Wie weit mit Digi?

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Brunetti

Guest
Hallo zusammen, ich habe folgende Frage: Wie weit kann das Klavierspiel am Digi erlernt werden? Die Diskussionen Digi/Klavier möchte ich nicht erneueren, da beide nur bedingt vergleichbar sind!
Meine Situation: Vor 30 Jahren 2 Jahre Klavier gespielt (echtes) und nach langer Pause seit 2,5 Jahren Unterricht. Zur Zeit spiele ich aus dem Notenbüchein und aus Burgmüllers leichten Etüden sowie zwei Beethoven-Sonatinen.
Ich spiele ein Clavinova CLP 470, und in den nächsten Jahren wird das ersehnte akustische Klavier definitiv nicht möglich sein, aus "wohntechnischen" Gründen.
Wer von euch ist ebenfalls aufs Digi angewiesen und hat schon lange Untericht? Mein Ziel: Inventionen von Bach und iwa das wohltemperierte Klavier, da ich Barockmusik liebe, ausserdem sind Sonaten wie die a-dur von Mozart ein Ziel für mich. Klavierunterricht habe ich bei einem KL mit Konzertexamen, der sehr gründlich und langsam vorgeht. Im Unterricht spiele ich ein Schimmel-Klavier.
Also, wer von euch hat es geschafft, mit einem Digi so weit zu kommen?
LG
 
Hallo!

In diesem Forum wurde auch zu Deiner Frage das meiste schon mal irgendwann geschrieben, deshalb zitiere ich mich einfach mal selbst :D (ohne Anspruch auf Vollständigkeit...)

.....Wer je an einem ordentlichen Klavier oder einem Flügel gespielt hat, der checkt doch sofort, dass auch das beste Digi da nicht rankommt. Es ist und bleibt eine Simulation. Punkt! Aber: Es ist eine VERDAMMT GUTE SIMULATION. Wer ein Digi dem realen Instrument vorzieht, der hat dafür meist einen Grund: Wenig Geld, Wenig Platz, Keine Lust auf ein sperriges 250kg-Objekt im Hausrat, Keine Möglichkeit (wegen empfindlicher Nachbarn) ein akustisches Instrument "auszuspielen" etc....Man kann auf einem guten Digitalpiano pianistisch ziemlich viel machen. Vielleicht kann man darauf nicht eine Beethoven-Sonate oder Chopin-Etude zur Aufführungsreife bringen aber man kann darauf Notentext einstudieren, Fingerübungen machen, Stücke vorbereiten. Was man auf einem Digi spielen kann, braucht noch viel Schliff, aber dann kann man es auch am Konzertflügel. OK, vielleicht nicht auf höchstem Niveau, aber man kann damit eine sehr ordentliche Basis schaffen. Und das alles jederzeit über Kopfhörer. Tolle Sache !!!
Natürlich sollte man nicht aus den Augen verlieren, dass ein akustisches Klavier eigentlich besser wäre, bzw. das Ziel sein sollte. Und Anfänger ohne pianistische Basis sollten definitiv möglichst viel akustisch spielen. Aber als Überbrückung oder als Kompromisslösung sind gute Digitalpianos eine fantastische Sache!

Ich selbst habe jahrelang nur auf meinem Stage-Piano gespielt und geübt (kein V-Piano, sondern Roland RD700GX). In dieser Zeit war es für mich die sinnvollste Lösung. Ich habe beträchtliche Fortschritte gemacht, trotz Digi. Jetzt habe ich ein Klavier und gräme mich natürlich über jeden Tag, den ich gezwungen war, auf dem Digi zu üben, ABER: So war das eben und ich habe das beste draus gemacht. Ich habe mal ein paar mittelschwere klassische Stücke auf meinem Stage-Piano vorbereitet und auf einem Steinway B im Saal eines Standesamtes zu einer Hochzeit vor 80 mucksmäuschenstillen Leuten zum Besten gegeben (ohne vorheriges Probespielen des Flügels). Verdammt, das war eine Rutschpartie! Aber es lief. Auf einem akustischen Instrument hätte ich mich sicher besser vorbereiten und aus dem Steinway viel mehr rausholen können, ging aber nicht, Pech gehabt, hat trotzdem halbwegs geklappt. Lieber ein Digi sinnvoll nutzen und darauf Fortschritte machen, als Konzertflügel propagieren nur um sonntags auf dem Bösendorfer "Für Elise" zu spielen !!!

AUßERDEM gibt es zwischen Digi und akustischem Instrument noch die Silent-Klaviere. Wäre das eine Option? Da könntest Du wenigstens hier und da "richtig" spielen.
 
