bringen könnte:
- akzeptiere den derzeitigen Ist-Zustand wie beschrieben (Mittelteil geht noch gar nicht)
- arbeite daran in kleinen Abschnitten mit den Übungen (orientiert am viertaktigen Aufbau!)

_______________
*) es gibt paarmal knapp 2 Takte, in welchen der rechte 5. Finger eine abwärts laufende melodische Überleitung in Vierteln spielt: das muss hörbar leise sein!
 
Rolf,


vielen Dank für deine Analyse!
Ich habe das so weit verstanden, und es entspricht ja weitestgehend dem, was du mir schon per PN geschrieben hattest, mit einer Ausnahme:

es gibt paarmal knapp 2 Takte, in welchen der rechte 5. Finger eine abwärts laufende melodische Überleitung in Vierteln spielt: das muss hörbar leise sein!

meinst du damit diese hier?

upload_2017-7-4_11-43-43.png

und wenn ja, findest du die nicht hörbar genug oder nicht leise genug? (und wenn nicht, welche dann?)

Ansonsten:

mach die Übungen unermüdlich und monatelang


Ich melde mich dann im Herbst wieder

;-)


Der Hartmut
 
@Hartmut ...siehst du in deinem Notenbeispiel eine absteigende Melodie in Viertelnoten?...
es gibt paarmal knapp 2 Takte, in welchen der rechte 5. Finger eine abwärts laufende melodische Überleitung in Vierteln spielt: das muss hörbar leise sein!
das kann doch nichts anderes sein als Takt 7 & 8 (!!)
 

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Wenn ich so raus schaue, dann ist es jetzt Zeit mich wieder zu melden :-D

Aber es ist in der Tat so, dass sich diese Etüde bei mir zumindest nicht mehr wesentlich verbessert hat:


View: https://www.youtube.com/watch?v=CXEHiTNL0dY



Das ist das vorläufige Endergebnis, und ich wende mich neben meinen leider immer noch andauernden Bautätigkeiten lieber mal ein paar anderen Sachen zu...

Der Hartmut
 
es kann sein, dass du einfach zu mechanisch geübt hast. Technisch ist sie bereits auf einem relativ guten Niveau - ich habe nicht sooo viele falsche Töne gehört und das Tempo ist schon gut.

Was jedoch fehlt, ist die Verbindung der Töne untereinander - da hörst du nicht gut hin. Nicht nur die Melodietöne, sondern auch die anderen Töne, welche ja die Harmonie bilden, sind wichtig. Jedes Intervall hat seine eigene Spannung und muss richtig gehört werden.
Ich kann es leider nicht besser erklären, aber denke es einfach mal, als ob du alles singen müsstest, dann ergibt es fast schon die richtigen Verbindungen.

LG
 
Joh,

danke für dein wohlwollendes Feed- back ;-)

Ich habe mir jetzt die Aufnahme viele male angehört (hatte ich vorher noch nicht) und habe festgestellt, dass es tatsächlich etwas besser geworden ist im Vergleich zu vorher. Allerdings sind wirklich noch mehr falsche als richtige Töne dabei. Auch die von dir angesprochene mangelnde musikalische Ausarbeitung ist mir aufgefallen. Aber so wie ich mich kenne, kriege ich das eher in den Griff als die Sauberkeit. Meist will ich im Tempo zu viel, und dann kann ich das nicht stemmen. Ich werde es jetzt mal eine Weile konsequent nur langsam zwei drei mal zum Aufwärmen spielen und dann zu einem späteren Zeitpunkt nochmal angehen.

Der Hartmut
 
Meist will ich im Tempo zu viel, und dann kann ich das nicht stemmen.

Genau das sollte mit dem richtigen musikalischem Gehör, was du ja trainieren solltest, korrigiert werden.


Ich werde es jetzt mal eine Weile konsequent nur langsam zwei drei mal zum Aufwärmen spielen.

Genau da ist die Gefahr da, wieder ins Mechanische und Unmusikalische zurückzufallen - vorsicht! Es ist OK, wenn du es mal ohne Ausdruck leise und etw. langsamer mit abgeschaltetem Gehirn spielst, um Ruhe und Sicherheit zu trainieren. Aber mach das nicht zu oft!
 
was meinst du genau damit, Joh? Schlägst du Übungen dazu vor?

Das Gehör sollte immer sensibilisiert werden - bei jedem neuen Werk auch auch bei Repertoirestücken gelegentlich aufs Neue. Ich empfehle - falls du keinen Lehrer hast, der dich korrigiert und genau zuhört - auf jeden Fall, dich beim Üben aufzunehmen und dann Wahrnehmung und Ergebnis zu vergleichen.
Was auch zur Verbesserung beiträgt, ist mitsingen / vorsingen einzelner Stimmen beim Üben - dann bekommst du ein besseres Gefühl für Intervalle und Spannungen zwischen Tönen, und auch Legato etc.
Im Prinzip funktioniert dein Gehör wahrscheinlich - du musst es nur richtig und effektiv benutzen ;-)

LG
 
Zuletzt bearbeitet:

ja, das ist eine gute Methode, diese Erfahrung habe ich auch gemacht. Auch bei dieser Aufnahme sind mir viele Dinge erst so richtig aufgefallen (positiv wie negativ). Manchmal, passiert es, dass ich von irgendeinem Teil so schockiert bin, dass ich zukünftig viel Aufmerksamkeit aufwende, damit mir das nicht wieder passiert.

Was ich bislang bei der Etüde (zumindest bewusst und explizit) noch nicht gemacht habe, ist mich hinzusetzen und mir mal zu überlegen, was ich genau aussagen will. An welcher Stelle welche Höhepunkte, wie genau die Dynamik in der Melodieführung, etc. um das dann nachher auch deutlich herauszuarbeiten. Das habe ich mir noch vorgenommen zu tun.

Der Hartmut
 

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