Wie sieht schlechter Klavierunterricht aus?

Dein [das meint: micks] Unterricht ist sicherlich vorzüglich - und auf Dich zugeschnitten, aber nicht bei jedem Schüler praktikabel.
was freilich nicht einmal andeutungsweise gegen den Unterricht sprechen kann, den @mick hat!

...allerdings ist die Konsequenz daraus ernüchternd: wirklich fachlich sehr guter Unterricht (zumindest im Fall des Klavierspiels und sofern es darum geht, anspruchsvolle Literatur ordentlich zu spielen) ist offensichtlich bei weitem nicht für alle geeignet, weil "der Normalfall" (so deine Beschreibung) damit überfordert ist.

Motivation hin, Pädagogik her: es gehören nicht nur zweie zu dieser Sache (Klavierspiel), sondern alle beide müssen die nötigen Voraussetzungen mitbringen - fachlich sehr guter Unterricht benötigt entsprechend talentierte Lernende.
 
Hallo!
Bei meinen Schülern ist es größtenteils Faulheit.
Ich habe schon einige Schüler gehen lassen, weil sie meinten, dass das Klavierspiel ihnen zufliegt. Dass dazu aber Übungen, Theorie (zumindest ansatzweise) und daheim üben gehören, ist für manche schon zu viel, was an Einsatz verlangt wird.
Wenn man jedes Mal von vorne anfängt, ist das für beide frustrierend. Ich gestalte meinen Unterricht individuell, und stelle mich auf den Schüler ein. Aber wenn ein Schüler nach ein paar Monaten noch immer am Anfang steht, ich ihm/ihr die Noten sagen muß, wir jedes neue Stück zig mal von vorne anfangen müssen, weil nicht geübt wurde, dann hat das keinen Sinn.
Da ist das weniger Überforderung, sondern Faulheit. Aufs Klavier bezogen: Sie wollen möglichst gleich "River flows in you" :schweigen:spielen können, aber kommen mit der Realität des Erlernens des Klavierspieles nicht klar. Was, man muß etwas dafür tun???
Und sind dann enttäuscht, wenn es nicht klappt. (Edit: Trotz Nichtübens). Aber schuld daran sind meist andere (zumindest bei den Pubertisten). Mir fällt das auch bei einigen Jugendlichen im Bekanntenkreis auf: Sie wollen etwas, aber wollen nichts dafür tun. Diese Einstellung haben auch einige junge Erwachsene jenseits der Pubertät.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Manchen Menschen will und will einfach nicht einleuchten, dass beim Erlernen eines Instrumentes die Hauptarbeit alleine zu Hause an den Tagen zwischen zwei Unterrichten stattfindet.

Sie sind innerlich nicht von dem Glauben abzubringen, dass es (so wie beim Sportverein oder Tanzkurs) doch eigentlich im wesentlichen reichen muss, wenn man zu den Stunden hingeht. Und dass man den Lehrer doch schließlich bezahlt, also soll er doch mit einem zusammen üben. Wieso soll ich "viel" Geld ausgeben, wenn ich das meiste doch alleine machen muss? So was kennen sie aus keiner anderen Situation.

Außerdem ist die Einstellung verbreitet, dass Instrument spielen doch "Spaß" machen soll und dass "Spaß" ja unmöglich bedeuten kann, dass zu den ohnehin vielen Dingen, die man machen muss (Schule, Arbeit, Haushalt etc.) NOCH eine Sache dazu kommt, die man unbedingt täglich erledigen soll und die überdies auch noch aus einem Gutteil "trockener", "langweiliger" Sachen besteht (Tonleitern, Übungen, sich kognitiv mit den Zeichen auf dem Notenblatt auseinandersetzen usw.)

Daher sagen sich viele: "OK, ich seh's ein, 1x in der Woche setze ich mich diesem "Trockenen" aus, also in der Klavierstunde. Ansonsten will ich aber 'Spaß' haben, Klavier 'zur Erholung' spielen". Obwohl sie oft eigentlich sehr wohl wahrnehmen, dass der "Spaß" auf diese Weise nur sehr begrenzt aufkommt (man kann auch nach längerer Zeit immer noch nur dieselben paar Stückchen oder Stellen aus Stückchen einigermaßen flüssig dudeln, und der "Spaß" daran ist weit mehr die Erinnerung daran, wie die bekannte Melodie "eigentlich" klingt und welche Gefühle man vielleicht mit dem Stück an sich verbindet, als das, was tatsächlich unter den eigenen Händen gerade erklingt), schaffen sie es nicht, aus dieser Erkenntnis die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen.

Früher, d.h. bis Anfang des 19. Jahrhunderts, waren die Menschen in dieser Hinsicht auch nicht viel anders. Nur gab es da (für die, die es sich überhaupt leisten konnten, Instrumentalunterrricht zu nehmen) noch nicht das Prinzip "1x pro Woche Unterricht", sondern stets mehrere Lektionen pro Woche, und wie wir aus Berichten wissen, war es nicht selten üblich, dass der Schüler gar nicht alleine üben durfte, sondern dies ausschließlich unter Aufsicht eines Lehrers geschah, damit er sich gar nicht erst Falsches angewöhnen konnte!

