Wie religiös seid ihr?

Wie religiös bist du?


  • Umfrageteilnehmer
    63
@sla019

Du redest von Theorie. (Die ja interessant ist.)

Ich meine da die Praxis:
https://de.wikipedia.org/wiki/Ryan-Bericht
https://de.wikipedia.org/wiki/Murphy-Bericht
https://de.wikipedia.org/wiki/Schläge_im_Namen_des_Herrn
https://de.wikipedia.org/wiki/Magdalenenheim#Magdalen_Laundries
https://de.wikipedia.org/wiki/Hermine_Schneider
Da komme ich ins Grübeln. Da ist Nächstenliebe und Mitleid eher Fehlanzeige.

Warum ich das zitiere?
Weil es leider immer noch aktuell ist. (Hermine Schneider kämpft seit 2001 für Opferentschädigung.)
Nichts aus fernen Jahrhunderten, wo man sich mit 'war halt eine andere Zeit, damals' rausreden kann.
Neenee, (mehr oder weniger) aufgeklärte Geschichte zu einer Zeit, als ich teilweise schon lebte. Teilweise im Sinne von zeitlich. :-)

Und ich bin 100 Mal am Laden von Hermine Schneider vorbeigegangen und mir fällt jedesmal ein, dass er gezwungen wurde, seine eigene Kotze zu essen. Und das kommt mir jedes mal so unfassbar vor. Da ist der (interessante) theoretische Überbau und seine Historie Makulatur. Leider.

Grüße
Häretiker
 
Ich habe vor kurzem auf Bayern2 eine Reportage gehört, da ging es um Heimkinder in den 60ern. Eine Frau, die damals in einem Heim war, hat darüber berichtet. Es ist wirklich unglaublich, wie menschenverachtend, brutal und gemein mit den Kindern umgegangen wurde. Ich habe zeitweise nicht mehr zuhören können. Da ging es nicht "nur" um Schläge, sondern um Folter und psychische Mißhandlung. Und sie (Nonnen und kath. Pfarrer) würden das heute noch ausschweifend tun, wenn die Medien nicht so auf diese Geschehnisse fokussiert wären.
 
Ehrlich gesagt, ist es kein Wunder, dass dies so war.
Wenn man selbst fast verhungert wäre, und es nur mit Mühe und Not irgendwie geschafft hat zu überleben, bekommt "essen" eine zentrale Rolle. Wie oft habe ich das als Kind hören müssen? "Iss auf!" "Spiele nicht mit dem essen!" Aber das schmeckt mir nicht.. "Im Krieg wäre man froh gewesen, wenn man das gehabt hätte" "sei nicht undankbar!" und "iss auf sonst stopfe ich es Dir rein" und dann sah ich Zorn, wenn ich mich versuchte zu weigern. Es gab Tränen und heulen und es machte die Erwachsenen nur noch zorniger..
Das ist ein ganz wichtiger Aspekt, wenn man daran denkt, wie grauslich die Erziehung war. Diese Grauslichkeit erlebte ich überall, ohne dass ich in einem Heim war. Es war bei Oma und bei Tanten und Onkeln und es war daheim genauso. Ich bin übrigens nur unwesentlich älter als Hermine Schneider..

LG
Michael
 
@sla019

Du redest von Theorie. (Die ja interessant ist.)
Ich meine da die Praxis

Also, jetzt bin ich schon ein wenig erstaunt. Natürlich habe ich nicht von der Theorie, sondern von historischen Prozessen geredet. Und diesen Punkt hast eben Du begonnen mit Deinem Verweis auf die vermeintliche Existenz eines homerischen Mitleidsbegriffes, bei dem Du Dich, wie sich dann leider herausstellte, auf einen ärmlichen und uninformierten WP-Artikel gestützt hast, der nicht in der Lage ist, zwischen einem elementaren und vermutlich universalen menschlichen Gefühl und einem ethisch begründeten Begriff zu unterscheiden. Ohne diesen Deinen Ansatz hätte ich mich hier gar nicht geäußert, denn die Banalität und Brachialität claviotischer "Religions"-Diskurse lädt nicht zur Zeitverschwendung ein. Nun hältst Du mir entgegen, diese »Theorie« interessiere Dich nicht, sondern die Praxis. Dabei übersiehst Du aber zum einen, daß ich oben bereits auf den unvermeidlichen und empirisch gut belegten Konflikt zwischen rigorosen Ethiken oder »Ideologien« und ihrer Praxisbewährung ja hingewiesen habe (die Beispiele ließen sich mühelos vervielfachen), zum andern, daß ohne die zugrundeliegende »Theorie« die »Praxis«, auf die Du verweist, gar nicht in dieser Schärfe kritisierenswert wäre; wenn jemand unbeirrbarer Menschenfresser ist, wäre ihm ethisch kaum eine Vorhaltung zu machen, sondern man kann ihm nur mit der juristischen Auffassung der nichtmenschenfressenden Mehrheit beikommen. In den Fällen, auf die Du verweist, ist es aber gerade die Spannung zwischen dem Anspruch der »Theorie« und der ihr offen zuwiderhandelnden »Praxis«, welche die ethische Verwerflichkeit der letzteren unwiderlegbar begründet.

