Wie sieht schlechter Klavierunterricht aus?

1. ) [...]Gerade überdurchschnittlich begabte Schüler werden oftmals härter angepackt als die durchschnittlichen oder gar unterdurchschnittlichen. [...]

2. ) Die Härte wird sich in Gestalt von Unerbittlichkeit in der (künstlerischen) Sache zeigen dürfen und dabei nicht notwendigerweise zur Aufgabe aller guten Umgangsformen führen. vom Feingeist bis zum Schreihals unter den Lehrpersonen [...]

@ zitierte Punkte: Like...:-D

@ zitierter Punkt 2: Die zusätzlich in einigen, im Harenberg nicht genannten Punkten nicht ganz unwichtige Pianistin Amy Fay schreibt über Tausigs Unterrichtsstil:

"Seine Vorstellung von Pädagogik bestand darin, anfeuernde Schreie auszustoßen, wie 'Schrecklich, entsetzlich, furchtbar, o Gott o Gott!'. Dann pflegte er den Schüler gewaltsam vom Flügel wegzuzerren, die entsprechende Passage selbst zu spielen und dem Armen zu sagen, dass er es so und nicht anders machen müsse."
( Harenberg Klaviermusikführer, S. 532. )

LG, Olli!
 
oh Gott! Was es alles gibt...

Habe heute von einer “KL“ erfahren, deren Schüler nach VIER Jahren nur mit der rechten Hand spielen - nur gaaaaanz selten mal auch mit der linken. Neue Methode? Und die nach VIER Jahren noch glauben, das das g immer der fünfte Finger sei ;-)
 
Also, Pianochris, Du weißt doch, dass man manchmal auch den 3. Finger nehmen darf!
 
Bevor hier noch irgendwelche Missverständnisse aufkommen: Meine Lehrerin hat mich noch nie angebrüllt oder gar beschimpft.

Nur sagt sie halt nicht sowas wie: "Ich würde mich sehr freuen, wenn du dass bis zum nächsten Mal ein wenig genauer anschauen könntest."

Eher schon: "Ich bin nicht dazu da, um dir die Noten beizubringen. Spiel mir das vor, wenn du es gelernt hast."

Oder: "Ich erwarte, dass du das bis Mittwoch kannst."

Aber niemals böse!

LG, Mick
 
@mick, eine Frage: Du kriegst ein Stück auf, und erst, wenn Du es textmäßig drauf hast, besprecht Ihr es im Unterricht? Oder kuckt Ihr es Euch vorher im Unterricht gemeinsam an und spielt jede Hand auch schon mal durch, kuckt Fingersätze an und so?
 
@mick zwar zitiere ich dich, aber der Beitrag gilt nicht dir (das weißte natürlich) :-)

Eher schon: "Ich bin nicht dazu da, um dir die Noten beizubringen. Spiel mir das vor, wenn du es gelernt hast."
und da hat sie recht. peng. aus.

...gibt es wirklich Pappnasen, die sich einbilden, dass im Unterricht von gleichermaßen talentierten wie fortgeschrittenen Schülern gemeinsam geheult wird "buhuhu Cis-Dur hat aber viele Kreuze, buhuhu was ist das für ein Ton?" und dass man dann gemeinsam kuschelnd die Notenlesefibel zückt?....

Und bevor ein weiteres dümmliches Buhu anhebt: selbstverständlich hat der talentierte und weit fortgeschrittene Schüler den größten Teil des Notentextes gefälligst selber zu erarbeiten und kriegt das weder vorgekaut noch vorbuchstabiert. Bei extrem problematischen Stellen kann vorab ein Fingersatz oder sonst irgendeine sinnvolle Übeanweisung erfolgen, mehr ist aber auch nicht nötig. Ist der Notentext langsam spielbar parat, dann erst fängt der Unterricht an dem Stück an.

Ich bin mir sehr sicher, dass micks sehr gute Lehrerin jedes Wort unterschreiben würde!
 
Lieber Rolf,

danke, dass Du so zeitnah meine Frage beantwortet hast. Das mit dem dümmlichen Buhu hättest Du Dir nun sparen können, die Frage war ernst gemeint und keinesfalls polemisch.