Die pädagogisch einzig sinnvolle Maßnahme wäre eigentlich ganz klar, entweder die Unterrichtsfrequenz stark heraufzuschrauben oder "Betreutes Üben" einzurichten, wo z.B. ein Lehrer zwischen verschiedenen Räumen mit übenden Schülern hin und her geht und immer wieder draufguckt, was der Übende gerade so treibt. Dies ist vollkommen klar, viele Klavierunterrichtsprobleme wären damit gelöst, und das Niveau würde kolossal steigen.

Der EINZIGE Grund, warum das jedoch nicht passiert, ist REIN FINANZIELLER Art. Diese Tatsache muss man sich immer wieder vor Augen führen. Es gibt keinen außer-finanziellen, methodisch-didaktisch fundierten Grund, in der Unter- und Mittelstufe nur 1x pro Woche Unterricht zu machen.
 
Ach so, noch was: Wo gibt es so einen "PFUI"-Stempel zu kaufen?

So einen will ich UNBEDINGT auch haben!!! :-D:-D:coolguy:
 
Die Frage ist doch: Wo gab es damals solche PFUI-Stempel zu kaufen? Gab es bestimmte Geschäfte, die Utensilien für "schwarze Pädagogik" führten?

Den PFUI-Stempel würde ich gerne erwerben, und ein paar Stempelabdrücke im Zimmer meines Sohnes hinterlassen.
:-)
 
Wenn man jedes Mal von vorne anfängt, ist das für beide frustrierend. Ich gestalte meinen Unterricht individuell, und stelle mich auf den Schüler ein. Aber wenn ein Schüler nach ein paar Monaten noch immer am Anfang steht, ich ihm/ihr die Noten sagen muß, wir jedes neue Stück zig mal von vorne anfangen müssen, weil nicht geübt wurde, dann hat das keinen Sinn.

Ich kenne mich in der Branche jenseits des eigenen Erlebens natürlich nicht aus.

Wenn relevante Größenordnungen der Eleven so verfahren wie hier teilweise geschildert (sinnvolles Üben findet v.a. im Unterricht statt), ziehe ich meinen Borsalino ganz tief vor denjenigen, die sich gleichwohl dieser Situation stellen.
respekt.gif


Frage an die Unterrichtenden: Ist es nicht denkbar, die Eigeninitiative des Schülers von vornherein ins pädagogische Konzept mit einzubeziehen? Könnte mir vorstellen, dass dies für beide Seiten interessanter und weniger frustran wäre.

Im Grunde meine ich damit einen Unterricht ähnlich dem, wie Mick es geschildert hat. Mit individuell angepassten Abstrichen natürlich. Ich selbst kenne es nämlich auch nur so (überflüssig, an dieser Stelle die individuell angepassten Abstriche zu erwähnen!), sowohl "damals" in meinem ersten Klavierleben als auch heute. Der Schüler bekommt als "Hausaufgabe" auf, etwas vorzubereiten und sich selbst zu erarbeiten, in der Stunde selbst wird das Ergebnis vorgestellt, offene Fragen geklärt und wo nötig Hilfestellung geleistet. Bis zum nächsten Mal wird das Ganze "perfektioniert" und schon ggf schon etwas Neues vorbereitet.
 
Hä???

So unterrichten doch die meisten normalen, kompetenten KL schon!

Nur versuchten u.a. ag2410 und ich zu verdeutlichen, dass eben dies mit nicht wenigen Schülern einfach so nicht realisierbar ist, weil man gegen Wände redet bzw. eben die sagenumwobene "Eigeninitiative" nicht aufkommt.

Deswegen gibt es nicht selten nur 2 Alternativen: 1) Schüler rauswerfen (macht man, gerade an einer Musikschule, eher nicht), 2) halt mit der nicht vorhandenen "Arbeitseinstellung" des Schülers leben und dementsprechenden Unterricht machen, von dem man weiß, dass er eigentlich völlig anders sein könnte/müsste.
 

Die Frage ist doch: Wo gab es damals solche PFUI-Stempel zu kaufen? Gab es bestimmte Geschäfte, die Utensilien für "schwarze Pädagogik" führten?

Den PFUI-Stempel würde ich gerne erwerben, und ein paar Stempelabdrücke im Zimmer meines Sohnes hinterlassen.
:-)

Also, da Du Anfangs 40 bist, wahrscheinlich eher 44 und 11 Monate und mit fünf den Stempelunterricht hattest, sollte der Stempel in der Zeit so um die 1975 gemacht worden sein.
Es gab da schon Stempelmacher....

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"Stempelunterricht" - geil! Neue Kategorie!