Warum Du nun glaubst, mir Deine Linksammlung auftischen zu müssen, ist mir nicht recht klar. Ich bin keineswegs so weltfremd, daß ich diese Sachverhalte nicht kennte, und als jemand, der schon in den 50er Jahren in die Schule gegangen ist, weiß ich vielleicht auch aus der »Praxis« besser als Du, was Gewaltbereitschaft heimtückischer Lehrer und Pfarrer bedeutet. Was mich an solchen Listen allerdings ärgert, ist ihre Selektivität, die die Frage aufwirft, ob sich in ihr wirklich »Mitleiden« äußert oder doch nur einfach antikirchliche Triebabfuhr. Auch im außerkirchlichen Raum gab es bekanntermaßen solche Gewalttaten, so etwa in der bundesrepublikanischen Eliteschule schlechthin, der Odenwaldschule. Aber während die Kirchen (die katholische ein wenig zögerlich, die evangelische durchaus kooperativ) sich wenigstens bereit finden, sich dieser widerwärtigen Vergangenheit zu stellen, haben die Pädagogen hochoffiziell auf ihrem Jahreskongreß 2013 das Ende der Debatte ausgerufen und wollen, so ihre Präsidentin wörtlich »nichts mehr davon hören« (in extenso nachzulesen im Archiv der Blätter für deutsche und internationale Politik).

Im übrigen fürchte ich, daß ich mich sonderlich gut als Objekt eigne, an dem Du Dein Empörungspotential abarbeiten könntest, denn ich bin weder Lehrer noch bekennender Kinderschänder noch Oberkirchenrat. Und in Ermangelung letzterer Eigenschaft fühle ich mich auch durch Dein plakatives Häretikertum keineswegs so provoziert, wie Du es Dir zu wünschen scheinst.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich lese zu diesen Themen lieber Sachbücher und höre mir Reportagen im Radio an, aber trotzdem danke.
 
Also, jetzt bin ich schon ein wenig erstaunt. Natürlich habe ich nicht von der Theorie, sondern von historischen Prozessen geredet. Und diesen Punkt hast eben Du begonnen mit Deinem Verweis auf die vermeintliche Existenz eines homerischen Mitleidsbegriffes, bei dem Du Dich, wie sich dann leider herausstellte, auf einen ärmlichen und uninformierten WP-Artikel gestützt hast, der nicht in der Lage ist, zwischen einem elemantaren und vermutlich universalen menschlichen Gefühl und einem ethisch begründeten Begriff zu unterscheiden. Ohne diesen Deinen Ansatz hätte ich mich hier gar nicht geäußert, denn die Banalität uhd Brachialität claviotischer "Religions"-Diskurse lädt nicht zur Zeitverschwendung ein. Nun hältst Du mir entgegen, diese »Theorie« interessiere Dich nicht, sondern die Praxis. Dabei übersiehst Du aber zum einen, daß ich oben bereits auf den unvermeidlichen und empirisch gut belegten Konflikt zwischen rigorosen Ethiken oder »Ideologien« und ihrer Praxisbewährung ja hingewiesen habe (die Beispiele ließen sich mühelos vervielfachen), zum andern, daß ohne die zugrundeliegende »Theorie« die »Praxis«, auf die Du verweist, gar nicht in dieser Schärfe kritisierenswert wäre; wenn jemand unbeirrbarer Menschenfresser ist, wäre ihm ethisch kaum eine Vorhaltung zu machen, sondern man kann ihm nur mit der juristischen Auffassung der nichtmenschenfressenden Mehrheit beikommen. In den Fällen, auf die Du verweist, ist es aber gerade die Spannung zwischen dem Anspruch der »Theorie« und der ihr offen zuwiderhandelnden »Praxis«, welche die ethische Verwerflichkeit der letzteren unwiderlegbar begründet.