Mit dem CLP 470 hast Du schon ein recht gutes Digi und wirst damit auch weit kommen (ich selbst spiele das 440 und finde, es kommt schon ganz gut an ein Klavier heran).
Defizite gibt´s natürlich beim Anschlag. Es ist nicht einfach, auf einem Digi einen (für Bach so wichtigen) wirklich gleichmäßigen Anschlag zu üben, weil es zu viel verzeiht. Aber immerhin spielst Du ja regelmäßig bei Deinem Lehrer auf einem akustischen Klavier, so dass Du immer wieder kontrollieren kannst. Tipp: Stelle den Anschlag am Digi zwischendurch immer mal auf "empfindlich" ein.

Zitat von TJ:
Lieber ein Digi sinnvoll nutzen und darauf Fortschritte machen, als Konzertflügel propagieren nur um sonntags auf dem Bösendorfer "Für Elise" zu spielen !!!
Genau!
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Mal sehen ob ich die Technik beherrsche :-) und diese Antwort ordnungsgemäß erscheint :-0

Danke für die Antworten! Silent-Klavier kommt aus statischen Gründen nicht in Frage, kleine Dachgeschoßbude im Altbau mit entsprechenden Decken und enges Treppenhaus. Wohnung liegt aber genial und bleibt mir mind. noch 2 Jahre.
Die "Anschlag-Defizite" hab ich auch bemerkt, und vor ein paar Tagen mal die Anschlagsdynamik auf leicht gestellt. Dachte bisher dann wärs zu leicht und würde ein Spiel auf dem echten Klavier erschweren, aber es schult doch ziemlich den Anschlag und zeigt Unregelmäßigkeiten auf. Ich spiele seit einiger Zeit auch fast ausschließlich über Kopfhörer, da ich davon ausgehe, dass bei "lautem" Spiel die Dynamik besser erarbeitet und kontrolliert werden kann. Mein KL legt großen Wert auf technische UND musikalische Arbeit, was mir gut gefällt.
Werde den Satz "das Digi verzeiht so viel" beherzigen!!!
 
Ich finde, dass man gerade Bach auch ganz gut auf einem Digi spielen kann. Bachs Musik ist ja gar nicht für einen Konzertflügel geschrieben. Bachs Lieblingsinstrument war das Clavicord (hab ich mal irgendwo gelesen), dann spielen es viele auf dem Cembalo, also warum nicht auf dem Digi.

Allerdings gehe ich von dem Fall aus, dass man schon Klavierspielen kann und schaut, welche Sachen sich auch auf einem Digi spielen lassen. Was passiert, wenn man auf dem Digi LERNT, weiß ich nicht.

Ich finde, dass sich z.B. Chopin gar nicht gut auf einem Digi spielt.
 
Bachs Musik ist ja gar nicht für einen Konzertflügel geschrieben
Ja eben, deswegen ist es ja so schwer, Bach bzw. sein Cembalo auf einem Flügel zu interpretieren.
Rein zum Spielen ist ein Digi dafür natürlich geradezu ideal, aber eben nicht zum Erlernen.
 
Mal ganz abgesehen davon, dass ich Digis überhaupt nicht leiden kann und mir soetwas nie antun würde: lernen kann man damit offensichtlich schon.
Ich war als Jugendliche im Jungstudium zusammen mit einem russischen Mädchen, das verteufelt gut gespielt hat und bis zum Beginn ihres Jungstudiums mit 16 ein paar Jahre hauptsächlich auf einem Digitalpiano üben musste (aus finanziellen und logistischen Gründen).
Natürlich war sie heilfroh, als sie aus dieser Misere herauskam... dennoch war ihr Bemühen auf so einem Kasten beleibe nicht frustran...

Das wollte ich nur mal einwerfen.
 
Wenn Du bereit wärst ein wenig zu investieren, dann empfehle ich Dir das Blüthner Digital 2. Aus Platzgründen im Treppenhaus musste ich jetzt nochmal ein digitales nehmen und ich bin hiermit sehr sehr zufrieden. Hämmerchen, Holztasten, spielt sich eigentlich wie ein echtes...
 
lernen kann man damit offensichtlich schon.
Ich war als Jugendliche im Jungstudium zusammen mit einem russischen Mädchen, das verteufelt gut gespielt hat und bis zum Beginn ihres Jungstudiums mit 16 ein paar Jahre hauptsächlich auf einem Digitalpiano üben musste (aus finanziellen und logistischen Gründen).
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stimmt, niemand braucht einem erzählen, jeder angehende Meister muss unbedingt einen Steinway zum Üben haben, und ob man auf einem digi übt oder einem miesen Pianino (was sehr viele russische Pianisten tun mussten) ist so ziemlich gleich.
Der Unterschied im Anschlag zum Flügel ist natürlich groß, daher regelmäßig "Abwechslung" und Anschlagstraining auf einem guten Instrument intensiv üben!
 
. Besser ist es also, das Digi per Regler eher laut (normal) zu stellen und piano per Finger leise zu spielen.

Stimmt natürlich alles, aber da gibt es zwei Probleme, auf die ich hinweisen möchte:

die eingebauten Lautsprecher sind so entsetzlich, dass man sich (und anderen) das nicht wirklich gerne antut, so einen Schuh-Schachtel Klang zu produzieren, bleiben also nur gute Kopfhörer, dann klingt es zwar ganz toll, bei hoher Lautstärke ruinieren Kopfhörer aber das Gehör und man plagt sich alsbald mit Schwerhörigkeit und Tinnitus durchs Leben.
 
