Wie religiös seid ihr?

Wie religiös bist du?


  • Umfrageteilnehmer
    63
Alle Metaphysik und Ontologie ist auf ein letztes "Sein" aus, das Grund alles "Seienden" ist, und fügt sich somit sehr gut in meine Beschreibung der Suche des Menschen nach einem letzten Grund.

Ich bestreite das. Das "Ding an sich" als solches ist nicht Gegenstand der Apperzeption. Ich gehe sogar einen Schritt weiter und behaupte: Es ist unerheblich.
 
Ich bestreite das. Das "Ding an sich" als solches ist nicht Gegenstand der Apperzeption. Ich gehe sogar einen Schritt weiter und behaupte: Es ist unerheblich.
Ich meine Dich zu verstehen. Dennoch frage ich mich, inwieweit das gegen meine grundsätzliche Charakterisierung metaphysischen Denkens (unter die m. E. übrigens auch Kant fällt) spricht. Könntest Du mir ein wenig auf die Sprünge helfen?
 
@Charis

Keine Spekulationen anstellen darüber, was sich jeder Form von Wissen entzieht. Liegt zwar im gattungsspezifischen Denken, dieser Versuchung nachzugeben, aber da es dem zivilisierten Menschen gelingt, noch basaleren Versuchungen zu widerstehen ;-), muss man ihr nicht notwendig nachgeben. Und schon gar nicht das Ergebnis der eigenen Spekulation mit apodiktischer Gewissheit postulieren.
 
Tja, mit dem Kant ist das so 'ne Sache.

Ich bin kein Kant-Experte, da müsste ich mal eine gute Bekannte fragen, die promoviert gerade in diesem Bereich.

Ich denke mal so:
- Die Frage, auf die die Metaphysik Antwort geben soll, ist: "Was kann ich wissen?"
- Kant hat seine Metaphysik entwickelt in einer Zeit der klassischen Physik
- Die Physik und Grundkonzepte unseres Erkennens wurden Anfang des 20. Jahrhunderts auf den Kopf gestellt: Quantenmechanik, Relativitätstheorie.
- Mithin gelten jetzt andere Erkenntnisse dessen, was man erkennen kann

Frage:
Hat das eine Auswirkung auf Kantsche Metaphysik?

Die Quantenmechanik sagt, dass es Dinge gibt, die wir prinzipiell nicht erkennen können. Es gibt da keine verborgenen Variablen, die wir nicht erkennen, sondern das Ergebnis ist quasi 'objektiv unbestimmt'. Wer Spaß daran hat, wie man sowas behaupt und messen kann:
https://de.wikipedia.org/wiki/Bellsche_Ungleichung

Oder es passieren Dinge ohne Ursache: Im Vakuum bilden sich spontan Teilchen-Antiteilchen-Passe, die wieder verschwinden.

Die Relativitätstheorie sagt, dass es Aussagen gibt, die z.B. ein einem Inertialsystem wahr sind, in einem anderen falsch, und keiner hat mehr Recht als der andere.

Beispiel I:
ich kann zwei Ereignisse sehen, die gleichzeitig stattfinden. In einem anderen Inertialsystem sieht es anders aus.

Beispiel II:
Ich male einen Kreis auf mein Raumschiff, mein Kumpel auch. Anschliessend fliegen wir mit 0,9c aneinander vorbei.
Ich sehe: Ich habe einen Kreis, er hat eine Ellipse.
Er sieht: Er hat einen Kreis, ich habe eine Ellipse.
Beide haben Recht.

Mit unserem Alltagsverstand ist Relativitätstheorie bizarr und Quantenmechanik verrückt. man gewöhnt sich daran.

Grüße
Häreitker
 
Kleine Ergänzung:

"...
Michael Wolf, Professor für Mathematische Physik an der Technischen Universität München,macht deutlich, dass es bisher nur "in sehr abstrakten Winkeln der theoretischen Informatik und der mathematischen Logik" prinzipiell unentscheidbare Probleme gab. Seit den Arbeiten von Turing und Gödel in den 1930er Jahren hätte man davon gewusst. Allerdings hätte niemand erwartet "so etwas mitten im Herzen der theoretischen Physik" zu finden.
..."
http://www.heise.de/newsticker/meld...blem-der-Quantenphysik-unloesbar-3043151.html

Grüße
Häretiker
 
Keine Spekulationen anstellen darüber, was sich jeder Form von Wissen entzieht. Liegt zwar im gattungsspezifischen Denken, dieser Versuchung nachzugeben, aber da es dem zivilisierten Menschen gelingt, noch basaleren Versuchungen zu widerstehen, muss man ihr nicht notwendig nachgeben. Und schon gar nicht das Ergebnis der eigenen Spekulation mit apodiktischer Gewissheit postulieren.
„Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen“ – ich habe Sympathien für dieses skeptische und agnostische Denken und bin der Ansicht, dass es ein Endprodukt der Mythenkritik von Philosophie und Religion des Abendlandes darstellt (Du wirst hier sicherlich anderer Meinung sein). Dennoch: Man kann das Ganze auch anders sehen. Dass der Mensch eine, wie Du es ausdrückst, „gattungsspezifische“ Neigung besitzt, nach einem Absoluten zu suchen, zeigt, dass er von diesem Absoluten irgendwie „angerufen“ wurde. Deswegen konnte Augustinus formulieren: „Ruhelos ist unser Herz, bis es ruht in Gott.“ (leichte Abwandlung eines Satzes aus dem ersten Absatz der Confessiones) Und über diese Suche sollte man nicht schweigen, auch wenn alles Sprechen darüber Stückwerk und Stammeln bleibt.

Kleiner Zusatz für Kant-Kenner: Kant hat das „Sein“ der Metaphysik nicht abgeschafft, sondern nur reformuliert als transzendentale Ermöglichung der Gegenständlichkeit der Gegenstände. In dieser Sphäre beanspruchte auch er apodiktische Gewissheit. Er hat die Metaphysik somit nicht „zermalmt“, sondern neu begründet als Wissenschaft von den transzendentalen Bedingungen der Gegenständlichkeit der Gegenstände. Es liegt in der Dynamik des Skeptizismus begründet, dass die Geschichte des Denkens auch über seine „apodiktischen Gewissheiten“ hinausging.
 
@Barratt
Ich habe mich vielleicht etwas unklar ausgedrückt. Ich wollte nur sagen, dass das Wissen, das Kants Transzendentalphilosophie uns vermitteln will, auch "apodiktisch", d. h. absolut gewiss, sein soll. So habe ich jedenfalls Kant verstanden. Dieses Wissen bezieht sich zwar nicht mehr auf die "Sphäre" des Dinges an sich (wie in der vorkritischen Metaphysik), sondern auf die Bedingungen der Möglichkeit von Erfahrung überhaupt, also auf Anschauungsformen und Kategorien des Verstandes - aber absolut gewiss soll dieses Wissen trotzdem sein.
 
@Charis
In formaler Hinsicht, ja.
 

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