Meine jetzige KL arbeitet mir mir auch so. Ich behaupte mal, sie tut das, weil sie mich als relativ fortgeschritten eingestuft hat (natürlich nicht annähernd so, wie mick). Und da ich eh nur unregelmäßig hingehen kann, passt das auch ganz gut und ich nutze die teuren Klavierstunden auf einem höheren Level.

Allerdings bin ich dann beim Erarbeiten doch häufig unsicher mit Fingersätzen oder richtiger Armführung und solchen Sachen, und wenns dann noch zwei Wochen sind bis zur nächsten Stunde hab ich immer Bedenken, mir was falsches anzugewöhnen. Da hätte ich mir manchmal gewünscht, wir hätten das vorher mal durchgesprochen.

Ciao
- Karsten
 

Habe heute von einer “KL“ erfahren, deren Schüler nach VIER Jahren nur mit der rechten Hand spielen - nur gaaaaanz selten mal auch mit der linken. Neue Methode? Und die nach VIER Jahren noch glauben, das das g immer der fünfte Finger sei ;-)

Das finde ich persönlich die miserabelste Art des Klavierunterrichts (gilt auch für Sportarten u.ä.): Derjenige, in dem man nichts lernt.
 
@mick, eine Frage: Du kriegst ein Stück auf, und erst, wenn Du es textmäßig drauf hast, besprecht Ihr es im Unterricht? Oder kuckt Ihr es Euch vorher im Unterricht gemeinsam an und spielt jede Hand auch schon mal durch, kuckt Fingersätze an und so?

Das ist je nach Stück etwas unterschiedlich. Stücke, die keine für mich neuen Spieltechniken beinhalten, spiele ich erst vor, wenn ich sie auswendig und zumindest nah am Zieltempo beherrsche. Die schauen wir auch vorher nicht im Unterricht an. Wenn ich beim Einstudieren Probleme mit einer Stelle habe, kann ich das natürlich im Unterricht besprechen.

Etwas anders sieht das bei Werken wie Chopin- oder anderen Etüden aus; da ist es meist wenig sinnvoll, irgendwie das Stück zu lernen, bevor man die erforderliche Technik wirklich kapiert hat. Da besprechen wir exemplarische Takte und üben die zusammen im Unterricht, meist mit ganz vielen verschiedenen Mustern. Erst wenn ich die nötigen Übemethoden verinnerlicht habe, fange ich an das Stück komplett zu lernen. Ab dem Zeitpunkt darf ich dann aber im Unterricht keine Noten mehr benutzen.

LG, Mick
 
Das finde ich persönlich die miserabelste Art des Klavierunterrichts (gilt auch für Sportarten u.ä.): Derjenige, in dem man nichts lernt.
Noch schlimmer, Barratt: Wo die 3%, die man lernt, auch noch grundfalsch sind! Das ist eigentlich Betrug. Im Falle von Kindern - wie in diesem Beispiel - ist es eigentlich schon ein Verbrechen. Wobei die Eltern ganz gewiss Ihren Teil dazu beitragen ...
 
Im Falle von Kindern - wie in diesem Beispiel - ist es eigentlich schon ein Verbrechen. Wobei die Eltern ganz gewiss Ihren Teil dazu beitragen ...
Hi fishi, Zustimmung, es ist ein Verbrechen. Es ist zum Heulen. Weil auch Kinder nicht unbegrenzt Zeit haben, und hier wird sie vergeudet und obendrein die Liebe zur Musik zerstört.

Ob den Eltern was vorzuwerfen ist, da bin ich vorsichtig. Viel spielen selbst kein Instrument. Die haben keine Ahnung, wie lange es dauert bzw. wo man nach vier Jahren stehen müsste. Denen bleibt nichts anderes übrig, als dem Klavierlehrer zu vertrauen, dass das so schon richtig ist.

Auch die Behauptung, die Eltern würden ihre Kinder bei Chor/Instrumentalunterricht/Sportverein/... nur parken, ist oberflächlich. Eltern wollen oft das beste. Nur gut gemeint und gut gemacht sind eben zwei unterschiedliche Dinge. Leute, es ist schwer, gute Eltern zu sein. Hackt nicht auf uns rum, man hat auch so schon oft genug das Gefühl, alles falsch zu machen!
 
Hmm, ja - da hast Du nicht unrecht. In DIESEM Fall waren es wirklich sehr bemühte Eltern, die den KL für supergut hielten...
 