Das ist die Idee! Stempel für alles! "Pfui", "Gut!", Brillensymbol zum In-die-Noten-Stempeln an Stellen, wo der Schüler genau hingucken soll, Fingersatzstempel, Strafstempel "FAULPELZ" zum Auf-die-Stirn-Stempeln, Notennamen auf die Tasten stempeln,...
 
[...] oder "Betreutes Üben" einzurichten, wo z.B. ein Lehrer zwischen verschiedenen Räumen mit übenden Schülern hin und her geht und immer wieder draufguckt, was der Übende gerade so treibt.

Wer schlechten Klavierunterricht hat, dem wird es auch nicht helfen, wenn der KL beim Üben über die Schulter blickt.

Wer guten Klavierunterricht hat bekommt nachvollziehbare Tipps, wie man zielgerichtet übt, wie man sich mit Problemstellen auseinandersetzt und wie man manuelle Probleme in den Griff bekommen kann. Mit diesen Tipps ist das Üben zuhause kein Problem und man kommt immer ein Stück weiter voran.

Wenn man als Schüler motiviert ist weiterzukommen, dann dürfte das Üben meiner Meinung nach eh kein Problem sein. Denn man saugt die Worte des Klavierlehrers wie ein Schwamm auf und setzt die Tipps am Instrument um. Mich muss jedenfalls niemand zum Üben ermuntern. ;):)

Der Schüler bekommt als "Hausaufgabe" auf, etwas vorzubereiten und sich selbst zu erarbeiten

Warum soll der KL eigentlich einem erwachsenen Schüler „Hausaufgaben aufgeben“? Eine Formulierung, die dem Schüler das Gefühl gibt, das Üben aus eigener Initiative zu machen und neues zu entdecken erscheint mir viel sinnvoller.
 
Geschenkt, Marlene.

Ist alles klar.

Du hast offenbar nicht verstanden, dass ag2410 und ich davon sprechen, dass es nun mal nicht wenige Schüler gibt, bei denen die allerbesten Tipps etc. nun mal nicht dazu führen, dass diese auch zu Hause, wenn sie alleine sind, beherzigt werden oder dass überhaupt halbwegs regelmäßig geübt wird.

Bitte geh nicht von Dir oder anderen wirklich motivierten / fleißigen Schülern aus.
 
Wenn man als Schüler motiviert ist weiterzukommen, dann dürfte das Üben meiner Meinung nach eh kein Problem sein. Denn man saugt die Worte des Klavierlehrers wie ein Schwamm auf und setzt die Tipps am Instrument um. Mich muss jedenfalls niemand zum Üben ermuntern. ;):)

Warum soll der KL eigentlich einem erwachsenen Schüler „Hausaufgaben aufgeben“? Eine Formulierung, die dem Schüler das Gefühl gibt, das Üben aus eigener Initiative zu machen und neues zu entdecken erscheint mir viel sinnvoller.

Das Problem ist, dass kleine Kinder oder Teens eher meistens nicht motiviert sind gross zu üben, bzw. den Sinn des Übens einsehen können.

Hausaufgaben sind auch bei Erwachsenen ein probates Mittel. Bekomme ich eine Hausaufgabe, versuche ich diese in der gegebenen Zeit zu meistern - ich will mich nicht vor dem Lehrer blamieren.

Im Berufsleben läuft es ebenso. Dort heisst es eben Ziele. Diese sind zu erreichen, ohne dass der Chef ständig über die Schultern schaut.
 
hasenbein, betrifft das auch Erwachsene oder meint ihr Kinder? Ehrlich gesagt kann ich nicht nachvollziehen, dass ein Erwachsener Klavierunterricht nimmt, der dann aber nicht motiviert genug ist zu üben. Wozu dann das ganze?
 
Tja, frag ich mich auch. Aber so ist die Welt.

Außerdem: So schön und wichtig intrinsische Motivation auch ist - es gibt nun mal zahlreiche Menschen, die aus dem einen oder anderen Grund nicht (oder nur in ganz bestimmten Bereichen) intrinsisch, sondern nur extrinsisch motivierbar sind.

Es ist eine unrealistische Träumerei von besserwisserischen Möchtegern-Superpädagogen (Gerald Hüther... urgs...), zu glauben, jeder sei durch eine bestimmte Superpädagogik dazu zu bringen, in bezug auf ein bestimmtes Gebiet intrinsisch motiviert zu sein.
 
Der EINZIGE Grund, warum das jedoch nicht passiert, ist REIN FINANZIELLER Art. ... Es gibt keinen außer-finanziellen, methodisch-didaktisch fundierten Grund, in der Unter- und Mittelstufe nur 1x pro Woche Unterricht zu machen.
Doch, die vielbeschworene Erziehung zur Selbständigkeit. Aber ich gebe zu, daß bei lernwilligen (sic!) Kindern und Anfängern es sinnvoll sein kann, 2x pro Woche Unterricht zu machen, um Routinen besser zu trainieren. Aber das Ziel sollte immer das selbständige Arbeiten sein und nicht "betreutes Üben".
 

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