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Zoel
Guest
Nachdem ich mich vorgestern vorgestellt habe, folgt nun mein erster Thread. Ich bin zur Zeit fasziniert von einem Buch von Helmut Rennschuh: „Klavierspielen, Alexander-Technik und Zen“. Gleich vorweg: Um sich an der Diskussion zu beteiligen, muss man das Buch nicht gelesen haben.
Der Autor ist kein professioneller, sondern Amateur-Pianist, und Lehrer der Alexander-Technik. (Aber auch das spielt jetzt für mich keine entscheidende Rolle.)
Schon bei der Geschichte, die er in dem Buch (S. 17-20) von sich selbst erzählt, werden sich viele andere Klavierdilettanten angesprochen fühlen: Klavierspielen wurde zur Leidenschaft Rennschuhs, als er mit 14 einen schönen neuen flügel in die Wohnung bekam. Allerdings klafften Können und Wollen bei ihm weit auseinander. Er versuchte sich besonders an schwierigen Chopin-Etüden, die er dann langsam, mit viel Kraft und übertriebenen Fingerbewegungen übte. Das Ergebnis war für ihn ernüchternd: Oft konnte er kaum die Stücke durchspielen, da seine Finger zu steif wurden. Er dachte, er hätte zu wenig Kraft und versuchte vor allem, seine Finger zu kräftigen. Allerdings verschlimmerte dies mehr als es verbesserte.
Die „Rettung“ kam von unerwarteter Seite. Wegen eines Umzugs war er gezwungen, um die Nachbarn nicht zu belästigen, langsam und sehr LEISE zu üben. (Kaum Tastendruck, legato, ppp, mit ganz kleinen Fingerbewegungen, die Finger werden durch die Mechanik der Taste wieder angehoben.) Als er dann das so geübte Stück im Tempo zu spielen versuchte, machte er folgende Entdeckung: „Die Finger liefen wie von alleine. Mühelos gelangen nun Passagen, die ich zuvor nur mit Holpern oder fehlerhaft spielen konnte.“ (S. 19)
Faszinierend ist das Buch nun vor allem deshalb, weil es die anthropologischen Hintergründe dieses unterwarteten Erfolgs aufzeigt und dabei gleichzeitig mit vielen Zitaten über bekannte Pianisten und Klavierpädagogen (Chopin, Liszt, Arrau, Thiberge u.a.) aufwarten kann, die belegen, dass es kein Zufall ist, dass gerade diese Art des Klavier-Übens Erfolg bringt und eine bestimmte Art des Klavierspielens zum Ideal erheben (locker, aufrecht sitzend, geschmeidig, "relaxed" usw.).
Was haltet ihr von diesem Ansatz? Habt ihr selbst ähnliche Erfahrungen wie Rennschuh gemacht?
(Ich kann die Fülle der Gedanken in dem erwähnten Buch [unter anderem auch sehr interessante Passagen über den Ursprung von Genie und über "Wunderkinder"] natürlich nicht jetzt auf einmal darlegen, da würde mein Post zu lang, im Laufe der Diskussion werde ich sicherlich noch das eine oder andere Zitat und einige Gedanken daraus bringen.)
In der Hoffnung auf interessante Antworten
Zoel
Der Autor ist kein professioneller, sondern Amateur-Pianist, und Lehrer der Alexander-Technik. (Aber auch das spielt jetzt für mich keine entscheidende Rolle.)
Schon bei der Geschichte, die er in dem Buch (S. 17-20) von sich selbst erzählt, werden sich viele andere Klavierdilettanten angesprochen fühlen: Klavierspielen wurde zur Leidenschaft Rennschuhs, als er mit 14 einen schönen neuen flügel in die Wohnung bekam. Allerdings klafften Können und Wollen bei ihm weit auseinander. Er versuchte sich besonders an schwierigen Chopin-Etüden, die er dann langsam, mit viel Kraft und übertriebenen Fingerbewegungen übte. Das Ergebnis war für ihn ernüchternd: Oft konnte er kaum die Stücke durchspielen, da seine Finger zu steif wurden. Er dachte, er hätte zu wenig Kraft und versuchte vor allem, seine Finger zu kräftigen. Allerdings verschlimmerte dies mehr als es verbesserte.
Die „Rettung“ kam von unerwarteter Seite. Wegen eines Umzugs war er gezwungen, um die Nachbarn nicht zu belästigen, langsam und sehr LEISE zu üben. (Kaum Tastendruck, legato, ppp, mit ganz kleinen Fingerbewegungen, die Finger werden durch die Mechanik der Taste wieder angehoben.) Als er dann das so geübte Stück im Tempo zu spielen versuchte, machte er folgende Entdeckung: „Die Finger liefen wie von alleine. Mühelos gelangen nun Passagen, die ich zuvor nur mit Holpern oder fehlerhaft spielen konnte.“ (S. 19)
Faszinierend ist das Buch nun vor allem deshalb, weil es die anthropologischen Hintergründe dieses unterwarteten Erfolgs aufzeigt und dabei gleichzeitig mit vielen Zitaten über bekannte Pianisten und Klavierpädagogen (Chopin, Liszt, Arrau, Thiberge u.a.) aufwarten kann, die belegen, dass es kein Zufall ist, dass gerade diese Art des Klavier-Übens Erfolg bringt und eine bestimmte Art des Klavierspielens zum Ideal erheben (locker, aufrecht sitzend, geschmeidig, "relaxed" usw.).
Was haltet ihr von diesem Ansatz? Habt ihr selbst ähnliche Erfahrungen wie Rennschuh gemacht?
(Ich kann die Fülle der Gedanken in dem erwähnten Buch [unter anderem auch sehr interessante Passagen über den Ursprung von Genie und über "Wunderkinder"] natürlich nicht jetzt auf einmal darlegen, da würde mein Post zu lang, im Laufe der Diskussion werde ich sicherlich noch das eine oder andere Zitat und einige Gedanken daraus bringen.)
In der Hoffnung auf interessante Antworten
Zoel