Ich kann aus eigener Erfahrung berichten, denn ich bin vor ca. 2 Monaten von einem (recht guten) Digitalpiano (KAWAI CA 93) auf ein "echtes Klavier" (Bechstein) umgestiegen. Es ist einfach kein Vergleich!! Manchmal kommt es mir so vor, als müsste ich das Klavier erst noch zähmen, denn das, was mir auf dem Digi klanglich einigermaßen gelang, fühlt sich am Klavier völlig anders an und ich erzeuge häufig nicht den Klang, den ich mir vorgestellt hatte - das ist wohl die Sache mit der Hör-/Fingerkontrolle, die lotusblume meint?! Ich merke aber, wie ich schon deutlich differenzierter spiele als vorher, und meine Lehrerin merkt es offenbar auch, jedenfalls bekomme ich nun häufiger mal ein Lob dafür, wie ich die Dinge auch in der Stunde umsetze. :-)

Ich mochte mein Digi und war eine Zeitlang relativ überzeugt, dass es im Klang dem Klavier recht nahe kommt (war ein Irrglaube natürlich) und ich damit gut spielen lernen kann (hmmm, in Grenzen also). Wer irgendwie die Chance hat, umzusteigen oder sich zumindest regelmäßig Übestunden auf echten Instrumenten zu gönnen (es gibt ja auch Übungsräume usw.), sollte das UNBEDINGT tun!
 

Stimmt natürlich alles, aber da gibt es zwei Probleme, auf die ich hinweisen möchte:

die eingebauten Lautsprecher sind so entsetzlich, dass man sich (und anderen) das nicht wirklich gerne antut, so einen Schuh-Schachtel Klang zu produzieren, bleiben also nur gute Kopfhörer, dann klingt es zwar ganz toll, bei hoher Lautstärke ruinieren Kopfhörer aber das Gehör und man plagt sich alsbald mit Schwerhörigkeit und Tinnitus durchs Leben.

Die eingebauten Lautsprecher in meinem Digi sind alles andere als entsetzlich und erzeugen einen einwandfreien Klang. Kopfhörer sollten hochwertig sein, dann müssen diese nicht extra brüllend laut gestellt werden.

Tinnitus trage ich seit zwei Jahren mit mir rum und der hat noch vor dem Piano spielen angefangen. Der Tinnitus wird eher durch das Spielen an unserem akustischen Instrument befeuert. Das akustische klingt und spielt sich natürlich wunderbar und ist eine andere Welt.

Schuhschachtelklang bei modernen Digis klingt etwas abschätzig.

Hast Du schon mal die Kreisleriana gespielt? Ich habe mir ne CD besorgt, höre sie im Auto auf dem Arbeitsweg und mit jedem Hören wird sie immer noch besser. Ich habe Sie schon Dutzendemale gehört.... ;)
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Vielen Dank für eure Antworten! Werde mich weiterhin bemühen, so gut es geht dass Klavierspielen am Digi zu lernen - Spaß machts auch da wie'n Sau! (und schuhschachtelklang ist gar nicht nett gesagt, da muss ich mein Yamaha aber in Schutz nehmen :-0 - sowohl über die Lautsprecher als auch über den Kopfhörer ist der Klang gut - halt eine gute Simulation)
Ziel ist naturellemente iwa ein akustisches Klavier....aber die Kunst besteht für mich darin, aus gegebenen Möglichkeiten das Beste zu machen und dabei Ziele nicht aus den Augen zu verlieren.
Frohes Musizieren wünscht
brunetti
 
Mein Ziel: Inventionen von Bach und iwa das wohltemperierte Klavier, ..... ausserdem sind Sonaten wie die a-dur von Mozart ein Ziel.......Also, wer von euch hat es geschafft, mit einem Digi so weit zu kommen? LG
Diese Stücke konnte ich schon spielen, als es noch keine Digis gab. Heute habe ich eines, ein gutes, und selbstverständlich ist auch ein CLP 470 geeignet, die von Dir genannten Stücke zu spielen.
Klingt nur leider nicht ganz so schön wie ein analoges Piano, aber man kann gut damit leben.

CW
 
von wem die Tasten sind, ist ja nicht so bedeutend, wichtiger wäre es:gibt es NACH den Tasten eine Klavier/Flügel Mechanik?, das wäre interessant, da steht aber nur "hammers....are...mimicked", danke für den link, denke also, dass da keine echte Mechanik verbaut wird.
 
Welchen Grund gäbe es für Blüthner, eine Fatar-Tastatur zu verbauen, wenn da echte Hämmer drin wären? Das ist schließlich deren Kernkompetenzbereich! Nee - ich tippe auf Fernost-Digi im Sachsengewand.
 

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