Das ist je nach Stück etwas unterschiedlich.
Mick, danke für die Schilderung. Was Du beschreibst, klingt nach sinnvollem Arbeiten.

Bei mir läuft es leider nicht so, was vielleicht an der KL liegt, vielleicht aber auch an mir oder an den Umständen (zu wenig Zeit zum Üben, nur unregelmäßig Unterricht). Muss ich mal drüber nachdenken, wie ich das strukturierter hinkriege.
 
Wobei die Eltern ganz gewiss Ihren Teil dazu beitragen ...
Das sehe ich in Deinem (sicher besonders krassen) Fall genauso. Mir ist auch absolut unverständlich, wie man als KL Jahre rumkriegt, ohne dass es irgendwie vorangeht. Das Kind ist vielleicht schon mit diesen Minimalübungen überfordert?

Dass man als musikalisch nicht ausgebildete Eltern nicht beurteilen kann, ob der Sprössling wirklich "gut" spielt, steht außer Frage. Dass er aber über Jahre hinweg gar nichts Richtiges lernt, muss einem nicht zuletzt als Geldgeber doch irgendwie auffallen.
 
Stücke, die keine für mich neuen Spieltechniken beinhalten, spiele ich erst vor, wenn ich sie auswendig und zumindest nah am Zieltempo beherrsche. Die schauen wir auch vorher nicht im Unterricht an. Wenn ich beim Einstudieren Probleme mit einer Stelle habe, kann ich das natürlich im Unterricht besprechen.

Etwas anders sieht das bei Werken wie Chopin- oder anderen Etüden aus; da ist es meist wenig sinnvoll, irgendwie das Stück zu lernen, bevor man die erforderliche Technik wirklich kapiert hat. Da besprechen wir exemplarische Takte und üben die zusammen im Unterricht, meist mit ganz vielen verschiedenen Mustern. Erst wenn ich die nötigen Übemethoden verinnerlicht habe, fange ich an das Stück komplett zu lernen. Ab dem Zeitpunkt darf ich dann aber im Unterricht keine Noten mehr benutzen.
Da darf sich Dein KL glücklich schätzen, daß Du so diszipliniert arbeitest und eine offensichtlich effiziente Übemethodik verinnerlicht hast. Der Normalfall sieht LEIDER anders aus. Viele Schüler sind allem Anschein nach nicht in der Lage, Arbeitsstrategien, die im Unterricht exemplarisch trainiert wurden, die Woche über selbständig weiterzuführen und damit zur Routine werden zu lassen. Und auch die Fähigkeit, die eigenen Bewegungsabläufe und das klangliche Ergebnis zu kontrollieren, ist bei Vielen nicht oder nur rudimentär entwickelt. Dann wird der Unterrichtstunde halt notgedrungen zu "betreutem Üben" - in der Hoffnung, daß irgendwann der Groschen fällt.

Nach meinen Erfahrungen helfen da auch "Aufgabenhefte" nichts, weder wenn sie vom Lehrer geführt werden noch wenn der Schüler sie selber führt. Kurze Notizen in den Noten (ausschließlich mit Bleistift) sind sind schon eher hilfreich.

Auch mit dem auswendig Erarbeiten ist das so eine Sache. Wer nicht sehr gewissenhaft vorgeht, bei dem bleiben viele Detailinformationen auf der Strecke. Es stimmen nachher vielleicht die Noten - aber das Übrige?

Dein Unterricht ist sicherlich vorzüglich - und auf Dich zugeschnitten, aber nicht bei jedem Schüler praktikabel.

"Nur begabt're Schüler wurden höh'ren Zwecken zugeleitet
und die sieben Freien Künste lehrhaft ihnen ausgebreitet."
(Fr. W. Weber, Dreizehnlinden)​
 
Und auch die Fähigkeit, die eigenen Bewegungsabläufe und das klangliche Ergebnis zu kontrollieren, ist bei Vielen nicht oder nur rudimentär entwickelt.
liegt nicht selten am Lehrer. Wenn der dem Schüler immer im Nacken hockt und gierig auf einen Fehler wartet, um dann "FIS" oder ähnliches brüllen zu können, hat der Schüler keinen Grund, selbst zuzuhören.
 

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