Warum Du nun glaubst, mir Deine Linksammlung auftischen zu müssen, ist mir nicht recht klar. Ich bin keineswegs so weltfremd, daß ich diese Sachverhalte nicht kennte, und als jemand, der schon in den 50er Jahren in die Schule gegangen ist, weiß ich vielleicht auch aus der »Praxis« besser als Du, was Gewaltbereitschaft heimtückischer Lehrer und Pfarrer bedeutet. Was mich an solchen Listen allerdings ärgert, ist ihre Selektivität, die die Frage aufwirft, ob sich in ihr wirklich »Mitleiden« äußert oder doch nur einfach antikirchliche Triebabfuhr. Auch im außerkirchlichen Raum gab es bekanntermaßen solche Gewalttaten, so etwa in der bundesrepublikanischen Eliteschule schlechthin, der Odenwaldschule. Aber während die Kirchen (die katholische ein wenig zögerlich, die evangelische durchaus kooperativ) sich wenigstens bereit finden, sich dieser widerwärtigen Vergangenheit zu stellen, haben die Pädagogen hochoffiziell auf ihrem Jahreskongreß 2013 das Ende der Debatte ausgerufen und wollen, so ihre Präsidentin wörtlich »nichts mehr davon hören« (in extenso nachzulesen im Archiv der Blätter für deutsche und internationale Politik).

Im übrigen fürchte ich, daß ich mich sonderlich gut als Objekt eigne, an dem Du Dein Empörungspotential abarbeiten könntest, denn ich bin weder Lehrer noch bekennender Kinderschänder noch Oberkirchenrat. Und in Ermangelung letzterer Eigenschaft fühle ich mich auch durch Dein plakatives Häretikertum keineswegs so provoziert, wie Du es Dir zu wünschen scheinst, wofür ich vielmals um Entschuldigung bitte.
 

Kennt jemand von euch von Stefan Zweig "Georg Friedrich Händels Auferstehung", worin der Autor wortgewaltig-fiktiv beschreibt, wie Händel vom Geist Gottes überkommen wird und seine Auferstehung von ihm eingegeben bekommt?

Na, ob grad der arme Stefan Zweig als Beleg dafür taugt? Zweig war ein assimilierter säkularer Jude - seiner eigenen Tradition so fernstehend wie der christlichen. In der o.g. Erzählung jongliert er mit zu "Kulturgut" herabgesunkenen Versatzstücken christlichen Glaubens - wie es heute Pegida-Anhänger tun: Religion als Traditionsbestandteil, dem man bestenfalls sentimental hinterhertrauert. Das erinnert mich immer an den Woody-Allen-Witz: "Glauben Sie an Gott?" - "Nein. Aber ich habe ein schlechtes Gewissen deswegen."
 
Zum wiederholten Male wurde ich heute von den Jehovas angesprochen, die bei uns immer mit ihren komischen umgebauten Einkaufsrollis vor dem Büro in der Altstadt sehen... Haben die nichts anderes zu tun?
 
Zum wiederholten Male wurde ich heute von den Jehovas angesprochen, die bei uns immer mit ihren komischen umgebauten Einkaufsrollis vor dem Büro in der Altstadt sehen... Haben die nichts anderes zu tun?

Vielleicht hätten sie. Aber sie müssen alle ein bestimmte Anzahl Stunden pro Monat Mission treiben, wie mir einmal eine Dame erzählte, die ihnen ausgekommen ist und seitem sogar von ihren eigenen Kindern geächtet ist. Wenn ich Samstag zum Bäcker gehe, ziehen da auch immer zwei auf, die ein paar Stunden lang stoisch ihren "Wachturm" in die Höhe halten, obwohl kein Mensch sie beachtet. Lästiger sind allerdings die, die an der Haustür klingeln und sofort anfangen mit dem Spruch "haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, was Gott mit Ihnen vorhat?" Wenn man da fahrlässigerweise sagt "sie werden es mir sicher gleich erzählen", kriegt man sie nicht mehr los, sondern sie fuchteln mit der Bibel herum, in der sie allerlei "Schlüsselstellen" farbig angemalt haben und die den jeweils gewüschten "Beweis" liefern. Ich habe einmal versucht, so ein Duo loszuwerden, indem ich mein griechisches NT herausholte und sie bat, mir die Stellen doch im Original zu zeigen. Daraufhin verschwanden sie tatäschlich, aber ... ein paar Tage später kriegte ich einen Anruf aus Frankfurt von einem ihrer Gottsöberen: ich sei ja offenbar so interessiert - ob ich nicht Lust hätte, am nächsten Samstag nach München ... Manchmal hilft leider doch nur die Brechstange.
 

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